Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522998/12/Fra/CG

Linz, 04.07.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, x, x vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. September 2011, VerkR21-656-2010/WI, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat x (im folgenden: Bw) mit Bescheid vom 30. September 2011, GZ: VerkR21-656-2010/WI,

1)    die ausländische Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von      16 (sechzehn) Monaten, gerechnet ab 2.12.2010 (Zustellung des          Mandatsbescheides), entzogen,

 

2)    verpflichtet, sich auf seine Kosten einer Nachschulung bei einer vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen,

 

3)    verpflichtet, ein amtsärztliches Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen,

 

4)    während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges verboten, und

 

5)    während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines Motorfahrrades verboten.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Vertreter des Berufungswerbers am 14. Oktober 2011 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitig – bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck –  eingebrachte Berufung vom 28. Oktober 2011.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21. Mai 2012 erwogen:

 

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt liegt dieser Entscheidung zu Grunde:

 

Der Bw hat sich am 4. Oktober 2010 um 8.15 Uhr in x, x (x), nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass er am 4.10.2010 um 7.50 Uhr in der Gemeinde Regau, Gemeindestraße Ortsgebiet, Regau Nr. x (öffentlicher Parkplatz x), öffentlicher Parkplatz x, Regau x, 4844 Regau, das Fahrzeug Kennzeichen: x, PKW, x, x, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 3. Jänner 2012, VerkR96-21594-2010/WI, über den Bw wegen dieses Vorfalles einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b in Verbindung mit § 5 Abs.2 StVO 1960 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von 2.000,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 11. Juni 2012, Zahl VwSen-166632/14/Fra/REI/CG, als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung bestätigt. Dieses Straferkenntnis ist sohin in Rechtskraft erwachsen.

 

Dem Bw wurde außerdem die Lenkberechtigung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20. Oktober 2008, VerkR21-703-2008/VB, auf sieben Monate, gerechnet ab 21.09.2008 bis einschließlich 21.04.2009, entzogen, weil er ebenfalls im alkoholisierten Zustand (2,02 Promille Blutalkoholkonzentration) am 21.09.2008 ein Kraftfahrzeug gelenkt und einen Verkehrsunfall verschuldet hatte.

 

Lt. Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck vom 21.12.2010, GZ: A1/31606/01/2010, lenkte der Bw am 20.12.2010 um 13.00 Uhr das Fahrzeug, Kennzeichen: x, auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse war, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, da ihm diese mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30.11.2010, GZ: VerkR21-656-2010, entzogen wurde.

 

Lt. Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck vom 26.06.2011, GZ: A1/16199/01/2011, lenkte der Bw am 23.06.2011 um 10.20 Uhr das Kraftfahrzeug, Kennzeichen: x, auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, war, da ihm diese mit oa. Bescheid entzogen wurde.

 

4.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.2.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z.2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z.2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigen Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z.1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl.Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z.6 lit.a FSG ferner auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klasse von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in der Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen:

1)    wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2)    wegen einer zweiten in § 7 Abs.3 Z.4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3)    wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960.

 

Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß

§ 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z.2 FSG ist für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

4.2.2. Der Bw hat am 4. Oktober 2010 beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen. Bei erstmaliger Begehung eines solchen Deliktes ist gemäß § 26 Abs.2 Z.1 StVO 1960 die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Dem Bw wurde zudem mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.10.2008, VerkR21-703-2008, die Lenkberechtigung auf sieben Monate entzogen, da er ebenfalls in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (2,02 Promille Blutalkoholkonzentration) am 21.09.2008 ein Kraftfahrzeug gelenkt und einen Verkehrsunfall verschuldet hat.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z.2 FSG ist die Lenkberechtigung auf mindestens 12 Monate zu entziehen, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wurde.

 

Zudem hat der Bw zwei die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden Tatsachen gesetzt, in dem er am 20.12.2010 um 13.00 Uhr und am 23.06.2011 um 10.20 Uhr jeweils ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt hat.

 

Gemäß § 25 Abs.3 erster Satz FSG resultiert daraus jeweils eine Mindestentziehungsdauer von 3 Monaten.

 

Sämtliche Tatsachen sind gemäß § 7 Abs.4 FSG einer Wertung zu unterziehen.

 

Vorerst ist festzustellen, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit zählt und als besonders gefährlich und verwerflich anzusehen ist. Der Berufungswerber hat am 4. Oktober 2010 beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen. Als besonders nachteilig im Rahmen der Wertung ist zu berücksichtigen, dass der Bw rd. 2 Jahre davor ebenfalls ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,02 Promille gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall verschuldet hat. Entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde ist auch das jeweilige Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung am 20.12.2010 und am 23.06.2011 zu berücksichtigen, weil alle bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides verwirklichten Tatsachen (d.h. auch alle, die während des Entziehungsverfahrens verwirklicht wurden) und die eine der Eignungsvoraussetzungen betreffen, im Bescheid zu berücksichtigen sind.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vermag damit – als Ergebnis der vorgenommenen Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG – rückblickend betrachtet keine günstigere Prognose für den Berufungswerber hinsichtlich der wiedererlangten  Verkehrszuverlässigkeit zu stellen, als die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im verfahrensgegenständlichen Bescheid. Es bedurfte daher der verfügten Entziehungsdauer. Eine kürzere Entziehungsdauer hätte nicht ausgereicht, um dem Berufungswerber die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit seiner Handlungen klar vor Augen zu führen. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die belangte Behörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eine Ausfertigung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. November 2011, VerkR21-361-2011, übermittelt hat. Aus diesem geht hervor, dass dem Bw die Lenkberechtigung für einen Zeitraum von 24 Monaten, gerechnet ab 03.04.2012 bis einschließlich 04.11.2013 entzogen wurde, weil er neuerlich am 04.11.2011 ein Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichen Verkehr im alkoholbeeinträchtigten Zustand (0,56 mg/l Atemluftalkoholgehalt) gelenkt hat.

 

Der gegenständlichen Berufung konnte daher kein Erfolg beschieden werden.

 

Berufliche, wirtschaftliche, persönliche oder familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche möglicherweise mit der Entziehung der Lenkberechtigung unter Anordnung der weiteren Maßnahmen verbunden sind, rechtfertigten nach verwaltungsgerichtlicher Rechtssprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der Verkehrssicherheit und damit zum Schutze der Allgemeinheit im Straßenverkehr vor verkehrsunzuverlässigen Personen ist bei der Festsetzung der Entziehungsdauer auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen.

 

Die im verfahrensgegenständlichen Bescheid überdies verfügten Maßnahmen der Anordnung der Nachschulung für alkoholauffällige Lenker, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sind bei dem vorgelegenen Alkoholisierungsgrad gesetzlich zwingend im § 24 Abs.3 FSG vorgeschriebenen und stehen daher nicht zur behördlichen Disposition.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum