Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166972/5/Sch/Eg

Linz, 13.07.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn S. H., geb. x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. Mai 2012, Zl. VerkR96-15529-2011, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 12 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 7. Mai 2012, VerkR96-15529-2011, über Herrn S. H. wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 verhängt, weil am 29.6.2011, 21:23 Uhr, in der Gemeinde Weibern, Autobahn Nr. 8 bei km 38.295 in Fahrtrichtung Wels, mit dem PKW, Kennzeichen x, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 22 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei zu seinen Gunsten abgezogen worden.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 6 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer (Halter) des PKW mit dem Kennzeichen x (D). Mit diesem Fahrzeug wurde laut entsprechender Radarmessung und darauffolgender Polizeianzeige am 29. Juni 2011 an einer dort näher umschriebenen Örtlichkeit eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Der Anzeige beigelegt wurde seitens der zuständigen Polizeidienststelle das angefertigte Radarfoto, es handelt sich gegenständlich um ein Frontfoto. Auf diesem ist eine männliche Person als Lenker erkennbar.

 

Die ursprünglich ergangene Strafverfügung wurde vom Berufungswerber beeinsprucht. In dem Schriftsatz wird bestritten, dass der Berufungswerber der Fahrzeugführer zur Tatzeit gewesen sei. Im übrigen mache er von seinem Schweigerecht Gebrauch. Dem Berufungswerber wurde hierauf Akteneinsicht gewährt, von der deutschen Polizeidienststelle wurde auch ein Foto in Form eines bei Reisepässen bzw. Führerscheinen üblichen Lichtbildes übermittelt. Nach Ansicht der Erstbehörde in der im Anschluss ergangenen  Aufforderung zur Rechtfertigung  zeige dieses Lichtbild den Berufungswerber, wie eine Abgleichung mit dem Radarfoto ergeben habe. Eine Reaktion seitens des Berufungswerbers ist hierauf nicht erfolgt, sodann wurde das nunmehr verfahrensgegenständliche Straferkenntnis erlassen. In der Berufung wiederholt der Rechtsmittelwerber im wesentlichen das schon im Einspruch gegen die Strafverfügung erhobene Vorbringen. Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber damals gemeinsam mit seinem namentlich benannten Bruder in Österreich unterwegs gewesen sei, weshalb es ebenso gut möglich sei, dass dieser das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt habe. Als Beweis wurde beantragt das Einholen eines anthropologischen Sachverständigengutachtens.

 

4. Bei der Frage, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, handelt es sich um eine der Beweiswürdigung (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua.).

 

Nach § 45 Abs. 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit "absoluter Sicherheit" erweislich ist. Es genügt von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033).

 

Grundsätzlich kann einmal davon ausgegangen werden, dass der Zulassungsbesitzer (Halter) die rechtliche und faktische Bezugsperson zum Fahrzeug ist. Im Regelfall ist es weiters nach der allgemeinen Lebenserfahrung so, dass bei natürlichen Personen das Fahrzeug überwiegend vom Zulassungsbesitzer benützt wird, ansonsten ergäbe es ja kaum einen Sinn, ein Fahrzeug behördlich auf seinen Namen anzumelden. Daraus folgt auch der lebensnahe Schluss, dass für den Fall, dass eine andere Person das Fahrzeug benützt hat, es dem Zulassungsbesitzer möglich sein muss, der Behörde diese Person zu benennen.

 

Der Berufungswerber hat vorerst bloß in Abrede gestellt, selbst der Lenker seines Fahrzeuges gewesen zu sein. Erst in der Berufungsschrift vom 16. Mai 2012 (Vorfallszeitpunkt 29.6.2011) räumt er die Möglichkeit ein, dass allenfalls sein Bruder der Lenker gewesen sein könnte. Zu Letzterem ist zu bemerken, dass er damit seine Lenkereigenschaft nicht grundsätzlich bestreitet, sondern die bloße Möglichkeit auftut, allenfalls eine andere Person könnte Lenker gewesen sein. Die Berufungsbehörde sieht keine Veranlassung, wo aufgrund einer solchen vage gehaltenen Einwendung ein weitergehendes Beweisverfahren abzuführen. Auch kommt der Einwendung an sich schon aus dem Grund keine Bedeutung zu, da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen und deshalb eine höhere Glaubwürdigkeit aufweisen (VwGH 25.6.1999, 99/02/0076, VwGH 16.11.1988, 88/02/0145).

 

Um glaubwürdig erscheinen zu lassen, dass man, obwohl man Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt doch nicht Lenker gewesen war, wäre es notwendig, diesen Umstand konkret zu begründen und es nicht bei der bloßen Behauptung zu belassen. Im anderen Fall, wie hier gegeben, muss sich der Zulassungsbesitzer zurechnen lassen, dass er selbst der Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges war, zumal er die unwahrscheinlichere, wenngleich nicht auszuschließende, Variante, dass eben eine andere Person Lenker gewesen war, nicht so weit glaubhaft erscheinen lassen konnte, dass sie seine Lenkereigenschaft mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

4. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass der gegenständliche Vorgang durchaus auch eine verfassungsrechtliche Dimension aufweisen kann. Hier ist auf Art. 6 Abs. 2 EMRK zu verweisen und damit im Zusammenhang stehend auf die Erkenntnisse des EGMR vom 20.3.2001 (Fall T.) und vom 18.3.2010 (Fall K.) zu verweisen.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 22. September 2011, GZ. B 1369/10, in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Beweiswürdigung einer belangten Behörde dann nicht zu beanstanden ist, wenn der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens  glaubhaft dargelegt hat, dass er zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hatte. Wenn dieser im Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens mehrmals die Möglichkeit hatte, eine Stellungnahme abzugeben, aber nie nähere Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt hat, dann ist die Annahme, dass er selbst der Lenker war, gerechtfertigt. Verlangt wird vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang, dass von der Berufungsbehörde noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Beschuldigte Gelegenheit gehabt hätte, einen persönlichen Eindruck zu vermitteln und sein Vorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall ist der Berufungswerber allerdings zur Berufungsverhandlung vom 11. Juli 2012 nicht erschienen. Ein Vertagungsersuchen ist nicht erfolgt.

 

 

6. Zur Strafbemessung:

 

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro bewegt sich im untersten Bereich des Strafrahmens des § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960, der bis 726 Euro reicht. Die vom Berufungswerber zu verantwortende Geschwindigkeitsüberschreitung um 22 km/h (erlaubt 130 km/h) ist mit dieser Strafhöhe als angemessen geahndet anzusehen. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Auf die persönlichen Verhältnisse des Genannten braucht nicht weiter eingegangen zu werden, zumal von jedermann, der als Kraftfahrzeuglenker am Straßenverkehr teilnimmt, erwartet werden muss, dass er in der Lage ist, relativ geringfügige Verwaltungsstrafen zu begleichen.

 

 

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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