Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166744/16/Sch/Eg

Linz, 10.07.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn Ing. F. H., geb. x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. Jänner 2012, Zl. VerkR96-10168-2011, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5. Juli 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3. des angefochtenen Straferkenntnisses insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 130 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt werden.
Im übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass bei Faktum 3. im Spruch des Straferkenntnisses die Wortfolge "um 50 km/h" zu entfallen hat.       

II.               Insoweit der Berufung teilweise Folge gegeben wurde (Faktum 3.), entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der diesbezügliche Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz wird mit 13 Euro bestimmt.
Im übrigen (Fakten 1. und 2.) hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von insgesamt 40 Euro (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. VerkR96-10168-2011, über Herrn Ing. F. H. wegen dreier Verwaltungsübertretungen nach der StVO 1960 folgende Verwaltungsstrafen verhängt:

Der Berufungswerber habe in Pucking, A25 Linzer Autobahn in Fahrtrichtung Linz bei km 2,100 (Delikt 1), bei km 1,700 (Delikt 2), bei km 1,000/Rampe 3 der A1 (Delikt 3), am 11. August 2011, 15:31 Uhr (Delikt 1), 15:32 Uhr (Delikt 2) und 15:33 Uhr (Delikt 3), Fahrzeug: Motorrad Suzuki, Kennzeichen x,

1.                die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 47 km/h überschritten und habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

2.                ein anderes Fahrzeug rechts anstatt links überholt, weshalb er eine Übertretung des § 15 Abs. 1 StVO 1960 begangen habe.

3.                die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 50 km/h überschritten und habe dadurch eine Übertretung nach § 52 lit. a Zif. 10a StVO begangen. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

 

Aus diesen Gründen wurden über den Berufungswerber nachstehende Strafen verhängt:

  1. 130 Euro Geldstrafe, 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 2d StVO 1960
  2. 70 Euro Geldstrafe, 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960
  3. 220 Euro Geldstrafe, 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 2d StVO 1960.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von insgesamt 42 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde in der die vom anzeigenden Polizeibeamten angefertigte Videoaufnahme Einsicht genommen. Der zur Verhandlung beigezogene verkehrstechnische Amtssachverständige hat hiebei die entsprechenden detaillierten fachlichen Erläuterungen geliefert. Auf der Aufzeichnung ist erkennbar, dass der Lenker des Polizeifahrzeuges bei der Nachfahrt offenkundig bemüht war, den Berufungswerber auf seinem Motorrad folgen zu können, was ihm allerdings nur teilweise gelang. In bestimmten Sequenzen der Aufzeichnung ist der Berufungswerber mit seinem Motorrad nicht mehr im Blickfeld, obwohl das Polizeifahrzeug laut Tachoaufzeichnung stellenweise eine Fahrgeschwindigkeit von über 200 km/h eingehalten hatte. Der Polizei gelang es erst nach einer Nachfahrtstrecke von etwa 6 km wieder auf den Berufungswerber direkt aufzuschließen und ihn anzuhalten, welcher Vorgang nicht mehr auf der Aufzeichnung zu sehen ist.

 

Schon die Einsichtnahme in die Videoaufzeichnung selbst lässt zwanglos erkennen, dass der Berufungswerber zumindest stellenweise eine weitaus höhere Fahrgeschwindigkeit als die erlaubten 130 km/h - später passierte er ein Autobahnteilstück mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h – eingehalten haben muss. Anders ist es nicht erklärlich, dass das Polizeifahrzeug auf eine derartig lange Fahrtstrecke nicht zum Berufungswerber aufschließen konnte, wenngleich auf der Aufnahme zeitweise auch andere Faktoren dafür verantwortlich sind, etwa der Umstand, dass vor dem Polizeifahrzeug streckenweise das eine oder andere langsamer fahrende Fahrzeug unterwegs war.

 

Abgesehen davon hat der verkehrstechnische Amtssachverständige aufgrund der Vorbegutachtung des Aktenvorganges die entsprechenden Berechnungen angestellt und ist zu der völlig nachvollziehbaren Aussage gekommen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung hinsichtlich Faktum 1. des Straferkenntnisses im Ausmaß von jedenfalls 47 km/h aus fachlicher Sicht zu stützen ist. Wenngleich der von der Erstbehörde im Straferkenntnis determinierte Tatort auf der A25 in Form des Kilometers 2,100 naturgemäß direkt auf dem Videofilm nicht verifiziert werden kann, muss hier festgehalten werden, dass unabhängig davon der Tatort in etwa diesem Streckenbereich gelegen sein muss. Schließlich ist auch hervorzuheben, dass Delikte im fließenden Verkehr einer ganz genauen Tatortfixierung nicht zugänglich sind, da sie ja während der Fahrt begangen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde liegt hier, im übrigen auch bezüglich der beiden anderen Fakten des Straferkenntnisses, jedenfalls eine ausreichende Tatzeit- und Tatortkonkretisierung vor, die den Berufungswerber zum einen davor schützt, wegen des gleichen Vorganges noch einmal belangt zu werden, und zum anderen gewährleistet, dass er in die Lage versetzt war, sich effizient zu verantworten.

 

4. Bezüglich Faktum 2. des Straferkenntnisses ist auf der Videoaufnahme zu sehen, dass der Berufungswerber vom linken auf den rechten Fahrstreifen wechselt, dann zwei linksseitig auf dem Fahrstreifen fahrende Pkw rechts überholt und im Anschluss daran wiederum nach links auf diesen Fahrstreifen wechselt, offenkundig angesichts dessen, dass vor ihm ein Lkw fährt, der seine sehr zügige Fahrt wohl gebremst hätte. Vor dem Berufungswerber ist auf der Aufzeichnung kein weiteres Fahrzeug – der erwähnte Lkw ausgenommen – zu sehen. Von einem erlaubten Rechtsüberholen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 29 StVO 1960, mit welchem sich der Berufungswerber verantwortet, kann nicht die Rede sein. Ein Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen, auch in unterschiedlicher Geschwindigkeit, auf Fahrbahnen mit mehr als einem Fahrstreifen, lag deshalb nicht vor, da dieses begrifflich voraussetzen würde, dass sowohl rechts als auch links Kolonnenverkehr herrscht, wobei sich die rechte Kolonne schneller bewegt als die linke. Im gegenständlichen Fall ist die Sache anders gelagert, der Berufungswerber hat ganz eindeutig erkennbar die freie Verkehrsfläche vor ihm auf dem rechten Fahrstreifen genutzt, um die beiden links fahrenden langsameren Fahrzeuge zu überholen und sich dann wieder vor diesen einzuordnen.

 

5. Bezüglich Faktum 3. des Straferkenntnisses gilt sinngemäß das oben zu Faktum 1. Ausgesagte. Allerdings wurde hier seitens des verkehrstechnischen Amtssachverständigen angemerkt, dass aufgrund der Schräglage eines Motorradfahrers bis zu etwa 10 % vom ermittelten Messwert abzuziehen sind. Dies wird vom Sachverständigen mit technischen Erkenntnissen begründet. In diesem Sinne kommt man dann auf eine dem Berufungswerber vorwerfbare Fahrgeschwindigkeit von 136 km/h.

 

Aufgrund dieses Umstandes hatte auch eine Korrektur des Spruches des Straferkenntnisses zu erfolgen. Zumal das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandselement bei Geschwindigkeitsdelikten darstellt (vgl. etwa VwGH 20.4.2001, 2000/02/0240), konnte in der Form vorgegangen werden, dass der nicht mit Sicherheit erweisliche Wert von 50 km/h aus dem Bescheidspruch entfernt wurde.

 

Wenn der Berufungswerber vermeint, aus der Tatsache, dass er nicht über die gesamte Nachfahrstrecke auf der Videoaufzeichnung zu sehen ist, sei für ihn etwas zu gewinnen, so muss ihm entgegen gehalten werden, dass dies nur dann der Fall wäre, wenn er initiativ von sich aus behauptet hätte, stellenweise eine sehr geringe Fahrgeschwindigkeit eingehalten zu haben oder – höchst theoretisch – sein Fahrzeug sogar angehalten hätte. Nur für diesen Fall könnte eine Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit an den jeweils betroffenen Örtlichkeiten naturgemäß nicht nachgewiesen werden. Allerdings war hievon weder im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren noch im Zuge der Berufungsverhandlung seitens des Berufungswerbers die Rede. Sohin sind seine theoretischen Mutmaßungen allenfalls als mögliche Erkundungsbeweise zu qualifizieren, welche aber in einem Beweisverfahren keine Rolle spielen können.

 

Die Videoaufzeichnung dokumentiert in eindringlicher Weise den Fahrstil des Berufungswerbers, der ganz offenkundig darauf angelegt war, möglichst schnell vorwärts zu kommen. Der Berufungswerber war bemüht, jedes "Hindernis", also etwa ein mit vorschriftsgemäßer Fahrgeschwindigkeit bewegtes Fahrzeug, so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Ein solcher auf einer Videoaufzeichnung dokumentierter Fahrstil lässt sich im Nachhinein nicht einfach in ein vorschriftsgemäßes Verhalten, wie offenkundig seitens des Berufungswerbers bestrebt, umdeuten.

 

6. Zur Strafbemessung:

 

Diese erfolgt im Regelfall bei Geschwindigkeitsüberschreitungen in erster Linie unter Zugrundelegung des Ausmaßes derselben.

 

Für die Fakten 1. und 3. des Straferkenntnisses findet die Strafbestimmung des § 99 Abs. 2 d StVO 1960 Anwendung, die vorsieht, einen Strafrahmen von 70 bis 2180 Euro für die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h. Hinsichtlich Faktum 1 wurde die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mindestens 47 km/h überschritten, hinsichtlich Faktum 3. – nach Lage des Ergebnisses des Berufungsverfahrens – um 36 km/h. Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von 130 Euro (Faktum 1.) und  die nunmehr von der Berufungsbehörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von ebenfalls 130 Euro (Faktum 3.) wird dieser gesetzlichen Strafrahmenvorgabe gerecht, wobei auf die unterschiedlichen Relationen zwischen den jeweils erlaubten Fahrgeschwindigkeiten Bedacht zu nehmen war.

 

Die Geldstrafe in der Höhe 70 Euro im Zusammenhang mit dem verbotenen Rechtsüberholvorgang des Berufungswerbers erscheint der Berufungsbehörde ebenfalls angemessen. Ein solches Delikt stellt schon deshalb eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar, da ein Fahrzeuglenker im Regelfall nicht damit rechnen kann, dass er rechts überholt wird und daher bei einem allfälligen Fahrstreifenwechsel nach rechts, mag der Fahrzeuglenker auch entsprechend umsichtig ans Werk gehen, das Gefahrenpotential durch ein rechts sich annäherndes überholendes Fahrzeug unnötig erhöht wird.

 

Milderungs- und Erschwerungsgründe lagen gegenständlich nicht vor. Die persönlichen Verhältnisse hat der Berufungswerber trotz Einladung nicht bekanntgegeben, sodass in Übereinstimmung mit der Erstbehörde dieses im Schätzungswege zu ermitteln war. In diesem Sinne kann ein Einkommen von etwa 1500 Euro netto monatlich als realitätsnah angesehen werden. Dieses wird es dem Berufungswerber ermöglichen, die Verwaltungsstrafen ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung zu begleichen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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