Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166974/3/Zo/REI

Linz, 05.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau x, geb. x, x, x, vom 16.05.2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 23. April 2012, Zl. VerkR96-5825-2011 wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG, § 49 Abs.1 VStG sowie § 11 Abs.1 Zustellgesetz und

Artikel 10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. 1990/526

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch der Berufungswerberin vom 23.01.2012 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29.04.2011, Zl. VerkR96-5825-2011 als verspätet zurückgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin zusammengefasst aus, dass ihr die gegenständliche Strafverfügung entsprechend den vorliegenden Beweismitteln und Zustellpapieren nicht zugestellt worden sei. Es befinde sich kein Zustellnachweis bzw. Unterschrift von ihr oder einer zustellbevollmächtigten Person auf den Zustelldokumenten. Es sei lediglich vermerkt, dass die Postsendung nicht zugestellt werden konnte und deshalb hinterlegt worden sei. Eine tatsächliche Übernahme des Schriftstückes sei nicht erfolgt. Es habe sich um österreichische Amtspost gehandelt und RSa-Briefe seien nach ihrem Wissen nur dann gültig zugestellt, wenn das Schriftstück mit Übernahmebestätigung und Unterschrift entgegen genommen wurde. Die Behauptung der Behörde, dass sie die Strafverfügung entgegen genommen und erhalten habe, sei nicht richtig. Wenn dies der Fall gewesen wäre, so hätte sie fristgerecht Einspruch erhoben. Ihr Einspruch vom 23.01.2012 sei rechtzeitig, da sie eine Kopie der Strafverfügung von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen erst mit Schreiben vom 05.01.2012 übersandt bekommen habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Berufungswerberin ist Zulassungsbesitzerin des Pkw mit dem Kennzeichen x Der/die Lenker/in dieses Pkw hielt am 18.01.2011 um 13.07 Uhr auf der A8 bei km 38,295 eine mittels Radargerät gemessene Geschwindigkeit von 156 km/h ein.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen erließ daraufhin gegen die Berufungswerberin eine Strafverfügung vom 29.04.2011 wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung und versuchte vorerst, diese im Postweg zuzustellen. Dieser Zustellversuch erfolgte mit internationalem Rückschein und dem Vermerk "persönlich". Die Strafverfügung wurde mit dem Vermerk "nicht abgeholt" am 17.05.2011 von der deutschen Post an die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zurückgesendet. Diese stellte daraufhin ein Rechtshilfeersuchen iSd Amts- und Rechtshilfevertrages zwischen Deutschland und Österreich an die Regierung der Oberpfalz mit der Bitte, die Strafverfügung "durch die Post mit Postzustellungsurkunde - eigenhändig" zuzustellen. Von der Regierung der Oberpfalz wurde die Zustellung im Wege der Post veranlasst, wobei entsprechend der Zustellungsurkunde die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung nicht möglich war, weshalb der Postbedienstete das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt hatte. Dieser Vorgang erfolgte am 06.07.2011.

 

In weiterer Folge wurde der Strafbetrag von der nunmehrigen Berufungswerberin nicht bezahlt, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen mit Schreiben vom 03.11.2011 das Finanzamt Berchtesgaden-Laufen um Vollstreckungshilfe ersuchte. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen führte dabei an, dass die gegenständliche Strafverfügung vollstreckbar sei. Bereits vorher war die Berufungswerberin mit Schreiben vom 30.07.2011 gemahnt worden.

 

Die Berufungswerberin erhielt vom Finanzamt Laufen eine "Zahlungsaufforderung" und nach ihren eigenen Angaben die Mitteilung, dass eine Strafverfügung bestehe. Diese sei ihr jedoch vom Finanzamt nicht zugestellt worden. Es liege ihr weder ein Bescheid noch eine Lenkerauskunft betreffend eine Verkehrsverfehlung vor, weshalb sie die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen um entsprechende Übermittlung ersuchte. Von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wurde ihr daraufhin eine Kopie der Strafverfügung mit Schreiben vom 05.01.2012 zur Kenntnis gebracht, darin führte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen aus, dass ihrer Ansicht nach die Zustellung der Strafverfügung bereits am 06.07.2011 im Wege der Amtshilfe durch die Regierung der Oberpfalz erfolgt sei.

 

Die Berufungswerberin führte dazu aus, dass sie die gegenständliche Strafverfügung am 20.01.2012 erhalten habe. Sie erhob dagegen Einspruch mit der Begründung, dass weder ein Foto über die rechtmäßige Messung noch die Feststellung des Lenkers sowie ein Nachweis (Unterschrift) über den Erhalt der Strafverfügung vorgelegt wurde.

 

Mit Schreiben vom 12.03.2012 teilte die Berufungswerberin mit, dass sich auf dem Zustellnachweis weder ihre Unterschrift noch die eines Familienangehörigen befinde und sie deshalb die Strafverfügung auch nicht entgegen genommen habe. Sie habe erstmals mit Zusendung der Kopie von der angeblichen Verwaltungsübertretung erfahren, weshalb ihr Einspruch (sowie auch die Verjährung) maßgeblich sei. Auf den Hinweis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, wonach diese von der ordnungsgemäßen Zustellung am 06.07.2011 ausgehe, reagierte sie dahingehend, dass der gesetzlich vorgeschriebenen Zustellnachweis fehle und lediglich ein Zustellversuch des Postbediensteten stattgefunden habe. Es fehle jeglicher Nachweis einer ordnungsgemäßen Zustellung.

 

Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 48 Abs.2 VStG sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen 2 Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Gemäß § 11 Abs.1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Gemäß Artikel 10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. 1990/526, werden Schriftstücke (auch) im Verwaltungsstrafverfahren unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Verwendungsformen "eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

Gemäß Artikel 3 des angeführten Vertrages wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet.

 

Die Zustellung ist daher nach den maßgeblichen deutschen Vorschriften zu beurteilen. Das Bayerische Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) lautet auszugsweise wie folgt:

 

Artikel 1 Abs.1:

Die Behörden des Freistaates Bayern und die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die unmittelbar oder mittelbar seiner Aufsicht unterstehen (Behörden), stellen nach den Vorschriften dieses Hauptteils zu.

 

Artikel 3 Abs.1:

Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

 

Artikel 3 Abs.2:

Für die Ausführung des Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs.1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichtes, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat.

 

Die entsprechenden Bestimmungen der (deutschen) Zivilprozessordnung lauten wie folgt:

 

§ 178 Abs.1:

Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1) in der Wohnung einem Erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,

2) in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,

3) in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

 

§ 180:

Ist die Zustellung nach § 178 Abs.1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet sind. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall konnte eine Zustellung unmittelbar durch die Post nicht bewirkt werden, weil die Berufungswerberin die Strafverfügung nicht abgeholt hat. Die Behörde hat daher zutreffend gemäß Artikel 10 Abs.1 des Amts- und Rechtshilfevertrages die Zustellung im Rechtshilfeweg durch die für den Wohnsitz der Berufungswerberin zuständige Behörde, die Regierung der Oberpfalz, veranlasst, wobei im Rechtshilfeersuchen angeführt wurde, dass die Zustellung "durch die Post mit Postzustellungsurkunde – eigenhändig" erfolgen soll.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 18.03.1998, Zl. 96/03/0030, ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit der Zustellung nach den innerstaatlichen Vorschriften des ersuchten Staates zu beurteilen ist.  Aus dieser Entscheidung ergibt sich auch, dass die Zustellung von Strafverfügungen in Deutschland durch Niederlegung grundsätzlich möglich ist.

 

Die Regierung der Oberpfalz hat die Zustellung durch die Post mit Postzustellungsurkunde gemäß Artikel 3 des Bayrischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes veranlasst. Für diese Art der Zustellung gelten die   §§ 177 bis 182 der deutschen ZPO entsprechend. § 178 dZPO sieht die Ersatzzustellung an erwachsene Familienangehörige, ständige Mitbewohner oder in Geschäftsräumen beschäftigte Personen vor, wenn der Empfänger nicht angetroffen werden kann. Ist auch diese Ersatzzustellung nicht möglich, so sieht § 180 dZPO vor, dass das Schriftstück in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden kann. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt.

 

Entsprechend der im Akt befindlichen Zustellungsurkunde war die Übergabe der Strafverfügung an die Berufungswerberin in deren Wohnung nicht möglich, weshalb der Postbedienstete das Schriftstück in den Briefkasten eingelegt hatte. Damit erfolgte die Zustellung nach den anzuwendenden deutschen Vorschriften rechtmäßig.

 

Zu berücksichtigen ist noch § 48 Abs.2 VStG, wonach Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen sind. Die österreichischen Behörden, welche diese Bestimmung anzuwenden haben, sind daher verhalten, für eine eigenhändige Zustellung der Strafverfügung zu sorgen. Dieser Verpflichtung ist die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen  im gegenständlichen Fall insoweit nachgekommen, als sie auch in ihrem Rechtshilfeersuchen an die Regierung der Oberpfalz auf die Zustellform "eigenhändig" gesondert hingewiesen hat.

 

Weder im Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz noch in der deutschen Zivilprozessordnung ist jedoch eine eigenhändige Zustellung (im Sinn des österreichischen Zustellgesetzes) vorgesehen. Es stellt sich daher die Frage, wie Zustellungen in Deutschland zu beurteilen sind, welche zwar dem Rechtshilfevertrag mit Deutschland und den deutschen Zustellvorschriften entsprechen, nicht jedoch der Vorschrift des § 48 Abs.2 VStG (eigenhändig). Würde man – so wie die Berufungswerberin – davon ausgehen, dass in derartigen Fällen nur die tatsächliche Zustellung an den Empfänger wirksam wäre, so könnte die Zustellung eines derartigen Schriftstückes in Deutschland gegen den Willen des Empfängers nicht wirksam durchgesetzt werden, weil – wie oben dargestellt – die deutsche Rechtslage diese Form der Zustellung nicht kennt. Allenfalls käme eine Heilung des Zustellmangels zu jenem Zeitpunkt in Betracht, an dem das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zukommt. Jedenfalls hätte aber – würde diese Rechtsansicht zutreffen – der Empfänger immer die Möglichkeit, eine wirksame Zustellung zu verhindern, weil eine persönliche Übernahme des Schriftstückes gegen seinen Willen durch deutsche Zustellorgane nicht durchgesetzt werden könnte.

