Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101198/4/Fra/Fb

Linz, 03.01.1993

VwSen - 101198/4/Fra/Fb Linz, am 3. Jänner 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des G, Am W, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. Februar 1993, Zl. Cst.19986/92-Hu, mit dem wegen Übertretung des § 52 lit.a Z11a StVO 1960 eine Ermahnung ausgesprochen wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21, 24, 51 und 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 15. Februar 1993, Zl. Cst. 19986/92-Hu, dem Berufungswerber gemäß § 21 VStG eine Ermahnung erteilt, weil er am 8. Oktober 1992 um 12.27 Uhr, in L, J, gegenüber Nr.als Lenker des Kraftfahrzeuges die ziffernmäßig festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 14 km/h überschritten und dadurch die Rechtsvorschrift des § 52 lit.a Z11a StVO 1960 verletzt hat.

2. Dagegen hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Er begründet sein Rechtsmittel damit, daß "der O.ö. Verwaltungssenat die Verordnung von 30 km/h Höchstgeschwindigkeit in breiten und übersichtlichen Straßen als nicht begründbar erachte". Die J.-W.-Klein-Straße, gegenüber Nr. 41, sei übersichtlich und breit.

3. Die Erstbehörde legte das Rechtsmittel samt Akt dem O.ö. Verwaltungssenat vor. Dieser entscheidet, weil keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers hält der O.ö. Verwaltungssenat die "Zonenverordnung" betreffend den gegenständlichen Straßenzug nicht für gesetzwidrig. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in einem analogen Fall bereits eine Entscheidung (siehe VwSen - 100808/2/Br/La vom 17. September 1992) getroffen, aus der auszugsweise zitiert wird: "Gemäß § 43 StVO 1960 wurde von der Landeshauptstadt Linz mit 30.7.1990 unter Zl.: 101-5/19, ua. auch der Straßenzug J als "Zone" erklärt. In dieser wurde neben einem Fahrverbot für einspurige Kraftfahrzeuge in der Zeit von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr auch als erlaubte Höchstgeschwindigkeit 30 km/h festgesetzt. Als Motiv für dieses Vorgehen findet sich im Akt der Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm, Abgasen und Senkung der Unfallgefahren. Schon an diesem Punkt wird festgestellt, daß sich für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Anhaltspunkt ergibt, daß diese Verordnung nicht in § 43 StVO 1960 ihre Deckung fände. Ist doch gerade der Lärm in vielfach anerkannter Weise eine erhebliche Beeinträchtigung für das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Menschen.

In den vorliegenden Untersuchungen, an deren Schlüssigkeit es nicht zu zweifeln gilt, kommt unmißverständlich zum Ausdruck, daß sich bei 15 zum Vergleich herangezogenen Fahrzeugen durchgehend Lärmreduktionen bei einer Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h, gegenüber einer Geschwindigkeit von 50 km/h ergeben hatten, wobei diese ja nach Fahrzeugtype zwischen 4 und 7 dB lagen. Ebenso steht laut den vom Amt für Umweltschutz des Magistrates der Stadt Linz durchgeführten Messungen fest, daß auch die Emission von "CO, HC und NOx im Mittelwert von 17,5%, 10,4% und 31, 8% bei Tempo 30 anstatt 50 reduziert" werden. Die Reduzierung der Unfallneigung, insbesonders jedoch der Unfallfolgen , ist ebenfalls statistische Tatsache und bedarf eigentlich keiner weiteren Ausführung, zumal sich wenigstens die geringeren Unfallfolgen mit den physikalischen Gesetzen von selbst erklären.

Gemäß § 43 Abs.2 lit.b StVO 1960 hat die Behörde zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesonders durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung a) für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken, für alle oder bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zweitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen. . . . . .

Mit dieser Bestimmung sind auch Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Umweltschutzgründen möglich. Es kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei den in der Verordnung genannten Motiven nicht um "wichtige Gründe" handelt, welche diese Maßnahme rechtfertigen und dem Schutz der Bevölkerung dienen. Nur durch derartige Maßnahmen kann das gesetzlich gebotene Ziel, der Schutz der Bevölkerung, erreicht werden. Die hier diskutierte Rechtsmaterie ist bei Beachtung der der Rechtsordnung inhärenten Auslegungsregeln wohl nur, so sich überhaupt über den Wortlaut hinausgehende Möglichkeiten für das Verständnis der Aussage ergeben, im Zweifel i m S i n n e der S i c h e r h e i t und des größtmöglichen Schutzes der Bevölkerung zu verstehen; die Aspekte der Sicherheit müssen wohl möglichst extensiv erfaßt sein und müssen diesbezügliche gesetzliche Bestimmungen als Imperativ an den Verordnungsgeber gerichtet erachtet werden ( Bydlinski in: Rummel, ABGB-Kommentar, RN 21 ff zu § 6).

Die Beeinträchtigung der motorisierten Verkehrsteilnehmer durch die Geschwindigkeitsbeschränkung im verbauten Gebiet bzw. auf einem lokalen Bereich steht in keinem Verhältnis zu der mit der damit verbundenen Erhöhung der Lebensqualität der Wohnbevölkerung und der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer. Analog hiezu führt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis B 123,426/90, 8.10.1990 (= ZfVB 1991/4 1920) aus, daß die Erlassung einer Verordnung "im Hinblick auf die in § 43 Abs.2 StVO genannten Voraussetzungen ("zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen insbesondere durch Lärm...... wenn für die Bevölkerung..... erforderlich ist") im überwiegenden öffentlichen Interesse (sofern gegenüber dem Lärmschutz als mit dem Nachtfahrverbot angestrebten Zweck die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse, auf die gemäß dem letzten Satz des § 43 Abs.2 StVO Bedacht zu nehmen ist, zurücktritt; VfSlg 8086/1977 = ZfVB 1977/6/2490) liegen." Da im "Allgemeininteresse" liegende Eigentumsbeschränkungen jedenfalls verfassungsrechtlich zulässig sind (VfSlg 9911/1983 = ZfVB 1984/2/844), ist gegen Nachtfahrverbote aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, wenn sie den durch § 43 Abs.2 StVO genannten Voraussetzungen genügen. Dies belegt, daß eben dem Schutz der Bevölkerung ein bedeutender Stellenwert einzuräumen ist. Im hier vorliegenden Problem werden jedoch die Interessen der Fahrzeuglenker in einem ungleich geringeren Ausmaß betroffen, als die wohl schwerer wiegenden Interessen der Wirtschaft im Falle des Nachtfahrverbotes beeinträchtigt wurden. Unter Grundlegung des erreichbaren Geschwindigkeitsdurchschnittes in den Ballungszentren wird durch diese Verordnung der Fahrzeugverkehr de facto überhaupt nicht negativ beeinträchtigt. Betreffend diesen Straßenzug bestehen aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates keine Bedenken hinsichtlich einer mangelnden gesetzlichen Deckung gegenständlicher Verordnung." Die vom Berufungswerber aufgestellte Behauptung erweist sich daher auf den gegenständlichen Fall bezogen als unbegründet.

5. Zur Strafzumessung ist auszuführen, daß die Erstbehörde von der ursprünglich mit Strafverfügung verhängten Strafe in Höhe von 500 S abgesehen und mit dem angefochtenen Bescheid eine Ermahnung erteilt hat. Um den Berufungswerber in Hinkunft von gleichartigen Verhaltensweisen abzuhalten, wurde die Ermahnung ausgesprochen. Es haftet ihr daher keine Rechtswidrigkeit an.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an:

Dr. F r a g n e r

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