Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523196/2/Bi/Kr

Linz, 10.07.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X, vom 6. Juni 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22. Mai 2012, VerkR21-758-2011, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Auflagen und Befristung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Ausspruchs einer Befristung auf ein Jahr und der Auflagen von vier ärztlichen Kontrolluntersuchungen (Harnbefund auf Suchtmittel und Blutbefund auf CDT) sowie der Anordnung der unverzüglichen Abgabe des Führerscheins und Antrag auf Ausstellung eines Scheckkartenführerscheins behoben.  

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.5, 8 und 24 Abs.1 Z2 FSG die von der BH Gmunden am
8. Mai 2012, FS-Zl.08172144, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung aufgrund des amtsärztliche Gutachtens vom 28. Februar 2012 befristet bis
28. Februar 2013 und unter folgenden Auflagen erteilt: "4 ärztliche Kontrollunter­suchungen betreffend Harnbefund auf Suchtmittel (Drogenscreening) und betreffend Blutbefund auf CDT innerhalb von drei Tagen nach Aufforderung durch die Behörde in der Sanitätsabteilung der BH Gmunden (Beobachtungszeitraum 28.2.2012-28.2.2013)". Weiters wurde dem Bw aufgetragen, seinen derzeitigen Führerschein unverzüglich bei der BH Gmunden abzugeben und die Ausstellung eines neuen Scheckkartenführerscheins zu beantragen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 23. Mai 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht nach Kenntnis des amtsärztliche Gutachtens gemäß § 8 FSG im Wesentlichen geltend, es sei nicht richtig, dass er insgesamt 4 Führer­schein­entzüge wegen Alkohol habe; nur der erste vom 30.11.1994 bis 30.4.1995 sei ein solcher wegen Übertretung der entsprechenden Bestimmung gewesen, die anderen seien Entzüge wegen Verweigerung der Atemluftuntersuchung. Ihm sei aber die Vorlage der Leberwerte dreimonatlich aufgetragen worden, dem sei er nachgekommen und die Werte seien nicht überschritten gewesen. Der letzte Entzug wegen Verweigerung der Atemluftuntersuchung sei im Übrigen über sechs Jahre her. So lang zurückliegende Entzüge seien seines Erachtens nicht mehr für die Beurteilung einer angeblich aktuellen Verkehrsunzuverlässigkeit heranzuziehen.

Eine weitere genannte Verweigerung der Atemluftuntersuchung sei eine Kontrolle, bei der er mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sei. Er habe gemeint, als Radfahrer sei eine solche Aufforderung nicht rechtsgültig und der Beamte habe dann nicht mehr darauf bestanden. Er habe die geringe Geldstrafe bezahlt. Bei den genannten Verkehrsunfällen handle es sich um Bagatelldelikte. Die verkehrspsychologische Stellungnahme Dris X zeige auch eindeutig, dass seine kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit gegeben sei. Ihm werde im Gutachten eine stabile und ausreichend selbst-kontrollierte Persönlichkeit ohne Neigung zu risikoreichem Verhalten im Straßenverkehr attestiert. Im ange­fochtenen Bescheid werde auch zitiert, er habe in seiner Schulzeit "einmal wöchentlich Cannabis konsumiert"; seine Schulzeit liege 12 Jahre zurück. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, warum er sich nun wieder ärztlichen Kontroll­untersuchungen unterziehen müsse. Das Gutachten Dris X sei für ihn nícht nachvollziehbar. Dessen "Untersuchung" habe nur wenige Minuten gedauert und die Begründung sei eine nicht nachvollziehbare Scheinbegründung. Beantragt wird Bescheidbehebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus dem Führerscheinregister lässt sich ersehen, dass dem Bw zwar in den Jahren 1994, 1996, 2003 und 2005 die Lenkberechtigung wegen Alkohol entzogen wurde, jedoch endete der letzte am 23. April 2006. Nach Durchlaufen der üblichen Befristungen wurde dem Bw 2007 eine uneingeschränkte Lenk­berechtigung ausgestellt.

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt lässt sich ersehen, dass der Bw

·         am 5. Oktober 2009, 23.33 Uhr, in Bad Goisern, B145 bei km 69.4, FR Bad Aussee, an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden (2 Leitpflöcke) ursächlich beteiligt war und den Unfall nicht bei der nächsten Polizei­dienststelle meldete (Strafverfügung 6.11.2009, VerkR96-10645-2009),

·         am 23. März 2011 gegen 23.00 Uhr als Lenker des Pkw X an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden (Lärmschutzwand) ursächlich beteiligt war und den Unfall nicht bei der nächsten Polizeidienststelle meldete (Strafverfügung 21.7.2011, VerkR96-22244-2011),

·         am 29. Mai 2011, 9.59 Uhr, in Ohlsdorf, A1 bei km 217.638, FR Wien, als Lenker des Pkw X die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 23 km/h überschritt (Strafverfügung 17.8.2011, VerkR96-24730-2011),

·         am 7. Juli 2011 um 1.10 Uhr als Radfahrer in Bad Goisern auf der B145, km 69.3, liegend angetroffen wurde und Alkoholisierungsmerkmale aufwies, sodass er wegen des Verdachts des Lenkens des Fahrrades in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu einem Alkotest aufgefordert wurde, den er aber verweigerte (Straferkenntnis 2.8.2011, VerkR96-22121-2011),

·         am "28.8.2011 bis 29.8.2011" als Lenker des Pkw X in Bad Goisern, Parkplatz BG Mitte, an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden (Wetterstation) ursächlich beteiligt war und weder sofort sein Fahrzeug anhielt noch die nächste Polizeidienststelle verständigte (Straf­verfügung 29.10.2011, VerkR96-41677-2011),

·         am 13. Februar 2012, 18.31 Uhr, in Bad Ischl, Grazer Straße 27b, FR stadteinwärts, als Lenker des Pkw X die zulässige Höchst­geschwindig­keit von 30 km/h um 14 km/h überschritt (Strafverfügung 3.5.2012, VerkR96-12868-2012),

 

Bereits im Oktober 2011 war seitens der PI Bad Goisern an die Erstinstanz die Meldung wegen verschiedener "Verkehrsunfälle mit Fahrerflucht zwischen 2008 und 2011" mit Antrag auf "Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit" ergangen. Dabei war außerdem noch angeführt die Meldung der PI Bad Goisern an die BH Gmunden wegen des Vorfalls am 5. Oktober 2009, 23.50 Uhr in Bad Goisern, B145 bei km 69.5, als beim Bw 15,6 g Cannabisharz gefunden worden war – von einem Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges war keine Rede und laut Gutachten gemäß § 8 FSG Dris X vom 14. Juli 2010 fand sich aus vorgelegten Befunden kein Hinweis auf einen Suchtmittel- oder Alkoholabusus, sodass er den Bw für geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Klassen A und B) befand.

 

Dem rechtskräftigen Bescheid der BH Gmunden vom 13. Dezember 2011, VerkR21-758-2011, mit der Anordnung, sich binnen zwei Wochen ab Zustellung gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen und etwaige für die Erstattung des Gutachtens erforderliche Befunde binnen vier Wochen nach der Untersuchung zu erbringen (Zustellung des Bescheides 15.12.2011), leistete der Bw Folge und legte auch, wie vom Amtsarzt am 28. Dezember 2011 verlangt, die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 23. Februar 2012 vor, aus der sich ergibt, dass beim Bw die "kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit gegeben" ist, während "eine Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten derzeit lediglich in eingeschränktem Bereich angenommen werden kann". Der Bw sei daher zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Klassen A und B, derzeit "mit zeitlicher Befristung geeignet" mit folgender Begründung: "Im Persönlichkeitsbild zeigt sich eine psychisch stabile und ausreichend selbst­kontrollierte Persönlichkeit ohne Neigung zu risikoreichem Verhalten im Straßen­verkehr. Einstellungen hinsichtlich verkehrs­auf­fälligen Verhaltens können verfahrensmäßig als gut angepasst bezeichnet werden. Demgegenüber war eine höchst auffällige Vorgeschichte fassbar. Herr X konnte bezüglich seiner wieder­holten Verstöße gegen die verkehrsrechtlichen Vorschriften eine beginnende Einsicht in sein Fehlverhalten vermitteln. Im Hinblick auf alkoholisierte Verkehrs­teilnahme war ein hinreichendes Gefahren­bewusstsein fassbar. In Bezug auf seinen früheren Drogenkonsum waren eine distanzierte Haltung sowie eine Verhaltens­änderung (angegebene Drogen­abstinenz seit 2009) fassbar. Hinsichtlich seines früheren höchst auffälligen Trinkverhaltens zeigte sich Herr X problembewusst. Er konnte darlegen, eine Alkoholkonsumreduktion eingeleitet zu haben und deren Folgen als positiv zu erleben. Vor dem Hintergrund der erhobenen Daten ist die Einhaltung seiner angegebenen Verhaltensänderung, besser noch die Einleitung einer Alkohol­karenz für sein zukünftiges sicheres Verhalten im Straßenverkehr als unerlässlich anzusehen. ... Es wird empfohlen, die Lenkberechtigung lediglich zeitlich befristet wiederzuerteilen, wobei die Befristung von der dauerhaften Beibehaltung seiner Drogenfreiheit, seiner angegebenen Alkoholkonsumreduktion sowie unauffälligen Verhaltens innerhalb und außerhalb des Straßenverkehrs abhängen sollte."

 

Laut amtsärztlichem Gutachten Dris X vom 28. Februar 2012 ist der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Klassen A und B, befristet  geeignet mit Nachuntersuchung in einem Jahr mit negativen CDT und Harn­screening dreimonatlich. Begründet wurde dies mit "eingeschränkte Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, Zustand nach jahrelangem rez. Alkohol- und Suchtgift­abusus, fragliche Persönlichkeitsstörung, bei neuerlichen Verkehrs­verstößen wäre auch eine psychiatrische Begutachtung erforderlich, eine externe Kontrolle des Trinkverhaltens und bezüglich Konsum illegaler Substanzen erscheint unbedingt notwendig, durch jahrelangen Gebrauch von legalen und illegalen Substanzen muss von einer erhöhten Rückfallgefährdung ausgegangen werden, es sollten auch unangekündigte Probenabgaben erfolgen."

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzu­schränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhalts­feststellungen darüber, dass die gesund­heitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl VwGH 16.9.2008, 2008/11/0091; 15.9.2009, 2009/11/0084).

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in diesem Sinne anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhen­der konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesund­heitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Die – als Teil der gesundheitlichen Eignung eines Inhabers einer Lenk­berechtigung zu verstehende – Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wird in der FSG-GV nicht definiert, aus § 17 Abs.1 zweiter Satz FSG-GV ergibt sich aber hinlänglich, dass von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden kann, bei dem es zu relativ schwer wiegenden Verstößen gegen straßen­verkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist oder das bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu mehreren Vorentziehungen geführt hat. Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung kommt es hingegen nicht darauf an, ob der Betreffende völlig alkoholabstinent ist, sondern darauf, ob die Ergebnisse einer verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen (vgl E 24.11.2005, 2005/11/0148).

 

Die letzte Entziehung der Lenkberechtigung des Bw wegen Alkohol war vom 23.4.2005 bis 23.4.2006, dh vor mehr als fünf Jahren; danach erfolgten zwei Wiedererteilungen.

Das letzte Alkoholdelikt – dazu gehören alle Verstöße gegen die Alkohol­bestimmungen, also auch Alkotestverweigerungen – hat der Bw am 11. Juli 2011 begangen, wobei ihm aber die Lenkberechtigung nicht entzogen wurde, weil er als Radfahrer kein Kraftfahrzeug gelenkt und damit auch keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht hat. Damit war auch keine Anordnung gemäß § 24 Abs.3 FSG möglich. Die Aufforderung gemäß § 24 Abs.4 FSG vom Dezember 2011 kann darauf nicht gestützt werden, dh auch die im Gutachten gemäß § 8 FSG enthaltene Auflage der Beibringung von CDT-Werten lässt sich damit nicht begründen.

Die Verursachung zweier Verkehrsunfälle mit relativ geringen Sachschäden ohne anschließende Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle im Jahr 2011 ohne konkreten Hinweis auf Alkohol ist wie die beiden Geschwindigkeitsüber­schreitungen im "§ 99 Abs.3 lit.a StVO–Bereich" zwar kostenintensiv, jedoch nicht so schwer­wiegend, dass zwingend die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung anzuzweifeln wäre.  

 

Betrachtet man die Ausführungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom Februar 2012, so ergeben sich beim Bw einwandfreie kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeiten – die keinesfalls den Schluss auf eine zB krankheitsbedingte Verlangsamung zulassen – während sich die "im eingeschränkten Bereich anzunehmende" Bereitschaft zur Verkehrsanpassung trotz Hinweis auf eine "höchst auffällige Vorgeschichte" aus den sonstigen Ausführungen der Verkehrspsychologin nicht eindeutig ableiten lässt. Sie führt vielmehr aus, dass beim Bw Gefahrenbewusstsein vorhanden ist hinsichtlich Alkohol und Drogen und Verhaltensänderung im Sinne von problembewusster Konsum­reduktion, die bereits erfolgt ist: sie spricht von "Einhaltung der angegebenen Verhaltens­änderung", verlangt aber gleichzeitig – entgegen der VwGH-Recht­sprechung – "Alkoholabstinenz" und "empfiehlt" eine zeitliche Befristung im Sinne einer Kontrolle der Beibehaltung der Drogenfreiheit und des Alkoholkonsums auch "außerhalb des Straßenverkehrs" – damit schießt sie weit über das Ziel hinaus.

Der Amtsarzt stützt sich im Gutachten gemäß § 8 FSG ausschließlich auf diese Ausführungen, verweist für zukünftige Verstöße auf psychiatrische Begutachtung wegen "erhöhter" Rückfallgefährdung und attestiert sogar eine "fragliche Persönlich­keits­störung" – allerdings ohne Zugrundelegung etwaiger FA-Stellung­nahmen (die nur gemäß § 24 Abs.3 FSG aufzutragen gewesen wären).

 

Die in der verkehrspsychologische Stellungnahme im Sinne einer Verlaufs­kontrolle empfohlene ebenso wie im Gutachten gemäß § 8 FSG als Auflage übernommene zeitliche Befristung auf ein Jahr ist deshalb nicht begründbar, weil beim Bw keine Krankheit im Sinne der oben zitierten Judikatur festgestellt wurde und für eine solche auch keine Anhaltspunkte vorhanden sind. Aus Alkoholdelikten 1994, 1996, 2003, 2005 und 2011 ist schon wegen der großen zeitlichen Abstände kein "gehäufter Missbrauch von Alkohol" zu konstruieren. Der Umstand, dass der Bw nach eigenen Aussagen in seiner Schulzeit – er ist 1974 geboren – täglich Cannabis geraucht hat und bei ihm 2011 (nicht im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges) 15g Cannabisharz gefunden wurde, lässt in Verbindung mit den einwandfreien Einzelergebnissen der VPU (insbesondere durchschnittlichen Ergebnissen bei Arbeitstempo, Konzentration, Aufmerksamkeit, Reaktionssicherheit, relativer Belastbarkeit, visuellem Kurzzeitgedächtnis, Risikobereitschaft) auch nicht auf einen aktuellen relevanten Drogenmissbrauch schließen, sodass auch die Auflage von vier ankündigungs­losen Harnabgaben ins  Leere geht.

Aus der Sicht des UVS ist festzuhalten, dass beim Bw kein Hinweis auf das Vorliegen einer fortschreitenden Erkrankung im Sinne des § 3 Abs.5 FSG-GV besteht. Die letztlich im Hinblick auf die VwGH-Judikatur nicht schlüssig begrün­dete Empfehlung einer zeitlichen Befristung ist nach Auffassung des UVS in einem gesundheitsbezogenen Licht – und nicht als Folgen der Vorschreibung von Kontrolluntersuchungen gemäß § 2 Abs.1 letzter Satz FSG-GV – zu sehen. Die kritiklose Übernahme des Begriffes "Befristung" samt den damit verbundenen Folgen würde im ggst Fall der ständigen Rechtsprechung des VwGH eklatant widersprechen.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

VPU empfiehlt Befristung wegen "eingeschränkter Bereitschaft zur Verkehrsanpassung" -> kein Anlass für Kontrolluntersuchungen (CDT + Drogen) -> Aufhebung

 

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