Linz, 18.04.2011
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, geb. X, zuletzt wh. X (Justizanstalt), X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. Februar 2012, AZ: 1068582/FRB, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit 4 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Se admite parțial apelul iar decizia combătută este confirmată prin faptul că interdicția este stabilită pe durata de 4 ani. În rest se respinge apelul ca fiind nefondat.
Rechtsgrundlagen/ Cadrul juridic:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF. BGBl. I Nr. 38/2011.
Entscheidungsgründe:
Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 27. Februar 2012, AZ: 1068582/FRB, gegen die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) gemäß § 67 Abs.1 und Abs.2 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gemäß § 68 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Das Aufenthaltsverbot stützt sich auf die strafrechtlichen Verurteilungen durch das Landesgericht Linz vom 10. Jänner 2011, Zahl 21 Hv 140/10m, und vom 11. Jänner 2012, Zahl 12 Hv 2/11g. Die Behörde argumentierte, selbst wenn die Erlassung des Aufenthaltsverbotes einen relevanten Eingriff in die von der Bw behaupteten familiären Bindung in Österreich bedeuten würde, sei eine Erlassung aufgrund des von ihr begangenen Fehlverhaltens nicht nur zu Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Licht des § 61 Abs. 2 FPG zulässig. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung sei auszuschließen gewesen, weil von der Bw eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den Schutz fremden Eigentums ausgehe und aufgrund ihrer tristen finanziellen Situation hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie weitere Straftaten begehen werde und daher die sofortige Ausreise nach Entlassung aus der Strafhaft im öffentlichen Interesse erforderlich sei.
Dagegen richtet sich die Berufung vom 7. März 2012. Die Bw brachte vor, sie möchte unbedingt in Österreich bleiben, weil sie Familie in Österreich habe. Ihr ältester Sohn sei in Wels wohnhaft, ebenso wie ihre Schwägerin, Frau X und ihr Lebensgefährte, wh. in X. Sie erklärte, sie möchte sich unbedingt Arbeit suchen und würde sich deshalb sofort nach ihrer Entlassung beim Arbeitsmarktservice melden.
Die BPD legte dem Verwaltungssenat den Akt zur Entscheidung vor.
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:
Die Bw wurde am X geboren und ist rumänische Staatsangehörige.
§ 66 Abs 1 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 lautet:
EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
§ 67 Abs 1 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 lautet:
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
Ein Aufenthaltsverbot kann gemäß § 67 Abs 2 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.
Artikel 27 Abs 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie) lautet wie folgt:
Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen.
Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Artikel 28 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie lautet:
Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.
Artikel 28 Abs 3 der Freizügigkeitsrichtlinie lautet:
Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie
a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder
b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
Die Europäische Kommission äußerte sich in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat vom 2.7.2009, KOM(2009) 313 endgültig, wie folgt:
"Die Mitgliedstaaten können die Freizügigkeit von EU-Bürgern aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit einschränken. Kapitel VI der Richtlinie gilt für jede aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit getroffene Maßnahme, die das Recht der unter die Richtlinie fallenden Personen berührt, unter den gleichen Bedingungen wie die Angehörigen des Aufnahmemitgliedstaats in diesen Mitgliedstaat frei einzureisen und sich dort frei
aufzuhalten.
..........
Restriktive Maßnahmen können nur nach einer Einzelfallprüfung getroffen werden, in der festgestellt wird, dass das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats berührt.
..........
EU-Bürger und deren Familienangehörige, die im Aufnahmemitgliedstaat das Recht auf Daueraufenthalt genießen (nach fünf Jahren), dürfen nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgewiesen werden. Gegen Unionsbürger, die ihren Aufenthalt seit mehr als zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat haben, und Kinder darf eine Ausweisung nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit (d. h. nicht aus Gründen der öffentlichen Ordnung) verfügt werden. Es muss klar zwischen ‚normalen’, ‚schwerwiegenden’ und ‚zwingenden’ Ausweisungsgründen unterschieden werden. Die Mitgliedstaaten sind grundsätzlich nicht verpflichtet, bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer nach Artikel 28 die tatsächlich im Gefängnis verbrachte Zeit anzurechnen, wenn keine Bindung zum Aufnahmemitgliedstaat besteht."
Der österreichische Gesetzgeber unterscheidet in den Bestimmungen des § 66 Abs 1 letzter Satz und § 67 Abs 1 FPG zwischen "normalen", "schwerwiegenden" und "zwingenden" Ausweisungsgründen. Auch wenn § 66 Abs 1 letzter Satz FPG dem Wortlaut zufolge nur die Ausweisung betrifft, muss diese Bestimmung auch im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beachtet werden. Aus Sicht des Gemeinschaftsrechts handelt es sich sowohl bei einem Aufenthaltsverbot als auch bei einer Ausweisung um "restriktive Maßnahmen", die nur nach Maßgabe der Bestimmungen des Artikel 27 und 28 der Freizügigkeitsrichtlinie zulässig sind.
Anzumerken ist, dass die in § 66 Abs 1 letzter Satz FPG erwähnte "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" nicht mit den "schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" iSd Artikel 28 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie gleichzusetzen ist.
