Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253072/9/Kü/Hk

Linz, 22.06.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn W S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. G E, S, G vom 8. März 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Gmunden vom 26. Februar 2012, SV96-140-2011 wegen  Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09. Mai 2012, zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF        iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991     idgF.

zu II.:   § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 26. Februar 2012, SV96-140-2011 wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs.1 iVm § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) drei Geldstrafen in Höhe jeweils 365 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen vom 65 Stunden verhängt.

 

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

" Sie haben es als Eigentümer der Liegenschaft K, W, wonach Sie gemäß § 9 VStG für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt haben, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zumindest am 04.05.2011 von 08.00 Uhr bis 10:45 Uhr

1) Z K R, geb. X, polnischer StA.

2) Z M D, geb. X, polnischer StA.

3) Z A, geb. X, polnischer StA.

in K, W als pflichtversicherte Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt haben. Die in Rede stehenden Beschäftigten waren Ihnen organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Es hat eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden.

Obwohl die erwähnten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung verpflichtend zu versichern waren, nämlich vollversichert, und nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen sind, wurde hierüber eine Meldung/Anzeige entweder in einem (vollständige Anmeldung) oder in zwei Schritten (Mindestangabenmeldung), bei der Oö. Gebietskrankenkasse als zuständigen Sozialversicherungsträger vor Arbeitsantritt nicht erstattet."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung in der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungs­strafverfahrens beantragt wird.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Bw bereits darauf hingewiesen habe, dass gegen ihn ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des fraglichen Vorfalls bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Ge96-78-2011 deshalb anhängig gewesen sei, weil er angeblich die Selbständigkeit der hier im Verfahren gegenständlichen 3 polnischen Staatsangehörigen entgegen genommen habe, obwohl für diese Tätigkeit die Erlangung einer Gewerbeberechtigung Voraussetzung gewesen sei. Dem Bw sei also zur Last gelegt worden, dass er mit selbständigen Unternehmern, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung einen Werkvertrag abgeschlossen habe. Schon daraus würden begründete Zweifel resultieren, dass zwischen dem Bw und den 3 polnischen Staatsangehörigen ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 ASVG vorgelegen habe. Das Verfahren hätte daher ohne weitere Erledigung eingestellt werden müssen.

 

Beim Bw handle es sich um keinen Unternehmer, sondern um einen Pensionisten, der die Holzvertäfelung seines Eigenheims gestrichen habe, als sein Nachbar A P vorbeigegangen sei und gemeint habe, der Bw solle doch nicht den oberen Teil des Giebels streichen in seinem Alter und in Anbetracht seines Gesundheitszustandes. Der Nachbar habe gemeint, er hätte 3 polnische Gäste und Freunde, die sicherlich dem Bw den oberen Teil des Giebels streichen würden. Der Bw, der hüftleidend sei, habe dieses Angebot gerne angenommen. Diese 3 Personen hätten vom Bw kein Entgelt gewollt. Freiwillig und ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein, habe der Bw den Polen insgesamt 120 Euro, dies nachdem er von der Polizei wegen vermeintlich illegaler Beschäftigung betreten worden sei, gegeben.

 

Nicht den Tatsachen entspreche, dass der meldungslegende Beamte des
PI V in der Anzeige geschrieben habe, der Bw sei nicht bereit den Vermittler der Personen zu nennen. Dies habe schon damals nicht den Tatsachen entsprochen. Der Bw hätte nie einen Grund gehabt, die Identität Ps zu verschweigen. Die erste Instanz hätte daher, wie sich aus der Einvernahme des Bw vor dem Finanzamt Gmunden ergeben habe, zur Erkenntnis gelangen können, dass die 3 Polen aus Gefälligkeit gegenüber dem Nachbarn A P für den Bw unentgeltlich tätig gewesen seien und der Bw freiwillig und ohne vertraglich dazu verpflichtet gewesen zu sein, diesen im Nachhinein – sogar noch nach Betretung durch die Beamten des PI V – diesen nachgefahren wäre und ihnen auf der Liegenschaft des Herrn P 120 Euro übergeben hätte.

 

Für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sei die Entgeltlichkeit der Tätigkeit wesentlich; dabei komme es aber nicht auf im Nachhinein freiwillig gewährte Zuwendungen an, sondern darauf, ob der Beschäftigte einen vertraglichen Anspruch auf Entgelt gehabt habe.

 

Im vorliegenden Fall sei klar, dass die 3 Polen wegen ihrer Beziehung zu A P für den Bw unentgeltlich gearbeitet hätten. Im Verhältnis zwischen dem Bw und Herrn P sei Nachbarschaft vorgelegen. Es verstehe sich von selbst, dass am Land ein jüngerer Nachbar dem älteren Nachbarn helfe, wenn dieser in Folge seines Gesundheitszustandes/Alters nicht mehr in der Lage sei, gewisse Arbeiten am Haus selbst zu verrichten. Im vorliegenden Fall habe der Nachbar P dem Bw durch die 3 Polen helfen wollen, mit denen er nach seinen Worten befreundet gewesen sei.

 

Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die Polen auf Grund des tatsächlichen Verhältnisses gegenüber dem Bw nicht weisungsunterworfen gewesen wären. Sie hätten zwar mit der Farbe und dem Pinsel, die der Bw vor Ort direkt bei seinem Haus beigestellt habe, gearbeitet, sie hätten jedoch gehen können wie sie wollten. Hätten sie die Arbeit niedergelegt, hätte der Bw keinerlei Ansprüche gehabt. Die Polen seien auch in der zeitlichen Gestaltung der Arbeit völlig frei gewesen. Es hätte also keine Rolle gespielt, wenn diese am besagten Tag nach einer halben Stunde die Arbeit niedergelegt hätten und am nächsten Tag wieder erschienen wären. Auch wenn sie gar nicht mehr erschienen wären, hätte der Bw keinerlei Ansprüche geltend zu machen gehabt.

 

Dem Bw seien die 3 Polen nicht bekannt gewesen. Er habe nichts von der Pfuscherpartie gewusst oder, dass diese offenbar gewerbsmäßig mit einem vierten Arbeitsvermittler im Raum Oberösterreich tätig gewesen seien. Diese von der Behörde angeführte Tätigkeit der Polen würde nahelegen, dass es sich um Unternehmer ohne Gewerbeschein handle. Auch dieser Umstand spreche gegen die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Der Inhalt der Anzeige würde nahelegen, dass die Polen bei einer Vielzahl an Baustellen tätig gewesen seien und über mehrere Auftraggeber verfügt hätten. Damit fehle für ein Beschäftigungsverhältnis auch das Wesensmerkmal der persönlichen Abhängigkeit vom Beschäftiger/Dienstgeber. Von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber dem Bw könne gleichfalls keine Rede sein, der einzige Aspekt unter dem Blickwinkel wäre der, dass der Pinsel und die Farbe vom Bw stammen würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung mit Schreiben vom 13. März 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09. Mai 2012, an welcher der Bw mit seinem Rechtsvertreter teilgenommen hat. Vertreter der belangten Behörde bzw. der Finanzverwaltung sind zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. In der mündlichen Verhandlung wurden Herr A P und die Ehegattin des Bw,
Frau M S, als Zeugen einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw und seine Gattin sind Eigentümer des Einfamilienhauses auf der Liegenschaft W, K. Das Einfamilienhaus der Ehegatten S weist im Giebelbereich Holzverschalungen auf, die von Zeit zu Zeit neu zu streichen sind.

 

Auch Anfang Mai 2011 beabsichtigte der Bw die Giebelseiten seines Hauses neu zu streichen. Um die Arbeiten eigenständig durchführen zu können, hat sich der Bw von einem Nachbarn ein Gerüst ausgeborgt. Auf Grund seiner Hüftprobleme war der Bw allerdings nicht in der Lage im obersten Bereich des Giebels die Streicharbeiten selbst durchzuführen. Es war daher geplant, dass die Ehegattin des Bw ihren Bruder ersuchen würde diese Arbeiten vorzunehmen.

 

Im Zuge der Durchführung der Arbeiten ist der Bw mit seinem Nachbarn A P, der ca. 300 Meter von ihm entfernt wohnt, ins Gespräch gekommen und hat der Bw Herrn P gefragt, ob er ihm allenfalls bei den Streicharbeiten bei seinem Haus aushelfen könnte. Herr P hat dem Bw gegenüber erklärt, dass er derzeit drei Gäste beherbergt und er diese fragen könnte, ob sie bereit wären kurz bei den Streicharbeiten mitzuhelfen. Bei den drei Gästen handelte es sich um polnische Freunde von Herrn P, die er von früheren Arbeitstätigkeiten her kannte. Auf Grund der Freundschaft kommt es auch zu gegenseitigen Einladungen nach Polen bzw. nach Österreich. Die drei Polen konnten eine, im Haus des Herrn Ps im Untergeschoß befindliche Wohnung, unentgeltlich benutzen. Aus Gastfreundschaft hat Herr P die drei Freunde auch versorgt. Wie mit dem Bw vereinbart hat Herr P die drei Polen gefragt, ob sie dem Bw bei den Streicharbeiten beim Giebel seines Hauses helfen können. Es war nicht vereinbart, dass sie für ihre Tätigkeit ein Entgelt erhalten sollten. Die Polen erklärten nur, dass sie gerne helfen würden, da sie bei Herrn P sehr gut aufgenommen worden sind.

