Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-200380/12/Gf/Rt

Linz, 26.06.2012

VwSen-200381/12/Gf/Rt

VwSen-200382/12/Gf/Rt

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf aus Anlass des Vorlageantrages des Bundesamtes für X gegen die Berufungsvorentscheidung des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 17. August 2009, Zl. Agrar96-26-2008, wegen einer Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes durch die mitbeteiligte Partei W A, zu Recht:

 

Dem Vorlageantrag wird insoweit stattgegeben, als der mitbeteiligten Partei ein Ersatz der Untersuchungsgebühren zugunsten des Bundesamtes für Ernährungssicherheit in Höhe von insgesamt 413,57 Euro vorgeschrieben wird.      

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 18. Juni 2009, Zl. Agrar96-26-2008, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Stunden) verhängt, weil er zumindest am 6. Oktober 2008 einerseits das Pflanzenschutzmittel „X" (Pflanzenschutzmittel-Registriernr. X) in einer Menge von vier Mal 0,06 kg gelagert bzw. zum Verkauf vorrätig gehalten habe, obwohl dessen Zulassung bereits am 28. August 2007 abgelaufen gewesen sei und die Abverkaufsfrist am 28. August 2008 geendet habe, und andererseits das Pflanzenschutzmittel "X" (Pflanzenschutzmittel-Registriernr. X) in einer Menge von 25 kg gelagert bzw. zum Verkauf vorrätig gehalten habe, obwohl dessen Zulassung bereits am 5. März 2004 abgelaufen gewesen sei und die Abverkaufsfrist am 5. März 2005 geendet habe. Dadurch habe er nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht und somit eine Übertretung des § 3 Abs. 1 des Pflanzenschutzmittelgesetzes, BGBl.Nr. I 60/1997, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 55/2007 (im Folgenden: PMG), begangen, weshalb er nach § 34 Abs. 1 Z. 1 lit. a PMG zu bestrafen gewesen sei. Zusätzlich seien ihm Untersuchungsgebühren in Höhe von insgesamt 413,57 Euro vorzuschreiben und die Pflanzenschutzmittel für verfallen zu erklären gewesen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat auf Grund der Wahrnehmungen des einschreitenden Kontrollorganes und einer Anzeige des Bundesamtes für Ernährungssicherheit (im Folgenden: X) als erwiesen anzusehen sei.

 

1.2. Gegen dieses ihr am 24. Juni 2009 zugestellte Straferkenntnis hat die mitbeteiligte Partei mit e-Mail vom 6. Juli 2009 – und damit rechtzeitig – Berufung eingebracht.

 

1.3. Mit Berufungsvorentscheidung des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 17. August 2009, Zl. Agrar96-26-2008, wurde dieser Berufung insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Stunden herabgesetzt und die Verpflichtung zur Vorschreibung des Kontrollgebührenersatzes zugunsten des X aufgehoben wurde; im Übrigen wurde diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

1.4. Gegen dieses dem X am 18. August 2009 zugestellte Straferkenntnis richtete sich der gegenständliche, am 28. August 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Vorlageantrag gemäß § 24 VStG i.V.m. § 64a Abs. 2 AVG.

 

Darin wurde der Sache nach eingewendet, dass jene in dem mit 1. Jänner 2007 in Kraft getretenen "Kontrollgebührentarif"  festgelegten Tarifpositionen entgegen der im Erkenntnis vom Oö. Verwaltungssenat vom 1. Juli 2009, Zl. VwSen-200377, vertretenen Auffassung durchaus nicht unbestimmt bzw. unbestimmbar seien, sondern aus dem Wortlaut und den Formulierungen der einzelnen Posten unzweifelhaft hervorgehe, auf welchen Tätigkeiten diese jeweils basieren. Sohin hätten gemäß § 6 Abs. 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes entsprechende Gebühren vorgeschrieben werden müssen.

 

Daher wurde die Abweisung der Berufung der mitbeteiligten Partei, die Festsetzung einer tat- und schuldangemessenen Verwaltungsstrafe und die Vorschreibung der beantragten Untersuchungsgebühren in Höhe von 413,57 Euro beantragt.

 

2.1. Mit Erkenntnis vom 28. September 2009, Zlen. VwSen-200380/2/Gf/Mu/Bu u.a., hat der Oö. Verwaltungssenat diesen Vorlageantrag abgewiesen. 

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall allseits unbestritten feststehe, dass die mitbeteiligte Partei eine Übertretung des § 34 Abs. 1 Z. 1 lit. a PMG begangen habe. Auch die Höhe der verhängten Strafe erscheine aus der Sicht des Oö. Verwaltungssenates angesichts der geringen Mengen nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel, angesichts des Umstandes, dass diese lediglich tatsächlich durch ein (andere Personen nicht gefährdendes) Lagern (und nicht etwa durch Verkauf o.Ä.) in Verkehr gebracht wurden, und angesichts der ungünstigen Einkommens‑, Vermögens- und Familienverhältnisse der mitbeteiligten Partei (monatliches Nettoeinkommen: 1.000 Euro; Sorgepflicht für drei Kinder) als durchaus tat- und schuldangemessen, zumal auch die Rechtsmittelwerberin in keiner Weise konkretisiert habe, inwiefern diesbezüglich ein Verstoß gegen § 19 VStG vorliegen sollte.

