Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720312/7/SR/WU

Linz, 22.06.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, rumänischer Staatsangehöriger, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. November 2011, GZ.: Sich40-29424-2011, mit dem über den Berufungswerber eine Ausweisung nach dem Fremdenpolizeigesetz verhängt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;      §§ 61 und 66 FPG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. November 2011, GZ.: Sich40-29424-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) gemäß § 66 Abs. 1 FPG idgF. eine Ausweisung erlassen und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. 

 

Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

Sie sind rumänischer Staatsbürger und die BPD Linz hat mit rechtskräftigem Bescheid vom 02.03.2007, ZI 1-1046075/Fr, gegen Sie ein 5jähriges Aufenthaltsverbot wegen zahlreicher rechtskräftiger Verurteilungen nach §§ 127, 128, 129 u 130 StGB erlassen. In weiterer Folge sind Sie am 06.08.2007 nach Rumänien abgeschoben worden.

 

Mit rechtskräftigem Bescheid der BPD Linz, AZ: 1046075/FRB, vom 14.06.2011 ist gegen Sie das

5jährige rechtskräftige Aufenthaltsverbot aufgehoben worden.

Am 27.06.2011 haben Sie sich in X polizeilich angemeldet. Seit diesem Zeitpunkt halten Sie sich hier im Bundesgebiet der Republik Österreich

auf.

 

Am 27. September 2011 haben Sie persönlich bei der hs. Niederlassungsbehörde einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung gestellt. Zu diesem Zeitpunkt haben Sie sich mit einem rum. Personalausweis, Nr. X, ausgestellt von der Behörde in X, gültig vom 20.07.2005 bis zum 15.12.2015, ausgewiesen.

 

Mit nachweislichem Verbesserungsauftrag vom 27.09.2011 sind Sie aufgefordert worden bis zum 12.10.2011 folgende Urkunden bzw. Nachweise der hs. Niederlassungsbehörde vorzulegen:

Lohnzettel von Juni und Juli 2011 von Ihrer Lebensgefährtin

schriftliche Bestätigung der OÖGKK über den vollständigen Leistungsanspruch in Österreich

 

Die besagten Urkunden bzw. Dokumente haben Sie am 13. Oktober 2011 bei der hs. Niederlas­sungsbehörde persönlich vorgelegt.

 

Um in den weiteren Genuss der Unionsrichtlinie zu gelangen (Aufenthaltsrecht von mehr als 3) müssen die Voraussetzungen des §§ 51 u 53 NAG 2005 erfüllt werden. Gemäß § 53 NAG 2005 muss eine bestehende Krankenversicherung existieren und ausreichendes Einkommen in der Höhe der bedarfsorientierten Mindestsicherung vorhanden sein.

Die hs. Fremdenpolizeibehörde stellt in Ihrem Fall fest, dass Sie über kein Einkommen verfügen. Ihre Lebensgefährtin, X, geb. X, ist im Ausmaß von 20 Std. in der X beschäftigt. Sie erhält monatlich für ihre Tätigkeit € 589,86,-. Daraus ergibt sich unter Berücksichtung des 13. u. 14. Gehaltes ein monatliches Einkommen in der Höhe von € 688,17,-. Bereits jetzt schon steht deutlich fest, dass Einkommen bei weitem unter der bedarfsorientierten Mindestsicherung des Landes in der Höhe von € 1.157,60,- liegt. Die Kinder Ihrer Lebensgefährtin sind dabei noch gar nicht berücksichtigt worden. Der monatliche Differenzbetrag belauft sich auf € 469,43,-.

 

Weiters wird von der hs. Fremdenpolizeibehörde festgestellt, dass Sie erst ab dem 24.03.2012 im Besitz einer gültigen Krankenversicherung sind, die alle Risken abdeckt und in Österreich auch leistungspflichtig ist.

 

Mit nachweislichem Schreiben vom 13. Oktober 2011 ist Ihnen mitgeteilt worden, dass die hs. Fremdenpolizeibehörde beabsichtigt, Sie aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich auszu­weisen. Mit dem besagten Schreiben sind Sie weiters aufgefordert worden binnen zwei Wochen nach Erhalt des besagten Schreibens schriftlich zur beabsichtigten Ausweisung Stellung zu nehmen.

 

Ihre schriftliche Stellungnahme ist am 31. Oktober 2011 bei der hs. Fremdenpolizeibehörde einge­langt.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

.......

Die hs. Fremdenpolizeibehörde stellt in Ihrem Fall weiter fest, dass Sie über kein Einkommen verfügen. Ihre Lebensgefährtin, X, geb. X, ist im Ausmaß von 20 Std. in der Fa X beschäftigt. Sie erhält monatlich für ihre Tätigkeit € 589,86,-. Daraus ergibt sich unter Berücksichtung des 13. u. 14. Gehaltes ein monatliches Einkommen in der Höhe von € 688,17,-. Bereits jetzt schon steht deutlich fest, dass Einkommen bei weitem unter der bedarfsorientierten Mindestsicherung in der Höhe von € 1.157,60,- liegt. Die Kinder Ihrer Lebensgefährtin sind dabei noch gar nicht berücksichtigt worden. Der monatliche Differenzbetrag beläuft sich auf € 469,43,-.

 

Weiters wird von der hs. Fremdenpolizeibehörde festgestellt, dass Sie erst ab dem 24.03.2012 im Besitz einer gültigen Krankenversicherung sind, die alle Risken abdeckt und in Österreich auch leistungspflichtig ist.

 

Faktum ist, dass Sie die Freizügigkeitsrichtlinie für einen längeren Aufenthalt von mehr als 3 Monaten gemäß § 51 iVm. § 53 NAG 2005 nicht verfügen.

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 20. Oktober 2011, persönlich abgegeben am 31 .Oktober 2011, haben Sie angeführt, Sie müssen der Behörde zustimmen, dass das Einkommen Ihrer Lebensgefährtin bei weitem unter der bedarfsorientierten Mindestsicherung liege. Sie würden auch gerne zum Lebensunterhalt "Ihrer Familie" etwas beitragen. Leider sei es Ihnen dies bis jetzt verwehrt gewesen. Bei etlichen Firmen, bei denen Sie um Arbeit angefragt haben, haben Sie leider immer nur zur Antwort bekommen, dass Sie zuerst eine Arbeitsbewilligung brauchten - aber dann sofort nachfragen kann. Ihr Betreuer beim AMS X, Herr X habe Ihnen versichert, dass Sie sofort eine Arbeitsbewilligung bekommen werden, wenn Ihnen von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eine Anmeldebescheinigung ausgestellt werde.

 

Nach telefonischer Rücksprache mit dem AMS X am 10.11.2011 hat die hs. Fremden­polizeibehörde in Erfahrung gebracht, dass Sie am AMS X weder als "arbeitssuchend" noch "vorgemerkt" sind. Weiters haben Sie auch kein Beratungsgespräch beim AMS X gehabt. Sie haben Sie lediglich am Info-Schalter erkundigt. Weiters ist der hs. Fremdenpolizeibe­hörde telefonisch mitgeteilt worden, wenn Sie eine Beschäftigungsbewilligung beantragt hätten, auch eine Beschäftigungsbewilligung bekommen hätten. Betreffend Ihrer Nachfrage bei diversen Arbeitsgeber wird deutlich angeführt, dass Sie bis dato bei der hs. Niederlassungsbehörde keinen Arbeitsvertrag bzw. keinen Arbeitsvorvertrag vorgelegt haben. Ihr Bemühen noch Arbeit ist somit nur als fiktiv anzusehen. Sie haben auch keine Bestätigungen vorgelegt, aus denen ersichtlich gewesen wäre, dass Sie tatsächlich bei diversen Firmen nach Arbeit nachgefragt hätten. Ihre schriftlichen Angaben darüber entsprechen somit nicht der Wahrheit.

 

Deutlich für die hs. Fremdenpolizeibehörde an, dass es sich nicht um "Ihre Familie" handelt. Sie leben mit der Mutter und deren Kinder in Lebensgemeinschaft und dies erst seit Ihrer Anreise am 27.06.2011 nach Österreich.

 

In Ihrer schriftlichen Stellungnahme haben Sie weiters angegeben, es sei richtig, dass Sie keine Krankenversicherung besitzen. Sie müssen leider mehrere Monate in einer Lebensgemeinschaft leben mit Ihrer Lebensgefährtin leben, damit Sie über Ihre Lebensgefährtin mitversichert werden können. Erst am 24. März 2012 können Sie mitversichert werden.

 

Hiezu wird von der hs. Fremdenpolizeibehörde festgestellt, dass Sie bis dato keine entsprechende Krankenversicherung, die mindestens für ein Jahr gültig ist, alle Risken abdeckt und in Österreich auch leistungspflichtig ist, besitzen. Deutlich angeführt wird, dass eine Reisekrankenversicherung dieser gesetzlichen Regelung nicht entspricht. Ihr Verhalten zeigt auch, dass Sie bewusst die Lebenssituation Ihrer Lebensgefährtin und deren Kinder im Fall Ihrer Erkrankung gefährden, da weder Sie selbst noch Ihre Lebensgefährtin in der Lage sein werden, die Arztkosten zu bezahlen.

Sie gefährden dadurch die wirtschaftliche, finanzielle und soziale Situation Ihrer Lebensgefährtin vehement.

 

Zu Ihrem Privat- und Familienleben wird folgendes festgestellt:

 

Sie sind rumänischer Staatsbürger und haben sich in der Zeit zwischen Februar 2002 bis zu Ihrer Abschiebung am 26.08.2007 bzw. bis zur Rechtskraft des Aufenthaltsverbotsbescheides der BPD Linz ( Berufung - Erkenntnis des UVS vom 02.03.2007, ZI VwSen-720151/13/SR/Ri) rechtmäßig hier in Österreich aufgehalten. Sie sind mit Ihrer Mutter, X, geb. X, und ihrer Schwester, X, geb. X, alle StA v Rumänien nach Österreich gekommen. Sowohl ihre Mutter ais auch ihre Schwester sind weiterhin hier in Österreich rechtmäßig niedergelassen. Aufgrund Ihrer mehrfachen Verurteilungen nach Vermögensdelikten ist gegen Sie ein 5jähriges Aufenthaltsverbot erlassen worden. Sie sind schließlich am 26.08.2007 nach Rumänien abgeschoben worden. Sie sind nicht bereit gewesen, freiwillig das Bundesland der Republik Österreich zu verlassen.

 

Mit rechtskräftigem Bescheid der BPD Linz vom 14.06.2011, ZI 1046075/FRB, ist Ihr 5jähriges Auf­enthaltsverbot aufgehoben worden und Sie haben sich am 27.06.2011 polizeilich in X, angemeldet.

 

Sie sind somit im Alter von 20 Jahren wieder nach Österreich zurückgekehrt. Sie haben sich somit 4 Jahre in Ihrem Heimatstaat, in Rumänien, aufgehalten und dort auch gelebt. Sie sprechen rumänisch und sind mit den Gebräuchen und Sitten Ihres Heimatstaates vertraut.

 

Faktum ist weiters, dass Sie weder ein eigenes Einkommen noch Vermögen noch eine entsprechende Krankenversicherung vorweisen können. Sie sind als völlig mittellos anzusehen. Aufgrund der durchgeführten Einkommensberechnung Ihrer Lebensgefährtin ist diese nicht in der Lage, für Ihren Unterhalt aufzukommen. Durch Ihren Verbleib hier in Österreich gefährden Sie die wirtschaftliche, finanzielle und soziale Existenz Ihrer Lebensgefährtin enorm. Obwohl ihnen diese Situation völlig bewusst ist, verbleiben Sie dennoch hier in Österreich. Sie haben bis dato zur Verbesserung der wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Existenz Ihrer Lebensgefährtin nichts beigetragen.

Sie weisen nachstehende gerichtliche und rechtskräftige Verurteilungen auf:

 

1. LG Linz, ZI 25 Hv 37/2006H, vom 26.04.2006 wegen §§ 127, 128 Abs. 1/4, 129 Abs. 3 u 130 4. Fall StGB, Freiheitsstrafe von 9 Monaten bedingt, Probezeit 3 Jahre (Jugendstraftat)

LG Linz, ZI 33 HV 113/2006Y vom 31.08.2006 wegen §§ 127 u 129 Abs. 1 StGB, Freiheits­strafe 6 Monate, bedingt 3 Jahre Probezeit (Jungendstraftat)

LG Linz, Zf 25 Hv 9/2007X, vom 14.02.2007 wegen §§ 15, 127, 128 Abs. 1/4 u 130 1. Fall, Freiheitsstrafe 5 Monate (Jugendstraftat)

 

