Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730641/2/BP/WU

Linz, 25.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Bosnien, vertreten durch X, Rechtsanwältin in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 25. Juni 2012, AZ: 1066700/FRB, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines auf 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

I.   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.  Der Eventualantrag auf Verkürzung der Gültigkeitsdauer des in Rede         stehenden Aufenthaltsverbotes wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Oktober 2011, VwSen-730283/2/BP/Wu, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot rechtskräftig im Instanzenzug gemäß § 67 FPG erlassen. Diese Entscheidung erging über eine Berufung des Bw gegen den Bescheid des Polizeidirektors vom 11. August 2010, AZ.: 1066700/FRB, mit dem gegen den Bw ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden war.

 

1.2. Mit Bescheid vom 25. Juni 2012 wies die belangte Behörde einen Antrag des Bw auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes vom 7. Mai 2012 gemäß § 69 Abs. 2 FPG in der geltenden Fassung ab.

 

Im der Entscheidung zugrunde liegenden Antrag hatte der Bw ua. ausgeführt:

 

 

"Nach Ansicht des Antragstellers wird durch die Aufrechterhaltung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes sein Recht auf ein Privat- und Familienleben verletzt. Der Antragsteller ist mit knapp 10 Jahren nach Österreich gekommen. Er hat in Österreich die Volksschule abgeschlossen, danach bis 1995 die Hauptschule und danach eine 3-jährige Lehre als Dachdecker und Spengler absolviert. Die engsten Mitglieder seiner Herkunftsfamilie, nämlich seine Eltern und sein Bruder leben in Österreich. Der Antragsteller ist mit einer Österreicherin, Frau X, verheiratet und seit X 2011 gemeinsam mit seiner Gattin auch Vater einer Tochter. Sowohl die Gattin des Antragstellers als auch seine Tochter leben in Österreich. Durch die Aufrechterhaltung des erlassenen Aufenthaltsverbotes in Österreich wird der Antragsteller in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Privat- und Familienleben verletzt. Dies deshalb, weil dadurch die Kontakte zu seiner Familie, insbesondere seiner Tochter und seiner Gattin, nahezu verunmöglicht werden. Dadurch wird nicht nur das Grundrecht des Antragstellers auf sein Privat- und Familienleben verletzt, sondern auch in jenes der mj. Tochter des Antragstellers. Die Tochter des Antragstellers ist noch nicht einmal 1 Jahr alt. Es ist in der Kinder- und Jugendpsychologie anerkannt, dass die ersten Lebensjahre für die spätere Bindung zwischen Kindern und Eltern ganz besonders wichtig sind. Wenn dem Antragsteller die Rückkehr nach Österreich verboten wird, besteht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass das Verhältnis zwischen ihm und seiner Tochter später schwer gestört sein wird. Der Gattin des Antragstellers ist es einerseits nicht zuzumuten gemeinsam mit der Tochter nach Bosnien zu verziehen, andererseits kann sie sich es aus finanziellen Gesichtspunkten nicht leisten, mehrmals pro Jahr nach Bosnien zu reisen. Allein aus diesen Gründen ist es dem Antragsteller nicht möglich, eine ordentliche Vater-Tochter-Beziehung mit seinem Kind aufzubauen.

 

Eine Integration des Antragstellers in Bosnien ist ebenso nahezu unmöglich. Zunächst ist festzuhalten, dass die nächsten Angehörigen des Antragstellers bereits seit rund 20 Jahren in Österreich leben. Natürlich kann nicht bestritten werden, dass der Antragsteller bis zu seinem 10. Lebensjahr in seinem Heimatstaat lebte, doch hat sich seit diesem Zeitpunkt das soziale Gefüge in Bosnien gravierend geändert, sodass der Antragsteller die gesellschaftlichen Gepflogenheiten in seinem Heimatland völlig neu erlernen müsste. Als der Antragsteller als Kind seine ursprüngliche Heimat verlassen hat, war dies noch vor Ausbruch des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien. Bekanntermaßen war Bosnien durch den jugoslawischen Bürgerkrieg in den 1990-er Jahren besonders schwer betroffen. Dies führte, bedingt durch „ethnische Säuberungen" zu einer völligen Änderung der soziodemographischen Strukturen des Herkunftslandes des Antragstellers, was wiederum zu einer gravierenden Änderung der Kultur und der gesellschaftlichen Gepflogenheiten im Herkunftsland des Antragstellers geführt hat. Eine Reintegration des Antragstellers in seinem Herkunftsland erscheint unter diesen Verhältnissen aussichtslos. Die gegen den Antragsteller verhängten Vorstrafen können nicht außer Acht gelassen werden. Jedoch darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller nach der Entlassung aus der zu 8 Hv 95/09y des LG für Strafsachen Graz verhängten Freiheitsstrafe erstmals sein Leben in den Griff bekam. Er hatte nach seiner Entlassung durchgehend einen Arbeitsplatz und gründete gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Familie. Im Fall der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes in Österreich, könnte der Antragsteller umgehend auf Basis einer vollsozialversicherungspflichtigen (....) arbeiten. Auf diese Weise könnte er auch zum Unterhalt für seine Gattin und seine Tochter beitragen. Wegen der in Bosnien vorherrschenden hohen Arbeitslosenrate ist es dem Antragsteller nicht gelungen, einen Arbeitsplatz in seinem Herkunftsland zu finden. Aus diesem Grund kann er für seine Tochter keine Unterhaltsleistungen erbringen. Allein aufgrund dieses Umstandes wird der Unterhalt der mj. Tochter des Antragstellers massiv gefährdet."

 

 

 

Die belangte Behörde führt in der Folge im angefochtenen Bescheid weiter aus:  

 

"01)LG STEYR 10 E VR 164/95 HV 24/95 vom 12.06.1995 RK 12.06.1995 PAR127 130 StGB

 

Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe, Probezeit 3 Jahre

 

Jugendstraftat Vollzugsdatum 12.06.1995

 

zu LG STEYR 10 E VR 164/95 HV 24/95 12.06.1995

 

Von der Verhängung einer Strafe wird endgültig abgesehen

 

LG STEYR 10 E VR 164/95 vom 16.12.1998

 

 

 

02)LG STEYR 10 E VR 131/98 HV 16/98 vom 04.05.1998 RK 08.05.1998 PAR 83/1 84/1 StGB

 

Geldstrafe von 60 Tags zu je 60,00 ATS (3.600,00 ATS) im NEF 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

 

Geldstrafe von 60 Tags zu je 60,00 ATS (3.600,00 ATS) im NEF 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre Jugendstraftat Vollzugsdatum 17.12.1998

 

zu LG STEYR 10 E VR 131/98 HV 16/98 08.05.1998

 

Unbedingter Teil der Strafe vollzogen am 17.12.1998

 

LG STEYR 10 E VR 131/98 vom 18.12.1998

 

zu LG STEYR 10 E VR 131/98 HV 16/98 08.05.1998

 

(Teil der) Geldstrafe nachgesehen, endgültig

 

Vollzugsdatum 17.12.1998

 

LG STEYR 10 E VR 131/98 vom 25.01.2010

 

 

 

03)LG STEYR 12 HV 1020/20011 vom 30.01.2002 RK 13.03.2002 PAR 28/2 U 3 28/2 U 3 SMG Freiheitsstrafe 8 Monate

 

Freiheitsstrafe 16 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

 

Vollzugsdatum 13.03.2002

 

zu LG STEYR 12 HV 1020/20011 13.03.2002

 

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

 

LG STEYR 12 HV 1020/2001 l/B vom 24.10.2005

 

zu LG STEYR 12 HV 1020/20011 13.03.2002

 

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

 

Vollzugsdatum 13.03.2002

 

LG STEYR 12 HV 1020/20011 vom 08.10.2007

 

04)BG ENNS 2 U 41/20051 vom 11.03.2005 RK 12.04.2005

 

PAR 133/1 StGB

 

Geldstrafe von 40 Tags zu je 18,00 EUR (720,00 EUR) im NEF 20 Tage

 

Ersatzfreiheitsstrafe

 

Vollzugsdatum 27.12.2006

 

 

 

05)BG ENNS 2 U 105/2005A vom 10.08.2005 RK 09.09.2005 PAR 27/1 SMG

 

Geldstrafe von 40 Tags zu je 18,00 EUR (720,00 EUR) im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

 

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG ENNS 2 U 41/20051 RK 12.04.2005 Vollzugsdatum 07.08.2006

 

 

 

06)LG F.STRAFS.GRAZ 8 HV 95/2009Y vom 18.11.2009 RK 24.11.2009 PAR 28 A/1 (4. FALL) 28 A ABS 4/3 SMG PAR 12 (3. FALL) StGB

 

PAR 28 A/1 (4. FALL) 28 A ABS 4/3 28 A ABS 2/1 (5. FALL) 27 ABS 1/1

 

(1.2. FALL) SMG

 

