Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-590315/3/MB/WU

Linz, 17.07.2012

 

 

Beschluss

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über eine Berufung im Namen der X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 30. April 2012, GZ: 0115225/2007, mit dem einem Einspruch betreffend die Zahlung der Pflege-(Sonder-) Gebühren in Höhe von 159,69 Euro zur Zahlung nach dem Oö. Krankenanstaltengesetz Folge gegeben wurde, beschlossen:

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 iVm 10 AVG 1991 in der Fassung BGBl. I. Nr. 5/2008 iVm. § 56 Abs. 8 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997, LGBl. Nr. 132/1997 idgF. LGBl. Nr. 60/2010.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 30. April 2012, GZ.: 0115225/2007, wurde über den Einspruch von Frau X vom 13. September 2007 betreffend die Pflegegebührenrechnung der X vom 7. September 2007 in der Höhe von Euro 159,69 entschieden und ausgesprochen, dass dem Einspruch gem. § 51 Abs. 6 und 7 iVm. §§ 55 Abs. 1 und 52 des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1997, LGBl 132/1997 idgF Folge zu geben sei und daher die angesprochene Person nicht zur Zahlung des in der Rechnung dargelegten Betrages verpflichtet werde.

 

Zum Verfahrensgang und Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass der Pflegegebührenkostenbeitrag durch den stationären Aufenthalt des Sohnes X im Zeitraum von 29. Jänner 2006 bis 20. Februar 2006 im rechnungslegenden Krankenhaus (X) angefallen sei und Frau X mit der Pflegegebührenrechnung vom 7. September 2007 vorgeschrieben worden sei. Dagegen habe Frau X innerhalb offener Frist Einspruch erhoben und begründe diesen im Wesentlichen damit, dass sie selbst nie Patientin in der X gewesen sei und auch keine Forderungen gegen ihren verstorbenen Sohn übernehme. Weiters führe sie aus, dass ihr Sohn zum Zeitpunkt der Behandlung über Einkünfte zur Begleichung der Forderung verfügt habe. Es habe demnach zu keinem Zeitpunkt eine Unterhaltspflicht Bestand gehabt.

 

Nach Nennung der relevanten Rechtsgrundlagen begründet die belangte Behörde, dass die rechnungslegende Krankenanstalt in der Rechnung anführe, dass der beitragspflichtige Patient am 12. Oktober 2006 verstorben sei. Gestützt auf § 56 Abs. 7 Oö. KAG in Verbindung mit § 140 ABGB sei daher der ausständige Beitrag Frau X als Mutter des verstorbenen Patienten vorzuschreiben gewesen. § 140 ABGB, auf den die rechnungslegende Krankenanstalt ihre Forderung (in Verbindung mit § 56 Abs. 7 Oö. KAG) stütze, behandele in diesem Zusammenhang die Unterhaltsverpflichtungen zwischen Eltern und deren Kindern. Danach schulden Eltern ihren Kindern unter Berücksichtigung ihrer Lebensverhältnisse den Unterhalt. Der Anspruch auf Unterhalt mindere sich aber insoweit, als das Kind über eigene Einkünfte verfüge oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig sei. Seitens der rechnungslegenden Krankenanstalt seien in diesem speziellen Zusammenhang aber keine Tatsachen vorgebracht worden, die auf eine fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit schließen lassen. Vielmehr sei die Behörde dem Argument im Einspruch gefolgt, dass der Verstorbene im Zeitpunkt der Behandlung (und damit bei Rechnungslegung und Entstehung der Forderung) über Einkünfte und Vermögen verfügt habe. Eine Unterhaltsverpflichtung der Mutter haber daher zu diesem Zeitpunkt nicht entstehen können. Nach Ableben des Patienten wiederum könne eine Verpflichtung gem. § 140 ABGB auch nicht mehr entstehen, da es sich um Beistandspflichten handle und nicht um Haftungsübernahmen. Es sei daher dem Einspruch stattzugeben gewesen und war spruchgemäß zu entscheiden.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid – der X am 2. Mai 2012 zugestellt wurde – wurde mit Schreiben vom 15. Mai 2012, unterfertigt von ppa X und X auf dem Briefpapier der X, fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

Darin wird der in Rede stehende Bescheid vollinhaltlich angefochten und vorgebracht, dass die Behörde nicht einfach feststellen könne, dass der Verstorbene im Zeitpunkt der Behandlung (und damit bei Rechnungslegung und Entstehung der Forderung) über Einkünfte und Vermögen verfügt habe und daher eine Unterhaltsverpflichtung der Mutter nicht entstehen konnte. Solche würden nur aufgrund eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens getroffen werden können, in welchem Beweise aufgenommen werden müssen. Dies falle ausschließlich in die Kompetenz der dafür zuständigen Behörde, die aufgrund von Tatsachenfeststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen (Begründungen) dann die entsprechenden Entscheidungen zu treffen habe.

 

Im gegenständlichen Bescheid könne überhaupt kein Hinweis darauf gefunden werden, dass in irgendeiner Form seitens der Behörde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Vielmehr sei festgehalten worden, dass seitens der rechnungslegenden Krankenanstalt keine Tatsachen vorgebracht wurden, die auf eine fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit schließen lassen können. Dem sei jedoch entgegen zu halten, dass schon allein die Tatsache, dass der Patient nicht in der Lage war die Krankenhausrechnung zu bezahlen, ein Hinweis auf eine fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit sei.

 

Des Weiteren werde seitens der X darauf hingewiesen, dass im § 55 Abs. 2 Oö. KAG 1997 von unterhaltspflichtigen Personen gesprochen werde. Im Gesetz werde an keiner Stelle normiert, dass eine Voraussetzung für die Unterhaltspflicht nach § 55 Abs. 2 Oö. KAG 1997 die tatsächliche Unterhaltsleistung sei. Das Gesetz gehe immer nur davon aus, dass dann, wenn die Voraussetzungen auf Seiten der unterhaltsberechtigten Person vorliegen würden, eine entsprechende Unterhaltspflicht dieser Personen zum Tragen käme. Eine solche Unterhaltspflicht komme eben auch bei den von der unterhaltsberechtigten Person nicht bezahlten Pflege-(Sonder-)Gebühren zum Tragen.

 

Auch könne die Feststellung der Behörde, dass nach Ableben des Patienten eine Verpflichtung nach § 140 ABGB nicht mehr entstehen könne, seitens der X nicht nachvollzogen werden. Es sei nie behauptet worden, dass eine solche Unterhaltspflicht nach dem Ableben des Patienten entstehe, vielmehr sei die Begründung einer solchen Unterhaltspflicht unabhängig von einem eventuellen Ableben des Verpflichteten. Es komme einzig und allein darauf an, ob es unterhaltspflichtige Personen gäbe. Die Begründung der Behörde sei daher aus den angegebenen Gründen schlichtweg falsch.

 

Aus den oben angeführten Gesetzesbestimmungen ergebe sich daher eindeutig, dass die Mutter die Pflege-(Sonder-)Gebühren zu bezahlen habe.

 

Aufgrund der obigen Ausführungen ergehe daher der Antrag der Berufung vollinhaltlich stattzugeben und den oben angeführten Bescheid der Gestalt abzuändern, sodass dem Antrag der X stattgegeben werde.

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte den bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat, sodass dieser am 24. Mai 2012 einlangte.

 

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei und unwidersprochen ergibt, im Verfahren lediglich Rechtsfragen zu klären waren, konnte im Übrigen gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem aus den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses ersichtlichen entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist im vorliegenden Fall zur Entscheidung durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied berufen (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 56 Abs. 8 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 – Oö. KAG, LGBl. Nr. 132/1997 idgF. LGBl. Nr. 60/2010 kann gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß Abs. 7. leg. cit. Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden.

 

Daraus folgt zunächst, dass der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung über das fristgerecht eingebrachte Rechtsmittel im vorliegenden Fall berufen ist.

 

3.2. Gemäß § 55 Abs. 1 Oö. KAG ist zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt angelaufenen Pflege-(Sonder-) Gebühren in erster Linie der Patient selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere physische oder juristische Person aufgrund sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen, sonstiger gesetzlicher Vorschriften oder vertraglich ganz oder teilweise dazu verpflichtet ist oder dafür Ersatz zu leisten hat.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind, sofern die Pflege-(sonder-) Gebühren nicht beim Patienten selbst oder bei den sonstigen in Abs. 1 genannten Personen hereingebracht werden können, zum Ersatz die für ihn unterhaltspflichtigen Personen heranzuziehen. § 47 Abs. 3 Z. 1 und 2 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 gilt sinngemäß.  

 

Gemäß § 47 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz dürfen zum Ersatz nicht herangezogen werden

1. Großeltern und Enkel des Hilfeempfängers

2. Minderjährige für soziale Hilfe, die ihren Eltern (einem Elternteil) geleistet wurde.

 

3.3.1. Im vorliegenden Fall stellt sich nun aber zuvorderst die Frage, inwiefern die Berufung für den grundsätzlich tauglichen Rechtsträger (X) rechtswirksam zurechenbar eingebracht wurde.

 

Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie gemäß § 9 AVG von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

 

3.3.2. Diesbezüglich entspricht es der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, dass die Privatrechtordung Personengemeinschaften und Sachgesamtheiten Rechtspersönlichkeit verleiht. Daher können u.a. auch verschiedene Arten von wirtschaftlichen Vereinen, wie eine Aktiengesellschaft, in einem Verwaltungsverfahren Parteistellung haben. Allerdings können diese keinesfalls selbst handeln und sind daher generell prozessunfähig. Sie können allein durch die nach ihren Organisationsvorschriften zuständigen Organe als ihre Vertreter handeln.

 

3.3.3. Gem. § 71 Aktiengesetz – AktG, BGBl 98/1965, zuletzt geändert durch BGBl I 98/2011, wird die Aktiengesellschaft durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die Satzung kann, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, auch bestimmen, dass einzelne von diesen allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind; es muss aber in jedem Fall die Möglichkeit bestehen, dass die Gesellschaft vom Vorstand auch ohne die Mitwirkung eines Prokuristen vertreten werden kann. Gleiches kann der Aufsichtsrat bestimmen, wenn die Satzung ihn hierzu ermächtigt. Gem. § 72 AktG hat der Vorstand in der Weise zu zeichnen, dass die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft oder zu der Benennung des Vorstandes ihre Namensunterschrift hinzufügen.

 

Dementsprechend ist im aktuellen Firmenbuchauszug hinsichtlich der Vertretungsbefugnis vermerkt, dass die in Rede stehende Gesellschaft "durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten" wird. Weiters werden zwei Vorstandsmitglieder namentlich genannt, die jeweils "gemeinsam mit dem zweiten Vorstandsmitglied oder gemeinsam mit einem Prokuristen" vertreten. Auch werden fünf Prokuristen angeführt, die jeweils nur "gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied oder einem weiteren Prokuristen" vertreten können.

 

3.4. Aufgrund der dargestellten Organisationsvorschriften ist somit eine rechtmäßige Vertretung der X nur durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen oder gemeinsam durch zwei Prokuristen möglich.

 

3.5. Im gegenständlichen Verfahren wurde nun die Berufung durch eine Paraphe über dem Fertigungshinweis "i.A. X – Referentin Rechtsabteilung" gefertigt. Zusätzlich dazu findet sich eine Unterschrift über dem Fertigungshinweis "ppa. X – Leiter Rechtsabteilung".

 

Insofern ist ersichtlich, dass in diesem Fall das in der Satzung – aber auch im Gesetz – festgelegte "Vieraugenprinzip" verletzt wurde, zumal lediglich ein Prokurist unterfertigte. Die zweite Prokuristen- bzw. Vorstandsunterschrift/paraphe fehlt auf der eingebrachten Berufung vom 15. Mai 2012.

 

Dieser Mangel stellt sich auch als nicht verbesserungsfähig dar. Einerseits besteht eine derartige Vertretungskonstellation auch schon zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung nicht, und liegt der Mangel daher auch nicht in der fehlenden oder falschen Dokumentation derselben, andererseits kann auch die zivilrechtliche Konstruktion der "schwebenden Unwirksamkeit" des so "zu Stande gekommenen" Rechtsgeschäftes keine zu "heilende" rechtliche Situation bewirken, da das Gesellschaftsrecht eine solche Figur nicht kennt (siehe allgemein § 865 ABGB).

 

3.6. Aber auch aus der Anführung der Paraphe über dem Fertigungshinweis "i.A. X – Referentin Rechtsabteilung" kann nicht geschlossen werden, dass die paraphierende Person sich auf die notwendige Handlungsvollmacht beruft oder diese gar offenlegt. Dies erschließt sich aus dem Schreiben selbst, aber auch aus dem bisherigen Verfahrensgang.

 

Abstellend auf den Wortlaut des Fertigungshinweises ist davon auszugehen, dass die Referentin der Rechtsabteilung "im Auftrag" des ebenfalls zeichnenden Prokuristen (Leiter der Rechtsabteilung) mit unterfertigt hat und sich eben auf keine Handlungsvollmacht stützt und auch diese nicht offenlegt.

 

Aber auch die zweite, aus dem Schreiben abzuleitende Variante, dass die Referentin der Rechtsabteilung im Auftrag der – keine Rechtspersönlichkeit besitzenden – X gehandelt hat (arg. "[...], dass dem Antrag der X stattgegeben wird.") führt nicht zur geforderten Vollmachtsbekundung.

 

Erhärtet wird dieses Ergebnis dadurch, dass bereits im vorangegangenen Devolutionsverfahren ebenfalls mit "i.A." gefertigt wurde und insofern seitens des Oö. Verwaltungssenates in diese Richtung Bedenken geäußert wurden (vgl. VwSen 600109 vom 20. März 2012). Eine Veränderung der Fertigung erfolgte aber nicht.

 

3.7. Da somit im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung kein taugliches Vollmachtsverhältnis bestanden hat bzw. auch keine der Verbesserung zugängliche Vertretungskonstellation nach der Satzung der X vorhanden ist, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühren) angefallen.

 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum