Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730291/12/Wg/WU

Linz, 26.06.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, zuletzt wh. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. September 2010, GZ: Sich40-41973, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2012, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erließ mit Bescheid vom 6. September 2010, GZ: Sich40-41973, gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 9 sowie §§ 63 bis 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Die Behörde argumentierte, es stehe außer Zweifel, dass der Bw mit der österreichischen Staatsbürgerin X eine Zweckehe eingegangen sei, um sich einen Aufenthaltstiel und einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu erwirken. Ein gemeinsames Familienleben iSd. Artikel 8 EMRK habe nicht stattgefunden. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes werde mit 5 Jahren festgelegt, da nach Ablauf dieses Zeitraumes zu erwarten sei, dass die Gründe für die Erlassung weggefallen seien.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 20. September 2010. Der Bw stellt darin die Anträge, die Berufungsbehörde möge den hier angefochtenen Bescheid der BH Linz-Land vom 6. September 2010 ersatzlos beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen. Er verwies auf sein bisheriges Vorbringen. Wie bereits in der Stellungnahme vom 10. März 2009 ausgeführt werde, bestreite er eine Aufenthaltsehe geschlossen zu haben. Er habe Frau X aus Liebe geheiratet und möchten die beiden ein gemeinsames Familienleben führen. Gegenteilige Beweisergebnisse würden nicht vorliegen. Auch die BH Linz-Land führe aus, dass die beiden kurz in X gemeinsam gewohnt hätten. Nachdem er allerdings in X eine neue Arbeit gefunden habe, sei er deshalb nach X übersiedelt und habe seine Frau an den Wochenenden besucht. Infolge dieser räumlichen Trennung hätten sie sich auseinandergelebt und sei die Ehe schließlich im Juni 2008 einvernehmlich geschieden worden. Die Ehe sei nicht für nichtig erklärt worden. Auch habe für ihn kein Anlass bestanden, eine Aufenthaltsehe einzugehen, zumal ihm immer wieder Saisonbewilligungen erteilt worden wären (dies bereits seit 2001). Er erlaube sich auch noch darauf hinzuweisen, dass ihm nach seiner Scheidung auch eine Niederlassungsbewilligung gültig bis 6. April 2010 erteilt worden sei. Warum daher nunmehr ein Aufenthaltsverbot erlassen werden sollte, sei nicht nachvollziehbar. Von einer negativen Zukunftsprognose könne keineswegs gesprochen werden, zumal selbst wenn man mit der Behörde vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe, die er nach wie vor entschieden bestreite, ausgehen wollte, liege das Eingehen der Scheinehe doch bereits beinahe 5 Jahre zurück und habe er sich in Österreich stets wohl verhalten, sodass von einer negativen Zukunftsprognose nicht gesprochen werden könne. Die Voraussetzung für die Erlassung des Aufenthaltsverbots seien daher nicht gegeben. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots würde auch einen unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstellen. Wie bereits erwähnt, sei er bereits seit 2001 nahezu durchgehend in Österreich, gehe in Österreich einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach und stelle damit seinen Lebensunterhalt aus eigenem sicher. Er sei unbescholten und sei sein Aufenthalt stets rechtmäßig gewesen. Er spreche auch bereits sehr gut Deutsch und sei entsprechend der langen Aufenthaltsdauer in Österreich integriert. Das Aufenthaltsverbot würde daher auch unzulässig in sein Privat- und Familienleben eingreifen und hätte daher auch in Hinblick auf die Verletzung des Art. 8 EMRK nicht erlassen werden dürfen.

 

Nach In-Kraft-Treten wesentlicher Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011 am 1. Juli 2011, übermittelte die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Verwaltungssenat Oberösterreich zuständigkeitshalber den Verfahrensakt.

 

Mit Eingabe vom 14. Oktober 2011 gab der rechtsanwaltliche Vertreter des Bw die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt.

 

Der Verwaltungssenat führte am 18. Juni 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina.

 

Der Bw arbeitete im Jahr 2001 als Saisonarbeitskraft in einem Lokal am X, X. Dort lernte er seine spätere Gattin, die nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin X, kennen. X lebte damals noch in Beziehung mit ihrem Freund X. Sie hatte mit ihrem Freund X im Lokal X, ein eigenes Zimmer. Der Bw hatte ebenfalls ein eigenes Zimmer. X und der Bw gingen während dieser Saisonarbeit eine kurze – etwa 2 Monate dauernde – Liebesbeziehung ein.

