Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523175/7/Br/REI

Linz, 19.06.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D T-G, geb. x, P, A, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 29.05.2012, GZ: FE-288-2012,  zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass

Ø        die Lenkberechtigung bis zum  19.12.2014 befristet und

Ø        mit der Auflage erteilt wird, dass der Berufungswerber auf     Aufforderung der (Führerschein-)Behörde dreimal jährlich die           Laborparameter "Gamma GT, GOT, GPT MCV u. CD Tect" (mit       einer Toleranzfrist      von zehn Tagen)         vorzuweisen und

Ø        sich vor Ablauf der Befristung einer amtsärztlichen        Kontrolluntersuchung zu unterziehen hat.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010 und  § 3 Abs.1 Z3 iVm § 5 Abs.5 und § 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2012 iVm § 2 Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 138/1998, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 280/2011;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten hat die Behörde erster Instanz im Rahmen der mit dem Berufungswerber aufgenommenen Niederschrift unter Hinweis auf die Aktenlage mündlich verkündeten Bescheid, dessen Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Bescheid im Ergebnis unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 Z3 FSG, wonach der Antrag vom 29.5.2012 auf (Wieder-) Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen abzuweisen und einem Rechtsmittel eine aufschiebende Wirkung zu versagen gewesen wäre.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG dürfe eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9 FSG).

Nach § 3 Abs.1 FSG-Gesundheitsverordnung gelte zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse als gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften 1) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, 2) die nötige Körpergröße besitzt, 3) ausreichend frei von Behinderungen ist und 4) aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Laut amtsärztlichem Gutachten vom 28.02.2012 bzw. der ergänzenden Stellungnahme vom 17.04.2012 sei der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Untersuchung gesundheitlich nicht geeignet gewesen ein KFZ zu lenken. Das amtsärztliche Gutachten basierte im Wesentlichem auf dem Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung der zu Folge von einer aktuellen mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung auszugehen gewesen wäre und demnach eignungsausschließende Defizite der Persönlichkeit vorgelegen hätten.

Aufgrund der ergänzenden amtsärztlichen Stellungnahme vom 17.04.2012 bzw. der ergänzenden verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 18.05.2012 sowie der Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 23.05.2012 habe sich die amtsärztliche Entscheidung hinsichtlich der aktuellen Nichteignung als schlüssig und nachvollziehbar erwiesen und sei der abweisenden Entscheidung zu Grunde zu legen gewesen.

 

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung.

Sinngemäß bringt er darin zum Ausdruck er habe seit dem Unfall vom 22.1.2011 seinen Lebenswandel gänzlich geändert. Er betreibe wiederum zumindest fünf Mal die Woche Sport (Laufen und Fußball). Die Umstellung seiner Ernährung und auch die Einstellung von Alkoholkonsum haben sich auf seinen Körper und Geist positiv ausgewirkt. Mittlerweile sei es so, dass er keinen Alkohol mehr trinke. Er sei  gerne bereit, sich einem intensiven Test zu unterziehen und sich auch weiterhin regelmäßigen Tests zu unterziehen.

Er habe im Zuge der VPU keine konkrete Strategie genannt, jedoch habe er konkret sein Leben geändert. Er würde sich auf sein Studium konzentrieren, sei zielstrebig, setze sich Prüfungsziele, die er durch intensive Vorbereitung (was wochenlanges Nichtausgehen vor den Prüfungswochen inkludiert) erreiche. Seine Prüfungsnoten stellten dies unter Beweis. Er stelle fest, dass ihm diese Lebensweise gut tue.

Das Gutachten der VPU berücksichtige nicht seine gegenwärtige Situation. Er sei heute ein gänzlich anderer Mensch als vor 17 Monaten und auch als vor 4 Monaten, er habe sich weiterentwickelt und sei reifer geworden. Er ersuche um ein persönliches Gespräch, um der Behörde die Möglichkeit zu geben, seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Fahrzeugen festzustellen.

Er habe in der Vergangenheit insofern nicht mit Alkohol umgehen können, als er dessen Wirkung falsch eingeschätzt hätte. Dies habe ihn zu dem Schritt bewogen, keinen Alkohol mehr zu trinken. Er habe aufgrund der Umstellung seiner Lebensgewohnheiten sehr viel positives Lebensgefühl gewonnen und fühle sich mit gespritzten Fruchtsäften und Mineralwasser mit Zitrone wohler als früher.

Bereits bei einer Vorsprache bei der Behörde erster Instanz am 29.3.2012 habe er angemerkt, dass das Klima während der VPU nicht in Ordnung gewesen wäre.

Die Feststellung der Beschönigungsneigung sei ihm unerklärlich, da es keine Behauptung seinerseits gewesen sei, sechs Spritzer in ca. 6 Stunden könnten eine Alkoholisierung von 1,84 Promille ergeben. Bei der Schilderung des Unfallherganges hätte er nur die Getränke angeben können, an die er sich bewusst erinnern habe können  und dies habe er auch gesagt.

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem
Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Demnach ist dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Behörde erster Instanz.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wurde dem Berufungswerber Parteiengehör gewährt. Dabei wurde ihm eröffnet, einem negativen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen treten zu müssen.

Der Berufungswerber unterzog sich folglich über Zuweisung abermals einer VPU. Das vorgelegte Gutachten wurde dem Amtsarzt der Behörde erster Instanz mit dem Ersuchen dazu ein neuerliches Gutachten zu erstellen bzw. auf diese neuen Fakten das Vorgutachten  zu evaluieren.

  

 

4. Sachverhalt:

Die im Zuge des Berufungsverfahrens wurde vorerst im Rahmen des Parteiengehörs mit dem Berufungswerber die Sach- u. Rechtslage niederschriftlich erörtert. Der Berufungswerber unterzog sich in der Folge abermals einer verkehrspsychologischen Untersuchung und legte eine positiv verlaufene Stellungnahme vor. Darin gelangt der Gutachter zum Ergebnis der  Eignung des Berufungswerbers aus verkehrspsychologischer Sicht.

 

In deren Zusammenfassung wird folgendes ausgeführt:

"Herr T-G, geb. am x, bot im Persönlichkeits- und Einstellungsbereich folgende Befunde: Im persönlichkeitsbezogenen Screeningfragebogen KFP30 hinsichtlich eines verkehrsrelevanten Risikopotentials zunächst einmal keine normabweichende Akkumulation von psychischen Fehlhaltungen ausgewiesen. Die Explorationsdaten zeigen aber eine bisher sehr geringe Verkehrsbewährung des Untersuchten bezüglich Alkohol. Insbesondere ohne Wandel des Untersuchten ist dies prognostisch nicht günstig, denn Verkehrsverstöße und Unfälle sind keine zufälligen Ereignisse, sondern brauchbare Prädiktoren für zukünftiges Fehlverhalten. Diese Gefährdung lässt sich damit erklären, dass diesen Auffälligkeiten ungünstige verfestigte Fehleinstellungen und/oder Gewohnheiten zu Grunde liegen. Der Untersuchte ist sich der Problematik seines Fehlverhaltens und der Häufung seiner Verkehrsdelikte bewusst. Anhaltspunkte für Auffälligkeiten im Sozialverhalten bezüglich der Themen Aggression oder Impulssteuerung sind nicht abzuleiten. Im empirisch-statistisch genormten multidimensionalen Selbstschilderungsfragebogen EPP6 wird eine aus Furcht vor negativen Konsequenzen Aufregung und Abwechslung meidende und zu einem systematisch-planenden Handlungsstil neigende Persönlichkeit ausgewiesen, eine normabweichende Dissimulation zeigt sich nicht. Der Proband schildert sich außerdem als verantwortungsbewusst, aber wenig besorgte und er neigt laut seiner Selbstschilderung dazu, in zwischenmenschlichen Situationen selten die Initiative zu ergreifen. Der Persönlichkeitsbefund spricht für eine zugrundeliegende Neigung des Untersuchten, Probleme und Konflikte zu überspielen, wodurch es zu einem

Gefühlsstau und in dessen Folge zu einem etwas unbeherrschten Verhalten kommen kann. Im empirisch-statistisch genormten Selbstschilderungsfragebogen zu den empfundenen psychischen und sozialen Funktionen des Trinkens (FFT) wird psychometrisch derzeit keine überdurchschnittliche erlebte subjektive Bedeutung des Alkohols ausgewiesen, die Skala Symptome spricht dafür, dass beim Alkoholkonsumverhalten ein auffälliges Wirkungstrinken und eine nicht unproblematische Gewöhnung oder eine verminderte Kontrollfähigkeit bestanden hat. Laut der subjektiven Angaben des Probanden in den Alkoholfragebogen AUDIT und KFA ist derzeit kein gesundheits-schädlicher Bezug zum Alkohol abzuleiten, wenngleich die Alkoholtrinkgewohnheit des Probanden bezogen auf den Zeitraum des letzten Jahres demnach ein möglicherweise gesundheitsschädliches Ausmaß hatte. Die Explorationsdaten sprechen für eine bestandene, im Vergleich zum überwiegenden Teil der Bevölkerung, gesellschaftlich unübliche Alkoholverträglichkeit des Untersuchten mit einer vorausgegangenen Gewohnheitsbildung und zugrundeliegenden Konsummotiven. Der Untersuchte berichtet über die Einhaltung eines Alkoholverzichts und zeigt diesbezüglich eine weitere Vorsatzbildung. Aufgrund der Verkehrsvorgeschichte bestehende Zweifel hinsichtlich der Themen Umgang mit dem Alkohol, Risikobereitschaft, soziales Verantwortungsbewusstsein und Lernen aus negativer Erfahrung können derzeit nicht oder nicht mehr aufrecht erhalten werden. Die Explorationsdaten sprechen für eine selbstkritische Auseinandersetzung des Untersuchten mit seinem Lebensstil, mit zugrundeliegenden Erlebens- und Verhaltensmustern und einer Einstellungs- und Verhaltensänderung, auch in punkto Alkohol. Im Falle eines Rückfalls in alte Alkoholtrinkmuster besteht aber eine sehr hohe Rückfallsgefährdung in ein neuerliches „drink and drive"-Verhalten. Langfristig sind daher gelegentlich unerwartete alkoholrelevante Laborwertkontrollen empfehlenswert. Derzeit ist die psychologische Bereitschaft zur Verkehrsanpassung laut der erhobenen Befunde und Daten ausreichend gegeben.

 

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr T-G, geb. am x, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 derzeit geeignet.

Empfehlung: Zeitliche Befristung der Lenkerberechtigung auf vier Jahre mit gelegentlich unerwarteten alkoholrelevanten Laborwertkontrollen.

 

 

4.1. Der Amtsarzt der Behörde erster Instanz gelangt mit Blick auf die nunmehr vorliegende VPU in seinem Ergänzungsgutachten vom 15.6.2012 zum Kalkül der bereits gegenwärtig anzunehmenden bedingten Eignung. Es wird jedoch eine Befristung in der Dauer von 18 Monaten und zur Festlegung der weiteren Vorgehensweise eine Kontrolluntersuchung vor Ablauf des Befristungszeitraumes.

 

 

4.2. Die Berufungsbehörde schließt sich diesem im Ergebnis positivem Kalkül an. Auch im Zuge seiner Befragung am 5.12.2012 hinterließ der Berufungswerber gegenüber dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen guten Eindruck. Er vermochte glaubhaft darzustellen, dass er sich des Problems Trinken und Fahren und seiner bisherigen Alkoholkonsumgewohnheiten bewusst ist und er diesbezüglich eine positive Verhaltensänderung durchgemacht habe. Dennoch bedarf es ob der bereits eingetretenen "nicht unproblematischen Alkoholgewöhnung" im Sinne der Empfehlung beider Gutachter des Nachweises einer Abstinenzeinhaltung und einer darauf gestützten Auflage. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht diese in den Gutachten den Denkgesetzen folgend logisch und schlüssig begründet.

Diesbezüglich hat sich der Berufungswerber selbst nicht dagegen ausgesprochen, sondern sich durchaus auch in diesem Punkt  einer zu erwartenden Einschränkungsempfehlung betreffend seiner Lenkberechtigung problembewusst gezeigt. 

Abschließend kann es als nicht auszuschließen gelten, dass die ursprüngliche verkehrspsychologische Negativbegutachtung allenfalls auch in kommunikativen Missverständnissen seine Grundlage gehabt haben könnte. Dies wurde vom Berufungswerber durchaus nicht unlogisch scheinend aufgezeigt.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

            1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

            2. die nötige Körpergröße besitzt,

            3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

            4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische  Leistungsfähigkeit verfügt.

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z2).

….

Gemäß § 2 Abs.1 letzter Satz der FSG-GV gilt im Falle der Vorschreibung gemäß §§ 5 bis 16  ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage, dass diese niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden dürfen (Befristungsgebot durch BGBl. II Nr. 280/2011).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungs­gerichts­hof und/oder an den Verfassungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

                                                                          

 

Dr. B l e i e r

                                                                                                                                                      

 

 

 

 

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