 

Sowohl der österreichische als auch der deutsche Gesetzgeber wollten derartige Konsequenzen offenbar vermeiden, wie sich aus den Regelungen betreffend die Ersatzzustellung im österreichischen Zustellgesetz  sowie aus den angeführten Bestimmungen der deutschen Zivilprozessordnung ergibt.  Mit dem Abschluss des Amts- und Rechtshilfevertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1990 war beabsichtigt, die Zustellung von behördlichen Schriftstücken im jeweiligen Nachbarland zu erleichtern. Keinesfalls sollte mit diesem Vertrag die (eigenhändige) Zustellung von Strafverfügungen gegen den Willen des Adressaten unmöglich gemacht werden.

 

Bei der Zustellung von Strafverfügungen in Deutschland im Rechtshilfeweg hat daher die österreichische Behörde sowohl bei der Zustellung durch die Post als auch (falls diese erfolglos war) beim  Ersuchen an die Rechtshilfebehörde auf das österreichische Erfordernis der eigenhändigen Zustellung hinzuweisen. Die Rechtshilfebehörde hat dann nach ihren nationalen Zustellvorschriften (im konkreten also der deutschen Zivilprozessordnung) vorzugehen. Dies ist im gegenständlichen Fall erfolgt, weshalb die Strafverfügung bereits am 06.07.2011 ordnungsgemäß zugestellt wurde und der Einspruch der Berufungswerberin daher bei weitem verspätet war.

 

Sollte die Berufungswerberin die am 06.07.2011 in ihren Briefkasten eingelegte Strafverfügung tatsächlich nicht erhalten haben (sie hat dies ohnedies nie konkret behauptet sondern lediglich auf den fehlenden Zustellnachweis hingewiesen), so hätte sie die Möglichkeit gehabt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Diese Möglichkeit ist sowohl in den österreichischen Verfahrensvorschriften als auch in der deutschen ZPO vorgesehen. Die Berufungswerberin hat nach ihren eigenen Angaben am 20.01.2012 von der Strafverfügung sowie deren Zustellung am 6.7.2011 erfahren. Die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag hat daher bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen und ist bereits seit langem abgelaufen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

VwSen-166974/3/Zo/REI vom 5. Juli 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

VStG §48 Abs2;

Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen Art10 Abs1;

Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen Art3

 

 

Strafverfügungen sind gemäß § 48 Abs 2 VStG zu eigenen Handen zu zustellen. Entsprechend Art 10 Abs 1 des Amts- und Rechtshilfevertrages ist daher als erster Schritt die Zustellung unmittelbar durch die Post als eingeschriebener Brief mit der besonderen Verwendungsform "eigenhändig" und "Rückschein" durchzuführen.

 

Ist dieser Zustellversuch erfolglos, weil die Strafverfügung vom Adressaten nicht abgeholt oder nicht angenommen wurde, ist in weiterer Folge die Zustellung im Rechtshilfeweg zu veranlassen. Auch in diesem Rechtshilfeersuchen ist auf das (österreichische) Erfordernis der eigenhändigen Zustellung hinzuweisen. Die Rechtshilfebehörde in Deutschland hat dann entsprechend Art 3 des Amts- und Rechtshilfevertrages die Zustellung nach dem Recht des ersuchten Staates (also nach deutschem Recht) durchzuführen.

 

Die Zustellung ist für Bayern im bayrischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz geregelt, welches im wesentlichen auf die deutsche Zivilprozessordnung verweist.

 

Die deutschen Zustellregeln kennen den Begriff der eigenhändigen Zustellung (im Sinne des österreichischen Zustellgesetzes) nicht. Ist eine Zustellung an den Adressaten (bzw an bestimmte Ersatzempfänger) nicht möglich, so kann das Schriftstück gemäß § 180 dzpo in einen zur Wohnung oder den Geschäftsraum gehörenden Briefkasten eingelegt werden. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt.

 

Da die Zustellung der Strafverfügung im Rechtshilfeweg nach den deutschen Zustellvorschriften zu beurteilen ist, gilt auch die Zustellung einer Strafverfügung durch Einlegen in den Briefkasten (§ 180 dzpo) als ordnungsgemäße Zustellung der Strafverfügung. Das Erfordernis der eigenhändigen Zustellung nach § 48 Abs 2 VStG tritt in diesem Fall hinter die deutschen Zustellvorschriften zurück, weil es ansonsten der deutsche Empfänger in der Hand hätte, die Zustellung einer österreichischen Strafverfügung unmöglich zu machen, indem er die persönliche Übernahme des Schriftstückes verweigert. Ein derartiges Ergebnis würde jedoch dem Sinn des Amts- und Rechtshilfevertrages widersprechen, der gerade deshalb abgeschlossen wurde, um (unter anderem auch) Zustellungen im jeweiligen Nachbarstaat zu erleichtern.

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum