Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252881/7/Kü/Th

Linz, 06.06.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau H G, R 1, B, vom 17. Mai 2011, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Mai 2011, SV96-189-2010, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2012, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15. Mai 2011, SV96-189-2010 wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie, Frau H G, geb. X, haben

es als Beschäftigter und somit als gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 nach außen zur Vertretung Berufener der Firma G J und H mit Sitz in R, B, festgestellt durch Organe der Steiermärkischen Landesverkehrsabteilung am 22.8.2010 gegen 8.45 Uhr und angezeigt durch Organe des Finanzamtes Graz-Umgebung verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Ihre Firma den ausländischen Staatsangehörigen A A, geb. X beschäftigt hatte.

 

Für diese Beschäftigung lag kein/e alternativen Voraussetzungen

§         Beschäftigungsbewilligung

§         Zulassung als Schlüsselkraft

§         Entsendebewilligung

§         Anzeigebestätigung

§         für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis

§         Befreiungsschein

§         "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"

§         Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG"

§         Niederlassungsnachweis

des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) vor.

 

Dies wurde am 22.8.2010 gegen 8.45 Uhr im Rahmen einer Kontrolle auf der A9, Gemeindegebiet Deutschfreistritz in Fahrtrichtung Linz, Höhe Strkm. 162,0 durch Beamte der Steiermärkischen Landesverkehrsabteilung festgestellt.

 

Der im Spruch genannte Ausländer war für die Firma G J und H im Rahmen einer Beschäftigungsbewilligung als Landarbeiter für den örtlichen Geltungsbereich W als Lenker eines Fahrzeuges beschäftigt."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter (zwischenzeitig wurde Vollmachtverhältnis aufgelöst) eingebrachte Berufung in der beantragt wird, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass es richtig sei, dass die Bw ihrem Dienstnehmer A A den Auftrag erteilt habe, eine Lieferung mit Salat in die Steiermark zuzustellen. Es sei richtig, dass Herr A nicht über eine entsprechende Beschäftigungsbewilligung verfügt habe, weil die für ihn bestehende Beschäftigungsbewilligung lediglich für den Bezirk W ausgestellt worden sei.

 

Die Bw sei in dem, mit ihrem Gatten gemeinsam geführten landwirtschaftlichen Unternehmen zur Gemüseerzeugung grundsätzlich für die Bürodienste zuständig und nicht für die Abwicklung von derartigen Zustellungen. Sie habe diese Aufgabe nur deswegen übernommen, weil ihr Gatte zu diesem Zeitpunkt nicht im Betrieb anwesend gewesen sei. Nachdem ihr nicht bewusst gewesen sei, dass Herr A außerhalb des Bezirkes nicht mit dem LKW fahren dürfe, hätte sie diesen beauftragt, die Lieferung durchzuführen. Am grundsätzlichen Verschulden bestehe daher kein Zweifel.

 

Unrichtig sei allerdings die in der Aufforderung zur Rechtfertigung genannte Tatzeit vom 07.09.2010, laut Anzeige habe sich der Vorfall am 22.08.2010 ereignet. Grundsätzlich gelte auch die gleiche Verantwortung für den 2. Vorfall vom 29.07.2010, der ebenfalls wiederum Herrn A A betroffen habe.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Schreiben vom 1. Juni 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2012, an welcher die Bw persönlich teilgenommen hat. Ein Vertreter der Organpartei ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Bw ist Hälfteeigentümerin des landwirtschaftlichen Gemüseanbaubetriebes J und H G mit dem Sitz in R, B.

 

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservices W vom 14. Mai 2010 wurde J und H G als Arbeitgeber die Beschäftigungsbewilligung für Herrn A A, Staatsangehörigkeit Bosnien Herzegowina, für die berufliche Tätigkeit als Landarbeiter für die Zeit vom 12. Mai 2010 bis 11. November 2010 für den örtlichen Geltungsbereich W erteilt.

 

Am 22.08.2010 führte A A mit dem Sattelkraftfahrzeug der Firma J und H G eine Gemüselieferung in die Steiermark durch und wurde dabei von Organen des LPK Steiermark, Landesverkehrsabteilung, auf der A9 im Gemeindegebiet von Deutschfeistritz in Fahrtrichtung Linz einer Schwer­verkehrskontrolle unterzogen.

 

Bereits am 29.07.2010 hat der Ausländer ebenfalls im Auftrag der Firma J und H G mit dem firmeneigenen Sattelfahrzeug eine Zustellfahrt mit Gemüse nach L in der Steiermark durchgeführt. Um 09.35 Uhr wurde der Ausländer bei der Mautstelle Gleinalm in Fahrtrichtung Linz von Organen der Polizeiinspektion Gleinalm einer Kontrolle unterzogen.

 

Der Grund für die Transportfahrten des Ausländers im Auftrag der Firma J und H G ist darin gelegen, dass es im Jahr 2010 sehr schwierig gewesen ist, externe Frächter für die Durchführung von Transportfahrten in die Bundesländer zu finden, aus diesem Grund wurden von dem als Landarbeiter beschäftigten Ausländer zwei Zustellfahrten mit dem firmeneigenen Lkw durchgeführt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Strafantrag sowie der vorliegenden Beschäftigungsbewilligung und den Angaben der Bw. Insofern steht dieser Sachverhalt unbestritten fest.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Gemäß § 6 Abs.1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung für einen Arbeitsplatz zu erteilen und gilt für den politischen Bezirk, in dem der Beschäftigungsort liegt. Der Arbeitsplatz ist durch die berufliche Tätigkeit und den Betrieb bestimmt. Der Geltungsbereich kann bei wechselndem Beschäftigungsort unter Bedachtnahme auf die Lage und Entwicklung der in Betracht kommenden Teilarbeitsmärkte auf mehrere Betriebe eines Arbeitgebers und auch den Bereich mehrerer politischer Bezirke, eines Bundeslandes, mehrerer Bundesländer oder das gesamte Bundesgebiet festgelegt werden.