 

Im April 2002 meldete X ihren Nebenwohnsitz an der Adresse X, ab. Sie lebte in weiterer Folge gemeinsam mit ihrem Freund X an den Unterkünften X und X. Aus der Beziehung mit X ging die Tochter X hervor. X wurde am X geboren. Die Beziehung mit X wurde im Jahr 2005 beendet. X nahm daraufhin telefonisch Kontakt mit dem Bw auf. Eigenen Angaben zufolge bemerkte X, dass der Bw mit ihrer Tochter sehr gut umgehen konnte und er sich sehr gut um sie kümmerte (vgl Niederschrift PI X vom 21. August 2008). Der Bw war damals an der Adresse X mit Hauptwohnsitz gemeldet. X und X besuchten sich in dieser Zeit regelmäßig. Entweder fuhr X zum X oder X besuchte sie an ihrem damaligen Hauptwohnsitz Adresse X. Bei der Adresse X handelt es sich um eine Wohnung in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Mutter der X.

 

Im Dezember 2005 fragte der Bw X, ob sie ihn heiraten möchte. Die beiden heirateten am X vor dem Standesamt X. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Bw für die Eheschließung eine Geldbetrag bezahlte. Der Bw meldete sich mit 17. März 2006 an der Adresse X seinen Hauptwohnsitz an. Mit 2. April 2007 begründete er an der Adresse X einen Hauptwohnsitz. Dort war er bis 24. Juni 2008 gemeldet. X war an diesen beiden Adressen jeweils Hauptmieterin. In der Wohnung X zahlte sie etwa 600 Euro Miete inkl. Betriebskosten. Der Bw bezahlte ihr etwa die Hälfte der Mietkosten.

 

Der Bw arbeitete nach der Eheschließung zunächst aber nach wie vor am X (lt Versicherungsdatenauszug bis 31. März 2006). Danach fand er bei der Firma X in X, einen Arbeitsplatz. Infolge der großen Entfernung hielt er sich in der gemeinsamen Ehewohnung nur etwa 2 Tage pro Woche auf. In der übrigen Zeit lebte er an eigenen Unterkünften im Nahbereich des Arbeitsplatzes.

 

Dessen ungeachtet beschrieb X das gemeinsame Familienleben während des 1. Ehejahres als harmonisch. Während der Aufenthalte des Bw in der gemeinsamen Ehewohnung verbrachten er und X die Zeit gemeinsam. Sie nahmen gemeinsam die Mahlzeiten ein. Der Bw übernachtete bei X. Es kam regelmäßig zu sexuellen Kontakten. Die Beiden gingen auch gemeinsam einkaufen und teilten sich die dabei entstehenden Kosten auf.

 

Nach dem 1. Ehejahr kam der Bw immer seltener zu X. Sie verlangte von ihm, dass er sich in X bzw. in der näheren Umgebung eine Arbeit suchen sollte, damit er wochentags zuhause sein könnte. Das lehnte er ab, darum verlangte X die Scheidung. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Judenburg vom X, GZ 6 C 50/08x, wurde die zwischen X und dem Bw geschlossene Ehe mit der Wirkung geschieden, dass sie mit Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses aufgelöst ist.

 

Mit 24. Juni 2008 meldete der Bw an der Adresse X seinen Hauptwohnsitz an. Dort war er bis 20. September 2010 gemeldet. Am 17. September 2010 kehrte er freiwillig nach Bosnien und Herzegowina zurück.