Der Begriff "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" wird in Artikel 11 Abs 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichlinie) verwendet und in den Tatbeständen des § 53 Abs 3 FPG näher definiert. Eine solche "schwerwiegende Gefahr" ist im Sinne der abgestuften Gefährdungsprognose (vgl VwGH vom 22. Februar 2011, 2008/18/0025) unterhalb der "schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" iSd Artikel 28 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie einzuordnen. Unter welchen Voraussetzungen "schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unbedingt erforderlich machen, ist im FPG nicht geregelt. Die Bestimmung des § 56 des Aufenthaltsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland kann aber als Orientierungsmaßstab herangezogen werden.
Sollte der Bw das Daueraufenthaltsrecht nach § 54a Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm Artikel 16 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, dürfte ein Aufenthaltsverbot nur "aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" erlassen werden.
Grundvoraussetzung für das Daueraufenthaltsrecht nach Artikel 16 Abs 2 Freizügigkeitsrichtlinie iVm § 54a Abs 1 NAG ist ein fünfjähriger Aufenthalt. Die Bw hielt sich ca 4 Jahre im Bundesgebiet auf und hat folglich kein Daueraufenthaltsrecht nach Artikel 16 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie erworben.
Bei der Beurteilung der Frage, ob gegen die Bw gemäß § 67 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden kann, kann auf den Katalog des § 53 Abs. 2 und 3 leg cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden (vgl. VwGH vom 27. März 2007, GZ: 2007/18/0135).
Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens
1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 53 Abs 3 FPG für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
Aufgrund der 2 strafrechtlichen Verurteilungen ist eindeutig der Tatbestand nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt. Wiederholte Angriffe auf fremdes Vermögen zu unterbinden, berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft iSd § 67 Abs.1 FPG.
Die Bw ging während des gesamten Aufenthaltes in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie verschaffte sich durch das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen und teils räuberischen Diebstahles (Urteil zu 21 Hv 140/10m) sowie das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Betruges (Urteil Zahl 16 Hv 2/2011g) eine kriminelle Einnahmequelle. Die Tatbegehung fand während eines anhängigen Strafverfahrens statt. Im Strafurteil vom 11. Jänner 2012 wurde ausdrücklich der rasche Rückfall als Erschwerungsgrund gewertet. Die strafrechtliche Verurteilung durch das LG Linz vom 10. Jänner 2011 hielt die Bw nicht von weiteren Straftaten ab (vgl. den in Spruchabschnitt II. des Urteiles vom 11. Jänner 2012 angelasteten Tatzeitpunkt am 25. November 2011). Es besteht die tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, dass die Bw – wenn sie nicht abgeschoben worden wäre – nach der Entlassung aus der Strafhaft wiederum Verbrechen gegen fremdes Vermögen begangen hätte. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs 1 FPG sind erfüllt.
Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat die Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG insbesondere die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 61 Abs 1 FPG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 61 Abs 2 FPG insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung ist gemäß § 61 Abs 3 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Jedermann hat gemäß Artikel 8 Abs 1 EMRK Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8 Abs 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Das Aufenthaltsverbot führt zur Trennung der Bw von ihren im Bundesgebiet aufhältigen Angehörigen und stellt daher einen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Bw dar. Dabei ist festzuhalten, dass ihr Lebensgefährte, X seit 21. März 2012 im Bundesgebiet nicht mehr gemeldet ist. Selbst wenn er sich noch hier aufhalten würde, ist in Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung weiterer Straftaten die Trennung zumutbar.
Bei dieser Interessenabwägung fiel insbesondere ins Gewicht, dass in Rumänien die mj. Kinder und die Eltern der Bw aufhältig sind. Es bestehen folglich starke Bindungen zum Heimatstaat der Bw (§ 61 Abs. 2 Z 5 FPG).
Aufgrund des strafrechtlichen Fehlverhaltens und den starken Bindungen zum Herkunftsstaat ist bei einer Gesamtwertung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 66 Abs. 2 iVm. § 61 FPG und Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässig.
Bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes war zu berücksichtigen, zu welchem Zeitpunkt sich die Bw nachhaltig gebessert haben wird. Weiters war zu berücksichtigen, wie lange der Bw und den Familienangehörigen eine Trennung zumutbar ist.
Bei einer Gesamtwertung des vorliegenden Sachverhaltes ist die von der BPD verhängte Dauer von 7 Jahren zu lange. Es ist ein 4-jähriges Aufenthaltsverbot angemessen. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes war daher herabzusetzen.
Bei Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, kann gemäß § 68 Abs. 3 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise des Fremden oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Da zu befürchten ist, dass die Bw nach der Entlassung aus der Haft erneut schwere Verbrechen gegen fremdes Vermögen begangen hätte, war die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 68 Abs. 3 FPG gerechtfertigt.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nichts anderes vorsehen, gemäß § 8 Abs. 2 Zustellgesetz die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Die Bw hätte unverzüglich nach der Abschiebung eine neue Abgabestelle bekannt geben müssen. Da sie keine Abgabestelle bekannt gegeben hat, war gemäß § 8 Abs. 2 Zustellgesetz die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalteingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen.
Instrucțiuni juridice:
Împotriva acestei decizii nu se admite nici o cale de atac ordinară.
Indiciu:
Împotriva acestei decizii se poate declara în decurs de șase săptămâni de la comunicare, o plângere la Curtea Constituțională și/sau la Curtea de Contencios Administrativ; aceasta trebuie – înafară de excepțiile prevăzute de lege – înaintată de către un avocat / o avocată împuternicită. Pentru fiecare plângere se va achita taxa de 220 de euro.
Mag. Wolfgang Weigl