Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281366/17/Kl/TK

Linz, 18.07.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  vom 8. November 2011, Ge96-45-2011/HW wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 13. Jänner 2012 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich der verhängten Geldstrafen wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe zu Faktum 2 auf 1.000 Euro, die diesbezügliche Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden, und die verhängte Geldstrafe zu Faktum 3 auf 2.000 Euro, die diesbezügliche Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabgesetzt wird. Weiters hat die Ersatzfreiheitsstrafe zu Faktum 1 "6 Stunden je Feuerlöscher" zu lauten.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 290 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafen. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist hinsichtlich Faktum 1 ein Kostenbeitrag von 80 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten; zu den Fakten 2 und 3 entfällt die Pflicht zur Leistung eines Kostenbeitrages.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. November 2011, Ge96-45-2011/HW, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von

1. 2x 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden),

2. 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und

3. 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden)

wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß

1. § 130 Abs. 1 Z 14 ASchG iVm § 13 Abs. 2 AStV,

2. § 130 Abs. 1 Z 15 ASchG und § 33 Abs. 1 AStV, und

3. § 130 Abs. 1 Z 15 ASchG iVm § 34 Abs. 1 AStV

verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG der Arbeitgeberin X, Sitz in politischer Gemeinde X, Geschäftsanschrift: X, folgende Übertretungen der Arbeitsstättenverordnung zu verantworten hat:

 

Der Arbeitsinspektor X vom Arbeitsinspektorat Wels hat am 11. April 2011 festgestellt, dass am 11. April 2011 in der Arbeitsstätte der X in X, in welcher ArbeitnehmerInnen beschäftigt werden,

 

1. die beiden Handfeuerlöscher, Typ PE 12, CO2-Löscher, welche im Zufahrtsbereich zur Siloverladung angebracht waren, letztmalig im Juni 2001 einer Prüfung auf ihren ordnungsgemäßen Zustand unterzogen wurden.

 

Dadurch wurde § 13 Abs. 2 der AStV übertreten, wonach Löschgeräte mindestens jedes zweite Kalenderjahr, längstens jedoch in Abständen von 27 Monaten auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu prüfen sind.

 

2. dem in der o.a. Arbeitsstätte regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, Herrn X, keine Toilette zur Verfügung stand.

 

Dadurch wurde § 33 Abs. 1 der AStV übertreten, wonach den ArbeitnehmerInnen Toiletten in einer solchen Anzahl zur Verfügung zu stellen sind, dass für jeweils höchstens 15 ArbeitnehmerInnen mindestens eine verschließbare Toilette zur Verfügung steht.

 

3. dem in der o.a. Arbeitsstätte regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, Herrn X, ferner kein Waschplatz zur Verfügung stand bzw. gestellt wurde.

 

Dadurch wurde § 34 Abs. 1 übertreten, wonach in jeder Arbeitsstätte eine solche Anzahl an Waschplätzen zur Verfügung zu stellen ist, dass für höchstens fünf ArbeitnehmerInnen, die gleichzeitig ihre Arbeit beenden, mindestens ein Waschplatz vorhanden ist.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der Betrieb der Fa. X im Sinn des § 5 Landarbeitsgesetz 1984 als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren ist, sodass die Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes auf diesen Betrieb nicht anzuwenden seien. Weiters sei in der Betriebsstätte in X, kein Arbeitnehmer im Sinn des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes tätig. In der Betriebsstätte sei sowohl eine Toilette als auch ein Waschplatz im Sinn der Arbeitsstättenverordnung zur Verfügung gestanden. Schließlich wurde die Strafbemessung bekämpft, weil die herangezogenen Erwägungen nicht erwiesen seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Jänner 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber ist nicht erschienen und wurde durch seinen Rechtsvertreter in der Verhandlung vertreten. Die belangte Behörde ist nicht erschienen. Das Arbeitsinspektorat Wels hat an der Verhandlung teilgenommen. Weiters wurde der Zeuge X vom AI Wels geladen und einvernommen. Der weiters geladene X ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und entschuldigte der Rechtsvertreter dies damit, dass der Zeuge aus gesundheitlichen Gründen nicht erscheinen und teilnehmen könne. Von einer Einvernahme wurde Abstand genommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit Sitz in X. Für diesen Standort sind Gewerbeberechtigungen für das Gewerbe Getreidemüller, Futtermittelerzeugung, Handels- und Handelsagentengewerbe, gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 4 Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr), Drogistengewerbe, beschränkt auf den Handel mit Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln vorhanden. Für das freie Gewerbe Handels- und Handelsagentengewerbe und das konzessionierte Gewerbe des grenzüberschreitenden Güterverkehrs ist der Berufungswerber auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer eingetragen.

