Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231309/2/Gf/Rt

Linz, 20.08.2012

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des S, vertreten durch RA Mag. Z, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 19. Juni 2012, Zl. Sich96-182-2011, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.      

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 19. Juni 2012, Zl. Sich96-182-2011, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 90 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 6 Euro) verhängt, weil er am 15. August 2011 gegen 1:40 Uhr in Freistadt zwei Fußgänger grundlos angegriffen und diesen Ohrfeigen versetzt habe, wodurch er die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 133/2009 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund entsprechender zeugenschaftlicher Wahrnehmungen als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei eine einschlägige Vormerkung als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die von ihm angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 22. Juni 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 4. Juli 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er bereits in einer telefonischen Stellungnahme unter Hinweis auf einen Entlastungszeugen angegeben habe, zum Tatzeitpunkt nicht am Vorfallsort gewesen zu sein.

Da die belangte Behörde wesentliche Verfahrensfehler begangen und insbesondere keine objektive Beweiswürdigung vorgenommen habe, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu Zl. Sich96-182-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 81 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall geht aus dem von der belangten Behörde übermittelten Akt hervor, dass diese erstmals am 13. August 2012 – also jeweils erst nach der Einbringung der vorliegenden Berufung – jene drei Personen zeugenschaftlich einvernommen hat, die seinerzeit von der dem Rechtsmittelwerber angelasteten Tat unmittelbar betroffen waren bzw. diese zur Anzeige gebracht haben.

 

Dieser Umstand stellt zwar für sich betrachtet noch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, weil der Erstbehörde eine derartige Vorgehensweise prinzipiell schon deshalb zukommt, da diese gemäß § 24 VStG i.V.m. § 64a AVG eine Berufung binnen zwei Monaten nach deren Einlangen (nicht bloß ausnahmsweise, sonder sogar vorrangig) auch selbst – nämlich durch Berufungsvorentscheidung – erledigen, d.h. den angefochtenen Bescheid "nach der Vornahme notwendiger Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens" u.a. auch "in jeder Richtung abändern" kann.

 

Allerdings ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein Hinweis dafür, dass diese nachträglichen Ermittlungsergebnisse in der Folge dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt worden wäre(n), hierzu entsprechend Stellung zu nehmen. Vor diesem Hintergrund können diese Zeugenaussagen aber im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung – und erst recht im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat – nicht verwendet, insbesondere einer reformatorischen Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden.

 

3.3. Unter diesem Aspekt trifft sohin der Vorwurf des Rechtsmittelwerbers, dass dem angefochtenen Straferkenntnis ein wesentlicher Verfahrensfehler zu Grunde liege, im Ergebnis zu, weshalb dieses gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als rechtswidrig aufzuheben war.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird daher die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zunächst die Ergebnisse des nachträglichen Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis zu bringen und ihm gleichzeitig die Möglichkeit einzuräumen zu haben, hierzu entsprechend Stellung nehmen zu können.

 

In der Folge wird die Erstbehörde sodann aus eigenem zu beurteilen zu haben, ob und in welchen Umfang sie das Strafverfahren (durch Berufungsvorentscheidung oder neuerliche Vorlage der Berufung an den Oö. Verwaltungssenat) weiterführt bzw. gegebenenfalls (z.B. wegen Nichterwiesenheit der Tat i.S.d. Art. 6 Abs. 2 EMRK) zur Einstellung bringt.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

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