Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730610/2/BP/WU

Linz, 11.06.2012

 

B e s c h l u s s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA der Türkei, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 8. Jänner 2009, AZ: 1052117/FRB, betreffend eine Ausweisung des Berufungswerbers nach dem Fremdenpolizeigesetz, beschlossen:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gegenstandslos ist.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 8. Jänner 2009,
AZ.: 1052117/FRB, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 53 Abs. 1 iVm. 31 Abs. 1 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung angeordnet.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw am 18. Mai 2002 über unbekannt illegal nach Österreich eingereist sei. Am 21. Mai 2002 habe er beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren sei seit 21. November 2008 rechtskräftig negativ abgeschlossen – Österreich habe dem Bw kein Asyl gewährt.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2008 sei dem Bw die beabsichtigte Ausweisung und dass er die Gelegenheit habe, schriftlich Stellung zu nehmen, mitgeteilt worden.

 

Der Rechtsvertreter des Bw habe mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2008 im Wesentlichen angegeben, dass der Bw im Mai 2002 nach Österreich eingereist sei, seit 3. August 2006 mit Frau X verheiratet sei und dieser Ehe 3 Kinder entstammten. Seine Gattin sei im August 2003 nach Österreich eingereist und verfüge sowie die gemeinsamen Kinder über eine beschränkte Niederlassungsbewilligung. Seine Gattin sei bei der Firma X beschäftigt und beziehe Karenzgeld und Kinderbeihilfe für die 3 Kinder. Der Bw habe jederzeit die Möglichkeit bei dieser Firma eine Beschäftigung einzugehen. Außerdem habe sein Rechtsvertreter angegeben, dass ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung eingebracht werde.

 

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass sich der Bw seit etwa 6 1/2 Jahren in Österreich aufhalte und seine Familie in Österreich aufhältig sei und eine Ausweisung daher einen nicht unerheblichen Eingriff in das Privatleben des Bw bedeute, der allerdings dadurch zu relativieren sei, dass dieser Aufenthalt auf Rechtsgrundlage eines offensichtlich unbegründeten Asylantrages beruhe.

 

Der Bw habe am 21. Mai 2002 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, am 9. Jänner 2003 sei ihm der erste abweisende Bescheid zugestellt worden, gegen diesen habe er am 22. Jänner 2003 Berufung eingebracht.

Zum Zeitpunkt der Heirat mit Frau X am 3. August 2006 habe dem Bw bewusst sein müssen, dass es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG um eine mit der Dauer des Verfahrens befristete Berechtigung handle. Der Bw könne nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstandenes Familienleben auch nach Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden könne. Es liege beim Bw keine Selbsterhaltungsfähigkeit vor, da er keiner Beschäftigung nachgehe. Es könne daher nicht von einer beruflichen Verfestigung, die eine gelungene Integration erkennen lasse, gesprochen werden.

 

Zusammenfassend könne daher nur festgestellt werden, dass die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 13. Jänner 2009.

 

In der Berufung wird dem im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt im Grunde nicht entgegengetreten. Es wird angemerkt, dass der Bw unbescholten sei. Ausdrücklich weist der Rechtsvertreter darauf hin, dass der Bw mittlerweile bei den zuständigen Behörden einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt habe. Es werde daher beantragt, jedenfalls bis zur Entscheidung über den genannten Antrag von einer Abschiebung des Einschreiters abzusehen.

 

Eine Ausweisung erscheine aufgrund des vorbildhaften Lebens des Bw in Österreich und aufgrund der privaten Lebenssituation des Bw – seine Gattin und seine drei Kinder befänden sich in Österreich und hätten einen aufrechten Aufenthaltstitel – gänzlich unverhältnismäßig.

 

Der Rechtsvertreter verweist auf die Bestimmung des § 66 Abs. 2 FPG, wonach eine Ausweisung gemäß § 45 Abs. 1, 3 u 4 leg cit, jedenfalls nicht erlassen werden dürfe, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.

 

Von Seiten des Bw werde der Berufungsantrag gestellt, der Bescheid der BPD Linz vom 8. Jänner 2009 möge ersatzlos aufgehoben werden.

 

Weiters werde der Antrag gestellt, der Berufung des Bw möge die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, insbesondere unter Bedachtnahme auf das bei der oberösterreichischen Landesregierung anhängige Antragsverfahren auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Familienzusammenführung.

 

1.3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich am 16. Jänner 2009 vor.

 

1.4. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 3. März 2010, AZ E1/958/2009, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Im Wesentlichen führte die SID an, dass dem Bw eine entsprechende Integration zuzugestehen sei und durch die Ausweisung in erheblicher Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde.

 

Dieser Integration sei aber gegenüberzustellen, dass sein Aufenthalt während des Asylverfahrens nur aufgrund eines Antrages, welcher sich letztendlich als unberechtigt erwiesen habe, temporär berechtigt gewesen sei. Es könne in seinem Fall von keiner beruflichen Integration ausgegangen werden. Auch die Möglichkeit, dass der Bw bei der Firma X ein Beschäftigungsverhältnis eingehen könne, stelle ein zukünftiges und ungewisses Ereignis dar, welches bei der Beurteilung des do. Verfahrens keine Berücksichtigung gefunden habe, zumal der Bw diesen Umstand mit keinerlei Bestätigung des "zukünftigen" Dienstgebers belegt habe.

 

Auch der Umstand, dass der Bw (behaupteter Maßen) unbescholten sei, vermöge seine persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich nicht maßgeblich zu verstärken. Der Bw habe, als er den Asylantrag gestellt habe, keine Beziehungen zu Österreich gehabt und seine familiäre Beziehung sei erst später entstanden. Ihm und seiner Lebensgefährtin habe bereits bei Beginn der Beziehung klar sein müssen, dass ihr gemeinsamer Verbleib in Österreich sehr unsicher gewesen sei. Weiters sei eine Begleitung des Bw durch die Frau und die gemeinsamen Kinder zumutbar. Auch könne im Fall einer Abschiebung der Kontakt mittels Telefon und E-Mail aufrecht erhalten werden. Weitere berücksichtigungswürdige familiäre Beziehungen zur Republik Österreich seien vom Bw nicht behauptet worden bzw. seien aus der Aktenlage nicht ersichtlich gewesen.

 

Der Bescheid der Erstbehörde sei demnach zu bestätigen gewesen.

 

1.5. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 20. März 2012, Zl. 2010/21/0019-6, den Bescheid der SID vom 3. März 2012, Zl. E1/958/2009, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

 

 

2.1. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich übermittelte am 23. April 2012 den gegenständlichen Verwaltungsakt zuständigkeitshalber dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Aus einem aktuellen Auszug der Fremdeninformation ergibt sich, dass dem Bw mit Wirkung 12. April 2012 ein Aufenthaltstitel (Rot-Weiß-Rot-Karte Plus) vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz erteilt wurde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. bis 1.5. und insbesondere 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 49/2012, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass die in Rede stehende Ausweisung auf Basis des § 53 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, weshalb diese Ausweisung als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG anzusehen und zu beurteilen ist.

 

3.2. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 49/2012, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 60 Abs. 3 FPG wird die Rückkehrentscheidung gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

1.      der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2.      ein Aufenthaltstitel gemäß § 41a Abs. 9 und 10, 43 Abs. 3 und 4 und 69a          NAG erteilt wird.

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass mit Bescheid zu AEG / 39271 dem Bw ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 NAG idgF. erteilt wurde (gültig bis 11. April 2013). Somit ist § 60 Abs. 3 Z. 2 FPG erfüllt, weshalb die Ausweisung bzw. nunmehr Rückkehrentscheidung als gegenstandslos zu betrachten ist.

 

In diesem Sinn war die in Rede stehende Berufung – mangels Beschwer des Bw – als unzulässig zurückzuweisen und gleichzeitig die Gegenstandslosigkeit festzustellen.

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Bernhard Pree

 

 

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