Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167029/2/Zo/REI

Linz, 27.06.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, vom 06.06.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11.05.2012, Zl. VerkR96-20759-2011 wegen einer Übertretung des KFG zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 16 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie, obwohl sie als Zulassungsbesitzerin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.07.2011 aufgefordert worden war, binnen 2 Wochen nach Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das KFZ mit dem Kennzeichen X am 25.03.2011 um 23.07 Uhr in Ansfelden auf der A1 bei km 170,000 in Fahrtrichtung Wien gelenkt habe, diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt habe. Als Tatort wurde die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16, 4020 Linz und als Tatzeit der 03.08.2011 angegeben.

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde.

Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von  8 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin zusammengefasst aus, dass die Strafverfügung beim Postamt hinterlegt worden sei und sie diese nicht persönlich übernommen habe. Sie sei zum Zeitpunkt der Hinterlegung ortsabwesend, nämlich durchgehend in Serbien, gewesen. Die Zustellung der Strafverfügung sei daher nichtig. Sie habe auch gegen keine wie immer gearteten Melde- und Äußerungspflichten verstoßen.

 

Eine allfällige Verpflichtung zur Selbstbelastung sei verfassungs- und menschenrechtswidrig.

 

Weiters führte die Berufungswerberin aus, dass sie lediglich geringfügig beschäftigt sei und ca. 340 Euro monatlich verdiene. Sie sei für ein 5-jähriges Kind sorgepflichtig.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde von der anwaltlich vertretenen Berufungswerberin auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin ist Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen X. Der Lenker dieses Fahrzeuges hielt am 25.03.2011 um 23.07 Uhr auf der A1 bei km 170,000 in Fahrtrichtung Wien trotz einer verordneten 100 km/h-Beschränkung eine Geschwindigkeit von 123 km/h ein.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat vorerst diese Geschwindigkeits-überschreitung der Berufungswerberin vorgeworfen und über sie deshalb eine Strafverfügung verhängt. Gegen diese hat die Berufungswerberin, vertreten durch ihren nunmehrigen Rechtsanwalt, rechtzeitig einen Einspruch eingebracht. Nach Einholung eines Radarfotos hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land daraufhin die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen X gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mitzuteilen, wer das Fahrzeug am 25.03.2011 um 23.07 Uhr in Ansfelden auf der A1 bei km 170,000 in Fahrtrichtung Wien gelenkt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Diese Anfrage wurde an den Rechtsvertreter der Berufungswerberin gesendet. Die Berufungswerberin hat auf dieses Schreiben jedoch nicht reagiert, weshalb ihr mit Strafverfügung vom 05.10.2011 das Nichterteilen der Auskunft vorgeworfen wurde. Diese Strafverfügung wurde an der Kanzlei des Rechtsvertreters hinterlegt, wobei dieser wenige Tage darauf rechtzeitig einen nicht näher begründeten Einspruch eingebracht hat. In weiterer Folge wurde der Berufungswerberin nochmals die Möglichkeit eingeräumt, zur Übertretung Stellung zu nehmen, sie hat sich jedoch nicht geäußert, woraufhin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde. Dagegen richtet sich die oben dargestellte rechtzeitige Berufung.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

5.2. Aufgrund des Akteninhaltes ist es offenkundig, dass die Berufungswerberin die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land geforderte Auskunft nicht erteilt hat. Die Lenkeranfrage wurde entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zutreffend an den Rechtsvertreter der Berufungswerberin gesendet (siehe z.B. VwGH vom 23.11.2001, 98/02/00214). Richtig ist, dass die in weiterer Folge erlassene Strafverfügung ursprünglich hinterlegt wurde, wobei jedoch der Einspruch bereits 3 Tage nach der Hinterlegung eingebracht wurde. Die Strafverfügung wurde an die Kanzlei des Rechtsvertreters der Berufungswerberin gesendet, weshalb es auch unerheblich ist, ob sich zu diesem Zeitpunkt allenfalls die Berufungswerberin selbst im Ausland aufgehalten hat. Die Zustellung erfolgte jedenfalls rechtmäßig an der Kanzlei des Rechtsvertreters der Berufungswerberin.

 

Soweit die Berufungswerberin geltend macht, dass sie nicht verpflichtet gewesen wäre, sich selbst zu belasten (Artikel 6 EMRK), ist sie auf die Rechtsprechung des EGMR hinzuweisen. In den Fällen X und X (15809/02 sowie 25624/02 vom 29.06.2007) hat die große Kammer des EGMR mit 15 zu 2 Stimmen festgestellt, dass die Verpflichtung zur Lenkerauskunft nicht gegen Artikel 6 EMRK verstößt. Auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrmals klargestellt, dass diese Bestimmung (welche ohnedies im Verfassungsrang steht) nicht rechtswidrig ist.

 

Die Berufungswerberin hat die ihr vorgeworfene Übertretung daher in objektiver Hinsicht zu verantworten. Umstände, welche ihr Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 5000 Euro.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin als strafmildernd berücksichtigt. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe lagen hingegen nicht vor.

 

Der Zweck der gegenständlichen Bestimmung besteht darin, dass die Behörde rasch und ohne besonderen Aufwand den Lenker eines bestimmten Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellen kann. Die Berufungswerberin hat mit ihrem Verhalten genau gegen diesen Schutzzweck verstoßen. Trotz der ausgesprochen ungünstigen Verhältnisse der Berufungswerberin (monatl. Nettoeinkommen von 340 Euro bei Sorgepflichten für ein Kind) kommt eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht. Die Strafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen nicht einmal zu 2 Prozent aus und erscheint notwendig, um die Berufungswerberin in Zukunft zur Einhaltung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen als Zulassungsbesitzerin anzuhalten. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafe.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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