 

2.2.1. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin beantragten Vorschreibung eines Auslagenersatzes für die Tätigkeiten ihrer Untersuchungsorgane habe § 32 Abs. 1 PMG (in der für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung) vorgesehen, dass solche Gebühren nach Maßgabe eines Tarifes zu entrichten seien, den der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (im Folgenden: BMLFUW) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen (im Folgenden: BMF) durch Verordnung kostendeckend festzusetzen habe.

 

Auf dieser Grundlage sei mit Verordnung des BMLFUW im Einvernehmen mit dem BMF der Pflanzenschutzmittelgebührentarif 2003, BGBl.Nr. II 332/2003 (im Folgenden: PGT), erlassen worden.

 

Daneben habe § 6 Abs. 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes, BGBl.Nr. I 63/2002, in der für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 49/2008 (im Folgenden: GESG), festgelegt, dass für Tätigkeiten des X u.a. anlässlich der Vollziehung des PMG (vgl. § 6 Abs. 1 Z. 4 GESG) eine Gebühr nach Maßgabe eines Tarifes zu entrichten sei, den das X mit Zustimmung des BMLFUW und des BMF kostendeckend festzusetzen habe.

 

Die Bestimmungen des § 32 Abs. 1 PMG einerseits und des § 6 Abs. 6 GESG andererseits würden sohin insoweit essentiell voneinander divergieren, als die Festlegung der Gebührenhöhe im ersteren Fall durch eine Verordnung des BMLFUW, im anderen Fall hingegen durch einen (hoheitlichen) Rechtsakt sui generis des X, dem infolge seiner in § 6 Abs. 7 Z. 2 GESG vorgesehenen spezifischen Kundmachung im Ergebnis am ehesten (ebenfalls) der Charakter einer Rechts-(Durchführungs-)verordnung zukommen dürfte, zu erfolgen habe.

 

Es gelte sohin, das Verhältnis zwischen diesen widersprüchlichen Anordnungen zu klären.

 

2.2.2. Die Anordnung des § 6 Abs. 6 GESG sei durch die Novelle BGBl.Nr. I 78/2003 (sog. "Agrarrechtsänderungsgesetz 2003", mit dem das Pflanzenschutzgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermittelgesetz, das Qualitätsklassengesetz und das Forstgesetz geändert wurden) eingefügt worden; § 32 Abs. 1 PMG habe sich hingegen bereits in der Stammfassung (BGBl.Nr. I 60/1997) des am 1. August 1997 in Kraft getretenen PMG. § 6 Abs. 6 GESG gefunden und würde sohin grundsätzlich die lex posterior darstellen (und somit dem § 32 Abs. 1 PMG derogieren). Allerdings seien mit dieser Agrarrechtsnovelle 2003 lediglich die vorhin angeführten Gesetze, nicht aber auch das PMG selbst geändert worden. Wenngleich die Intention der Bundesregierung – wie dies auch aus den Materialien deutlich werde (vgl. 117 BlgNR 22. GP, S. 9) –  dahin gegangen sein möge, dem X die Kompetenz zur Erlassung eines Kontrollgebührentarifes auch für den Bereich des PMG zu übertragen, so sei dieses Vorhaben formal jedenfalls (zunächst) daran gescheitert, dass das PMG von der Agrarrechtsnovelle 2003 gar nicht erfasst worden sei. (Dagegen könne auch nicht eingewendet werden, dass sich die Formulierung des § 6 Abs. 6 GESG offenbar auf sämtliche in § 6 Abs. 1 GESG angeführten Vollzugstätigkeiten [wozu nach § 6 Abs. 1 Z. 4 GESG auch jene nach dem PMG zählen] beziehe, denn mit § 6 Abs. 1 GESG wurde eine Kompetenzverschiebung vom BMLFUW hin zum X bewirkt, die einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedurft habe. Offenbar sei dieses Problem anlässlich der Erlassung der vorerwähnten Novelle zum GESG (Agrarrechtsänderungsgesetz 2003) noch nicht bewusst gewesen; vielmehr sei es erst mit der PMG-Novelle BGBl.Nr. I 86/2009 explizit beseitigt worden, indem § 32 Abs. 1 PMG aufgehoben worden sei (vgl. den AB, 293 BlgNR, 24. GP, 14). Die letztgenannte Novelle sei jedoch erst am 19. August 2009 – und damit jedenfalls erst nach dem für den gegenständlichen Fall relevanten Tatzeitpunkt (6. Oktober 2008) – in Kraft getreten.

 

Eine Derogation nach dem lex-posterior-Prinzip komme sohin im gegenständlichen Fall (noch) nicht zum Tragen.