 

Nach § 6 Abs.2 AuslBG ist eine Änderung der Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich, wenn der Ausländer für eine verhältnismäßig kurze, eine Woche nicht übersteigende Zeit auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt wird. Für einen längeren Zeitraum ist eine neue Beschäftigungsbewilligung erforderlich.

 

5.2. § 6 Abs.2 AuslBG bedeutet, dass eine kurzfristige (bis zu einer Woche) von der ursprünglich erteilten Beschäftigungsbewilligung in beruflicher, fachlicher und örtlicher Hinsicht abweichende Tätigkeit des Ausländers im eigenen Unternehmen des Arbeitgebers ohne neue Beschäftigungsbewilligung erlaubt ist. Der kurzfristige Arbeitsplatzwechsel ist aber nur innerhalb der Geltungsdauer der aktuellen Beschäftigungsbewilligung zulässig. Eine kurzfristige Tätigkeit auf einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb eines anderen Unternehmens, ist ohne neue Beschäftigungsbewilligung nur im Rahmen der Nachbarschaftshilfe möglich (Deutsch, Neurath, Nowotny, Seitz – Ausländerbeschäftigungsrecht, Lose-Blatt-Ausgabe, Seite 249).

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16.12.1997, 96/09/0047 ausgesprochen, dass die echte Leiharbeit in den zeitlichen Grenzen des § 6 Abs.2 AuslBG zulässig ist, diese Ausnahme allerdings für die Überschreitung des territorialen Bereiches nicht anwendbar ist.

 

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus den Erhebungen der Polizeiorgane und den diesbezüglichen Strafanträgen der Finanzverwaltung, dass der ausländische Staatsangehörige für die Firma der Bw am 29.07.2010 und 22.08.2010 Zustellfahrten in die Steiermark durchgeführt hat. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nicht ergeben, dass auch an anderen Tagen innerhalb des Zeitraums der vorliegenden Beschäftigungsbewilligung Zustellfahrten durch den ausländischen Staatsangehörigen außerhalb des Geltungsbereiches W abgewickelt wurden. Zudem finden sich in den vorliegenden Strafanträgen keine weiteren Beweise über Tätigkeiten des Ausländers außerhalb des Geltungsbereiches W, auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren konnte kein Beweis für weitere Tätigkeiten des Ausländers gefunden werden. Aufgrund der Erhebungsergebnisse ist daher davon auszugehen, dass die Zeitdauer der beiden Zustellfahrten des ausländischen Staatsangehörigen an den genannten Tagen, das Ausmaß einer Woche (Arbeitszeit des ausländischen Staatsangehörigen laut Beschäftigungsbewilligung sind 40 Stunden) nicht überschritten hat. Der Ausländer hat im Auftrag der Firma der Bw mit dem firmeneigenen Lkw an 2 Tagen Zustellfahrten durchgeführt, weshalb keine echte Leiharbeit anzunehmen ist. Der ausländische Staatsangehörige wurde im eigenen Betrieb der Bw zum Einsatz gebracht und ist nicht für einen anderen Arbeitgeber tätig geworden. Feststeht, dass der Ausländer durch seine Zustellfahrten außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches der Beschäftigungsbewilligung tätig geworden ist.

 

Im Erkenntnis vom 28.2.2002, Zl. 99/09/0257, vertritt der Verwaltungsgerichts­hof folgende Auffassung:

"Sollte sich ergeben, dass die beantragte ausländische Arbeitskraft über das in § 6 Abs.2 AuslBG hinausgehende Ausmaß in mehreren Bundesländern von der beschwerdeführenden Partei beschäftigt werden soll, dann wäre dies – nach entsprechender Antragsmodifikation durch die beschwerdeführende Partei – bei der Festlegung des Geltungsbereichs einer allenfalls zu erteilenden Beschäfti­gungsbewilligung zu berücksichtigen."

 

Aus dieser Formulierung des Verwaltungsgerichtshofes kann nur geschlossen werden, dass eine Beschäftigungsbewilligung für den Geltungsbereich mehrerer Bundesländer nur dann beantragt werden muss, wenn ein allenfalls festgelegter Geltungsbereich in der Beschäftigungsbewilligung länger als eine Woche überschritten wird.

 

Im gegenständlichen Fall wird der Bw auch in Zusammenschau mit dem zu VwSen-252879 geführten Verwaltungsstrafverfahren angelastet, den ausländischen Staatsangehörigen an 2 Werktagen außerhalb des bewilligten Bereichs beschäftigt zu haben. Diese Tatsache bedeutet allerdings, dass der Bw die Beschäftigung innerhalb der von§ 6 Abs.2 AuslBG normierten Regelung von 1 Woche angelastet wird, weshalb für diese an 2 Tagen durchgeführten Lkw-Fahrten außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Beschäftigungsbewilligung die Erteilung einer neuen Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich gewesen ist. Weitere Tätigkeiten des Ausländers außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches der Beschäftigungs­bewilligung im Bewilligungszeitraum konnten im Verfahren nicht erwiesen werden. Die Beschäftigung des ausländischen Staatsangehörigen durch die Bw am 29. Juli 2010 ist daher innerhalb des von § 6 Abs.2 AuslBG festgelegten Rahmens erfolgt, weshalb der Bw die Beschäftigung entgegen den Vorschriften des Ausländer­beschäftigungsgesetzes nicht angelastet werden kann. Insofern war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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