Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390323/2/Py/Rd/Hu

Linz, 19.06.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Andrea Panny über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Oktober 2011, UR96-102-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz 2006 – Oö. ElWOG 2006 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die hinsichtlich Faktum 1 verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.              Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Oktober 2011, UR96-102-2011, wurde über den Berufungswerber hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 63 Abs.1 Z14 iVm §§ 6 bis 10 Oö. ElWOG 2006 und Auflagepunkt 2., Spruchteil A, D) Abfallrechtliche Auflagen" des Bescheides der Oö. Landesregierung vom 19.7.2002, EnRo-103.706/10-2002-Sü/sc iZm § 63 Abs.1 Einleitung Oö. ElWOG 2006 (Faktum 1) verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber hinsichtlich Faktum 1 im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x mit Sitz in x, Gemeinde x, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) eingehalten wurden.

 

Die x betreibt in der Gemeinde x auf den Parz.Nr. x und x, EZ x, KG. x, eine Biogasanlage.

1)    Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 19.07.2002, EnRo-103.706/10-2002-Sü/Sc, wurde der ARGE x, x, die elektrizitäts­rechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der gegenständ­lichen Biogasanlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

     Unter Spruchteil A, 'D) Abfallrechtliche Auflagen' Punkt 2. dieses  Bescheides wurde vorgeschrieben, dass 'sämtliche angelieferten Abfall­chargen von der für den Betrieb verantwortlichen Person zumindest einer sensorischen Eingangskontrolle zu unterziehen sind. Dabei festgestellt, nicht verarbeitbare Abfallchargen sind zurückzuweisen. Nicht vergärbare, aussortierbare Stoffe (Störstoffe) sind ausnahmslos auszusortieren und fachgerecht (zB in geeigneten Behältnissen) zwischen zu lagern'.

     Diese Auflage wurde dadurch missachtet, dass am 10.02.2011 durch die Firma x, x, Speisereste in einem Tankfahrzeug (An­hänger zum Transport von Dieseltreibstoff) zur Biogasanlage geliefert wurden. Der Fahrer führte die Entladetätigkeiten alleine aus – vom Betreiber der Biogasanlage war zum Zeitpunkt der Anlieferung niemand anwesend. Der Fahrer wurde beim Versuch den oberen Tankverschluss zu öffnen durch den momentanen Druckabbau tödlich verletzt. " 

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht und darin die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt.

 

Begründend legte der Berufungswerber seine finanziellen Verhältnisse dar, und zwar, dass er laut Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 aufgrund zahlreicher Konkurse und damit verbundener Zahlungsausfälle lediglich über ein Einkommen von ca. 1.000 Euro brutto  monatlich verfüge. Er sei zwar Eigen­tümer mehrerer Liegenschaften, welche jedoch mit Pfandrechten und Schulden überbelastet seien. Die Verbindlichkeiten würden aus übernommenen Bürg­schaften gegenüber (nunmehr) insolventen Firmen resultieren. Zudem sei er sorgepflichtig für seine studierende 23-jährige Tochter. Im Übrigen werde auf den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit ver­wiesen.

 

Darüber hinaus wurde auf den Umstand, dass der Berufungswerber nur formalrechtlich für den Verstoß der genannten Auflage verantwortlich sei, zumal Herr x für den operativen Betrieb allein und ausschließlich zuständig sei und der Berufungswerber es lediglich unterlassen habe, die Bestellung des x als verantwortlichen Beauftragten der Behörde mitzuteilen. Festgehalten wurde weiters, dass der Unfall zwar äußerst tragisch geendet habe, jedoch die Todesfolge mit dem Auflagenverstoß in keinem Zusammenhang stehe und der Vorfall auch bei Einhaltung der Auflagen passiert wäre.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.2. Weil hinsichtlich der Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz nach der geltenden Geschäftsverteilung ein anderes Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zuständig ist, ergeht hinsichtlich Faktum 2 eine gesonderte Entscheidung.  

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG Abstand genommen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 63 Abs.1 Z14 Oö. ElWOG 2006 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, wer bescheidmäßige Anordnungen (Aufträge) der Behörde auf Grund dieses Landesgesetzes nicht bescheidmäßig erfüllt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurde hinsichtlich Faktum 1 des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro bei einem Strafrahmen bis zu 20.000 Euro verhängt. Als strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, straferschwerend kein Umstand gewertet. Weiters wurde von der belangten Behörde ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Anlässlich der Berufungserhebung wurden vom Berufungswerber seine persönlichen Verhältnisse dahingehend korrigiert, als er über ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.000 Euro verfügt sowie sorgepflichtig für seine studierende Tochter ist. Diese geänderten persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers waren nunmehr bei der Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat heranzuziehen.

 

Grundsätzlich ist zu bemerken, dass Auflagen Maßnahmen darstellen, durch die zum einen die ordnungsgemäße Ausführung und zum anderen der ordnungs­gemäße Betrieb der Betriebsanlage gewährleistet werden sollen. Der Zweck der mit Bescheid vorgeschriebenen Auflage "D) Abfallrechtliche Auflagen" liegt darin, durch eine sensorische Eingangskontrolle die Anlieferung von für die Biogasan­lage ungeeignete Stoffe zu verhindern. Diese Auflage stellt somit ausschließlich eine sogenannte "Qualitätskontrolle" der angelieferten Stoffe dar, sie zielt aber nicht auf den Schutz von Personen bezüglich des Entladevorganges ab. Dass solche Kontrollen die Anwesenheit eines befähigten und auch befugten Arbeit­nehmers erfordern, ist nicht von der Hand zu weisen und wurde vom Berufungs­werber auch nicht bestritten. Auch für den Fall, dass durch Einhaltung der gegenständlichen Bescheidauflage bei der Anlieferung der folgenschwere Unfall nicht verhindert hätte werden können, ist doch festzuhalten, dass bei diesem Vorgang seitens des vom Bw vertretenen Unternehmens offenbar mit großer Sorglosigkeit vorgegangen wurde, indem die Abfallübernahme ohne Anwesenheit und Aufsicht eines geschulten Arbeitnehmers des Anlagenbetreibers durchgeführt wurde. Einer weitergehenden Herabsetzung der Geldstrafe stand daher der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung an sich entgegen.

 

Die nunmehr verhängten Geldstrafe, die 5% der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe beträgt, erscheint angemessen und geeignet, um dem Berufungs­werber die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zur Einhaltung bescheidmäßiger Auflagen zu bewegen.

 

5.4. Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG war schon deshalb nicht möglich, weil die hierfür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen der Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretungen nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre. Auch die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) war mangels Voraussetzungen zu verneinen.

 

5.5. Die zu Faktum 1 verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG). 

 

6. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

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