 

Am 04.05.2011 sind die drei Helfer zum Anwesen des Bw gekommen und haben mit den Streicharbeiten begonnen. Material und Werkzeug für die Arbeiten wurden vom Bw zur Verfügung gestellt. Bereits um 08.00 Uhr erfolgte beim Anwesen des Bw eine Kontrolle durch Organe der Polizeiinspektion V. Nach der Kontrolle haben die drei Polen die Arbeiten nicht mehr fortgesetzt.

 

Der Bw ist nach der Kontrolle, da ihm die drei Helfer leid getan haben, zum Anwesen von Herrn P gefahren und hat den drei insgesamt 120 Euro übergeben. Für den Bw war es selbstverständlich, dass er sich für Tätigkeiten, die im Rahmen der Nachbarschaftshilfe geleistet werden - von wem auch immer - erkenntlich zeigt und hat den helfenden Personen das Geld übergeben.

 

Da die Arbeiten von den polnischen Helfern nicht fertig gestellt wurden, hat der Bw nach der Kontrolle die Arbeiten selbst fortgesetzt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben des Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung, die mit seinen Erstangaben vor der Polizeiinspektion übereinstimmen. Auch von den einvernommenen Zeugen A P und der Ehegattin des Bw wird der Sachverhalt in gleicher Weise dargestellt, weshalb insgesamt von unbestrittenen Feststellungen ausgegangen werden kann.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.       Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.       Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.       Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.       gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Gemäß § 33 Abs.2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Nach § 4 Abs.2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

5.2. Voraussetzung für die Annahme der Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG ist das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beur­teilung der persönlichen Abhängigkeit auf das Gesamtbild der Tätigkeit an. Es müssen nicht alle Kriterien der Dienstnehmereigenschaft vorliegen. Wesentlich ist, ob die Gesamt­betrachtung der Art und Weise der Tätigkeit zum Ergebnis der persönlichen Abhängigkeit gelangt.

 

Unbestritten ist, dass die drei Polen am Haus des Bw bei Streicharbeiten der Holzverschalung an der Giebelseite kurzfristig ausgeholfen haben. Allerdings ist nicht der Bw selbst auf die drei Polen zugekommen und hat diesen gegenüber ein Angebot zur Vornahme der Streicharbeiten gegen Entgelt abgegeben. Im Gespräch mit seinem Nachbarn, den der Bw um Hilfe bei den Streicharbeiten ersucht hat, kam von diesem die Idee, die drei bei ihm einquartierten Polen zu ersuchen, bei den Arbeiten, die der Bw auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht selbst durchführen konnte, kurzfristig helfend einzuspringen. Jedenfalls war für die Tätigkeiten der drei Polen kein Entgelt vereinbart, sondern sollten diese Tätigkeiten vielmehr freiwillig und unentgeltlich als Gegenleistung für die freundschaftliche Aufnahme bei Herrn P erfolgen. Das Ermittlungsverfahren hat jedenfalls nicht ergeben, dass die drei Polen konkrete Anweisungen für die Durchführung der Arbeiten erhalten haben und darüber hinaus auch keinen Anordnungen hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit unterlegen sind. Die drei polnischen Staatsangehörigen hätten die Tätigkeiten auch verweigern oder zu einer anderen Zeit auszuführen können, ohne dass der Bw darauf einen Einfluss gehabt hätte. Vielmehr hat der Bw selbst mit den Arbeiten begonnen, konnte allerdings auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht in den obersten Bereich des Giebels gelangen, sodass er dafür Hilfe in Anspruch genommen hat. Rein aus dem Umstand, dass der Bw auch für im Wege der Nachbarschaftshilfe geleistete Arbeiten sich den Arbeitenden gegenüber durch kleine Geldbeträge erkenntlich zeigt, hat dieser auch im gegenständlichen Fall im Nachhinein den 3 polnischen Staatsangehörigen 120 Euro übergeben. Dieser Umstand allein führt allerdings für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zum Schluss, dass die 3 Polen im Ergebnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs.2 ASVG zum Bw gestanden sind. Vielmehr stehen für den Unabhängigen Verwaltungssenat die Merkmale des Freundschaftsdienstes und zwar die kurzfristige, freiwillige und dem Grunde nach unentgeltliche Tätigkeit im Vordergrund. Auf Grund der Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes bestand für den Bw keine Verpflichtung zur Meldung der drei Polen beim zuständigen Krankenversicherungsträger, weshalb dem Bw daher die Verletzung der Meldepflicht im Sinne des § 111 ASVG nicht angelastet werden kann. Mithin war der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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