Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560155/6/Bm/HK

Linz, 06.07.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn B W, F, R, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 09.02.2012, Gz. 301-12-2/1ASJF, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Spruchpunkt 1.a) zu lauten hat:

"W B J, geb. XX

Mindeststandard für alleinstehende Person gemäß § 1 Abs.1 Z1 Oö. BMSV".

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 4, 5, 7, 13 und 49 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl Nr. 74/2011.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichneten Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 09.02.2012 wurde über Antrag des Berufungswerbers (in der Folge: Bw) vom 09.02.2012 ab 09.02.2012 befristet bis 08.08.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen nach dem Richtsatz gemäß § 1 Abs.1 Z2a Oö. BMSV (Mindeststandard für Wohngemeinschaft/Partnerschaft) zuerkannt. Begründend wurde ausgeführt, der Bw lebe in Wohngemeinschaft und habe keine familiären Verpflichtungen für unterhaltsberechtigte Angehörige, die mit ihm im Haushalt leben würden. Des weiteren würde er Leistungen des AMS beziehen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, zu Unrecht werde der Richtsatz gemäß § 1 Abs.1 Z2a der Berechnung der gegenständlichen Leistung zu Grunde gelegt. Der Bw bewohne alleine ein Zimmer in L, H, wobei sich WC und Dusche für mehrere dort wohnhafte Mieter zugänglich außerhalb dieses Zimmers befinden würden. Dieser Umstand rechtfertige allerdings keineswegs die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft. Von einer Haushaltsgemeinschaft wäre nur bei Bestehen einer wirtschaftlichen und finanziellen Interessensgemeinschaft mit der Zielsetzung, die Kosten der Lebenshaltung durch Zusammenwirtschaften zu vermindern, auszugehen. In dem vom Bw bewohnten Haus schließe aber jeder Mieter einen gesonderten Vertrag mit dem Vermieter, durch den die Kosten für alle Bedürfnisse, die sonst die gemeinsame Wirtschaftsführung ausmachen, abgedeckt würden. Die Kosten würden für jeden Mieter gesondert auflaufen, sodass die mit einer gemeinsamen Lebensführung sonst regelmäßig verbundenen Synergieeffekte hier nicht eintreten würden. Durch den Umstand, dass der Bw WC und Dusche gemeinsam mit anderen Bewohnern des Hauses benützen könne, trete für ihn keine Kostenersparnis ein, geschweige denn eine Kostenersparnis in einem solchen Ausmaß, dass die Zuerkennung eines um ca. 250 Euro monatlich geringeren Richtsatzes gerechtfertigt wäre. Selbst geringfügig niedrigere Kosten durch die gemeinsame Benützung des WC und der Dusche mit anderen Bewohnern würden für sich alleine jedenfalls noch nicht die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft rechtfertigen, weshalb auch nicht vom Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft ausgegangen werden könne (vgl. OGH vom 16.09.2003, 10 ObS 201/03). Es werde daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass der Berechnung der gegenständlichen Leistung der Umstand zu Grunde gelegt werde, dass eine Haushaltsgemeinschaft nicht vorliege und der Bw alleinstehend sei.

 

Mit weiterer Eingabe vom 15.02.2012 wurde vom Bw ausgeführt, dass die bei der Berechnung der gegenständlichen Leistung vorgenommene Aliquotierung nicht nachvollziehbar sei. Dadurch dass erst am 09.02.2012 die gegenständliche Leistung bzw. bewilligt worden sei, ändere sich am monatlichen Gesamtbedarf nichts. Es läge in diesem Zusammenhang auf der Hand, dass der Bw auf Grund des Umstands, dass die Leistung erst am 09.02.2012 beantragt bzw. bewilligt worden sei, in der Zeit vom 01. – 08.02.2012 um so mehr von der vom AMS zu Beginn des Monates Februar 2012 ausbezahlten Notstandshilfe zerren musste, sodass die Aliquotierung auch insofern nicht nachvollziehbar sei.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Magistrates Linz zu Gz. 301-12-2/1ASJF, insbesondere in den dort einliegenden Mietvertrag, abgeschlossen zwischen dem Bw und Herrn G G, sowie Einholung einer Auskunft des Vermieters G G.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Eingabe vom 09.02.2012 hat der Bw Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes angesucht. Den Antragsunterlagen war unter anderem auch ein Mietvertrag, abgeschlossen zwischen dem Bw und Herrn G G beigelegt worden; dieser Mietvertrag bezieht sich auf die Vermietung eines möblierten Einbettzimmers an den Bw inklusive Betriebs- und Heizkosten mit Gemeinschaftsdusche und WC am Gang. Der Beginn des Mietverhältnisses wurde mit 01.02.2012 festgesetzt. Nach Auskunft des Vermieters wurde dieses Einbettzimmer vom Bw vom 01.02.2012 bis 28.02.2012 alleine bewohnt und stand der Bw in keinerlei Kontakt zu den anderen Mietern des Wohnhauses.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.3.2012, 301-12-2/1ASJF, wurde die mit Bescheid vom 9.2.2012 zuerkannte Leistung mit 29.2.2012 auf Grund des vom Bw vollzogenen Wohnortwechsels eingestellt.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs.1 Oö. BMSG erfolgt Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandard), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

