Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101160/./Br/La

Linz, 30.04.1993

VwSen - 101160/./Br/La Linz, am 30. April 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Februar 1993, VerkR96/9191/1992, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach der am 28. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird hinsichtlich der Punkte 1) und 2) k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt; b) zu Punkt 3) wird der Berufung F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbe- züglich behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 11 Abs.1, § 21 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/ 1991 StVO; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs- verfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG, iVm. § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z 3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 867/1992 - VStG II. a) Zu 1) und 2) werden zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 180 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

b) Zu 3) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbei- träge.

Rechtsgrundlage:

a) § 64 VStG, b) § 65 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 10. Februar 1993 über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 11 Abs.1, 2.) § 21 Abs.1 und 3.) § 22 Abs.1 jeweils iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 500 S, 400 S und 300 S und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 24, 2.) 24 und 3.) 12 Stunden verhängt, weil er am 26. März 1992 gegen 18.45 Uhr den Kombi auf der F Landesstraße von F kommend in Richtung V gelenkt habe, wobei er im Gemeindegebiet von F bei Str.Km 22.250 1) vom rechten auf den linken Fahrstreifen wechselte, ohne sich vorher zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen ist und dadurch den Lenker des PKW zum unvermittelten Abbremsen seines Fahrzeuges nötigte. 2) Kurz danach habe er seinen Kombi, ohne daß es die Verkehrssicherheit erfordert hätte, jäh und für den Lenker des nachkommenden Fahrzeuges überraschend abgebremst, sodaß dieser erneut gezwungen wurde, sein Fahrzeug stark abzubremsen. 3) In weiterer Folge sei er vom Lenker des PKW VB-219D überholt worden, worauf er mit seinem Kombi bis auf wenige Meter hinter den PKW herangefahren sei und dabei das Fernlicht benützt habe, wodurch der Lenker dieses PKW's stark geblendet worden sei.

1.1. Die Erstbehörde führt hiezu im Ergebnis begründend aus, daß die im Spruch angeführten Verwaltungsübertre- tungen laut den zeugenschaftlichen Angaben des im Außendienst langjährig erfahrenen Gendarmeriebeamten, als erwiesen anzunehmen seien. Der Beamte habe diese Aussage unter Wahrheitspflicht stehend gemacht. Der Zeuge H (der überholte Mopedlenker) habe zur Entlastung nichts beizutragen vermocht.

2. In der fristgerecht durch einen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung führt der Berufungswerber (in weiterer Folge kurz genannt: Bw) im wesentlichen aus, daß beim Überholen des Mopedlenker dies durch Betätigen des Blinkers angezeigt worden sei. Etwa auf halber Höhe zum überholten Mopedlenker sich befindend, habe der Bw das hinter ihm fahrende Fahrzeug des Anzeigers bemerkt, als dieses ihn geblendet hätte. Beim Ausscheren zum Überholen des Mopedlenkers sei dieses nachfolgende Fahrzeug noch so weit entfernt gewesen, daß eine Nötigung zum Abbremsen nicht erfolgt sei. Dies sei auch dadurch belegt, daß das Fahrzeug des Anzeigers zum Zeitpunkt des Umkehrens sich noch nicht im Sichtbereich des Bw befunden hätte. Unrichtig sei, daß er in weiterer Folge sein Fahrzeug stark abgebremst hätte. Es könne wohl sein, daß er infolge der Blendung Gas weggenommen habe. Dies sei auch in der Aussage des Zeugen Hötzinger (Mopedfaher) belegt, welcher nichts von derartigen Vorgängen bemerkt habe. Dies hätte ihm aber auffallen müßen. In weiterer Folge sei er vom Anzeiger überholt worden, wobei er seinerseits zum Abbremsen und Anhalten veranlaßt worden sei.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Da die Verwaltungsübertretung dem Grunde nach bestritten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl.: VerkR96/9191/1992, die Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens, die Vernehmung des Gr.Insp. K (Meldungsleger) als Zeugen und des Bw als Beschuldigten anläßlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Vorfallsörtlich- keit wurde auch auf Video dokumentiert.

3.1.1. Der ausgewiesene Rechtsvertreter hat am 29. April 1993 fernmündlich mitgeteilt, daß er den Bw in gegenständlicher Sache nicht mehr vertrete.

4. Es ist als erwiesen anzusehen, daß der Bw sein Fahrzeug an der oben genannten Örtlichkeit gelenkt und dabei ein Moped überholt hat, wobei er dabei mit seinem Fahrzeug den linken Fahrstreifen befuhr, den Fahrstreifenwechsel jedoch nicht anzeigte und hiedurch den bereits ebenfalls im Überholen begriffenen Anzeiger zum starken Abbremsen (Verminderung der Geschwindigkeit von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 100 km/h auf 70 km/h) seines Fahrzeuges veranlaßte. Nach der Beendigung des Überholvorganges dieses Mopedfahrers und nach dem Einordnen seines Fahrzeuges auf der rechten Fahrspur, beschleunigte der Bw sein Fahrzeug nicht weiter und bremste der Bw sein Fahrzeug grundlos, "offenbar um den nachfahrenden PKW-Lenker zu ärgern" (dieser hatte ihn ja mittels Lichthupe angeblinkt). Diese Bremsung war so stark, daß dabei sogar ein Bremsgeräusch hörbar geworden war. Nachdem der Anzeiger den Bw dann endgültig überholt hatte, schaltete der Bw an seinem das Fernlicht ein.

Der Anzeiger hielt in weiterer Folge den Bw an und gab sich als Beamter der Gendarmerie zu erkennen.

4.1. Der obige, als erwiesen angenommene Sachverhalt stützt sich auf die glaubwürdigen und den Denkgesetzen entsprechenden Angaben des Anzeigers. Diese Angaben lassen sich mit den vor Ort vorgefundenen Gegebenheiten in Einklang bringen. Insbesondere ist logisch, wenn der Bw ein mit etwa 40 km/h fahrendes Moped passieren läßt und er mit seinem Fahrzeug unmittelbar danach umkehrt, er dieses Moped bereits 100 Meter nach der "Umkehrstelle" wieder einholt. Dies deckt sich auch damit, daß das Fahrzeug des Bw unmittelbar nachdem es gewendet hatte, dem Zeugen, zu diesem Zeitpunkt etwa 150 Meter weit entfernt, ansichtig geworden war. Der Zeuge gelangte daher bei einer Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h genau an diesem Punkt in die Phase des Überholens, wo auch der Bw in seiner Beschleunigungsphase auf das Moped aufgeschlossen hatte. Beim Anzeiger handelt es sich um einen Beamten der Autobahngendarmerie, welcher über eine vieljährige Straßendiensterfahrung verfügt. Es kann daher von ihm erwartet werden, daß der Abläufe im Straßenverkehr verläßlich zu schildern vermag. Anläßlich seiner Vernehmung wirkte der Zeuge überaus sachlich, sodaß kein wie immer gearteter Hinweis auf eine allenfalls "überzogene" Reaktion hinsichtlich dieser Anzeige erkennbar wurde. Es wäre geradezu unlogisch, daß etwa dieser Gendarmeriebeamte eine ihm zum Zeitpunkt des Vorfalles zur Gänze unbekannte Person durch eine übertriebene Schilderung, oder sogar grundlos, belasten wollte. Was die Entfernungsangaben anlangt, deckt sich nicht zuletzt auch die Aussage des Bw mit jenen des Zeugen.

Hinsichtlich der leugnenden Verantwortung ist jedoch auszuführen, daß diesbezüglich die Angaben des Bw als Schutzbehauptung qualifiziert werden.

5. Rechtlich ist wie folgt zu erwägen:

5.1. Nach § 11 Abs. 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen nur wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Er darf das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, daß es die Verkehrssicherheit erfordert ( § 21 Abs.1 StVO).

5.1.1. In Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Bw zur Last gelegt, bis auf wenige Meter an das Fahrzeug des Anzeigers herangefahren und mit Fernlicht hinter dem PKW nachgefahren zu sein, wodurch der Lenker des PKW's geblendet worden sei.

Abgesehen davon, das dieser Tatvorwurf (vermutlich irrtümlich) unter § 22 Abs.1 StVO 1960 subsumiert worden ist, entspricht die Spruchformulierung in diesem Punkt nicht der letztgenannten Bestimmung. Es fehlen nämlich Feststellungen über die Straßenart (Freilandstraße) und die Sichtverhältnisse (Dunkelheit) sowie die Anführung des negativen Tatbestandselementes, daß der Bw nicht überholt hat. Einer allfälligen diesbezüglichen Spruchergänzung durch die Berufungsbehörde, stand die Bestimmung des § 31 Abs.2 VStG entgegen.

5.2. Grundsätzlich ist hinsichtlich derartiger Verhalten im Straßenverkehr zu bemerken, daß diesen ein erheblicher Unwertgehalt zugrunde liegt. Es gilt als gesicherte Tatsache, daß derartige Agressionshandlungen immer wieder die Ursache für Verkehrsunfälle sind. Der Schuldvorwurf erfährt insbesondere darin seine qualifizierte Bedeutung, indem der durch eine solche Handlung betroffen gemachte Verkehrsteilnehmer ganz bewußt in eine "unangenehme Lage" - zu einem stakren Bremsmanöver - gebracht werden will. Dabei wird, wenn nicht überhaupt vorsätzlich, jedenfalls aber grob fahrlässig eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit in Kauf genommen bzw. bewirkt. Aus diesem Grund scheint die verhängte Strafe neben der Spezialprävention (den Täter vor weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten), auch aus Gründen der Generalprävention erforderlich, um den Unwertgehalt derartiger Verhaltensweisen generell zu verdeutlichen und entsprechend zu pönalisieren. Diese Strafe scheint darüber hinaus auch noch gerechtfertigt, um beim Berufungswerber künftighin als Impuls zu einem höheren Verantwortungsbewußtsein und einer größeren Gewissenhaftigkeit im Straßenverkehr zu wirken.

5.1.2. Generell ist gemäß § 19 VStG Grundlage bei der Strafzumessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungsund Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.1.2. Selbst bei der Annahme von nur durchschnittlicher Einkommensverhältnisse und keinem Vermögen und der Zuerkennung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit sind unter den obigen Gesichtspunkten die verhängten Strafen von 500 S und 400 S als überaus geringfügig zu erachten. Ansgesichts eines bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmens wurde auf den Unwertgehalt eines derartigen Fehlverhaltens ein nur geringes Augenmerk gelegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr zulässig.

H i n w e i s:

Sie können jedoch gegen diesen Bescheid innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat (Dr. B l e i e r)

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