Am 11.4.2011 stellte der Arbeitsinspektor X fest, dass in der Arbeitsstätte X, der X der Arbeitnehmer X beschäftigt war. Es wurde festgestellt, dass die vorhandenen 2 Handfeuerlöscher, welche im Zufahrtsbereich zur Siloverladung angebracht waren, letztmalig im Juni 2001 einer Prüfung unterzogen wurden. Es wurde der Mitarbeiter X beobachtet, wie er Düngemittel mit einem Stapler verladen hat. Über Anfrage bei dem Arbeitnehmer teilte dieser mit, dass sich in dem Nebengebäude gegenüber ein Altbestand befindet, wo früher die Sanitäranlagen zur Verfügung standen. Diese Sanitäranlagen konnte der Mitarbeiter aber zum Kontrollzeitpunkt nicht nutzen, weil ein Zugang dem Mitarbeiter nicht möglich war. Weil der Arbeitnehmer mit Chemikalien wie Düngemitteln zu tun hat, war auch aus hygienischer Sicht die Verwendung von Sanitäranlagen erforderlich. Insbesondere wurde auch während der Kontrolle ein Kommen und Gehen von Kundschaft wahrgenommen, welche z.B. Düngemittel abholte. Es herrschte Verkaufstätigkeit.

Aus einem Grundbuchsauszug ist ersichtlich, dass Herr X Eigentümer der Liegenschaft ist. Die Betriebsstätte in X wurde auch bis vor rund 2 Jahren von Herrn X geleitet. Dieser hat auf der Liegenschaft auch sein privates Wohnhaus. Es ist vereinbart, dass WC und Waschgelegenheit in diesem Haus auch von Mitarbeitern genutzt werden können. Der Mitarbeiter X ist Außendienstmitarbeiter der Fa. X und wohnt im unmittelbaren Nahebereich der Betriebsstätte in X. Nach den Angaben des Berufungswerbers wird er von Landwirten im Bedarfsfall telefonisch kontaktiert und sucht dann für diese Zwecke die Betriebsstätte in X auf.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 1. Juni 1984, Ge-3031/1984, wurde die gewerberechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Lagerhalle im Ausmaß von 15 m x 15 m für Einzel- und Mehrnährstoffdünger, eines Stahlsilos mit 7 Silozellen und einer Brückenwaage mit Wägehäuschen auf dem Grundstück X, KG X, Gemeinde X, erteilt. In der Verhandlungsschrift, aufgenommen am 26.3.1984, wird im Befund ausgeführt: "Durch den Betrieb der Lagersilos bzw. der Düngemittellagerung werden keine Dienstnehmer ständig beschäftigt. Die Betreuung wird durch die Mühlenbesitzer X, welche auch Grundeigentümer sind, erfolgen. Deshalb sind auch keine eigenen Sozialeinrichtungen wie WC und Waschräumlichkeiten bzw. Aufenthaltsräume vorgesehen."

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13.5.1987, GE-3031/1984, wurde die Betriebsbewilligung erteilt.

 

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vom Oö. Verwaltungssenat eingeholten gewerberechtlichen Genehmigungen, dem vorliegenden Firmenbuchauszug und Grundbuchsauszug sowie insbesondere den Aussagen des zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitsinspektors. An der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage bestehen keine Zweifel. Insbesondere führt der Berufungswerber selbst aus, dass der Arbeitnehmer über Anforderung in der Arbeitsstätte beschäftigt ist. Der Grundeigentümer X ist seit 2 Jahren nicht mehr im Betrieb beschäftigt.

Ein Ortsaugenschein war hingegen nicht durchzuführen, weil eine Wahrnehmung zum Entscheidungszeitpunkt keinen Beweis dafür gibt, wie die Situation zum Kontrollzeitpunkt am 11.4.2011 war. Diesbezüglich liegen Fotos und die Aussagen des einvernommenen Zeugen X vor. Nur die Wahrnehmungen zum Kontrollzeitpunkt können als Beweis herangezogen werden. Hingegen gab es für den Oö. Verwaltungssenat keinen Anlass für Zweifel an der Richtigkeit und Wahrheitsgemäßheit der Aussage des Zeugen X. Eine weitere Einvernahme des Arbeitnehmers konnte daher entfallen. Im Übrigen werden die örtlichen Gegebenheiten nicht angezweifelt und liegen diesbezügliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungen vor. Es konnte daher der feststellte Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs. 2 der Arbeitsstättenverordnung – AStV, BGBl. II Nr. 368/1998 in der Fassung BGBl. II Nr. 256/2009, sind Löschgeräte und stationäre Löschanlagen mindestens jedes 2. Kalenderjahr, längstens jedoch in Abständen von 27 Monaten auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen.