Nach Absatz 2 dieser Bestimmung hat die Landesregierung per Verordnung

1. jährlich zum 01. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs.1 und

2. die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien

    gemäß Abs.3

festzusetzen.

 

Die Verordnung der Oö. Landesregierung über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungsverordnung – Oö BMSV) regelt im § 1 Abs.1 die Höhe der laufenden monatlichen Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes für

1. alleinstehende oder alleinerziehende Personen

2. volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben

3. unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben

4. dauerunterstützte Personen.

 

Nach § 13 Abs.5 Oö. BMSG ist bei der Berechnung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs grundsätzlich situationsbezogen auf die aktuelle Notlage im Monat der Hilfeleistung abzustellen. Im ersten und letzten Monat der Hilfeleistung ist eine tageweise Aliquotierung vorzunehmen.

 

5.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid dem Antrag des Bw auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs insoferne stattgegeben, als dem Bw der Mindeststandard gemäß § 1 Abs.1 Z2a Oö. BMSV zuerkannt wurde.

Die belangte Behörde ist sohin davon ausgegangen, dass der Bw unter der Adresse H, L in Haushaltsgemeinschaft lebe.

Hiezu ist auszuführen, dass das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft nach Kriterien zu beurteilen ist, die der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 26.09.2011, 2009/10/0265, definiert hat. Demnach besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Es kommt regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an, wobei der Wirtschaftsgemeinschaft nach der Rechtsprechung überragende Bedeutung zukommt.  "Wirtschaftsgemeinschaft" bedeutet, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen.

Der in diesem Erkenntnis verwendete Begriff "Wirtschaftsgemeinschaft" deckt sich weitgehend mit dem nunmehr im Oö. BMSV verwendeten Begriff "Haushaltsgemeinschaft". So ergibt sich aus dem Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich erlassen wird, Beilage 434/2011 zu § 6, das Ausgangspunkt und primärer Maßstab für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die soziale Notlage - ein Begriff, der aus § 7 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 übernommen wurde – ist. Durch Abs.1 wird deutlich gemacht, dass soziale Notlagen jeweils auf der Ebene eines Haushalts betrachtet werden. Das führt u.a. zum Ergebnis, dass in einem Mindestsicherungsverfahren eine allfällige soziale Notlage von Familienangehörigen, die in anderen Haushalten leben, keine Berücksichtigung finden kann, sondern nach Maßgabe der Problemstellung und der Ressourcen in deren Haushalt zu beurteilen ist.

Die Definitionen des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes folgen der Systematik der Artikel 15a B-VG Vereinbarung, bringen aber inhaltlich keine Änderungen im Vergleich mit der bestehenden Rechtslage mit sich.

 

Damit ist klargestellt, dass der Begriff der "Haushaltsgemeinschaft" sich an der Judikatur zum Oö. SHG 1998 orientiert und nach den bereits festgelegten Kriterien zur Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zu prüfen ist.

Ausgehend von der oben genannten Definition der Wirtschaftsgemeinschaft, welche gleichbedeutend mit Haushaltsgemeinschaft ist, kann im gegenständlichen Fall bei der vom Bw im Februar gewählten Wohnsituation nicht von einer Person gesprochen werden, die in Haushaltsgemeinschaft lebt, sondern ist – da nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren keine Merkmale der definierten Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen – von einer alleinstehenden Person auszugehen. Der Umstand, dass der Bw ein Zimmer angemietet hat, welches lediglich über Gemeinschaftsdusche sowie WC am Gang verfügt, die von mehreren Personen benützt wird, kann nicht dazu führen, dass diese Personen als in einem gemeinsamen Haushalt lebend gesehen werden, wenn sie ansonsten in keinerlei wirtschaftlichen oder sozialen Verbindungen stehen.

 

Soweit der Bw sich gegen die bei der Berechnung der gegenständlichen Leistung vorgenommene Aliquotierung wendet, ist dem § 13 Abs.5 Oö. BMSG entgegenzuhalten, wo eben diese Aliquotierung ausdrücklich vorgesehen ist.

 

Aus den oben angeführten Gründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

Festzuhalten ist, dass durch diese Entscheidung der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.3.2012, 301-12-2/1ASJF, nicht berührt wird.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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