Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301250/2/Gf/Rt

Linz, 19.06.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des W A, vertreten durch den RA Dr. E P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 7. Mai 2012, Zl. Pol96-140-2011-No, wegen einer Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 7. Mai 2012, Zl. Pol96-140-2011-No, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro) verhängt, weil er am 27.9.2011 als Aufsichtsperson über zwei Hunde nicht verhindert habe, dass diese einen anderen Hund und deren Besitzerin über ein zumutbares Maß hinaus belästigt hätten. Dadurch habe er eine Übertretung des § 3 Abs. 2 Z. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes, LGBl.Nr. 147/2002 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 124/2006 (im Folgenden: OöHundeHG), begangen, weshalb er nach § 15 Abs. 1 Z. 2 OöHundeHG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diese dem Rechtsmittelwerber angelastete Übertretung auf Grund der glaubwürdigen Anzeige der Besitzerin des fremden Hundes als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 1.500 Euro, keine Sorgepflichten, keine Schulden, kein Vermögen).   

 

1.2. Gegen dieses ihm am 11. Mai 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25. Mai 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber – auf das Wesentliche zusammengefasst – vor, dass es sich beim Aufeinandertreffen der drei Hunde, die auf der verfahrensgegenständlichen Freilauffläche jeweils nicht angeleint gewesen seien, bloß um ein natürliches Rangordnungsritual gehandelt habe, was schon daraus hervorgehe, dass allseits unbestritten keine Verletzungen entstanden seien. Außerdem sei dem Beschwerdeführer bezüglich der von ihm geführten Hunde keine Haltereigenschaft zugekommen, ganz abgesehen davon, dass aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses auch nicht hervorgehe, ob er wegen mangelnder Beaufsichtigung oder wegen mangelnder Führung der Hunde bestraft werden sollte. Schließlich treffe ihn auch insoweit kein Verschulden, als er ohnehin – wenngleich letztlich erfolglos – versucht habe, seine Hunde an den Halsketten festzuhalten.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. Pol96-140-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 15 Abs. 2 OöHundeHG mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen, der einen Hund nicht derart beaufsichtigt, verwahrt oder führt, dass Menschen und Tiere über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden.

 

3.2. Nach den Gesetzesmaterialien zum OöHundeHG (vgl. dazu Blg 1548/2002 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtags, 25. GP) ist als "Halter" i.S.d. § 1 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG diejenige Person anzusehen, die das Tier dauernd in Gewahrsam hat, die Herrschaft über das Tier ausübt und somit regelmäßig sein Verhalten erzwingen kann, also diejenige Person, die im eigenen Namen darüber zu entscheiden hat, wie das Tier zu verwahren und zu beaufsichtigen ist.

 

Von diesem engeren Begriff ist jedoch das Halten eines Hundes i.S. der Strafbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 2 OöHundeHG zu unterscheiden, wonach – wie sich aus dem expliziten Verweis auf § 3 Abs. 2 OöHundeHG ergibt – unter "Halten" in einem weiteren Sinn auch ein "Beaufsichtigen", "Verwahren" oder "Führen" zu verstehen ist.

 

Davon ausgehend war die dem Rechtsmittelwerber, der es – was auch von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt wurde – zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt übernommen hatte, den Hund seiner Tochter sowie jenen seines Schwiegersohnes in Verwahrung zu nehmen, von der belangten Behörde angelastete Übertretung des § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG sohin auch zurechenbar.

 

3.3. Allerdings blieb auch allseits unbestritten – und wurde dies zudem auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses explizit zum Ausdruck gebracht –,  dass der Beschwerdeführer versuchte, seine beiden Hunde jeweils "an deren Halsketten ..... festzuhalten".

 

Der Umstand, dass ihm dies letztlich misslungen ist, kann ihm aber gerade angesichts dessen, dass am Vorfallsort keine Leinenpflicht bestand, aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht nicht als Fahrlässigkeit und damit auch nicht als ein Verschulden angerechnet werden (sondern vermag allenfalls einen Ersatzanspruch auf Grund einer zivilrechtlichen Gefährdungshaftung zu begründen).

 

Mangels Verschulden kommt aber eine Strafbarkeit des Rechtsmittelwerbers schon von vornherein nicht in Betracht.

 

3.4. Davon ausgehend war daher der vorliegenden Berufung nach § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

VwSen-301250/2/Gf/Rt vom 18. Juni 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Oö. Hundehaltegesetz 2002 §1 Abs2 Z2;

Oö. Hundehaltegesetz 2002 §3 Abs2 Z2;

Oö. Hundehaltegesetz 2002 §15 Abs1 Z2

 

Nach den Gesetzesmaterialien zum Oö. HundehalteG (vgl dazu AB 1548 BlgLT 25. GP) ist als "Halter" diejenige Person anzusehen, die das Tier dauernd in Gewahrsam hat, die Herrschaft über das Tier ausübt und somit regelmäßig sein Verhalten erzwingen kann, also diejenige Person, die im eigenen Namen darüber zu entscheiden hat, wie das Tier zu verwahren und zu beaufsichtigen ist.

 

Von diesem engeren Begriff ist jedoch das Halten eines Hundes iS der Strafbestimmung des § 15 Abs 1 Z 2 Oö. HundehalteG zu unterscheiden, wonach – wie sich aus dem expliziten Verweis auf § 3 Abs 2 Oö. HundehalteG ergibt – unter einem "Halten" in einem weiteren Sinn auch ein "Beaufsichtigen", "Verwahren" oder "Führen" zu verstehen ist. Davon ausgehend war die dem Rechtsmittelwerber, der es übernommen hatte, die Hunde seiner Verwandten in Verwahrung zu nehmen, von der belangten Behörde angelastete Übertretung des § 3 Abs 2 Z 2 Oö. HundehalteG sohin auch zurechenbar.

 

Es ist kein Verschulden gegeben, wenn der Beschwerdeführer – wovon auch die Behörde ausgegangen ist – versuchte, seine beiden Hunde jeweils "an deren Halsketten ... festzuhalten". Denn der Umstand, dass ihm dies letztlich misslungen ist, kann ihm gerade angesichts dessen, dass am Vorfallsort keine Leinenpflicht bestand, aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht nicht als Fahrlässigkeit angelastet werden (sondern vermag allenfalls einen Ersatzanspruch auf Grund einer zivilrechtlichen Gefährdungshaftung zu begründen).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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