PAR 241 E/1 146 StGB

 

Datum der (letzten) Tat 02.04.2009

 

Freiheitsstrafe 2 Jahre 6 Monate

 

zu LG F.STRAFS.GRAZ 8 HV 95/2009Y 24.11.2009

 

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 26.04.2011 , bedingt, Probezeit 3

 

Jahre

 

Anordnung der Bewährungshilfe

 

LG STEYR 18 BE 21/2011G vom 27.01.2011

 

 

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes vom 27.10.2011, VwSen-730283/2/BP/Wu wurde die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt, unter anderem weil Sie mit X eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet haben und seit X 2011 eine gemeinsame Tochter haben."

 

(…)

 

"Das gegenständliche, am 27.10.2011 in zweiter Instanz erlassene Aufenthaltsverbot - befristet nunmehr auf 5 Jahre - wurde in erster Instanz auf § 60 Abs.1 und Abs.2 i. V. m. § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 in der damals in Geltung stehenden Fassung gestützt. Die Erlassung ist nunmehr, da auf Grund des durch die zwischenzeitige Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin geänderten Sachverhaltes § 65 b FPG einschlägig ist, im § 67 Abs. 1 FPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 38/2011 normiert."

 

(…)

 

"Dazu sagt der UVS im o. a. Erkenntnis, der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend, dass schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden dringend geboten ist, weil das maßgebliche öffentliche Interesse (an der Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz der Gesundheit) in diesen Fällen  unverhältnismäßig schwerer wiegt, als das private Interesse des Fremden.

 

Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, ganz gleich in welcher Form, ist schon deshalb dringend geboten, da der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wiederum vor allem bei Jugendlichen, führt.

 

Außerdem nimmt die mit dem Genuss von Suchtgiften einhergehende Suchtgiftkriminalität bereits Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen.

 

Nicht zuletzt bezeichnet auch der EuGH Suchtgifte als „Geißel der Menschheit". Ein geradezu klassisches Beispiel hierfür bildet fraglos der Suchtgifthandel, wobei der Antragsteller gerade im Bereich der Suchtgiftkriminalität aktiv wurde und deswegen auch verurteilt worden ist."

 

(…)

 

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 65 Abs. 1 FPG in der Fassung vor FrÄG 2011 kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

 

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt weiterhin zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens - § 66 FPG in der Fassung vor FrÄG 2011) zulässig ist.

 

 

 

Hier ist festzuhalten, dass der Regierungsvorlage zum FrÄG 2011 zur neuen Bestimmung des § 61 FPG zu entnehmen ist, dass diese neue Bestimmung wortwörtlich dem § 66 FPG entnommen wurde und als allgemeine Norm für alle im 8. Hauptstück normierten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen Fremde, die sich schon länger in Österreich aufhalten, gilt. Es wird lediglich eine neue Z. 9 angefügt, die ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden als zusätzliche Tatsache zur Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigen soll."

 

(…)

 

"Aus den Verurteilungen des LG Steyr wegen Suchtgifthandels im Jahr 2002, sowie weiteren Verurteilungen im Suchtgiftbereich 2005 durch das BG Enns und das LG Graz im Jahr 2009 kann, wie das auch der UVS OÖ in seinem Erkenntnis anspricht eine besonders gefestigte Zugehörigkeit zum Suchtgiftmilieu geschlossen werden.

 

 

 

Dies lässt eine persönliche Haltung erkennen, die den Grundregeln des Zusammenlebens in einer Gesellschaft fundamental zuwiderläuft. Ihr Gesamtverhalten lässt demnach eine deutliche Missachtung der Rechtsordnung und eine mangelnde Verbundenheit mit rechtlich geschützten Werten erkennen. Es bedarf daher eines geraumen Zeitraumes der Beobachtung eines Wohlverhaltens um sicherzustellen, dass Sie nicht neuerlich das von Ihnen gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen und um zu gewährleisten, dass Sie keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich mehr sein werden. Im Ergebnis ist daher bei der gegebenen Sachlage weiter davon auszugehen, dass Ihr, der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegendes persönliches Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität berührt.

 

Aufgrund dieser kriminellen Aktivität in Österreich kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Sie ein hohes kriminelles Potential aufweisen, welches mit Sicherheit geeignet ist wesentliche Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Suchtgiftdelikten und der Kriminalität überhaupt, zu beeinträchtigen bzw. zu gefährden.

 

 

 

Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose , ist nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche Öffentliche Interesse (an der Verhinderung von massiven qualifiziert strafbaren Handlungen im Suchtgiftbereich) in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten Interessen.

 

 

 

Es ist der seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichene Zeitraum noch viel zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen und kann in Anbetracht der Schwere Ihres Verbrechens nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, tatsächlich wieder (innerhalb der Befristung des Aufenthaltsverbotes) weggefallen sein werden. Das Aufenthaltsverbot wurde in erster Instanz für 10 Jahre befristet erlassen und jüngst mit Erkenntnis der zweiten Instanz vom 27.10.2011 (!) auf 5 Jahre herabgesetzt. Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um eine für Sie günstige Zukunftsprognose erstellen zu können.

 

 

 

Hier ist dezidiert darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die Zeiten eines behaupteten Wohlverhaltens in Haft außer Betracht zu bleiben haben, (vergl. VwGH vom 26.05.2003, ZI: 2003/18/0029) - Sie wurden erst am 26.04.2011 aus der Strafhaft entlassen.

 

 

 

Entscheidungsrelevant ist vor allem auch, dass Ihre damalige gesamte private und familiäre Situation in Österreich bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes von der zweitinstanzlichen Behörde berücksichtigt wurde (Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin, ein gemeinsames Kind mit dieser.) Hier ist auf die Begründung des vorgenannten Erkenntnisses des UVS OÖ. zu verweisen.

 

 

 

Auch im gegenständlichen Antrag machten Sie keine gegenteiligen Angaben. Daher kann in diesem Zusammenhang Ihre damalige Position, welche bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestand, auf Grund Ihrer Angaben im Antrag nicht entscheidungsrelevant gestärkt werden.

 

 

 

Auf Grund der bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch die Behörde durchgeführten gebotenen ordnungsgemäßen Interessensabwägung, kam diese zum Ergebnis, dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die von Ihnen ausgehende große Gefährlichkeit von Ihnen hingenommen werden müssen.

 

 

 

Bereits in der Begründung des Aufenthaltsverbotes wurde ausführlich dargelegt, warum es keinem Zweifel unterliegt, dass Ihr persönliches kriminelles Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt."

 

(…)

 

"Maßgeblich für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes und demzufolge für die zu treffende Prognose ist der Zeitpunkt der rechtskräftigen Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Auf diesen Zeitpunkt bezogen ist die relevante Gefährlichkeitsprognose unter Berücksichtigung aller bis dahin eingetretenen relevanten Umstände getroffen. Auf diesen Zeitpunkt ist hier abzustellen und sind die danach vorgebrachten Umstände einer Bewertung zu unterziehen.

 

 

 

Nach Ansicht der Behörde kann auch der von Ihnen behauptete Umstand, dass Sie in Österreich arbeiten und leben wollen, in keinster Weise einen Grund darstellen, das Aufenthaltsverbot aufzuheben.

 

Auch ist der verstrichene Zeitraum seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes viel zu kurz, um eine Änderung in den maßgeblichen Umständen (nur durch Zeitablauf) annehmen zu können.

 

 

 

Abschließend muss auch noch festgehalten werden, dass Sie auch nicht im Geringsten daran interessiert sind, fremdenpolizeiliche Entscheidungen österr. Behörden zu akzeptieren, was sich darin zeigt, dass Sie trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes in Österreich versucht haben einzureisen und deswegen von der GPl Flughafen Schwechat zurückgewiesen worden sind.

 

 

 

Da nun, wie sich aus Vorgesagtem ersehen lässt, die Gründe, die zur Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes führten, nicht weggefallen sind, war für die Behörde spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

 

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine rechtsfreundliche Vertreterin rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 11. Juli 2012.

 

Zunächst wird betreffend die Begründung auf den Schriftsatz des Antrages vom 7. Mai 2012 vollinhaltlich verwiesen.

 

 

Bislang sei das Recht des Bw auf ein Privat- und Familienleben, speziell aber auch das Recht des mj. Kindes auf persönliche Kontakte zu ihm, nahezu unberücksichtigt geblieben. Dabei sei vor allem auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, Nunez gegen Norwegen, Urteil vom 28.06.2011, Bsw. Nr. 55.597/09 zu verweisen. Nach dieser Entscheidung sei bei Ausweisungen von Elternteilen aus einem Land, in dem ihre mj. Kinder Staatsbürger seien, dem Kindeswohl gem. Artikel 8 EMRK stets ausreichendes Gewicht beizumessen. Das Wohl des Kleinkinds des Bw sei in den bisherigen Entscheidungen nicht berücksichtigt worden. Der EGMR habe in seiner zitierten Entscheidung ausdrücklich auf Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention verwiesen, wonach bei allen Maßnahmen, die Kinder beträfen, das Wohl des Kindes als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen sei. Das Kindeswohl sei bislang nicht berücksichtigt worden; es habe bei Beachtung des Wohls der Minderjährigen das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Bw zurückzutreten.

 

 

 

Der Bw habe sich in der Zwischenzeit in Österreich integriert, wie bereits mehrfach vorgebracht, eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und sei mittlerweile Vater eines minderjährigen österreichischen Kindes. Bei einer Rückkehr nach Österreich könnte er umgehend einer vollsozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, wodurch der Unterhalt seines Kindes gesichert wäre.

 

 

 

Der Ausspruch eines 5-jährigen Aufenthaltsverbots gegenüber dem Bw stelle gegenüber seiner mj. Tochter ohne Zweifel eine sehr weitreichende und tiefgreifende Maßnahme dar. Da seine Tochter als Folge des Aufenthaltsverbots aller Wahrscheinlichkeit nach über einen Zeitraum von 5 Jahren praktisch von ihrem Vater getrennt würde, was eine sehr lange Zeit für ein Kind in diesem Alter darstelle (vgl. Nunez gegen Norwegen).

 

 

 

Darüber hinaus bestehe keinerlei Garantie dafür, dass der Bw nach Ablauf des Aufenthaltsverbots nach Österreich zu seiner Tochter zurückkehren könne, weshalb es auch rein spekulativ sei, ob die Trennung des Antragstellers von seiner Tochter dauerhaft oder nur vorübergehend sein werde.

 

 

 

Auch der VwGH habe in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl. u.a. die Entscheidung 2009/21/0303) explizit dargelegt, dass die Ausweisung von Fremden im Sinne des FPG, wenn sie Eltern von Kindern mit österreichischer Staatsbürgerschaft seien, nur unter ganz strengen Kriterien zulässig sei. In dieser Entscheidung habe der VwGH explizit dargelegt, dass eine Ausweisung, wenn sie in das Privat- oder Familienleben eingreife, gem. § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig sei, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8 Abs, 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Bei dieser Beurteilung sei unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtige Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen, privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Wobei der Behörde bei der Entscheidung über eine Ausweisung Ermessen eingeräumt werde (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 05.07.2011, 2009/21/0156).

 

 

 

Eine derartige gewichtige Abwägung sei von der Erstbehörde nicht durchgeführt worden. Die Erstbehörde habe die behauptete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit des Bw mit Stehsätzen, wie sie in Bescheiden des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz öfters vorkämen, begründet, So etwa werde die Drogenkriminalität zu einer „Geißel der Menschheit" erklärt und ausgeführt, die Suchtgiftkriminalität nehme bereits Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führten. Eine Auseinandersetzung mit der konkreten familiären Situation sei nicht erfolgt.

 

 

 

Die vom VwGH mittlerweile in ständiger Rechtsprechung geforderte nähere Bedachtnahme auf die Lebensverhältnisse der Auszuweisenden und die damit einhergehende Begründung, weshalb die Beendigung des Aufenthalts und die damit verbundene Trennung von seinem österreichischen Kind dringend geboten im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG sei, sei von der Erstbehörde nicht vorgenommen worden. Die von der Erstbehörde vorgenommene „Abwägung" reiche dazu nicht aus.

 

 

 

Zudem sei von der Erstbehörde nicht darauf eingegangen worden, dass der Bw durch das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot über 5 Jahre keinen persönlichen Kontakt mit seiner Tochter pflegen könne, könne es doch seiner Gattin nicht zugemutet werden, mit der gemeinsamen Tochter von Österreich nach Bosnien zu verziehen. Zudem werde durch die Erlassung dieses Aufenthaltsverbots der Bw in seinem Grundrecht verletzt, persönlichen Kontakt zu seinem Kind zu haben.

 

 

 

Nur der Vollständigkeit halber werde hiezu ausgeführt, dass mit einem Kleinkind die Kommunikation via Telefon oder E-Mail einerseits unmöglich sei, andererseits auch den direkten persönlichen Kontakt nicht substituieren könne.

 

 

 

Wie bereits vorgebracht, sei es für die Gattin des Bw auch aus monetären Gründen nicht möglich, ihn in Bosnien zu besuchen.

 

 

 

Aus all diesen Gründen beantragt

 

der Bw, der Unabhängige Verwaltungssenat möge der Berufung des Antragstellers Folge geben und die bekämpfte Entscheidung des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz dahingehend abändern, dass das gegen den Antragsteller erlassene 5-jährige Aufenthaltsverbot aufgehoben wird,

 

in eventu,

 

die Dauer des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbots verkürzt wird.

 

 

 

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 12. Juli 2012 zur Entscheidungsfindung vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, zumal der entscheidungswesentliche Sachverhalt völlig unbestritten und geklärt ist, ja dem sachverhaltsbezogenen Vorbringen des Bw volle Glaubwürdigkeit zukommt, lediglich die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen war und auch die Akten erkennen lassen, dass eine allfällige weiterführende Erörterung für den Sachverhalt ergebnisneutral wäre. Im Übrigen wurde auch kein darauf gerichteter Parteienantrag gestellt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.3. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 50/2012 sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

 

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

 

3.1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides , mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde , nicht mehr überprüft werden kann , ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009 , 2008/22/0587 und vom 10.11.2009 , 2008/22/0848).

 

 

 

3.1.3. An dieser Stelle sei bereits auf den Eventualantrag - der die Verkürzung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes abzielt, eingegangen und festgestellt, dass die Norm des § 69 Abs. 2 FPG hiefür keinerlei Rechtsgrundlage bildet, weshalb – korrespondierend zur ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte – ein derartiger Antrag als unzulässig zurückzuweisen ist, weshalb dies im Spruch dieses Erkenntnisses konsequenter Weise abzusprechen war.

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw als Ehegatte einer österreichischen Staatsangehörigen gemäß § 65b FPG betreffend die Beurteilung eines Aufenthaltsverbotes unter den "Begünstigtenkreis" des § 67 FPG zu zählen ist, weshalb für eine allfällige Aufhebung § 69 Abs. 2 FPG einschlägig ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat sich darüber hinaus mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.2. Bei der Beurteilung des Falls ist also zunächst auf die Gründe einzugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben. Dazu sei insbesondere auf die Begründung des Erkenntnisses vom 27. Oktober 2011 verwiesen, die hier auszugsweise wiedergegeben wird. :

 

"Nachdem der Bw seit rund 20 Jahren im Bundesgebiet aufhältig ist, kommt der besonders erhöhte Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1, 5. Satz FPG zum Tragen, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen Personen, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, dann zulässig ist, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

 

Zunächst ist das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik näher auszulegen. Es muss sich demnach um eine Gefährdung eines Sicherheitsinteresses der Republik handeln, das seiner Natur nach ein nicht punktuelles sondern ein, der Beeinträchtigung nach, breit gestreutes Phänomen darstellt und bei dem der Staat ein besonders hohes Interesse haben muss, dessen Bedrohung und Verletzung nachhaltig und effektiv abzuwenden.

 

Ein geradezu klassisches Beispiel hiefür bildet fraglos der Suchtgifthandel. Dies hat nicht nur der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof festgestellt.

(…)

Dies gilt wohl nicht so sehr für den Drogen-Eigenkonsum, sondern insbesondere für den Handel mit Suchtgiften.

 

Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, dass der Bw wiederholt gerade im Bereich der Suchtgiftkriminalität aktiv wurde. Schon im Jahr 2002 war er wegen Suchtgifthandels zu 2 Jahren Freiheitsstrafe, davon 16 Monate bedingt verurteilt worden. Die damalige Freiheitsstrafe war nicht dazu angetan, den Bw, dessen kriminelles Vorleben bis ins Jahr 1995 zurückreicht, von weiteren Delikten abzuhalten. So folgten alleine im Suchtgiftbereich eine Verurteilung aus dem Jahr 2005 und noch eine weitere aus dem Jahr 2009, die allerdings eine besonders gefestigte Zugehörigkeit des Bw zum Suchtgiftmilieu manifestiert. Damit einhergehend zeigten sich auch verschiedene – durchaus häufig mit der Suchtgiftkriminalität einhergehende – Eigentumsdelikte.

 

Wenn nun in der Berufung angeführt wird, dass der Bw im Urteil des LG Graz fälschlich zu hoch bestraft worden sei und insbesondere versucht wird, das Tatbild des "Anbietens" herunterzuspielen, wirft dies kein adäquates Bild auf den vorgebrachten Gesinnungswandel, sondern lässt vielmehr den Schluss zu, dass der Bw das volle Unrecht seiner Tat auch jetzt noch nicht erkennen kann. Dem Argument, er sei durch die Strafhaft eines besseren belehrt worden, ist entgegenzuhalten, dass die erste diesbezügliche Strafhaft im Jahr 2002 nicht von dem nunmehr postulierten Erfolg gekrönt war. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob der Bw damals in der Lage gewesen wäre, die von den verdeckten Ermittlern avisierte Suchtgiftmenge aufzubringen oder nicht; einerseits war er ohnehin nur als Beitragstäter eingebunden und somit auch nicht der für die Aufbringung der Suchtgifte Verantwortliche, wobei bei der Beitragstäterschaft der Unrechtsgehalt ja in der Unterstützung der Straftat liegt; andererseits verwirklichte er – wie sich aus dem Akt ergibt – auch eigenständig das Delikt des Suchtgifthandels. Für die Gesamtbeurteilung hier von Bedeutung ist die Verfestigung des Bw im Milieu selbst.

(…)

Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

 

Dazu wird teils auf die obigen Feststellungen verwiesen und zudem angemerkt, dass keinerlei stichhaltige Gründe auszumachen sind, dass der Bw tatsächlich seine rund 15-jährige "kriminelle Laufbahn" hinter sich gelassen hätte. Angesichts der von ihm verwirklichten Delikte und der Tatsache, dass er sich erst seit einem halben Jahr wieder in Freiheit befindet, wäre ein solcher Schluss ohnehin zu früh. Die Tatsache allein, dass er in diesem halben Jahr nicht wieder belangt wurde, ist für eine positive Zukunftsprognose nicht ausreichend. Im Gegensatz dazu muss – ohne den Grundsatz "in dubio pro reo" außer Acht zu lassen, auch weiterhin von einem akuten, nachhaltigen und besonders hohen Gefährdungspotential für die Sicherheit der Republik Österreich ausgegangen werden, weshalb die Tatbestände des § 67 Abs. 1 FPG als gegeben anzunehmen sind."

 

3.2.3. In der ggst. Berufung finden sich absolut keinerlei Hinweise darauf, dass das oben beschriebene Gefährdungspotential auch nur ansatzweise eine geänderte Beurteilung erfahren könnte.

 

Auch der Versuch des Bw entgegen dem bestehenden Aufenthaltsverbot ins Bundesgebiet illegal einzureisen ist keinesfalls dazu geeignet eine modifizierte Einstellung des Bw zu rechtlich geschützten Werten annehmen zu lassen.

 

Weiterhin aufrecht erhalten werden muss die Feststellung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Wegfall des vom Bw ausgehenden Gefährdungspotentials nicht absehbar ist.

 

Angemerkt sei auch hier schon, dass in der Berufung offenbar verkannt wird, dass mit einem Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes dieses selbst mit Blick auf dessen Rechtskraft nicht angegriffen werden kann.

 

3.3.1. Letztere Feststellung gilt insbesondere für die Beurteilung der Änderung der Umstände im Privat- und Familienleben des Bw. Schon im Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, zu VwSen-730283, erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit den persönlichen Interessen des Bw, dessen Gattin und dessen damals neugeborenen Kind.

 

3.3.2. "Es steht außer Frage, dass das in Rede stehende Aufenthaltsverbot massiv sowohl in das Privat- als auch Familienleben des Bw eingreift. Er ist seit einem Jahr verheiratet und lebt seit einem halben Jahr auch mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt. Seit X 2011 haben die Eheleute auch eine gemeinsame Tochter. Der Bw selbst lebt seit rund 20 Jahren in Österreich, hat hier seine Schulausbildung abgeschlossen und ist sowohl beruflich als auch sozial völlig integriert. Diese Feststellung relativiert sich aber dadurch merklich, dass der Bw zwar mit 10 Jahren ins Bundesgebiet kam, seit seinem 15. Lebensjahr jedoch auch regelmäßig straffällig wurde und dies über weitere 15 Jahre beibehielt. Sein Aufenthalt war grundsätzlich rechtmäßig und er beherrscht die deutsche Sprache. Seine Familie lebt sämtlich im Bundesgebiet.

 

Es kann aber auch festgestellt werden, dass der Bw bis zu seinem 10. Lebensjahr in seinem Herkunftsstaat lebte, was für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht unwesentlich ist, da er in den ersten 10 Lebensjahren in der Lage war, die Kultur und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seiner Heimat kennenzulernen. Eine Reintegration ist daher – wenn auch unter manchen Schwierigkeiten – durchaus nicht undenkbar.

 

Im vorliegenden Fall sind aber auch die Interessen der österreichischen Ehefrau und des Kindes zu erörtern (vgl. § 61 Abs. 3 FPG). Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Eheschließung mit der österreichischen Ehegattin erst im X 2010 stattfand, zu einem Zeitpunkt also, in dem der Bw schon aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung mit der fremdenpolizeilichen Maßnahme rechnen musste. Das Aufenthaltsverbot war gegen ihn schon ausgesprochen. Dessen musste sich auch die Ehegattin bewusst sein und ist wohl in Bedachtnahme auf die allfällige Außerlandesschaffung des Bw die Ehe eingegangen. Würde man dieser Ansicht nicht folgen, müsste man generell bejahen, dass – ohne Interessensabwägung – stets bei Vorliegen einer Ehe zwischen Drittstaatsangehörigen und Österreichern jegliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu unterbleiben hätten. Das Interesse der kürzlich geborenen Tochter am Verbleib des Vaters im Bundesgebiet ist zwar fraglos als hoch und schützenswert zu qualifizieren, allerdings gilt hier ebenfalls die obige Feststellung. Unter den besonderen gegebenen Umständen dieses Falles kann sich der Bw also auch nicht durchschlagend auf das Privat- und Familienleben seiner Gattin bzw. Tochter berufen. Für den Fall, dass er beim Verlassen des Bundesgebietes nicht von der Kernfamilie begleitet werden sollte, ist er auf die Möglichkeiten der modernen Kommunikationsmittel angewiesen, um den Kontakt aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus wird aber bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes auf die Interessen der Familienangehörigen Rücksicht zu nehmen sein.

 

Angesichts der massiven Straffälligkeiten des Bw und dem damit verbundenen Interesse des Staates an seiner dauerhaften Außerlandesschaffung ist festzuhalten, dass, obwohl von einem besonders drastischem Maß an persönlicher Beeinträchtigung des Lebens durch die Maßnahme auszugehen ist, das öffentliche Interesse als noch höherrangig einzuschätzen ist."

 

3.3.3. Daraus wird also ersichtlich, dass sowohl die Interessen der Gattin als auch der Tochter im zugrundeliegenden Erkenntnis des UVS schon berücksichtigt wurden, wenn diese auch hinter das massive öffentliche Interesse an der dauerhaften Außerlandesschaffung des Bw zurücktreten mussten.

 

Nochmals sei betont, dass keinesfalls verkannt wird, dass gerade für das neugeborene (bzw. einjährige Kind) die Absenz des Vaters besonders negativ wirkt, weshalb im Übrigen diesem Umstand auch dadurch Rechnung getragen wurde, dass die ursprünglich erstinstanzlich verhängte Dauer von 10 Jahren herabgesetzt wurde. Alleine, den Grund für die Trennung von seiner Tochter muss der Bw primär bei sich selbst und seinem Verhalten suchen. Wie schon im zitierten Erkenntnis angeführt, würde eine andere Betrachtungsweise jegliche Interessensabwägung ad absurdum führen. In diesem Sinne ist auch festzuhalten, dass die vom Bw ins Treffen geführte Judikatur des EGMR bzw. des VwGH nicht auf Fälle bezogen ist, bei denen es um die Aufhebung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes geht, sondern um solche, bei denen erst die Interessensabwägung im Vorfeld der Verhängung der Maßnahme zu erörtern ist.

 

Der Umstand, dass der Bw im Gegensatz zu Bosnien in Österreich eine Arbeit finden könnte, wurde ebenfalls schon berücksichtigt, indem die Rückkehr als durchaus nicht unaufwändig erkannt wurde. Dass sich die politischen Verhältnisse in seiner Heimat geändert haben, wird grundsätzlich anerkannt; dieser Umstand war aber auch schon bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes bekannt und bleibt die Feststellung sohin weiterhin aufrecht, dass eine Grundintegration sprachlich und kulturell in seiner Kindheit erfolgte.

 

3.3.4. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keinerlei Gründe ausgemacht werden können, die eine geänderte Beurteilung der Situation des Bw und seiner Familie erlauben würde. Das hier höherrangige öffentliche Interesse im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert ein Aufrechterhalten der fremdenpolizeilichen Maßnahme.

 

3.4.1. Es war daher der Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen, der Antrag auf Verkürzung der Gültigkeitsdauer jedoch als unzulässig zurückzuweisen.    

 

3.4.2. Nachdem der Bw der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59Abs. 1 FPG die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides unterbleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

Bernhard Pree

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VfGH vom 10. Oktober 2012, Zl.: B 1175/12-3

 

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