Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101143/12/Sch/Rd

Linz, 12.05.1993

VwSen - 101143/12/Sch/Rd Linz, am 12 Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des W S vom 3. März 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 22. Februar 1993, VerkR3/2473/1991/Be, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG. Zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 22. Februar 1993, VerkR3/2473/1991/Be, über Herrn W S, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß a) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, b) § 20 Abs.2 StVO 1960 und c) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 Geldstrafen von a) 1.500 S, b) 2.000 S und c) 1.500 S sowie Ersatzfreiheitsstrafen von a) 36 Stunden, b) zwei Tagen und c) 36 Stunden verhängt, weil er am 20. Juni 1991 gegen 5.10 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der A9 Pyhrnautobahn zwischen Kilometer 5,0 bis (richtig: und) Kilometer 13,0 im Gemeindegebiet von R, W und Sch a) im Tunnel W I mit einer Geschwindigkeit von mindestens 140 km/h gelenkt und somit die durch das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 40 km/h überschritten habe; b) zwischen Tunnel W I und II mit einer Geschwindigkeit von mindestens 180 km/h gelenkt und somit die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mindestens 50 km/h überschritten habe und c) im Tunnel W II und III mit mindestens 140 km/h gelenkt und somit die durch Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mindestens 40 km/h überschritten habe.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 500 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Am 12. Oktober 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Am Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses fällt einerseits auf, daß die Fahrtrichtung, die der Berufungswerber eingehalten hat, nicht angeführt ist, obwohl sie aus der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für , VAASt Haid, vom 25. Juni 1991 zweifelsfrei hervorgeht. Dieser Frage kommt aber keine Bedeutung zu, da die Geschwindigkeitsbeschränkungen für beide Fahrtrichtungen gelten. Andererseits ist festzustellen, daß die Erstbehörde die Tatzeit mit "gegen 5.10 Uhr" angenommen hat, obwohl in der Anzeige von "um 5.10 Uhr" die Rede ist. Die Erstbehörde dürfte zu der Ansicht gelangt sein, daß eine Fahrtstrecke von ca. 8 Kilometern auch dann nicht innerhalb einer Minute passiert werden kann, wenn eine beträchtlich überhöhte Geschwindigkeit eingehalten wird. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung vom 11. November 1991 dürfte die Erstbehörde allerdings noch anderer Ansicht gewesen sein.

Zur Stattgebung der Berufung hat aber folgender Umstand geführt:

In oa Anzeige ist unter der Rubrik "Beweismittel" angeführt, daß der Berufungswerber das Gendarmeriefahrzeug vor dem Tunnel W I überholt habe, woraufhin die Gendarmeriebeamten die Nachfahrt aufgenommen hätten. Es sei eine Fahrgeschwindigkeit von über 200 km/h notwendig gewesen, um den PKW nach dem Tunnel W III zu sichten und einzuholen.

In der Niederschrift vom 20. März 1992, aufgenommen von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit dem Meldungsleger, ist allerdings davon die Rede, daß mit dem Gendarmeriefahrzeug hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers zwischen Autobahnkilometer 5,0 und Autobahnkilometer 13,0 in annähernd gleichbleibendem Abstand nachgefahren worden sei.

Wie ein vom unterfertigten Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich am 14. Oktober 1993 durchgeführter Lokalaugenschein ergeben hat, decken sich im Hinblick auf die Kilometrierung sowohl die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige als auch in der oa Niederschrift. Daraus ergibt sich, daß nach dem Akteninhalt sowohl die Aufholfahrt (mit einer Fahrgeschwindigkeit von über 200 km/h) als auch die Nachfahrt in annähernd gleichem Abstand auf derselben Straßenstrecke durchgeführt worden wären. Daß dies nicht möglich sein kann, braucht wohl nicht erörtert zu werden. Es kann auch dahingestellt bleiben, warum der Erstbehörde dieser offenkundige Widerspruch nicht aufgefallen und sie dennoch mit einem Schuldspruch gegenüber dem Berufungswerber vorgegangen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nimmt auch nicht an, daß Gendarmeriebeamte einen Fahrzeuglenker über eine Strecke von ca. 8 Kilometern bei der Begehung von Verkehrdelikten "gewähren lassen", ohne sogleich einzuschreiten, was ebenfalls für die wesentlich wahrscheinlicheren Angaben in der Anzeige spricht.

Der Vollständigkeit halber ist noch auszuführen, daß sich der Berufungswerber anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung im wesentlichen an den ihm zur Last gelegten Vorfall erinnern konnte, hingegen der geladene Zeuge BI L keinerlei Erinnerungsvermögen in der Angelegenheit mehr hatte. Der Meldungsleger konnte wegen einer Verhinderung an der Verhandlung nicht teilnehmen, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich berechtigt war, aufgrund des Akteninhaltes und des übrigen Ergebnisses des Berufungsverfahrens zu entscheiden.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, daß durchaus die Möglichkeit, ja sogar die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen hat. Entscheidend für den Ausgang eines Verwaltungsstrafverfahrens ist jedoch nicht dieser Umstand, sondern allein die Frage, ob eine Verwaltungsübertretung nachgewiesen werden kann oder nicht. Im konkreten Fall ist dies nicht gelungen, da das an und für sich taugliche Beweismittel der Geschwindigkeitsfeststellung, nämlich das Nachfahren hinter einem Fahrzeug in einem annähernd gleichen Abstand, hier offenkundig nicht vorgelegen ist.

Der Berufung war daher ohne näheres Eingehen auf das Berufungsvorbringen stattzugeben.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n 6

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