Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420728/8/AB/HK

Linz, 19.06.2012

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas aus Anlass der Beschwerde der F GmbH, A, L, vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in I, K, vom 13. März 2012 wegen einer dem Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Wels zurechenbaren, durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels durchgeführten vorläufigen Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz – GSpG am 8. März 2012 in  W, R den Beschluss gefasst:

 

 

Das Beschwerdeverfahren wird als gegenstandslos eingestellt. Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Z 2 AVG; §§ 67c, 74 und 79a AVG.

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit der beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 19.3.2012 per Telefax eingebrachten Eingabe vom 13.3.2012 hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig Beschwerde wegen einer Amtshandlung von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels am 8.3.2012 in  W, im Lokal "S C" in der R, betreffend der im Rahmen einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz erfolgten Beschlagnahme von 870,- Euro erhoben.

 

Zum Sachverhalt wird vorgebracht, dass die einschreitenden Organe eine Kontrolle wegen des Verdachtes der Übertretung nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt hätten. Anlässlich dieser Kontrolle seien zweiundzwanzig Geräte und diverse Schlüssel und USB-Sticks, die im Eigentum der F GmbH stünden, vorläufig beschlagnahmt worden. Bei dieser Kontrolle seien durch die einschreitenden Organe unter Berufung auf das Glücksspielgesetz 870,- Euro beschlagnahmt worden.

 

Die Bf sei durch diese Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden.

 

Begründend wird ausgeführt, dass die Bf Eigentümerin des beschlagnahmten Geldes sei. Geld könne weder als Glücksspielautomat noch als sonstiger Eingriffsgegenstand noch als technisches Hilfsmittel gem. § 53 Abs 1 Glücksspielgesetz qualifiziert werden. Bei Geld, das sich in beschlagnahmten Gegenständen befinde, könne es sich keinesfalls um einen beschlagnahmten Gegenstand handeln.

 

Die Beschlagnahme des Geldes sei daher rechtswidrig gewesen.

 

Unter Punkt 4. werden an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nachstehende

 

"ANTRÄGE

 

gestellt.

 

Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und die Fällung nachstehenden Erkenntnisses

 

D[ie] Beschwerdeführerin als Eigentümerin des beschlagnahmten Geldes in Höhe von Euro 870,-- ist dadurch, dass dieses am 08.03.2012 gemäß § 53 Abs 2 Glücksspielgesetz durch Organe der belangten Behörde vorläufig in Beschlag genommen wurde im Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden."

 

2.1. Mit Schreiben vom 20.3.2012 ersuchte der Oö. Verwaltungssenat den Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Wels um Aktenvorlage und räumte gleichzeitig die Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift ein. Des Weiteren wurde in diesem Schreiben um umgehende Mitteilung ersucht, sobald der betreffende Beschlagnahmebescheid seitens der Bundespolizeidirektion Wels erlassen werde. Dieses Schreiben erging abschriftlich an das Finanzamt Grieskirchen Wels als Beteiligte.

 

2.2. Mit E-Mail vom 16.5.2012 übermittelte die belangte Behörde die Akten im Zusammenhang mit der in Rede stehenden vorläufigen Beschlagnahme.

 

2.3. Mit E-Mail ebenfalls vom 16.5.2012 wurde durch das Finanzamt Grieskirchen Wels eine "Gegenschrift" eingebracht; seitens des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Wels als belangter Behörde erging keine gesonderte Gegenschrift.

 

2.4. Mit E-Mail vom 24.5.2012 übermittelte die belangte Behörde die in der Zwischenzeit ihrerseits ergangenen einschlägigen Beschlagnahmebescheide:

Bescheid vom 23. Mai 2012, Z S-4169/12, zugestellt am 25.5.2012;

Bescheid vom 23. Mai 2012, Z S-4168/12, zugestellt am 29.5.2012;

Bescheid vom 23. Mai 2012, Z S-4170/12, zugestellt am 25.5.2012.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im gegenständlichen Verfahren schon nach Einsicht in die Beschwerde und der vorliegenden Aktenlage festgestellt, dass die bekämpfte vorläufige Beschlagnahme von 870,- Euro nicht Gegenstand eines selbständigen Verfahrens über eine Maßnahmenbeschwerde sein kann und das vorliegende Verfahren daher einzustellen war.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983; zahlreiche weitere Judikatur bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1998] E 55 ff zu § 67a AVG). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang tatsächlich ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

 

4.2. Im vorliegenden Fall wurde mit der am 19.3.2012 eingebrachten Maßnahmenbeschwerde die Beschlagnahme von 870,- Euro am 8.3.2012 bekämpft. Mit Bescheid(en) vom 23.5.2012, zugestellt am 25. bzw. 29.5.2012, wurde diese vorläufige Beschlagnahme nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates bescheidförmig bestätigt.