Nach Prüfung Ihres Privat- und Familienleben stellt die hs. Fremdenpolizeibehörde fest, dass die Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Rumänien dringend geboten ist, um eine erhebliche gegenwärtige und tatsächliche Gefährdung des wirtschaftlichen Wohles des Staates, das ein Grundinteresse der Gesellschaft betrifft, zu verhindern. Faktum ist weiters, dass Sie die Freizügigkeitsrichtlinie für einen längeren Aufenthalt von 3 Monaten nicht in Anspruch nehmen, da Sie weder über eine eigene Arbeit und eine eigene Krankenversicherung verfügen. Weder Sie noch Ihre Lebensgefährtin können die finanzielle Mitteln für Ihren Aufenthalt und für Ihren Unterhalt nachweisen. Im Gegenteil, durch Ihren weiteren Aufenthalt hier in Österreich gefährden Sie die wirtschaftliche Existenz Ihrer Lebensgefährtin enorm. Im Bewusstsein dieses Umstandes haben Sie bis dato nichts dazu beigetragen, diese Situation wesentlich zu verändern. Sie haben bis dato weder einen gültigen Arbeitsvertrag noch einen gültigen Arbeitsvorvertrag der hs. Niederlassungsbehörde vorlegen können. Es scheint, als Sie bewusst den "Sozialstaat" aus­nützen wollen. Sie selbst sind gesund - gegenteiliges haben Sie nie behauptet - und wären in der körperlichen und geistigen Lage eine Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bedenkt man, dass Sie in einer der bekanntesten Tourismusregionen Österreich aufhältig sind, verblüfft es um so mehr, warum Sie bis dato keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Der Vorwurf, Sie benötigen zuerst eine Anmeldebescheinigung um zu einer Beschäftigungsbewilligung zu gelangen, ist wie bereits umseitig dargestellt, völlig unberechtigt. Sie haben bzw. hätten die Chance, jederzeit eine Beschäftigungsbewilligung vom AMS X zu erhalten.

 

Sie können weiteres die Voraussetzungen des §§ 51 u 53 NAG 2005 nicht erfüllen. Somit steht fest, dass Sie sich nicht auf die Freizügigkeitsrichtlinie für einen längeren Aufenthalt hier in Österreich als 3 Monate berufen. Ihnen steht das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht zu.

 

Der Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben ist deshalb auch als gering anzusehen, da Sie erst seit dem 27.06.2011 wieder hier in Österreich sind. Sie befinden sich somit seit 5 Monaten hier wieder in Österreich. Kontakt zu Ihrer Mutter und zu Ihrer Schwester dürfte bestehen, da Sie die Wohn­adressen von beiden kennen. Dies bedeutet auch, dass Sie als Sie wieder nach Rumänien abge­schoben worden sind, entsprechenden Kontakt zu diesen Personen gehalten haben. Die Kontakthaltung ist also möglich gewesen. Auch Ihre Lebensgefährtin kann entsprechenden Kontakt via E-Mail, Telefon oder durch Besuche zu Ihnen halten, da Sie keinerlei Reisebeschränk­ungen unterliegt. Sogar Sie können sich legal 90 Tage hier in Österreich aufhalten, da Sie EWR-Bürger sind und nunmehr keine Einreisebeschränkungen besitzen. Nach einer Ausreise können

Sie wieder legal sich 90 Tage hier in Österreich und in weiterer Folge bei Ihrer Lebensgefährtin aufhalten. Der Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben ist deshalb gering.

 

2. Gegen diesen dem Bw am 29. November 2011 zu eigenen Handen zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung vom 9. Dezember 2011, die am 12. Dezember 2011 persönlich und rechtzeitig bei der belangten Behörde eingebracht wurde.

 

Begründend führte der Bw nach Wiedergabe des § 66 Abs. 1 FPG aus, dass er den Arbeitswillen beweisen könne. Diesbezüglich lege er entsprechende Kopien vor. Leider habe er nicht von allen Bewerbungen Kopien angefertigt. Von der Marktgemeinde X habe er eine Zusage erhalten (Aushilfe beim Schneeräumdienst). Eine diesbezügliche Bestätigung könne Herr X abgeben. Bei der Firma X habe er eine Arbeitsstelle im Ausmaß von 5 Stunden täglich in Aussicht. Zur Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung sei er zum AMS X geschickt worden. Zuständig für die Erteilung sei aber das AMS X. Gesprächstermine werde er noch im Dezember 2011 wahrnehmen. Ab 24. März 2012 sei er mit der Lebensgefährtin mitversichert. Ab Erteilung der Beschäftigungsbewilligung könne er zu arbeiten beginnen und dann bestehe auch ein umfassender Krankenversicherungsschutz. Das geringe Einkommen der Lebensgefährtin werde nicht bestritten. Er sei jedenfalls arbeitswillig und ab Arbeitsaufnahme werde sich auch das Familieneinkommen erhöhen. Obwohl die Kinder der Lebensgefährtin eigene Väter hätten, würden sie zu "seiner Familie" gehören.

 

Abschließend wurde die Aufhebung der Ausweisung beantragt.

 

3.1.  Mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den vorliegenden Verwaltungsakt.

 

Am 5. Juni 2012 brachte der Bw niederschriftlich vor, dass er seit dem 24. März 2012 selbständig krankenversichert sei und ihm das AMS X mit Bescheid vom 7. Mai 2012, GZ 08114/ABB-Nr 3530383, eine befristete Beschäftigungsbewilligung (14. Mai bis 31. Oktober 2012) gemäß § 8 AuslBG für X erteilt habe. Aufgrund dieser Bewilligung könne er in den nächsten Tagen als Pizzabäcker bei der Firma X in X zu arbeiten beginnen. Dabei handle es sich um eine Ganztagesbeschäftigung und er erhalte für seine Tätigkeit 1.409,33 Euro pro Monat. Da er nunmehr die Voraussetzungen des NAG erfülle, ersuche er um Aufhebung des Ausweisungsbescheides.

 

Mit E-Mail vom 19. Juni 2012 übermittelte die Dienstgeberin des Bw die Bestätigung über die Anmeldung des Bw bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Demnach wurde der Bw von der Dienstgeberin als Pizzabäcker im Ausmaß von 40 Wochenstunden (Lohn: 1.408,-- Euro) angemeldet.

 

Telefonisch teilte die Dienstgeberin am 19. Juni 2012 mit, dass der Bw nunmehr als Pizzabäcker bei ihr tätig sei.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, in das EKIS und eine Anfrage an das ZMR vorgenommen.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1., 2., 3.1. und 3.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

Der relevante Sachverhalt ist unstrittig.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4 In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat die Behörde insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen (§ 66 Abs. 2 FPG).

 

Besteht ein Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 NAG nicht, weil die Nachweise gemäß § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass die zuständige Fremdenpolizeibehörde hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde (§ 55 Abs. 3 FPG auszugsweise).

 

4.2. Beim Bw, der rumänischer Staatsangehöriger ist, handelt es sich somit um einer EWR-Bürger. Der Bw hält sich seit dem 7. Juni 2011 im Bundesgebiet auf und wohnt mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern zusammen.

 

Nach § 55 Abs. 1 FPG kommt einem EWR-Bürger das Aufenthaltsrecht gemäß    § 51 FPG zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

4.3. Aufgrund des relevanten Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides konnte die belangte Behörde vertretbar davon ausgehen, dass der Bw die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3 NAG nicht erfülle.

 

Mittlerweile ist eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten.

 

Da der Bw seit dem 15. Juni 2012 in Österreich Arbeitnehmer (Pizzabäcker in X) ist, über ein monatliches Einkommen von 1.408,-- Euro und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügt, ist er gemäß § 51 Abs. 1 NAG zum Aufenthalts für mehr als drei Monate berechtigt. Anzumerken ist, dass dem Bw die erforderliche Beschäftigungsbewilligung erteilt worden ist und er somit zur Beschäftigungsaufnahme in Österreich berechtigt war und auch weiterhin berechtigt ist.

Im Hinblick darauf, dass dem Bw derzeit das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt, sich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit weder aus dem Vorlageakt ableiten lässt (die Verurteilungen, die zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes geführt haben, sind in die Beurteilung nicht mehr einzubeziehen, da das Aufenthaltsverbot mittlerweile aufgehoben worden ist), noch eine solche sonst hervorgekommen ist, somit § 55 Abs. 3 NAG nicht zur Anwendung gelangt, liegen die Tatbestandvoraussetzung für die Erlassung einer Ausweisung gemäß § 66 FPG (derzeit) nicht (mehr) vor.

 

4.4. Der Berufung war stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

4.5. Auf eine Übersetzung des Spruchs bzw. der Rechtsmittelbelehrung konnte in Hinblick auf § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG verzichtet werden, da der Bw offenkundig der deutschen Sprache mächtig ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 22,10 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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