Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522976/4/Fra/CG

Linz, 11.04.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, x, x, x, vom 6. Oktober 2011, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 28. September 2011, GZ FE-118/2011, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung der Klasse B durch Erteilung von Auflagen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 und 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz 1997 – FSG iVm § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung 1997 - FSG-GV.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Polizeidirektor von Linz hat mit Bescheid vom 28. September 2011, GZ FE-118/2011, x (dem nunmehrigen Berufungswerber), die Gültigkeit seiner für die Führerscheingruppe 1, Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG dahingehend eingeschränkt, dass als Auflage vorgeschrieben wurde, er habe sich innerhalb von zwölf Monaten drei ärztlichen Kontrolluntersuchungen auf alkoholrelevante Laborparameter (CD-Tect, GammaGT und MCV) bei einem Facharzt für Labormedizin jeweils innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung der Behörde (Zustellung) zu unterziehen und den entsprechenden Laborbefund jeweils persönlich oder per Post im Original der Behörde vorzulegen.

  

2. Gegen diesen Bescheid, mündlich verkündet am 28. September 2011, hat der Berufungswerber rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2011 - Berufung erhoben, die sich im Wesentlichen gegen die Auflage der ärztlichen Kontrolluntersuchungen richtet.

 

Zur näheren Begründung gibt der Berufungswerber an, dass er die ihm zugeteilten Auflagen zur Gänze erfüllt und der Polizeiarzt im diesfalls zugesichert habe den Führerschein ohne weitere Auflagen erteilt zu bekommen.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 6. Oktober 2011, GZ Fe-118/2011, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz und in die Berufung sowie in den vom Berufungswerber beigebrachten aktuellen Laborbefund vom 26. März 2012.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte auf Grund der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt und sich daraus ergibt, dass der angefochtenen Bescheid aufzuheben ist, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Der Berufungswerber wurde am 12. Juli 2011 durch den Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion Linz amtsärztlich untersucht. Anlass für diese Untersuchung war die Entziehung seiner Lenkberechtigung für die Klasse B im Ausmaß der Dauer von sechs Monaten auf Grund einer Alkotestverweigerung gemäß 5 Abs.2 StVO verbunden mit einem Verkehrsunfall am 26. Jänner 2011 (festgestellter Atemluftalkoholgehalt mittels Alkovortestgerät im Sinne des § 5 Abs.3a StVO von 1,35 mg/l).

 

Am 15. Juli 2011 unterzog sich der Berufungswerber zunächst bei der Verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle "Gute Fahrt" in Linz einer verkehrspsychologischen Untersuchung.

 

Entsprechend der darüber erstatteten fachlichen Stellungnahme vom 29. Juli 2011 ist beim Berufungswerber sowohl eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit gegeben als auch die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vorhanden.

Die Verkehrspsychologin hielt im Wesentlichen zwar fest, dass eine hohe Alkoholverträglichkeit und regelmäßiger Alkoholkonsum gegeben sei, welche zweifellos ein Gefährdungsmoment hinsichtlich der zukünftigen Verkehrsbewährung darstellen, allerdings habe sich der Berufungswerber glaubhaft mit dem Thema Trennung von Alkoholkonsum und Autofahren auseinandergesetzt und habe gut reflektierte Strategien zur Vermeidung einer erneuten alkoholisierten Verkehrsteilnahme angegeben. Die Befundlage des eingesetzten Persönlichkeitstestverfahrens liefere derzeit keine Hinweise für Einschränkungen der Kontroll- und Steuerungsmechanismen des Verhaltes, des Verantwortungsbewusstseins und der psychischen Stabilität. Hinweise auf eine erhöhe Risikobereitschaft seien ebenfalls nicht objektivierbar.

Die Gutachterin kam letztlich zum Ergebnis, dass der Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht derzeit bedingt zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B geeignet ist. Empfohlen wurde eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung unter der Auflage regelmäßiger Kontrollen der alkoholsensitiven Leberfunktionsparameter, um die derzeit positive Persönlichkeitsentwicklung beobachten zu können.

 

Unter Zugrundelegung des Ergebnisses der verkehrspsychologischen Untersuchung beurteilte der Polizeiart den Berufungswerber in seinem amtsärztlichen Gutachten nach § 8 FSG vom 26. September 2011, GZ FE-118/2011, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 (Klasse B) als bedingt im Ausmaß der Dauer eines Jahres unter der Auflage von drei Kontrolluntersuchungen auf alkoholrelevante Laborparameter (CD-Tect, GammaGT und MCV) durch einen Facharzt für Labormedizin über Aufforderung durch die Behörde geeignet.

