Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420740/5/BP/Wu

Linz, 14.06.2012

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, geb. X, StA von Nigeria, vertreten durch den X, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der zwangsweisen Vorführung des Beschwerdeführers zu einer Delgation der nigerianischen Botschaft in den Räumlichkeiten der BPD Wien, Hernalser Gürtel 6-12, 1080 Wien, am 20. April 2012 durch dem Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis zurechenbare Polizeiorgane, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.              Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis) Kosten in Höhe von 57,40 Euro (Vorlageaufwand) und 368,80 Euro (Schriftsatzaufwand), insgesamt: 426,20 Euro, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

Zu II.: § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Telefax vom 22. Mai 2012 erhob der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) durch seine Vertretung Maßnahmenbeschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der gewaltsamen Vorführung des Beschwerdeführers zu einer Delegation der nigerianischen Botschaft in den Räumlichkeiten der BPD Wien am 20. April 2012 durch dem Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis zurechenbare Polizeiorgane.  

 

Zum Sachverhalt wird ausgeführt, dass es sich bei dem Bf um einen nigerianischen Flüchtling handle, der am 17. April 2012 einen neuerlichen Asylantrag gestellt habe, weshalb er zum Zeitpunkt der bekämpften Vorführung Asylwerber mit faktischem Abschiebeschutz gewesen sei und seiner Heimatbehörde nicht hätte vorgeführt werden dürfen. Die belangte Behörde habe offensichtlich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die nigerianische Botschaft zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates gedrängt.

 

Asylwerber – wie es der Bf am "20.05.2012" zweifellos gewesen sei – dürften im Falle des Abschiebeschutzes nicht abgeschoben, nicht der Heimatbotschaft vorgeführt und auch keine Daten übermittelt werden. Über diese Tatsachen habe sich die belangte Behörde hinweggesetzt.

 

Es ergehe daher der Antrag:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreichs möge nach Prüfung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung den bekämpften Verwaltungsakt für rechtswidrig erklären sowie der belangten Behörde gemäß
§ 79a AVG den Ersatz der Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwange, zu Handen der Vertretung, auferlegen.

 

1.2. Mit E-Mail vom 23. Mai 2012 wurde die belangte Behörde zur Aktenvorlage aufgefordert und ihr die Möglichkeit eingeräumt eine Gegenschrift zu erstatten.

 

1.3. Mit Schreiben vom 29. Mai 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt, beantragte die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der in Rede stehenden Maßnahmenbeschwerde und erstattete eine Gegenschrift.

 

Zunächst wird darin festgehalten, dass zum Termin 20. April 2012 (im Übrigen auch nicht am 20. Mai 2012 – vgl. Beschwerdeschrift Seite 2) keine Vorführung des Bf zur Delegation der nigerianischen Botschaft stattgefunden habe.

 

Insofern sich die Beschwerde allenfalls gegen die tatsächlich am 23. März 2012 stattgefundene Vorführung vor die Botschaftsdelegation zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates richte, sei diese ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen, da die Frist von 6 Wochen am 22. Mai 2012 bereits abgelaufen gewesen sei. Abgesehen davon sei die Vorführung am 23. März 2012 völlig rechtskonform gemäß § 57 Abs. 10 AsylG erfolgt, da zu diesem Zeitpunkt bereits 2 Asylverfahren des Bf rechtskräftig negativ abgeschlossen gewesen seien (vgl. AIS-Zln.: 08 10.791 und 10 03.383). Der Folgeasylantrag sei erst am 13. April 2012 gestellt worden. Unter diesen Gesichtspunkten komme dem Bf auch inhaltlich keine Berechtigung zu.

 

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und die eingebrachten Schriftsätze.

 

Da sich daraus der entscheidungsrelevante Sachverhalt zweifelsfrei ergibt, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden, zumal nach dem vorgelegten Akt insbesondere ONr. 62 klargestellt ist, dass die in Rede stehende Vorführung tatsächlich am 23. März 2012 und nicht wie behauptet am 20. April oder alternativ am 20. Mai 2012 stattfand.

 

2.2. Der UVS Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.3. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.3. Der UVS des Landes Oberösterreich war zur Entscheidung durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF., entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungs­be­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausge­nommen in Finanzstrafsachen. Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim Unabhängigen Verwaltungs­senat einzubringen, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

 

3.1.2. Die in Rede stehende Maßnahme - soll behaupteter Maßen - am 20. April 2012 stattgefunden haben. Die Beschwerde wurde am 22. Mai 2012 beim UVS des Landes Oö. per Telefax eingebracht. Sie ist daher grundsätzlich rechtzeitig erhoben worden.

 

3.2.1. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. VwGH 29.6.2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall behauptet der Bf durch die gewaltsame Vorführung zur Delegation der nigerianischen Botschaft in seinen subjektiven Rechten verletzt worden zu sein. Grundsätzlich kann der Annahme gefolgt werden, dass eine zwangsweise Vorführung zu einer Botschaftsdelegation durch Polizeiorgane geeignet wäre, eine Maßnahme der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt darzustellen.

 

3.3.1. Nun ergibt sich aber aus dem festgestellten Sachverhalt, dass zum Termin 20. April 2012 überhaupt keine Vorführung des Bf vor die nigerianische Botschaft vorgenommen wurde, sondern, dass diese schon am 23. März 2012 stattfand.

 

Damit geht aber das Begehr der in Rede stehenden Maßnahmenbeschwerde völlig ins Leere. Es erübrigt sich auch hypothetisch auf die Frage der Rechtswidrigkeit der behaupteten Vorführung hinsichtlich der fremden- bzw. asylrechtlichen Bestimmungen einzugehen, da die Beschwerde derart unbegründet erhoben wurde.

 

3.3.2. Aus der Argumentation der Beschwerdeschrift geht nun aber klar hervor, dass eine irrtümliche Falschangabe des Datums auszuschließen ist, zumal sich der Bf auf seinen ab 13. April 1012 (nunmehr drittmalig) bestehenden Status als Asylwerber beruft, weshalb seiner Meinung nach die Vorführung rechtswidrig erfolgt sei.

 

Aber sogar, wenn man annähme, der Bf hätte sich in der Datumsangabe geirrt, wäre seiner Beschwerde kein Erfolg beschert, da sie wegen Verstreichens der 6-wöchigen Beschwerdefrist als verspätet zurückzuweisen sein würde.

 

Schlussendlich darf noch darauf hingewiesen werden, dass dem Bf laut Aktenlage zum Vorführungstermin am 23. März 2012 nicht der Status des Asylwerbers zukam, weshalb die Beschwerde auch in dem Fall der rechtzeitigen Einbringung als unbegründet abzuweisen gewesen wäre.

 

3.4. Es war daher die vorliegende Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4.1. Gemäß § 79a Abs. 1 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

 

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

 

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 leg.cit. die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Gemäß Abs. 4 leg.cit. gelten als Aufwendungen gem. Abs. 1:

1. die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der     Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in          Verhandlungen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat verbunden waren,      sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem   Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den   Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

§ 1 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2003, setzt die Höhe der nach § 79a Abs. 5 und Abs. 7 AVG im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c AVG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschbeträge wie folgt fest:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

737,60 €

2. Ersatz des Verhandlungsaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende   Partei

922,00 €

3. Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

57,40 €

4. Ersatz des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

368,80 €

5. Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde als obsiegende    Partei

461,00 €

 

4.2. Die im Spruchpunkt II. angeführte Kostenentscheidung gründet auf die eben dargestellten Rechtsbestimmungen. Demnach ist die belangte Behörde als obsiegende und der Beschwerdeführer als unterlegene Partei anzusehen.

 

Es waren somit der Schriftsatzaufwand und der Vorlageaufwand vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro (Stempelgebühren) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

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