Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750051/2/BP/JO

Linz, 01.08.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geboren am X, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 4. Juni 2012, GZ.: Sich96-622-2010, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

            I.      Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm.

          § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

Zu II.: § 64ff. VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 4. Juni 2012, GZ.: Sich96-622-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 333 Stunden verhängt. Die belangte Behörde führt dabei als "Spruch" unter der Überschrift Straferkenntnis wie folgt aus:

"Anlässlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am 24.10. 2010 um  8.34 Uhr in Enns, auf der Autobahn A 1, bei StrKm.: X auf dem Parkplatz X, Richtungsfahrbahn Wien, wurde von Beamten der Autobahnpolizeiinspektion Haid festgestellt, dass Sie sich als Fremder nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für 10 Jahre, ausgestellt von der Bundespolizeidirektion Wien per Berufungsbescheid vom 17.10.2010, GZ. E1/430.991/2009, am 24. 20. 2010 unerlaubt im Bundesgebiet der republik Österreich aufhielten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 31 Abs.1 Z1, iVm. § 120 Abs.1 Z1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF."

 

1.2. Gegen dieses - dem Rechtsvertreter des Bw offensichtlich am 18. Juli 2012 zugestellte - Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

Darin ficht der Bw das in Rede stehende Straferkenntnis in vollem Umfang an und stellt abschließend die Anträge, das in Rede stehende Straferkenntnis, allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu auf Anwendung des
§ 21 VStG; in eventu auf Herabsetzung der Strafhöhe.  

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 25. Juli 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung der Entscheidung in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

 

Gemäß § 120 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 begeht wer als Fremder

1. nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist oder

2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält,

eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der für den Tatzeitraum relevanten Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

3.1.2. Die belangte Behörde hatte in ihrem Straferkenntnis zwar unter den Rechtsgrundlagen explizit das FPG in der geltenden Fassung herangezogen, jedoch die Bestimmung in der Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009, mit der darin enthaltenen Strafdrohung als Grundlage für die Strafbemessung gewählt. Die jedenfalls für den Bw günstigere Norm im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG wäre jedoch   § 120 Abs. 1a FPG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 50/2011.

 

Demnach wäre als Strafrahmen eine Geldstrafe von 500 bis 2.500 Euro als hier relevante Strafdrohung anzusehen.

 

3.1.3. Aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, kundgemacht mit BGBl. I Nr. 17/2011, das auf alle anhängigen Verfahren anzuwenden war, entfiel die Mindeststrafe von 1.000 Euro. Die günstigere Norm im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG ist somit § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung.

 

3.1.4. Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche     Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung      bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine         Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung   gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3      AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis         zu sechs Monaten, innehaben oder

7.      soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bw stellt sich nun zunächst die Frage, ob der Spruch des in Rede stehenden Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG genügt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, 2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Tatanlastung des angefochtenen Erkenntnisses jedoch nur auf die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des Bw im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG und ein bestehendes Aufenthaltsverbot bzw. das Nicht-Entsprechen einer Ausreiseverpflichtung durch den Bw, ohne dass auf die Alternativen des § 31 Abs. 1 FPG konkret eingegangen bzw. diese verneint werden. Es mangelt dem Spruch daher insgesamt an der erforderlichen Konkretisierung.  

 

Unter Bedachtnahme auf die oa. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG wird die (im Übrigen nicht explizit als Spruch bezeichnete) Tatanlastung den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gerecht, zumal hier die Unverwechselbarkeit der Tat insbesondere hinsichtlich des Nicht-Vorliegens der in § 31 Abs. 1 FPG angeführten Alternativen nicht gegeben ist.

 

Eine allfällige Korrektur des Spruchs war schon allein aufgrund des Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist dem UVS des Landes Oberösterreich verwehrt.

 

3.3. Es war daher – ohne auf die weiteren Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

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