 

Im Einzelnen führt der Polizeiarzt im Gutachten an, dass sich der Berufungswerber bei der amtsärztlichen Untersuchung in altersentsprechender gänzlich zufriedenstellender körperlich-geistiger Verfassung ohne direkten Hinweis auf eine floride Alkoholproblematik befand, wobei auch die relevanten Laborparameter vom 22. September 2011 durchwegs im Normbereich angesiedelt waren. Die verkehrspsychologische Untersuchung habe eine insgesamt ausreichend kraftfahrspezifische psychophysiche Leistungsfähigkeit erbracht, ein Beobachtungszeitraum sei allerdings empfohlen worden, weshalb demnach die dreimalige Beibringung normwertiger alkoholrelevanter Laborparameter (CD-Tect, GammaGT und MCV) über Aufforderung der Behörde zwecks medizinischer Objektivierung einer maßgeblich stabilen, durch moderates Trinkverhalten gekennzeichneten Lebensführung bzw. rechtzeitiger Erfassung eines eventuellen (eignungsausschließenden!) Abgleitens in gesundheitsschädliche Trinkmuster vertretbar erscheine.

 

Auf Grundlage dieses amtärztlichen Gutachtens erließ die Bundespolizeidirektion Linz den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. September 2011, wogegen der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ergriff.

 

Im Berufungsverfahren legte der Berufungswerber persönlich am 27. März 2012 einen aktuellen Laborbefund vom 26. März 2012 vor, aus dem ersichtlich ist, dass sich seine alkoholrelevanten Laborparameter zur Gänze im Normbereich befinden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 8 Abs.1 erster Satz FSG hat der Antragsteller der Behörde daher vor der Erteilung einer Lenkberechtigung ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen (§ 8 Abs.2 erster Satz FSG).

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten auszusprechen:

„geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet”. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

...

2.     zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten “bedingt geeignet” für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.1 FSG von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

...

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. 14 Abs.5 FSG-GV behandelt Personen, die mit Alkohol, Suchtmitteln oder Arzneimitteln gehäuften Missbrauch begangen haben, in gleicher Weise wie jene Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren. Sie erfasst somit auch solche Personen, bei denen zwar nicht der Nachweis einer Abhängigkeit in der Vergangenheit möglich ist, wohl aber der Nachweis des gehäuften Missbrauchs.

 

Um von einem gehäuften Missbrauch von Alkohol im Sinne der Verordnungsstelle  sprechen zu können, genügt nicht ein gelegentlicher wiederholter Missbrauch, sondern es muss sich um häufigen Missbrauch innerhalb relativ kurzer Zeit handeln, ohne dass allerdings der Nachweis einer damals bestehenden Alkoholabhängigkeit erforderlich wäre (VwGH 25. Mai 2004, 2003/11/0310; 18. März 2003, 2002/11/0209; 20. März 2001, 2000/11/0264).

 

Entscheidungswesentlich ist somit - sowohl gemäß dem Wortlaut der Verordnung, als auch gemäß der zitierten Judikatur - der Nachweis einer früheren Alkoholabhängigkeit und/oder eines gehäuften Alkoholmissbrauchs.

 

Beim Berufungswerber wurde weder anlässlich der verkehrspsychologischen Untersuchung noch im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine Alkoholabhängigkeit noch ein gehäufter Alkoholmissbrauch festgestellt.

 

Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 12. Juli 2011 befand sich der Berufungswerber in altersentsprechender, gänzlich zufriedenstellender körperlich-geistiger Verfassung. Hinweise auf eine floride Alkoholproblematik waren nicht feststellbar. Der Polizeiarzt verweist zwar in seinem Gutachten auf einen Alkoholmissbrauch im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 26. Jänner 2011 (Alkoholtestverweigerung - Atemluftalkoholgehalt mittels Alkovortestgerät 1,35 mg/l), konkrete Anhaltspunkte auf einen gehäuften Missbrauch ergeben sich aber daraus nicht. Auch die relevanten Laborparameter (CD-Tect, GammaGT und MCV) in den Laborbefunden vom 22. September 2011 und vom 26. März 2012 sind jeweils im Normbereich angesiedelt und deuten weder auf einen gehäuften Alkoholmissbrauch in jüngster Vergangenheit noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt.  

 

Der Verdacht alleine reicht als Nachweis für einen gehäuften Missbrauch im Sinne der oben zitierten verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht aus (vgl. auch UVS Oö. 16. Juli 2010, VwSen-522620/2).

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 29. Juli 2011 bestätigt auch die ausreichende Bereitschaft des Berufungswerbers zur Verkehrsanpassung und seine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit, sodass im Hinblick auf die gutachtlichen Feststellungen im amtsärztlichen Gutachten und in der verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie der zu Grunde liegenden Laborbefunde im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV nicht vom Nachweis einer Alkoholabhängigkeit und/oder eines gehäuften Alkoholmissbrauchs ausgegangen werden kann.

 

Als Folge hievon ist deshalb der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben.

 

Es ist nunmehr Sache der Führerscheinbehörde der Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber eine unter Bedachtnahme auf die gegenwärtige Berufungsentscheidung entsprechende Lenkberechtigung zu erteilen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

 

 

 

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