Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166923/8/Br/REI

Linz, 01.06.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, geb. x, x, x, gegen den Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 10. April 2012, Zl.: VerkR96-6312-2012, nach der am 29. Mai 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; der Spruch ist jedoch durch Einfügen der Wortfolge "als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen x" hinter der Wortfolge "das Fahrzeug" in grammatikalischer Änderung der Satzstellung zu ergänzen.

 

II.  Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird dem Berufungswerber für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 12 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z1 Verwaltungs­straf­gesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

II.:   § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 9 Abs.4 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 u. Abs.4 FSG eine Geldstrafe von 60 Euro und 365 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 24 und 144 Stunden verhängt, wobei ihm telegrammstilartig und  ohne Anführung des Kennzeichens sinngemäß zur Last gelegt wurde, er habe am 21.1.2012 um 21:49 Uhr, in Stadl-Paura, 1) auf der L 1312 bei Strkm 7.515 das Vorschriftszeichen "HALT" dadurch missachtet, dass er das Fahrzeug (gemeint wohl den Pkw mit dem Kennzeichen x) nicht an der Haltelinie angehalten habe und 2) bis Strkm 0,055 (der Tankstelle Gmundnerstraße 21), das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen ist.

 

 

2. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"§ 9 Abs.4 StVO 1960 bestimmt: Ist an einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Halt" und auf der Fahrbahn eine Haltelinie angebracht, so ist an dieser Haltelinie anzuhalten.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist

 

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt, zulässig.

 

Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36,00 bis 2.180,00 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs.3 Z.3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO. 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

Gemäß § 37 Abs.3 FSG ist eine Mindeststrafe von 363,00 Euro zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs.3, sofern der Lenker überhaupt keine gültige Klasse von Lenkberechtigungen besitzt,

eines Kraftfahrzeuges, obwohl der Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen wurde oder eines Kraftfahrzeuges der Klasse D entgegen der Bestimmung des § 21 Abs.3, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 vorliegt.

 

Die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen wurden im Zuge einer Verkehrskontrolle durch die Polizeiinspektion Lambach festgestellt und der Behörde zur Anzeige gebracht.

Gegen die Strafverfügung vom 28.02.2012 haben Sie einen unbegründeten Einspruch eingebracht.

 

Im Sinne der Bestimmungen der §§ 40 und 42 VStG wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

 

Da Sie der ha. Aufforderung vom 16.03.2012 sich schriftlich zu rechtfertigen oder einen mit der Sachlage vertrauten und schriftlich bevollmächtigten, eigenberechtigten Vertreter zu entsenden, keine Folge geleistet haben, wird das Verwaltungsstrafverfahren nunmehr ohne Anhörung durchgeführt. Die Durchführung des Strafverfahrens ohne Anhörung wurde angedroht.

 

Zu den Bestimmungen des § 19 VStG. 1991 wird festgestellt, dass Sie trotz schriftlichem Ersuchen keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives monatliches Durchschnittseinkommen von 1.000,00 Euro, keine Sorgepflicht und kein Vermögen angenommen.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden".

 

 

 

3. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht bei der Behörde erster Instanz eingebrachten und fälschlich als Einspruch bezeichneten Berufung entgegen. Er bestreitet darin lediglich den Tatvorwurf der Missachtung der Stopptafel. Er hätte sich nicht erlauben können, nicht stehen zu bleiben, weil er ja nicht im Besitz eines Führerscheins gewesen sei.

Er habe nur eine Probefahrt gemacht, wobei er erfahren habe, dass seine Tochter ein Kind geboren habe. Aus diesem Grunde, sei er nach Bad Wimsbach-Neydharting gefahren. Nach der Stopptafel habe er schon länger ein Fahrzeug hinter sich gesehen, welches sich als Polizeifahrzeug herausgestellt hätte. Die Anhaltung sei von einem Polizeibeamten wegen der Fehlfunktion des rechten hinteren Rücklichtes durchgeführt worden.

 

 

 

3.1. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen.

Eine Berufungsverhandlung war angesichts des zu Punktes 1) bestrittenen Sachverhaltes  gemäß §51e Abs.1 Z1 VStG durchzuführen.

Beweis erhoben wurde durch Einvernahme des Berufungswerbers anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, sowie durch Einholung einer Stellungnahme seitens der einschreitenden Polizeiorgane den Punkt 1) betreffend.

 

 

4. Unstrittig ist nachfolgender Sachverhalt:

Die Berufungsbehörde folgt den Angaben der Polizeibeamten, denen zur Folge der nicht im Besitz einer Lenkberechtigung befindliche Berufungswerber an der besagten Kreuzung das Verkehrszeichen "HALT" missachtet hatte. Diese Wahrnehmung wurde im Zuge der Nachfahrt gemacht. Nach der Anhaltung soll der Berufungswerber gemeint haben, dieses Verkehrszeichen übersehen zu haben. Wenn in der Folge der Berufungswerber sich dahingehend verantwortet, mit diesem Tatvorwurf gar nicht konfrontiert worden zu sein, steht dem die klare Aussage der Meldungsleger entgegen.

x stellt dies nochmals in ihrer Stellungnahme vom 29.5.2012 klar.

Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht keine Veranlassung diesen Angaben nicht zu folgen. Der Berufungswerber trat im Rahmen der Berufungsverhandlung eher wenig überzeugend auf. Er erweckte eher den Eindruck das Ganze sei ihm im Grunde ohnedies egal, wobei er klar stellte den Vorwurf der Schwarzfahrt nicht von seinem Rechtsmittel umfasst sehen zu wollen. Den als Rechtfertigungsversuch zu verstehenden Hinweis auf die Geburt seines Enkelkindes habe er nur erklärend aber nicht als Rechfertigung angeführt.

Offenbar nicht den Tatsachen entspricht seine Darstellung, wonach die Beamten bei der besagten Kreuzung am Straßenrand gestanden wären, von wo aus die Nachfahrt erfolgte wäre. Damit änderte der Berufungswerber seine Darstellung zu jener in seiner Berufung.

Vielmehr wurde die Wahrnehmung der Missachtung des VZ "HALT" bereits im Zuge der Nachfahrt gemacht, wobei  dem Berufungswerber das hinter ihm fahrende Polizeifahrzeug bis dahin offenbar nicht aufgefallen war.

Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht keine Veranlassung den Darstellungen der Meldungslegerin nicht zu folgen. Warum sollte diese neben der Schwarzfahrt zusätzlich die Missachtung des Verkehrszeichens "HALT vor Kreuzung" anlasten, wenn dies nicht so geschehen wäre.

 

 

 

5. Rechtlich ist hier in Vermeidung von Wiederholungen auf den hier rechtskräftig ausgesprochenen Entzug der Lenkberechtigung und die von der Behörde erster Instanz zutreffend zitierten und oben angeführten Rechtsvorschriften zu verweisen.

Im Gegensatz zum Straferkenntnis wurde in der Strafverfügung das Kennzeichen angeführt, sodass darin eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 44a Z1 VStG gründet.

Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass sich für den unbefangenen Betrachter mit der telegrammstilartigen Tatumschreibung sprachlich nur schwer nachvollziehen lässt was, wann und wo an strafbarem Verhalten geschehen ist. Die Behörden erster Instanzen sollten sich besinnen, zumindest im sogenannten ordentlichen Verfahren (im Straferkenntnis), den Tatvorwurf nicht im VStV-Lückentextsystem zu belassen, sondern diesen in einem für den Bürger sprachlich lesbaren Stil abzufassen. Die Folge ist, dass angesichts des fehlenden sprachlichen Kontextes dann ein wesentlicher Spruchbestandteil – wie das Kennzeichen – von der Behörde selbst schlichtweg übersehen wird.

Der Berufungswerber kündigte im Rahmen der Berufungsverhandlung an eine E-Mailadresse bekannt zu geben, an welche ihm die ergänzende Stellungnahme der Meldungsleger zur Kenntnis gebracht werden könnte. Eine solche gab der Berufungswerber jedoch nicht bekannt, sodass letztlich mit Blick auf die Erklärung des Berufungswerbers anlässlich der Berufungsverhandlung auf ein weiteres Parteiengehör verzichtet werden konnte.

 

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die. Durch diesen Verstoß wurde gesetzlich geschützten Zielen nachhaltig entgegen gewirkt.

Selbst wenn in der Missachtung des Vorschriftszeichens "HALT" keine konkreten nachteiligen Folgen entstanden sind, ist darin eine Ordnungsvorschrift verletzt worden, welche nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu ahnden ist. Das dies nicht bloß fahrlässig sondern gleichsam ganz bewusst in Kauf genommen wurde ist evident. Das Verschulden ist demnach nicht bloß als geringfügig einzuschätzen. Eine mangelhafte Verbundenheit mit gesetzlich geschützten Werten bringt der Berufungswerber insbesondere auch durch sein Lenken eines Pkw trotz fehlender Lenkberechtigung zu Ausdruck.

Selbst wenn der Berufungswerber dzt. einkommenslos ist und vom Einkommen seiner Lebensgefährtin im Ausmaß von 1.000 Euro monatlich mitversorgt wird, vermag in der Geldstrafe von 60 Euro ein Ermessensfehler nicht erblickt werden. Selbst im Falle eines formal bestehenden Strafmilderungsgrundes – die Behörde erster Instanz legte dem Akt keine Vormerkungen bei – wäre in der hier ausgesprochenen Geldstrafe von nur 60 Euro ein Ermessensfehler nicht zu orten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                     Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

 

                                                           

 

Dr.  B l e i e r

 

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