Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750041/2/SR/WU

Linz, 11.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, StA von China, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Juni 2012, GZ Sich96-85-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis    aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 64ff. VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. Juni 2012, GZ.: Sich96-85-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 333 Stunden) gemäß "§ 120 Abs. 1 Z. 2 FPG BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F." verhängt. Die belangte Behörde führt dabei als "Spruch" unter der Überschrift Straferkenntnis und der Anrede wie folgt aus:

 

Anlässlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am 29.11.2010 um ca. 16.00 Uhr in X, auf der Autobahn A1, bei StrKm: 160.000, Fahrtrichtung Wien, wurde von Beamten der Autobahnpolizeiinspektion X festgestellt, dass Sie nach der Erlassung einer Ausweisung der Bundespolizeidirektion Wien vom 6.8.2010, GZ III-1286692/FrB/10, nicht rechtzeitig ausgereist sind und sich als chinesischer Staatsbürger noch am 29.11.2010 unerlaubt im österreichischen Bundesgebiet aufhielten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 31 iVm. § 120 Abs. 1 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) i.d.g.F.

 

In der Begründung nahm die belangte Behörde Bezug auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Februar 2011, das rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren und die Ausweisungsentscheidung der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. August 2010, GZ III-1286693/FrB/10. Zum offenen Verfahren nach dem NAG (Antrag gemäß § 44 Abs. 4 NAG) führte die belangte Behörde aus, dass der Bw zwar nicht abgeschoben werden könne, sich dennoch nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Durch die "illegale Einreise bzw. dem nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet" habe der Bw den fremdenpolizeilichen Vorschriften zuwider gehandelt.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen nunmehrigen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 17. Juni 2012.

 

Darin ficht der Bw das in Rede stehende Straferkenntnis zur Gänze an und beantragt jedenfalls dessen Behebung.

 

Begründend führt der Vertreter u.a. aus, dass dem Bw die Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht möglich sei, da er über keinen Reisepass verfüge und ein Heimreisezertifikat nicht vorliege. Den Bw treffe daher kein Verschulden. Im Hinblick darauf sei dem Bw eine Duldungskarte auszustellen. Die angewendete Gesetzesfassung habe der VfGH mit Erkenntnis vom 21. September 2011, G42/11, aufgehoben und diese sei daher nicht mehr anwendbar.

 

3. Mit Schreiben vom 28. Juni 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt und folgendem Auszug aus der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Februar 2011 (Verfolgungshandlung) aus.

 

Der innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist an den Bw ergangene Tatvorwurf lautet wie folgt:

 

"Sie sind nach der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (einer Ausweisung) am Durchsetzbar ab 02.09.2010 nicht rechtzeitig ausgereist und haben sich am 29.112010 noch unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten."

 

3.3. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im    Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die       durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation   des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für     Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten     Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet    keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-          gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­        willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3      Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit        einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

4.2. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bw stellt sich nun zunächst die Frage, ob der Spruch des in Rede stehenden Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG genügt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, 2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

4.3. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Tatanlastung des angefochtenen Erkenntnisses jedoch nur auf die Feststellung, dass der Bw nicht rechtzeitig nach der Erlassung einer Ausweisung ausgereist ist und sich daher unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten hat, ohne dass auf die Alternativen des § 31 Abs. 1 FPG eingegangen bzw. diese verneint werden.

 

Unter Bedachtnahme auf die oa. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG wird die Tatanlastung (sowohl im Straferkenntnis als auch in der ersten und einzig rechtzeitigen Verfolgungshandlung) den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gerecht. Eine allfällige Korrektur des Spruchs war schon allein aufgrund des Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt.

 

4.4. Es war daher – ohne auf die Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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