Gemäß § 33 Abs. 1 AStV sind den Arbeitnehmer/Innen Toiletten in einer solchen Anzahl zur Verfügung zu stellen, dass für jeweils höchstens 15 Arbeitnehmer/Innen mindestens eine verschließbare Toilettzelle zur Verfügung steht.

Gemäß § 34 Abs. 1 AStV ist in jeder Arbeitsstätte eine solche Anzahl an Waschplätzen zur Verfügung zu stellen, dass für jeweils höchsten 5 Arbeitnehmer/Innen die gleichzeitig ihre Arbeit beenden, mindestens ein Waschplatz vorhanden ist.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen

14. die Instandhaltungs-, Reinigungs- oder Prüfpflichten verletzt,

15. die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist daher erwiesen, dass am 11.4.2011 die beiden angetroffenen Feuerlöscher im Zufahrtsbereich zur Siloverladung letztmalig im Juni 2001 einer Überprüfung unterzogen wurden, daher die wiederkehrende alle 2 Jahre stattzufindende Überprüfung seit diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgenommen wurde und daher der Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt wurde. Auch wurde anlässlich der Kontrolle am 11.4.2011 festgestellt und erwiesen, dass der Arbeitnehmer X Kunden betreute, die z.B. Düngemittel abgeholt haben. Er hatte hiebei mit Chemikalien zu tun. Es war Verkaufstätigkeit im Gange. Die im Altbestand früher zur Verfügung stehenden Sanitäranlagen waren aber zum Kontrollzeitpunkt für den Arbeitnehmer nicht benutzbar, weil ein Zugang nicht möglich war. Es war die Anlage versperrt. Durch das Hantieren mit Chemikalien ist aber aus hygienischen Gesichtspunkten jedenfalls auch die Benutzung von Waschanlagen erforderlich. Es ist daher erwiesen, dass weder eine Toilette noch ein Waschplatz zum Kontrollzeitpunkt zur Verfügung stand und daher die entsprechenden Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung verletzt wurden. Auch diesbezüglich wurde daher der objektive Tatbestand erfüllt.

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Agrarhandel GmbH und hat daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG die Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

Wenn hingegen der Berufungswerber sich auf einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb stützt und somit die Anwendbarkeit des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes in Frage stellt, so ist ihm entgegen zu halten, dass die zum Kontrollzeitpunkt wahrgenommene Tätigkeit des Arbeitnehmers in den Tätigkeitsbereich der von der X ausgeübten Gewerbe fällt. Es handelt sich daher eindeutig um eine gewerbliche Tätigkeit. Auch ist hiezu auszuführen, dass es für die Arbeitsstätte eine Betriebsanlagengenehmigung und eine Betriebsbewilligung der zuständigen Gewerbebehörde gibt. Es ist daher von einem Gewerbebetrieb auszugehen, sodass die Argumente des Berufungswerbers nicht zutreffen.

Was jedoch das Vorbringen anlangt, dass in der Betriebsstätte in X keine Arbeitnehmer tätig seien, so ist dem Berufungswerber das Verhandlungsergebnis entgegen zu halten, dass konkret Herr X angetroffen wurde und auch Verkaufstätigkeiten bzw. Kundenbetreuung vorgenommen hat und daher an der Betriebsstätte in X tätig war. Es sind daher die Anforderungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz bzw. nach § 33 und § 34 der Arbeitsstättenverordnung einzuhalten. Entgegen den Behauptungen des Berufungswerbers unterscheidet die Arbeitsstättenverordnung hinsichtlich der Bestimmungen des 4. Abschnittes nicht auf einen ständigen Arbeitsplatz. Hiezu ist § 1 der Arbeitstättenverordnung heranzuziehen. Gemäß § 1 Abs. 4 und 5 Arbeitsstättenverordnung sind lediglich die Bestimmungen des 3. und 6. Abschnittes an die Voraussetzung eines ständigen Arbeitsplatzes gebunden. Daraus ist abzuleiten, dass alle übrigen Bestimmungen diese strengen Anforderungen nicht stellen.

Darüber hinaus kann sich der Berufungswerber auch nicht auf die Verhandlungsschrift anlässlich der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Betriebsstelle in X stützen, zumal das Genehmigungsverfahren bereits im Jahr 1984 und die Betriebsbewilligung im Jahr 1987 abgeführt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war die Arbeitsstättenverordnung noch nicht in Geltung. Gesetzliche Bestimmungen gehen aber jedenfalls den Genehmigungsbescheiden vor und sind jedenfalls einzuhalten. Es hat daher jedenfalls der Betrieb entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen angepasst zu werden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Berufungswerbers, dass der Liegenschaftseigentümer bis vor 2 Jahren den Betrieb leitete und daher ein Zugang zu seinem Wohnhaus und zur Toilette und Waschplatz zur Verfügung gestellt wurde, ist ebenfalls auf das Beweisergebnis hinzuweisen, dass aber die Mitarbeit des Liegenschaftseigentümers nach den Angaben des Berufungswerbers geendet hat und dass zum Kontrollzeitpunkt die Sanitäranlagen versperrt waren und daher nicht zur Verfügung gestanden sind.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Dem Berufungswerber ist ein Entlastungsnachweis nicht gelungen. Insbesondere hat er kein Vorbringen dahingehend gemacht, welche Kontrollen er durchgeführt hat, dass die entsprechenden Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung eingehalten werden bzw. welche Maßnahmen er gesetzt hat, die konkret die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften gewährleisten können. So enthält weder die schriftliche Berufung noch die Rechtfertigung in der mündlichen Verhandlung ein konkretes Vorbringen hinsichtlich Maßnahmen bzw. hinsichtlich Kontrollen durch den Berufungswerber. Es ist daher im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat der Strafbemessung eine Schätzung der Vermögensverhältnisse zugrunde gelegt, nämlich ein Vermögen von ca. 70.000 Euro und ein monatliches Nettoeinkommen von 3.500 Euro. Weiters hat sie keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Strafmildernde Gründe wurden nicht gewertet. Straferschwerend wurde eine rechtskräftige Vorstrafe gewertet. Auch wurde zum Unrechtsgehalt der Tat auf die besondere Gefährlichkeit mit den Chemikalien und daher die Erforderlichkeit eines Handfeuerlöschgerätes Bedacht genommen. Hinsichtlich der Sanitäranlagen wurde gewertet, dass dem Arbeitnehmer seit ca. einem Jahr keine Toilette zur Verfügung stand.

Den Einkommens- und Vermögensverhältnissen wurde seitens des Berufungswerbers nichts entgegengesetzt. Dem Oö. Verwaltungssenat ist aus vorausgegangenen Berufungsverfahren des Berufungswerbers bekannt, dass er sorgepflichtig für die Gattin und eine minderjährige Tochter ist. Hinsichtlich der vom Berufungswerber bemängelten Vorstrafe ist auf eine Vormerkung aus dem Jahr 2008 betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 1 Z 12 ASchG hinzuweisen. Auch liegen zahlreiche rechtskräftige Vorstrafen hinsichtlich anderer Materiengesetze vor. Die Erwägungen zum Unrechtsgehalt der Tat durch die belangte Behörde sind zu bestätigen. Da zum Faktum 1 eine nahe der Mindeststrafe gelegene Geldstrafe verhängt wurde, war eine weitere Herabsetzung nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich der übrigen Delikte musste aber im Hinblick auf die Sorgepflichten des Berufungswerbers mit einer geringfügigen Herabsetzung der Geldstrafen vorgegangen werden. Diese sind aber nunmehr tat- und schuldangemessen und auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepasst. Schließlich soll der Berufungswerber auch verhalten werden, sich als Arbeitgeber entsprechend den Arbeitnehmerschutzvorschriften zu verhalten und seine Betriebsstätten und seine Arbeitsorganisation entsprechend den Verwaltungsvorschriften einrichten. Es sind daher die verhängten Geldstrafen aus spezialpräventiven Gründen erforderlich.

 

Milderungsgründe lagen nicht vor und wurden auch vom Berufungswerber nicht geltend gemacht. Es war daher mangels eines Überwiegens der Milderungsgründe auch nicht von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG Gebrauch zu machen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, weil das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch von einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen musste auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe zu den Fakten 2 und 3 herabgesetzt werden. Hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe zu Faktum 1 ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Kumulationsprinzip des § 22 VStG für jedes begangene Delikt eine gesonderte Geldstrafe und auch gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen ist. Es war daher für zwei Handfeuerlöschgeräte je eine Geldstrafe von 200 Euro festgesetzt und bestätigt worden, sodass auch jeweils für jeden Handfeuerlöscher eine Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen war. Dies wurde durch die Berichtigung im Spruch ausgeführt. Eine Verschlechterung des Berufungswerbers ist hiemit nicht eingetreten. 

 

6. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der ersten Instanz ist auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 290 Euro, herabzusetzen.

Weil die Berufung hinsichtlich Faktum 2 und 3 zumindest hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG nicht zu leisten. Hinsichtlich Faktum 1 war hingegen ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind 80 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 21.06.2013, Zl.: 2012/02/0206-6 und 0284-5

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