Denn – anders als von der Bf in ihrer Beschwerde vertreten – ist der Kasseninhalt von beschlagnahmten Glücksspielgeräten (wie im vorliegenden Fall – vgl. die im Akt einliegende Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme vom 8.3.2012, Seite 3 [Beilage zu ON 5]) nicht zuletzt auch nach jüngster Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sehr wohl von einer Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 GspG miterfasst (VwGH 27.4.2012, 2011/17/0315):

"Gemäß § 53 Abs. 1 GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist und weitere Voraussetzungen vorliegen. Diese gesetzliche Bestimmung geht somit von der Beschlagnahme des Glücksspielautomaten aus. Davon erfasst ist der Automat samt seinem Inhalt, somit auch das darin befindliche Geld."

 

Anders als von der Bf vorgebracht, ging im Übrigen auch § 55 Abs 3 GSpG zufolge der Gesetzgeber eindeutig und teleologisch durchaus nachvollziehbar davon aus, dass "Geld, das sich in beschlagnahmten Geräten befindet" ebenfalls von der Beschlagnahme erfasst sein sollte.

 

Wird aber eine vorläufige Beschlagnahme – wie im gegenständlichen Fall – durch einen Beschlagnahmebescheid bestätigt, so ist die vorläufige Beschlagnahme nicht mehr selbständig existent und kann daher auch nicht mehr unmittelbar Objekt einer Beschwerde sein (vgl VfSlg 9099/1981; VfSlg 10.524/1985). Dieser Ansicht hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss VwSlg 12.470A/1987 angeschlossen und in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, dass das Beschwerdeverfahren zwar einzustellen sei, die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufwandersatzes an den Bf aber nicht vorlägen.

Dieser Judikaturlinie entsprechend, konstatierte der Verwaltungsgerichtshof auch in jüngeren Entscheidungen (VwGH 10.8.2010, 2010/17/0091; siehe auch VwGH 20.3.2009, 2008/02/0273):

" Wie in den Beschwerden zutreffend ausgeführt wird, verliert jedoch eine Maßnahme der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ihre Eigenschaft als eigenständig bekämpfbarer Verwaltungsakt, wenn die Maßnahme von der Verwaltungsbehörde mit Bescheid bestätigt wird. In diesem Falle ist ein Maßnahmebeschwerdeverfahren gemäß § 67c AVG einzustellen, wenn über die Beschlagnahme nach Erhebung der Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat bescheidmäßig entschieden wurde .... Ein Kostenzuspruch nach § 79a AVG hat in diesem Falle zu unterbleiben."

 

5. Im vorliegenden Fall wurde mit der am 19.3.2012 eingebrachten Maßnahmenbeschwerde die Beschlagnahme von 870,- Euro am 8.3.2012 bekämpft. Mit Bescheid(en) vom 23.5.2012, zugestellt am 25. bzw. 29.5.2012, wurde diese vorläufige Beschlagnahme nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates auch hinsichtlich des gegenständlich in Rede stehenden Kasseninhaltes von 870,- Euro – wie bereits unter 4.2. dargelegt – bescheidförmig bestätigt.

 

Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung war das gegenständliche Beschwerdeverfahren daher als gegenstandslos einzustellen (vgl. dazu u.a. bereits Oö. UVS vom 28.9.2006, VwSen-420461/Wei und den dazu ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.4.2007, 2006/17/0281).

 

6. Ein Kostenzuspruch nach § 79a AVG hatte in diesem Fall – mangels "Obsiegens" einer Partei – zu unterbleiben (vgl. dazu die bereits zitierte ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung). Im Ergebnis hat daher im gegenständlichen Verfahren keine Partei Anspruch auf Aufwandersatz.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. L u k a s

 

 

 

VwSen-420728/8/AB/HK vom 19. Juni 2012

 

 

Beschluss

 

Rechtssatz

 

GSpG §53 Abs1;

AVG §67a Abs1 Z2

 

Der Kasseninhalt von beschlagnahmten Glücksspielgeräten ist nicht zuletzt auch nach jüngster Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 GSpG miterfasst (VwGH 27.4.2012, 2011/17/0315).

Im Übrigen ging auch der Gesetzgeber zufolge § 55 Abs 3 GSpG eindeutig und teleologisch durchaus nachvollziehbar davon aus, dass "Geld, das sich in beschlagnahmten Geräten befindet" ebenfalls von der Beschlagnahme erfasst sein sollte.

 

Wird aber eine vorläufige Beschlagnahme durch einen Beschlagnahmebescheid bestätigt, so ist die vorläufige Beschlagnahme nicht mehr selbständig existent und kann daher auch nicht mehr unmittelbar Objekt einer Beschwerde sein (vgl VfSlg 9099/1981; VfSlg 10.524/1985). Dieser Ansicht hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss VwSlg 12.470A/1987 angeschlossen und in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, dass das Beschwerdeverfahren zwar einzustellen sei, die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufwandersatzes an den Bf aber nicht vorlägen (siehe auch VwGH 10.8.2010, 2010/17/0091, sowie VwGH 20.3.2009, 2008/02/0273).

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VfGH vom 10. Oktober 2012, Zl.: B 961/12-3

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 13. März 2013, Zl.: 2012/17/0493-5

 

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