 

Zum Aufenthaltsrecht des Bw ist festzustellen, dass ihm erstmals am 4. April 2006 ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner damaligen Ehegattin X ausgestellt wurde. Dieser Aufenthaltstitel wurde zuletzt bis 6. April 2010 antragsgemäß verlängert. Bereits mit Eingabe vom 15. Juli 2008 stellte der Bw einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt. Das Verfahren über diesen Zweck- bzw. Verlängerungsantrag ist nach wie vor offen. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nahm diesen Zweckänderungsantrag zum Anlass für fremdenpolizeiliche Erhebungen. Sie ersuchte die BH Judenburg mit Schreiben vom 8. August 2008 im Wege der Amtshilfe, Frau X über die Ehe mit ihrem Ex-Gatten bzw. "was ausschlaggebend für die Scheidung war" niederschriftlich zu befragen. X und der Bw wurden daraufhin von der Polizeiinspektion X einvernommen. Nach Wahrung des Parteiengehörs erließ die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den nunmehr bekämpften Bescheid.

 

Festzustellen ist weiters, dass der Bw mit Eingabe vom 1. März 2010 einen "Verlängerungsantrag" auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt stellte.

 

Laut Versicherungsdatenauszug vom 1. August 2011 stand er zuletzt in der Zeit von 1. Jänner 2007 bis 17. September 2010 in einem Beschäftigungsverhältnis zur X. Er erhielt dort bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 17. September 2010 einen Lohn in der Höhe von mindestens 1.200,- Euro netto pro Monat.

 

Der Bw ist strafrechtlich unbescholten.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Verwaltungssenat führte am 18. Juni 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch, in der X als Zeugin einvernommen wurde. Beweis erhoben wurde weiters durch die im Akt befindlichen Antragsformulare auf Erteilung von Aufenthaltstiteln, die Scheidungsurkunde sowie die vorhandenen Abrechnungsbelege bei der Firma X. Lt Versicherungsdatenauszug war der Bw dort zuletzt von 1. Jänner 2007 bis 17. September 2010 als Arbeiter beschäftigt. Am 17. September 2010 verließ er das Bundesgebiet. In freier Würdigung der Beweise steht fest, dass der Bw bis zuletzt einen Nettolohn von mindestens 1.200,- Euro pro Monat erhielt.

 

Maßgeblich war weiters der Abschlussbericht der Polizeiinspektion X vom 12. November 2008 sowie die diesem angeschlossenen Niederschriften über die am 21. August 2008 erfolgte Einvernahme der X und der am 11. November 2008 erfolgten Einvernahme des Bw. Entscheidendes Beweisthema war vor allem, ob der Bw und X ein gemeinsames Familienleben iSd. Artikel 8 EMRK tatsächlich geführt haben. Einzuräumen ist, dass X gegenüber der Polizeiinspektion X angab, dass der Bw sie nur wegen des Aufenthaltstitels geheiratet habe. Dies habe sich in seinem Fall nach der Hochzeit ihr gegenüber gezeigt. X wurde dazu in der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2012 eingehend befragt. So sagte sie aus, mit dem Satz "Dies habe sich in seinem Verhalten nach der Hochzeit ihr gegenüber gezeigt" sei gemeint, dass der Bw nur im ersten Jahr nach der Eheschließung regelmäßig zu ihr gekommen sei. Sie habe nach diesem ersten Ehejahr mit Bekannten über die Eheprobleme gesprochen. Dabei habe ein Bekannter die Ansicht vertreten, dass das Verhalten des Bw darauf zurückzuführen sei, dass er vor allem einen Aufenthaltstitel benötigt habe. Das sei für sie sehr schlüssig gewesen. Darum habe sie bei der Polizei diese Aussage gemacht.

 

Ergänzend befragt, ob sie den Eindruck hatte, dass auch der Bw in sie verliebt gewesen sei, gab sie an, dass er zumindest so getan habe. Feststeht, dass er im ersten Ehejahr pro Woche ca. 2 Tage in der gemeinsamen Ehewohnung aufhältig war. Zur Gestaltung des gemeinsamen Ehelebens sind in der Niederschrift der PI X keine Angaben enthalten. In der mündlichen Verhandlung sagte X als Zeugin aus, dass es nach der Eheschließung regelmäßig zu sexuellen Kontakten kam. Sie verbrachten während der Aufenthalte des Bw in der Ehewohnung die Freizeit gemeinsam. Es besteht kein Anlass, am Wahrheitsgehalt dieser - unter Wahrheitspflicht erfolgten - Zeugenaussage der X zu zweifeln. Fest steht aber auch, dass ihr die Namen der Eltern des Bw nicht bekannt waren. Dies belegt, dass zwischen dem Bw und X keine intensive seelisch-psychische Gemeinschaft  bestand. Ansonsten hätte sie besser über den persönlichen und familiären Hintergrund des Bw Bescheid gewusst.

 

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den genannten Beweismitteln.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG 2005 idF BGBl I 38/2011 (= idgF) sind vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097, ausgesprochen, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der innerstaatlichen Benennung des Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art 3 Z 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, Abl. l. 348/98 (in der Folge: RückführungsRL) handelt. Aus diesem Erkenntnis folgt, dass durch die notwendige unmittelbare Anwendung der RückführungsRL der UVS als Rechtsmittelinstanz iSd Art 13 Abs. 1 der RückführungsRL berufen ist.

 

Der Bw befindet sich zur Zeit im Verlängerungs- bzw. Zweckänderungsverfahren. In seinem Fall ist die Bestimmung des § 63 FPG (Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel) maßgeblich. Analog § 52 Abs. 1 letzter Satz FPG ist im Falle einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn sich der Bw zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

  1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
  2. anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG 2005 idgF sind insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

Ein Aufenthaltsverbot ist gemäß § 63 Abs. 3 iVm Abs. 1 FPG 2005 idgF in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 FPG 2005 idgF für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG 2005 idgF für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG 2005 idgF auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG 2005 idgF ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

  1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungs-gesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
  2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
  3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
  4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
  5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
  6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
  7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
  8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
  9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Der Bw war während des ersten Ehejahres regelmäßig zumindest an 2 Tagen pro Woche in der gemeinsamen Ehewohnung aufhältig. Die Freizeit wurde an diesen Tagen gemeinsam verbracht. Der Bw beteiligte sich an den Lebenserhaltungskosten.  Die Mahlzeiten wurden gemeinsam eingenommen. Es kam regelmäßig zu sexuellen Kontakten. Der Bw und X führten daher - auch wenn keine intensive seelisch-psychische Gemeinschaft bestand - sehr wohl ein gemeinsames Familienleben iSd. Artikel 8 EMRK. Der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG ist nicht erfüllt.

 

Da ein Aufenthaltsverbot begrifflich aus einer Rückkehrentscheidung bzw Ausweisung und Einreiseverbot besteht (vgl VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097), hat die Berufungsbehörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung nach § 62 FPG vorliegen. Wird gegen eine Ausweisung ein ordentliches Rechtsmittel ergriffen und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung erwiesenermaßen nicht mehr im Bundesgebiet auf, so haben gem. § 68 Abs. 1 FPG die Berufungsbehörden nur festzustellen, ob die Ausweisung zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen wäre der Berufung teilweise stattzugeben und festzustellen, dass die Voraussetzungen einer Ausweisung zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides vorlagen.

 

Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 1 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

1. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

 

Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 2 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

2. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und im ersten Jahr ihrer Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind oder

3. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen sind und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sind.

 

Die Behörde hat gemäß § 62 Abs 3 FPG in Verfahren gemäß Abs. 1 nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG bei der Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden gemäß § 11 Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

Aufenthaltstitel dürfen gemäß § 11 Abs 2 NAG einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Ein Aufenthaltstitel kann gemäß § 11 Abs 3 NAG trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet gemäß § 11 Abs 4 NAG dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

 

Der Aufenthalt eines Fremden führt gemäß § 11 Abs 5 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme – gemäß § 25 Abs 1 NAG den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 61 FPG) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde die zur Aufenthaltsbeendigung zuständige Fremdenpolizeibehörde - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 AVG gehemmt.

 

Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist gemäß § 25 Abs 2 NAG das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.

 

Familienangehörige mit einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5 und 8 haben gemäß § 27 Abs. 1 NAG ein eigenständiges Niederlassungsrecht. Liegen die Voraussetzungen für den Familiennachzug nicht mehr vor, ist dem Familienangehörigen ein Aufenthaltstitel auszustellen, dessen Aufenthaltszweck jedenfalls dem bisherigen Aufenthaltszweck entspricht, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 vorliegt und er die Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 erfüllt.

 

Der Familienangehörige hat gemäß § 27 Abs. 4 NAG idF BGBl I Nr. 38/2011 die Umstände nach Abs. 1 bis 3 der Behörde unverzüglich, längstens jedoch binnen einem Monat, bekannt zu geben.

 

Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich gemäß § 30 Abs 1 NAG für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe eingetragene Partnerschaft berufen.

 

Nach dem ersten Ehejahr ist kein Kontakt mehr nachgewiesen, der auf ein gemeinsames Familienleben schließen lassen würde. Damit lagen die Voraussetzungen für den Familiennachzug nach § 11 Abs. 1 Z 4 iVm. § 27 Abs. 1 NAG und § 30 Abs. 1 NAG nicht mehr vor.

 

Das Aufenthaltsrecht bleibt gemäß § 27 Abs 1 NAG  - anders als gemäß Artikel 13 Abs 2 lit a der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (Freizügigkeitsrichtlinie) oder etwa § 31 des dt. Aufenthaltsgesetzes - nach der Scheidung unabhängig von der Dauer der Familiengemeinschaft erhalten. Es kommt lediglich darauf an, dass nach Erteilung des Aufenthaltstitels tatsächlich ein Familienleben iSd Artikel 8 EMRK geführt wurde und kein Versagungsgrund iSd § 11 Abs 1 vorliegt bzw die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs 2 erfüllt sind. 

 

Artikel 13 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie rechtfertigt die Annahme eines erheblichen öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung von Fremden, die zum Zweck der ehelichen Familiengemeinschaft zuwandern und deren Ehe bereits nach kurzer Zeit geschieden wird. Aus dem Umstand, dass die Ehe nur sehr kurz Bestand hatte, kann aber noch nicht geschlossen werden, dass der Aufenthalt des Fremden gemäß § 11 Abs 2 Z 1 NAG öffentlichen Interessen widerstreitet. Eine solche Rechtsauslegung würde zu einer unzulässigen Aushöhlung des § 27 Abs 1 NAG führen. Es ist vielmehr eine Gesamtschau durchzuführen.

 

Der Bw gab der Niederlassungsbehörde erst mit seinem Zweckänderungsantrag vom 15. Juli 2008 die Beendigung der Familiengemeinschaft bekannt. Die Meldung hätte gemäß der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Bestimmung des § 27 Abs. 5 NAG idF BGBl I Nr. 100/2005 unverzüglich nach der Beendigung der Familiengemeinschaft erstattet werden müssen und war daher verspätet. Dies stellt gemäß § 77 Abs 1 Z 1 NAG idF BGBl I Nr. 100/2005 eine Verwaltungsübertretung dar. Der verhältnismäßig geringe Strafrahmen bis zu 200,- Euro zeigt, dass der Gesetzgeber von einem geringen typisierten Unrechtsgehalt ausgeht. Dessen ungeachtet gilt: Je kürzer die Familiengemeinschaft andauert, umso größer ist das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Meldepflicht des § 27 Abs 4 NAG (nunmehr idF BGBl I Nr. 38/2011). Dies geht im Fall des Bw soweit, dass – zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides – sein Aufenthalt öffentlichen Interessen widerstritt und die Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs 2 Z 1 NAG nicht erfüllt war.

 

Das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung verstärkt sich erheblich, wenn – darüber hinaus -  bei Begründung der Familiengemeinschaft nicht die eheliche Gesinnung, sondern die Absicht, sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, im Vordergrund stand.

 

Im konkreten Fall wurde festgestellt, dass sehr wohl eine Familiengemeinschaft iSd. Artikel 8 EMRK bestand. Zugunsten des Bw ist im Rahmen der nach § 11 Abs. 3 gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass durch seine im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides als solide zu betrachtenden Einkünfte der maßgebliche monatliche Richtsatz des § 293 Abs. 1 ASVG idF. BGBl. I Nr. 63/2010 (783,99 Euro) sichergestellt war und somit kein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 4 iVm. § 11 Abs. 5 vorliegt. Bei einer Gesamtwertung des festgestellten Sachverhalts überwog zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides das persönliche Interesse des Bw an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Gemäß § 27 Abs. 1 iVm. § 11 Abs. 3 NAG stand der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der damals geltenden Rechtslage kein Versagungsgrund entgegen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Berufung von 28,60 Euro (Eingabe- u. Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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