 

2.2.3. Darüber hinaus sei im vorliegenden Zusammenhang davon auszugehen, dass die Bestimmung des § 32 Abs. 1 PMG jedenfalls insofern auch eine lex specialis darstelle, als sie nicht nur die Reglung von Gebühren für Tätigkeiten des X, die anlässlich der Vollziehung der in den in § 6 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 8 GESG angeführten Gesetzen (darunter auch das PMG) festgelegten hoheitlichen Aufgaben vorgenommen werden, erfasse, sondern – darüber hinausgehend – vielmehr die Regelung von Gebühren für sämtliche (also auch privatwirtschaftlichen) Tätigkeiten aller zur Vollziehung des PMG berufenen Behörden.

 

2.2.4. Insgesamt folge daraus, dass – zum hier einschlägigen Tatzeitpunkt – noch die spezialgesetzliche Regelung des § 32 Abs. 1 PMG maßgeblich gewesen sei. Damit sei im gegenständlichen Fall die Frage der Vorschreibung einer Kontrollgebühr sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach anhand des PGT zu beurteilen gewesen.

 

Davon ausgehend sei festzustellen, dass die Anlage zum PGT keine Gebühren für die Durchführung von Kontrolltätigkeiten (wie Bearbeitung vor Ort, Kontrollverfahren, Beschlagnahme, etc.) vorsehe. Für diesen Fall ordne § 2 Abs. 2 PGT an, dass diese Tätigkeiten dem "Antragsteller" (bzw. gemäß § 30 PMG: dem Geschäfts- oder Betriebsinhaber) "im Einzelfall nach den erbrachten Aufwendungen (Personal- und Sachaufwand) zu verrechnen" seien.

 

Dem in § 32 Abs. 1 PMG festgelegten Prinzip der Kostendeckung entsprechend hätte es daher eines entsprechend detaillierten Aufwandsverzeichnisses seitens des X bedurft, damit im gegenständlichen Fall seitens der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ein entsprechender Kostersatz zu Lasten der mitbeteiligten Partei bescheidmäßig hätte vorgeschrieben werden können.

 

Ein derartiges Aufwandsverzeichnis lasse sich jedoch der Anzeige des X vom 14. Oktober 2008, Zl. 28138/03/08, nicht entnehmen, weil in dieser nur undifferenziert die Positionen "Kosten für die Bearbeitung vor Ort", "Kosten für das Kontrollverfahren" und "Kosten für die Beschlagnahme" angeführt seien und die dementsprechenden Gebührensätze – wie sich aus den entsprechenden "Code-Nummern" ergebe – offenbar dem "Kontrollgebührentarif 2008" des X selbst entnommen worden seien. Hierbei handle es sich jedoch nur um Pauschalgebühren, also um eine Berechnungsmethode, die dem in § 32 Abs. 1 PMG i.V.m. § 2 Abs. 2 PGT zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen nach einer konkret anlassbedingten Gebührenfestsetzungder offensichtlich davon ausgehe, dass eine dementsprechend exakte Abgrenzung der einzelnen Tarifposten insbesondere deshalb erforderlich ist, um sicherzustellen, dass im Ergebnis keine mehrfache Gebührenvorschreibung für ein und dieselbe Leistung bzw. sich überlappende Leistungen des X erfolgt – gerade nicht entsprochen habe.

 

Auch mit dem nunmehrigen Vorlageantrag sei ein zumindest nach Personal- und Sachaufwand gegliedertes und in diesem Sinne konkretisiertes Aufwandsverzeichnis nicht nachgereicht worden (was angesichts des im Verwaltungsstrafverfahren nicht bestehenden Neuerungsverbotes jedoch möglich und zulässig gewesen wäre).

 

Dass unter derartigen Umständen die Höhe der Gebühr von Amts wegen zu ermitteln wäre, lasse sich jedoch – entgegen der von der Berufungswerberin vertretenen Rechtsansicht – aus § 32 Abs. 1 PMG i.V.m. § 2 Abs. 2 PGT nicht ableiten, weshalb der gegenständliche Vorlageantrag gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen gewesen sei.

 

3. Gegen diese Entscheidung hat das X eine Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom 24. Mai 2012, Zl. 2009/07/0167, hat der VwGH den h. Bescheid vom 28. September 2009, Zlen. VwSen-200380 u.a., wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu unter Hinweis auf das (ex post ergangene) Erkenntnis des VwGH vom 10. November 2011, Zl. 2010/07/0001, ausgeführt, dass sich in § 6 GESG stets eine parallele Grundlage für die Vorschreibung von Gebühren, die bei der Tätigkeit des X auch im Zusammenhang mit dem PMG angefallen seien, gefunden habe; § 6 GESG sei daher auch ohne einen im PMG enthaltenen Verweis auf den hier vorliegenden Sachverhalt anwendbar gewesen.

4. An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

Davon ausgehend war daher dem Vorlageantrag gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als der mitbeteiligten Partei ein Ersatz der Untersuchungsgebühren zugunsten des X in Höhe von insgesamt 413,57 Euro vorzuschreiben war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum