Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750034/2/SR/WU

Linz, 18.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X, geboren am X, Staatsangehörige von Sierra Leone, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13 April 2012, GZ Sich96-150-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis    aufgehoben.

 

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 120 Abs. 7 FPG.

Zu II.: § 64ff. VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13. April 2012, GZ.: Sich96-124-2012, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 333 Stunden) gemäß "§ 15 Abs. 2 iVm 120 Abs. 1 Z. 2 FPG BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F." und eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 333 Stunden) gemäß "§ 15 Abs. 1 iVm 120 Abs. 1 Z. 1 FPG BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F." verhängt, da sie sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte (Spruchpunkt 1) und nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sei (Spruchpunkt 2).

In der Begründung stellte die belangte Behörde auf Strafbestimmungen ab, die nur bis zum Inkrafttreten des FRÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, in Geltung standen und verhängte darauf gestützt die oben wiedergegebenen Verwaltungsstrafen.

 

2. Die Zustellung des Straferkenntnisses an die Bw erfolgte am 17. April 2012 zu eigenen Handen in der Erstaufnahme X in X.

 

2.1. Dagegen erhob die Bw mit Schreiben vom 19. April 2012 fristgerecht Berufung. Begründend führte sie aus, dass sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und sich bereits im zugelassenen Verfahren befinde. Bedingt durch ihre Verletzungen habe sie nicht bereits früher einen Asylantrag stellen und auch keine Stellungnahme abgeben können.

 

Aus den genannten Gründen wurde u.a. der Antrag gestellt, dass Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

3. Mit Schreiben vom 27. April 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und tätigte weitergehende Ermittlungen.

 

Laut ZMR-Anfrage vom 18. Juli 2012 ist die Bw seit dem 24. April 2012 durchgehend in Österreich aufrecht gemeldet.

 

Die EKIS-Abfrage (AI/Fi) am 18. Juli 2012 ergab, dass sich die Bw im Asylverfahren (AI 12 01.767, Antrag gestellt am 9. Februar 2012) befindet, ihr Antrag zum Verfahren zugelassen worden ist und sie über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt.

 

3.2. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt und den unter Punkt 3.1. dargestellten Ermittlungsergebnissen aus.

3.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 100 Euro bis zu 1.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Fremder nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist. 

 

Gemäß § 15 Abs. 1 FPG brauchen Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das und zur Ausreise aus dem Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).

 

Gemäß § 15 Abs. 2 FPG brauchen passpflichtige Fremde, soweit dies nicht durch Bundesgesetz, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen oder durch unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Europäischen Union anders bestimmt ist, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein Visum (Visumpflicht). Fremde, die eine gültige Aufenthaltsberechtigung, eine besondere Bewilligung während 18 Monaten nach einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder nach Ausreise aufgrund einer Ausweisung oder eine Bewilligung zur Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes innehaben, entsprechen der Visumpflicht.

 

Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis zu 7 500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 120 Abs. 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011 liegt eine Verwaltungsübertretung nach "Abs. 1 oder 1a" nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Im Hinblick auf das unbestritten anhängige Asylverfahren ist es der belangten Behörde verwehrt ein Straferkenntnis, gestützt auf § 120 Abs. 1 oder 1a FPG, zu erlassen.

 

4.3. Es war daher – ohne auf die Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war nicht zu verfügen, da dieses nach Abschluss des Asylverfahrens allenfalls weiterzuführen ist.

 

5. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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