Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167006/6/Br/REI

Linz, 27.06.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. X, geb. X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Mai 2012, Zl. VerkR96-10273-2011, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach der am 27. Juni 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Die Berufung wird im Schuld- u. Strafausspruch als unbegründet abgewiesen.

             Als Strafnorm gelangt jedoch § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zur Anwendung.  

 

II.        Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber für das Berufungsverfahren 12 Euro auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:         § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19, § 24, § 44a Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 111/2010 VStG.

Zu II.:       § 64 Abs.1. u. 2. VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.2 lit.d iVm §  52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 16.09.2011 um 15.18 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X in X, auf der A1, Wesautobahn, bei km 191,600 in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 17 km/h überschritten.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Dem Akt liegt eine Kennzeichenanzeige der Landesverkehrsabteilung OÖ. vom 22.09.2011, Zl.: 133687/2011-1109-AB-BA-t zu Grunde. Die Anzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf.

 

Gegen die an Sie ergangene Strafverfügung erhoben Sie fristgerecht Einspruch und ersuchten die Behörde ein Beweisfoto zuzusenden, um festzustellen, wer Fahrer des Fahrzeuges gewesen sei.

 

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27.12.2011 wurde Ihnen ein Radarlichtbild Ihres Fahrzeuges übermittelt und wurden Sie weiters gebeten, falls Sie nicht selbst Lenker waren, einen Lenker zum Tatzeitpunkt der Behörde bekanntzugeben.

 

Mit Schreiben vom 10.01.2012 langte ein Schreiben Ihres nunmehr beauftragten Rechtsanwaltes ein, worin dieser im Wesentlichen mitteilte, dass Sie den Verkehrsverstoß nicht begangen hätten. Sie hätten das besagte Fahrzeug nicht gefahren. Die vorgelegten Radarbildaufnahmen seien nicht geeignet, das Gegenteil zu beweisen, da ein Lichtbild des Fahrers nicht vorliegt. Weiters seien Sie nicht verpflichtet, sich in der Angelegenheit selbst zu belasten. Es stehen umfassende Zeugnisverweigerungsrechte zu. Weiters sei zu betonen, dass es sich bei dem Recht eines Betroffenen, sich nicht selbst belasten zu müssen und bei den Rechten, das Zeugnis zu verweigern, ein Herzstück des Konzeptes eines fairen Fahrens nach Art. 6 EMRK bildet. Aus diesem Grund sei die österreichische Rechtslage außer Acht zulassen. Es werde daher beantragt, dass Verfahren gemäß § 45 Abs.1 VStG einzustellen.

 

Nach Bekanntgabe eines Zustellbevollmächtigen wurde augrund Ihres Ersuchen Akteneinsicht gewährt.

In Ihrer abschließenden Stellungnahme vom 10.04.2012 sowie 20.04.2012 teilten Sie im Wesentlichen mit, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X nicht gelenkt hätten. Die vorgelegten Radarbildaufnahmen seien nicht geeignet, das Gegenteil zu beweisen. Sie seien nicht verpflichtet, sich selbst oder andere Personen zu belasten. Eine faires Verfahren nach Art. 6 EMRK läge nicht vor, sodass die Einstellung des Verfahrens beantragt wird.

 

Die Behörde hat hierüber Folgendes erwogen:

 

Aufgrund der Anzeige ist es als erwiesen anzusehen, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit dem Fahrzeug X am 16.09.2011 um 15.18 Uhr in Sipbachzell, auf der A 1, Westautobahn, bei km 191,600, Richtung Salzburg überschritten wurde.

 

Die der Anzeige zugrunde liegende Radarmessung wurde vorschriftsmäßig von geeigneten und hiezu ermächtigten Organen der Straßenaufsicht durchgeführt, weshalb an der Richtigkeit der Messung nicht zu zweifeln war. Das Messgerät war zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung auch ordnungsgemäß geeicht. Zudem bestätigt das vorliegende Radarlichtbild die Verwaltungsübertretung.

 

Die Behörde geht aufgrund der freien Beweiswürdigung davon aus, dass Sie als Fahrzeughalter bzw. Zulassungsbesitzer das Kraftfahrzeug selbst gelenkt haben, zumal Sie über Aufforderung der Behörde überhaupt keine Angaben darüber gemacht haben, wer sonst als Sie selbst das Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt haben könnte oder aus welchen plausiblen Gründen Sie derartige Angaben nicht machen könnten.

 

Da Ihrerseits keinerlei Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhaltes erfolgte, konnte die Behörde nur den Schluss ziehen, dass Sie selber der Lenker zum Tatzeitpunkt waren.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist es zulässig, Schlüsse daraus zu ziehen, dass der Zulassungsbesitzer selbst der Täter einer Verwaltungsübertretung nach der StVO gewesen ist (VwGH v.23.04.1986, Z.86/18/0004).

 

Weites ist festzuhalten, dass Sie zu keinem Zeitpunkt glaubhaft dargelegt haben, dass Sie zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hätten (sh. auch VwGH 22.09.2011, B 136710)

 

In Österreich besteht die Pflicht zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers in § 103 Abs.2 KFG 1967. Diese Bestimmung wurde auch in den Verfassungsrang aufgenommen. Es ist auch aus der Rechtssprechung des EGMR nichts konkretes Gegenteiliges abzuleiten. Zur vergleichbaren britischen Rechtslage betreffend die Lenkerauskunft hat der Gerichtshof festgehalten, dass die Verpflichtung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers keine Verletzung des Art 6. EMRK darstellt.

Wer ein Kraftfahrzeug hält und mit diesem am Verkehr teilnimmt, akzeptiert damit auch bestimmte Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen, zu welchen es auch gehört, die Behörden im konkreten Fall über die Identität des Lenkers aufzuklären.

 

Es ist somit als erwiesen anzusehen, dass Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungs­übertretung begangen haben.

 

Da Sie gemäß § 19 VStG keine Angaben zu Ihren Einkommens-, Familien und Vermögensverhältnissen gemacht haben, musste die Behörde von folgender Schätzung ausgehen: mtl. Nettoeinkommen Euro 2.000,- kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

Straferschwerend war kein Grund zu werten, strafmildernd Ihre bisherige Unbescholtenheit im Verwaltungsbezirk Wels-Land.

 

Die verhängte Strafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen. Die Höhe der Geldstrafe erscheint ausreichend, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Übertretung dieser Norm abzuhalten und besitzt hinaus auch generalpräventive Wirkung.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber  durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterschaft mit nachfolgenden Ausführungen entgegen:.

"Sehr geehrter Herr Bezirkshauptmann X,

 

in vorbezeichneter Angelegenheit wird namens und in Vollmacht unseres Mandanten, Herrn Dr. X, Adresse wie vor, gegen die Straferkenntnis vom 10.5.2012 fristgemäß

 

Berufung

 

eingelegt mit dem Antrag,

 

die Straferkenntnis aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

 

Begründung:

 

Zur Begründung wird Folgendes vorgetragen:

 

1.

Unser Mandant weist es weiterhin zurück, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Die Täterschaft unseres Mandanten ist weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen.

 

Zu dem Nachweis der Täterschaft unseres Mandanten ist insbesondere auch nicht die Ihrerseits vorgelegte Radarbildaufnahme geeignet. Diese Radarbildaufnahme zeigt lediglich das Heck des Pkw mit amtlichem Kennzeichen: X. Der Fahrer des Pkw zur Tatzeit ist in keinster Weise zu erkennen. Die vorliegenden Ermittlungsakten lassen keinerlei Rückschlüsse auf den Fahrer des besagten Pkw zu dem Tatzeitpunkt zu.

 

Anhand er Ermittlungsakte, insbesondere anhand der Radarbildaufnahmen, kann die Täterschaft unseres Mandanten nicht bewiesen werden.

 

2.

Auch die Tatsache, dass unser Mandant zum Tatzeitpunkt Halter des besagten Pkw, amtliches Kennzeichen; X war, lässt keinerlei Rückschlüsse auf den Fahrer dieses Pkw zum Tatzeitpunkt und letzten Endes auf die Täterschaft unseres Mandanten zu.

 

3.

Auch aus der Tatsache, dass seitens unsers Mandanten keinerlei Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts erfolgte, lässt keine Rückschlüsse auf den Fahrer des Pkw zum Tatzeitpunkt und letzten Endes auf die Täterschaft unseres Mandanten zu,

 

Da unser Mandant seitens der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Beschuldigter/Betroffener behandelt wurde, war er hingegen in keinster Weise verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, Kein Beschuldigter/Betroffener von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ist verpflichtet, Angaben zu den ihm vorgeworfenen Sachverhalten zu machen. Es ist das Recht eines jeden Beschuldigten und Betroffenen, sich nicht selbst belasten zu müssen.

 

Dies ist ein fundamentales Recht eines jeden Beschuldigten und Betroffenen, das diesem im Rahmen eines fairen Verfahrens im Sinne des Artikel 6 EMRK zu gewähren ist Indes ist zu erwähnen, dass der besagte Pkw mit amtlichem Kennzeichen X nicht nur von unserem Mandanten, sondern zuweilen auch von weiteren Familienangehörigen benutzt wird. Bspw. gehen die Kinder unseres Mandanten zum Teil ihrer beruflichen Tätigkeit in Österreich nach.

 

Bezüglich seiner Familienangehörigen stehen unserem Mandanten umfassende Zeugnisverweigerungsrechte zu. Auch in Bezug seiner Familienangehörigen ist unser Mandant nicht verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen. Auch dieses Recht zählt zu den fundamentalen Herzstücken eines fairen Verfahrens im Sinne des Art. 6 EMRK.

 

Diesen wesentlichen und fundamentalen Rechten im Rahmen eines Straf- oder Verwaltungsstrafverfahrens können sich auch die österreichischen Ordnungsbehörden und Gerichte nicht verschließen. Die von Ihnen zitierte „Lenkerauskunft" des § 103 Abs. 2 KFG verstößt gegen diese allgemein anerkannten rechtlichen Standards eines fairen Verfahrens.

 

Insofern kann auch die - berechtigterweise - unterbliebene Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts nicht zu Lasten unseres Mandanten ausgelegt werden.

Auch hieraus können Rückschlüsse auf den Fahrer und die Täterschaft unseres Mandanten nicht abgeleitet werden.

 

4.

Insoweit ist die Straferkenntnis vom 10.5.2012 als rechtswidrig zu erachten und daher kostenpflichtig aufzuheben. Das gegen unseren Mandanten geführte Verwaltungsstrafverfahren ist hingegen nach § 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz einzustellen.

 

                                                        Mit freundlichen Grüßen

                                                                Rechtsanwalt

                                                                     - X -"    

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG). Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts der bestreitenden Verantwortung in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§51e Abs.1 VStG).

 

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und dessen Verlesung. Der Berufungswerber gab dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 13.6.2012 bekannt die Berufungsverhandlung unbesucht zu lassen. Er blieb in der Folge der Berufungsverhandlung auch tatsächlich unentschuldigt fern.

 

 

4. Aktenlage:

Laut der unter Beischluss eines Radarfotos gelegten Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. wurde der Pkw des Berufungswerbers zur fraglichen Zeit und Örtlichkeit mit einer verkehrsfehlerberichtigten Fahrgeschwindigkeit von 147 km/h gemessen.

Die Behörde erster Instanz erließ folglich gegen den Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) eine mit 22.11.2011 datierte Strafverfügung, wobei darin in zutreffender Weise die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO herangezogen wurde.

Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht am 13.12.2012 Einspruch. Darin stellte er das Ersuchen der Übermittlung eines Beweisfotos um den Fahrer feststellen zu können.

Am 27.12.2011 verständigte die Behörde erster Instanz den Berufungswerber über das Ergebnis der Beweisaufnahme, wobei ihm als Termin zur Vorsprache bei der Behörde erster Instanz der Vormittag des 17.1.2012 oder die Übermittlung einer schriftlichen Stellungnahme eröffnet wurde.

Der Rechtsvertreter übermittelte in Antwort darauf der Behörde erster Instanz unter Bekanntgabe seiner Bevollmächtigung einen Schriftsatz vom 10.1.2012. Darin wird der Regelverstoß bzw. die Fahrzeugführerschaft seinerseits in Abrede gestellt, wobei auf die deutsche Strafprozessordnung verwiesen wurde, deren Regelung sich mit Blick auf den Grundsatz nach Art. 6 EMRK, nämlich sich nicht selbst beschuldigen zu müssen, auch eine österreichische Behörde nicht widersetzen könne.

Es wird abschließend abermals  die Verfahrenseinstellung beantragt. In der Folge wurde eine hier nicht weiter zu erörternder schriftlicher Meinungsaustausch über die Frage der Bestellung eines Zustellbevollmächtigten geführt.

Zuletzt wurde "aus pragmatischen Gründen" als Zustellbevollmächtigter Herr RA Dr. X, X, in X benannt.

Diesem wurde im Wege der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 20.3.2012 Akteneinsicht gewährt.

Mit Schriftsatz der ausgewiesenen Rechtsvertreterschaft wurde mit weiteren Schriftsätzen vom 10. und 20.4.2012 die zur Last gelegte Übertretung (vom Berufungswerber genannt Regelverstoß) abermals in Abrede gestellt. Zusammenfassend wird die Auffassung vertreten es liege kein Beweis einer Fahrzeugführerschaft seitens des Berufungswerbers vor.

Am 10. Mai 2012 wurde schließlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

 

 

4.1. Der Berufungswerber trug weder im Rahmen des erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren zur Wahrheitsfindung bei. Er blieb im Ergebnis jede inhaltliche Mitwirkung schuldig. Sein Vorbringen beschränkte sich auf das bloße Bestreitung der Fahrereigenschaft, ohne jedoch darzulegen wer sonst, wenn nicht er selbst sein Fahrzeug gelenkt haben könnte. Sein PKW war jedoch unbestritten an der fraglichen Stelle unterwegs und der dort begangene Regelverstoß wird selbst vom Berufungswerber nicht bestritten. Das in den überwiegenden Fällen die Fahrzeuge auch von deren Haltern selbst gelenkt werden kann an dieser Stelle ebenfalls als evident gelten. Offenbar hängt der Berufungswerber der irrigen Überzeugung nach für den Tatbeweis der Lenkereigenschaft bedürfe es eines Bildbeweises.

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Auf dem Radarfoto ist das Kraftfahrzeug des Berufungswerbers zweifelsfrei identifiziert. Die Zeit der Geschwindigkeitsüberschreitung ist am Radarfoto festgehalten. Dass der Vorfalls (Tat-)ort in der Anzeige korrekt bezeichnet ist steht ebenfalls außer Zweifel.

Mangels Hinweises auf eine andere Person und des "Schuldig-Bleibens" jeglichen Hinweises auf einen vom Fahrzeughalter verschiedenen Lenkers, bleibt letztlich nur der Berufungswerber selbst als der Lenker seines Personenkraftwagens zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitung in Betracht, sodass seine Fahrzeugführerschaft als erwiesen gilt.

Eine rechtwidrige Verwendung des Pkws wird vom Berufungswerber ebenfalls zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens behauptet.

Im Ergebnis verweigerte der Berufungswerber schon im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens jegliche inhaltliche Mitwirkung. Mit seiner offenkundigen Auffassung es bedürfe für den Nachweis der "Lenkerschaft" eines Bildbeweises oder einer Anhaltung folgte ihm daher die Behörde erster Instanz zu Recht nicht. Auch die Berufungsbehörde sieht keine Veranlassung seiner bloß lapidar bestreitenden Verantwortung zu folgen und trotz fehlenden Hinweises auf eine andere Person nicht ihn als den schuldigen Lenker als erwiesen zu sehen.

Da der Berufungswerber offenbar auch nicht im Rahmen des Berufungsverfahrens geneigt war in Form seiner Mitwirkungspflicht auch nur ein einziges nachvollziehbares Indiz für die Verwendung seines Fahrzeug durch eine Dritte Person aufzuzeigen, bleibt rein logisch betrachtet keine andere Person als der Fahrzeughalter selbst als Lenker in Betracht. Mit dem lapidaren Hinweis, es könnten allenfalls andere Personen (Familienmitglieder) gefahren sein, vermag er jedenfalls nicht zu überzeugen. Wollte er sich betreffend eines bestimmten Personenkreis etwa auf das Schweigerecht zurückziehen, überwiegt jedenfalls das öffentliche Interesse an der Ahndung einer Übertretung von Verkehrsvorschriften und könnte ihm ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Mit bloß bestreitender Verantwortung nicht selbst gefahren zu sein und auch nicht zu wissen wer gefahren ist muss nicht gefolgt werden.

 

 

 

5.1. Rechtlich hat der UVS erwogen:

Verwaltungsstrafverfahren sind grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG und VStG zu führen. Somit ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl. VwGH 08.02.1995, Zl 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft bloß zu bestreiten. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten erfordert es vielmehr, dem Tatvorwurf konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl. VwGH 28.09.1988, 88/02/0030 ua).

In lebensnaher Würdigung dieser Umstände konnte daher auch die Berufungsbehörde zur Überzeugung gelangen, dass der Berufungswerber das betreffende Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt dieser Geschwindigkeitsmessung wohl selbst gelenkt haben musste.

Von einem Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter), der sein Fahrzeug nicht selbst gelenkt hätte, ist nämlich auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu erwarten, dass er zumindest nachvollziehbare Aspekte darzulegen in der Lage ist die seine Lenkerschaft (Fahrzeugführerschaft) zumindest fraglich erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.09.1996, 96/17/0320).

Wenn all das unterblieb bildet dies einen hinreichend schlüssigen Beweis dafür, dass offenbar nur er selbst als Lenker seines KFZ in Betracht kommt.

Jüngst hat der Verfassungsgerichtshof vom 22.9.2011, B1369/10, in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen, dass eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker nicht vorliege, wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schluss zieht, er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen.

Gemäß § 45 Abs.2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Letztlich verzichtete der Berufungswerber auf weitere Beweisanträge und trat damit der ihn als Lenker in Erscheinung treten lassenden Beweislage nicht weiter entgegen.

Das bloße globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).

Seiner Verantwortung damals nicht gefahren zu sein und ein Frontfoto als Beweis einzufordern war daher nicht zu folgen (vgl. dazu die bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, Zweiter Halbband, 8. Auflage, auf Seite 678f angeführte, sowie obzit. Judikatur).

 

 

5.2. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist  Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

5.3. Nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um bis zu 30 km/h überschreitet.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Obwohl - entgegen der offenbar auf einem Irrtum beruhenden Zitat der Strafnorm (§ 99 Abs.2d anstatt § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) – für diesen Umfang einer Geschwindigkeitsüberschreitung lediglich ein geringerer Strafsatz zur Anwendung gelangt, kann an der für diese Ordnungswidrigkeit ausgesprochene Geldstrafe von nur 60 Euro ein Ermessensfehler dennoch nicht erblickt werden (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

 

II. Die Verfahrenskosten sind auf die oben zitierte Gesetzesstelle gestützt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

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