Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166792/5/Bi/Kr

Linz, 23.07.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vertreten durch Herrn RA X, vom 1. März 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 9. Februar 2012, VerkR96-43750-2010/Wa, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 72 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 360 Euro (120 Stunden EFS) verhängt, weil sie mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Jänner 2011 aufgefordert worden sei, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer den Pkw, Kz. X, zuletzt vor dem 31. Juli 2010 um 00.26 Uhr in Ansfelden auf der A1 bei km 170.000 Richtung Wien gelenkt habe. Sie habe die Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt und sie habe auch keine andere Person benannt, die Auskunft erteilen hätte können.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 17 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG) und wurde – trotz ausdrücklichem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses – eine solche von der rechtsfreundlich vertretenen Bw nicht beantragt. 

 

3. Die Bw macht in der Berufung ohne ausdrückliche Bestreitung des Tatvorwurfs geltend, zur Tatzeit sei ihr Ehemann X gefahren, der bei einer Gebäude­reinigungsfirma angestellt sei und 850 Euro netto verdiene, für die 2008 geborene Tochter unterhaltspflichtig sei und Schulden aus einem aufgegebenen Gaststättenbetrieb von ca 50.000 Euro habe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige des Landespolizeikommandos für Oberösterreich, Landes­verkehrs­abteilung, CI X, vom 8. September 2010 geht hervor, dass der auf die "Gebäude­reinigung X" in X, zugelassene Pkw X am 31. Juli 2010 um 00.26 Uhr auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung Wien bei km 170.000 trotz einer erlaubten Höchstgeschwindig­keit von 100 km/h mittels stationärem Radargerät MUVR 6FA, Nr.1401, mit einer Geschwindigkeit von 173 km/h gemessen wurde. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindig­keit von 164 km/h der Anzeige zugrundegelegt.

 

An die Zulassungsbesitzerin, die angeführte Gebäudereinigungsfirma, erging seitens der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die – nicht zustellbare – Aufforderung zur Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 und nach Mitteilung der Auskunft aus dem Melderegister durch die VGem X über die Übersiedlung der Bw am 21. Februar 2011 wurde das Schreiben erneut an die "Gebäudereinigung X" an die nunmehr angegebene Adresse X in X abgesendet. Die Zustellung wurde laut Rsa-Rückschein am 8. März 2011 mit Datum und unleserlicher Unterschrift bestätigt und überdies vom Zusteller die "ordnungs­gemäße Ausfolgung des Schriftstückes" bestätigt. Eine Reaktion auf das Schreiben, insbesondere im für die Lenkerauskunft vorgesehenen Zeitraum 8. bis 22. März 2012, erfolgte nicht.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. August 2011 wurde der Bw die Nichterteilung der Lenkerauskunft als Verwaltungsübertretung angelastet; das Schreiben wurde von X übernommen. Eine Reaktion darauf erfolgte wieder nicht, sodass schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

 

Seitens des UVS wurde die Bw c/o ihres Rechtsvertreters darauf hingewiesen, dass die nunmehrige Auskunftserteilung verspätet sei und das Rechtsmittel sonst keinerlei Bestreitung enthalte. Der Rechtsvertreter antwortete daraufhin mit Schreiben vom 2. Juli 2012, seine Mandantin habe nur den "Straferkenntnis­bescheid" zugestellt erhalten. Von weiteren Schreiben sei ihr nichts bekannt. Insbesondere das erwähnte Schreiben vom 20. Jänner 2011 sei ihr vollkommen unbekannt und nie zugestellt worden. Somit sei es ihr auch nicht möglich gewesen, früher Auskunft zu erteilen als im Berufungsschriftsatz. Um eine Kopie des Schreibens werde ersucht. Sie sei für die Tochter sorgepflichtig und beziehe ein Einkommen von 900 Euro.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 die Absicht des Gesetzgebers zu­grunde, sicherzu­stellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebun­gen zu ermöglichen (vgl E 18.11.1992, 91/03/0294; ua).

 

Der im Verfassungsrang stehende letzte Satz des § 103 Abs.2 KFG normiert, dass gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurücktreten. Damit besteht für den zur Lenker­­auskunft Aufgeforderten kein Zeugnisverweigerungsrecht.

 

Laut KZA Flensburg war der Pkw X am 31. Juli 2010 auf die "Gebäude­reinigung X" in X zugelassen, wobei die zunächst ergangene Aufforderung vom 20. Jänner 2011 wegen "unbekannter Adresse" nicht zugestellt werden konnte. Nach Auskunft der VGem X über die neue Adresse wurde die Aufforderung vom 20. Jänner 2011 an diese Adresse gerichtet und die Zustellung auf dem Rsa-Rückschein mit Datum 8. März 2011 vom Übernehmer bestätigt, ebenso vom Zusteller. Beide Unterschriften sind unleserlich, allerdings ist anzunehmen, dass die Übernahme von behördlichen Schriftstücken firmenintern geregelt ist. Damit war davon auszugehen, dass die für die Auskunftserteilung zuständige Bw – bei der "Gebäudereinigung X" handelt es sich offensichtlich um eine Einzelfirma – Kenntnis von der Zustellung dieses Schriftstückes erlangt hat. Sie hat darauf innerhalb der zweiwöchigen Frist – von 8. März bis 22. März 2011 – nicht reagiert und ihre nunmehrige Auskunftserteilung in der Berufung vom 1. März 2012 liegt zweifelsfrei und eindeutig außerhalb dieser Frist. Diese ist im übrigen in § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 festgelegt und daher nicht erstreckbar. Die Behauptung der Bw im Schreiben vom 2. Juli 2012, die mit 20. Jänner 2011 datierte Aufforderung zur Lenkerauskunft sei ihr "vollkommen unbekannt", ist schlichtweg unglaub­würdig. Sie selbst hat zu verantworten, wenn ihrem Unternehmen Schriftstücke "eigenhändig" zugestellt werden, die an ihr angeblich "vorübergehen".  Dass die verlangte Auskunft nicht fristgerecht erteilt wurde, steht hingegen fest und wurde von der Bw nicht einmal bestritten.

 

Damit hat die Bw zweifellos den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt, wobei ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist. Sie hat daher ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten – darauf war bereits im Schreiben vom 20. Jänner 2011 ausdrücklich hingewiesen worden.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Bw ist im Bezirk Linz-Land verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, was als Milderungsgrund gewertet wurde; straferschwerend war kein Umstand. Zugrunde­­gelegt wurde von der Erstinstanz ein mangels Angaben der Bw geschätztes Einkommen von 1.500 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten. Die nicht belegte Aussage der Bw über ein Einkommen von
900 Euro und die Sorgepflicht für ein Kind ist insofern nicht geeignet, den hohen Unrechtsgehalt der Übertretung hinsichtlich der Strafhöhe zu kompensieren. Es steht der Bw aber frei, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen. Immerhin hat sie durch die Nichterteilung der Auskunft die strafrechtliche Verfolgung des tatsächlichen Lenkers verhindert, der damit einem Entzug der Lenkberechtigung in Österreich sowie einer Geldstrafe in zumindest gleicher Höhe entgangen ist.    

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hätte. Die gemäß den Kriterien des § 19 VStG verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand. Ansätze für eine Strafherabsetzung finden sich nicht. Selbst wenn die Strafe in Deutschland nicht vollstreckt werden sollte, bleibt sie in Österreich jederzeit vollstreckbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Aufforderung gem. § 103 Abs.2 KFG ignoriert, Auskunftsverweigerung in der Berufung -> bestätigt

 

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