Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166878/5/Zo/Ai

Linz, 24.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, vom 13.4.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 30.3.2012, Zl. VerkR96-1887-2011, wegen zwei Übertretungen des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.7.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.          Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 80 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

 

 

"Sehr geehrter Herr X!

 

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 Tonnen übersteigt folgende Übertretungen begangen. Sie haben die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten:

-Lenkzeit von 10.03.2011, 11:36 Uhr bis 11.03.2011, 02:35 Uhr - 10:52

 Stunden.

-Lenkzeit am 30.03.2011 von 04:27 bis 21.04 Uhr - 12:00 Stunden

 

Tatort: Gemeinde Suben, A 8 Innkreis Autobahn bei StrKm 75,500, Fahrtrichtung  Wels (von Deutschland kommend).

Tatzeit: 31.03.2011, 11:35 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Art. 6 Abs. 1 EG-VO 561/2006

 

2) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 Tonnen übersteigt folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängende Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängenden Stunden berücksichtigt wurde. Ruhezeit von 14.03.2011, 03:51 Uhr bis 15.03.2011, 03:50 Uhr- 08:21 Stunden. Die drei reduzierten täglichen Ruhezeiten wurden konsumiert.

 

Tatort: Gemeinde Suben, A 8 Innkreis Autobahn bei StrKm 75,500, Fahrtrichtung  Wels (von Deutschland kommend).

Tatzeit: 31.03.2011, 11:35 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

 

Fahrzeuge: Kennzeichen X, LKW.

                 Kennzeichen X, Anhänger.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung{en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von                         falls diese uneinbringlich                      gemäß 

                                               ist, Ersatzfreiheitsstrafe          

                                               von

1. 200,00 Euro                96 Stunden                              § 134 Abs.1b KFG 1967

2. 200,00 Euro                 64 Stunden                            § 134 Abs.1b KFG 1967

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

-x-

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 40,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der

Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 440,00 Euro."

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die Begründung des Bescheides nicht ausreichend sei. Die Behörde habe sich zwar mit rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt, dem Bescheid seien jedoch keine konkreten Sachverhaltsfeststellungen für die entscheidungswesentlichen Fragen zu entnehmen. Insbesondere habe die Behörde nicht festgestellt, wann und wo der Beschuldigte die vermeintlichen Verwaltungsübertretungen begangen habe und ob bzw. inwieweit es ihm möglich gewesen sei, den Unrechtsgehalt seines Handelns zu erkennen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Die Behörde habe auch nicht versucht, den Meldungsleger, den Zeugen X sowie den Beschuldigten einzuvernehmen, weshalb das Verfahren mangelhaft gewesen sei.

 


Entgegen der Bestimmungen des § 44a VStG sei dem angefochtenen Bescheid auch nicht zu entnehmen, wann und wo der Beschuldigte die vermeintlichen Verwaltungsübertretungen begangen habe. Auch die Strafbemessung sei nicht ausreichend begründet, insbesondere habe die Behörde nicht dargelegt, welche spezial- oder generalpräventiven Gründe eine Bestrafung erforderlich machen.

 

Es sei nicht einsichtig, warum die Behörde ohne nähere Begründung von zumindest fahrlässigem Verhalten ausgehe. Der Beschuldigte habe die ihm mögliche und gebotene Sorgfalt eingehalten. Zum Beweis dafür wurde die Einvernahme des Beschuldigten selbst sowie seines Arbeitgebers im Rechtshilfeweg beantragt. Es wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.7.2012.

An dieser hat eine Vertreterin des Berufungswerbers teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Die Verhandlung ergab folgenden für die Entscheidung wesentlichen Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 31.3.2011 um 11.35 Uhr den LKW X mit dem Anhänger X auf der A8. Bei einer Verkehrskontrolle bei Strkm 75,500 wurde seine Fahrerkarte ausgelesen, wobei festgestellt wurde, dass der Berufungswerber vom 10.3.2011, 11.36 Uhr – 11.3.2011, 02.35 Uhr eine Tageslenkzeit von 10 Stunden und 52 Minuten einhielt. Am 30.3.2011 von 4.27 Uhr bis 21.04 hielt er eine Tageslenkzeit von 12 Stunden ein.

 

Im 24 Stundenzeitraum, beginnend am 14.3.2011 um 3.51 Uhr hielt er lediglich eine Ruhezeit von 8 Stunden und 21 Minuten ein, obwohl die erforderliche Ruhezeit 11 Stunden betragen hätte.

 


Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der im Akt befindlichen Auswertung der Fahrerkarte des Berufungswerbers sowie dem dazu erstellten Sachverständigengutachten vom 19.1.2012. In der mündlichen Verhandlung wurde die Richtigkeit dieses Gutachtens überprüft.

 

Die Einvernahme des Beschuldigten selbst im Rechtshilfeweg war nicht erforderlich, weil dieser ohnedies die Möglichkeit gehabt hätte, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Die Einvernahme des Arbeitgebers des Beschuldigten war ebenfalls nicht erforderlich, weil der objektive Tatbestand auf Grund der Auswertung der Fahrerkarte erwiesen und vom Beschuldigten auch nicht bestritten wurde. Auch zur Frage des Verschuldens war dessen Einvernahme nicht notwendig, weil von einem Berufskraftfahrer die Kenntnis der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen verlangt werden muss und deren Einhaltung auch trotz eines allenfalls bestehenden wirtschaftlichen Druckes zugemutet werden kann.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

5.2. Aus der Auswertung der Fahrerkarte sowie dem Sachverständigengutachten ergibt sich, dass der Berufungswerber die ihm vorgehaltenen Tageslenkzeiten bzw. Ruhezeiten tatsächlich in diesem Ausmaß eingehalten hat. Das wird von ihm auch nicht bestritten. Er hat damit die zulässige Tageslenkzeit in einem Fall um 52 Minuten, im anderen Fall um 2 Stunden überschritten sowie die erforderliche Ruhezeit um 2 Stunden und 39 Minuten unterschritten und die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht begangen.

 

Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Die Kenntnis der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen muss von jedem Berufskraftfahrer vorausgesetzt werden und es ist ihm auch zumutbar, trotz eines allenfalls bestehenden wirtschaftlichen Drucks oder Terminschwierigkeiten die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom
30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Für die Strafbemessung ist daher zu prüfen, ob es sich um geringfügige, schwerwiegende oder sehr schwerwiegende Verstöße im Sinne des Anhanges III der Richtlinie 2009/5/EG der Kommission vom 30. Jänner 2009 handelt. Eine Tageslenkzeit von 12 Stunden und mehr bei einer erlaubten Lenkzeit von
10 Stunden stellt einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar, wobei in diesem Punkt zu berücksichtigen ist, dass der Berufungswerber die Grenze für den sehr schwerwiegenden Verstoß gerade erreicht hat. Das Unterschreiten der erforderlichen Ruhezeit von 11 Stunden um mehr als 2,5 Stunden stellt ebenfalls einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar, wobei der Berufungswerber auch in diesem Punkt die Grenze für den sehr schwerwiegenden Verstoß nur knapp überschritten hat.

 

Allgemein ist die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd zu berücksichtigen. Auch das knappe Erreichen der jeweiligen strafsatzerschwerenden Grenze ist als strafmildernd zu berücksichtigen. Sonstige Strafmilderungs- bzw. Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Die Erstinstanz hat bei beiden Delikten bereits in der Strafverfügung die gesetzliche Mindeststrafe unterschritten, weshalb eine Erhöhung der Strafen rechtlich nicht zulässig ist. Eine Herabsetzung der Strafen kommt jedoch ebenfalls nicht in Betracht.

 

Die Strafen entsprechen auch den finanziellen Verhältnissen des Berufungswerbers bei (monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro bei Sorgepflichten für die Gattin bei keinem Vermögen) auch aus spezial- und generalpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der Strafen nicht in Betracht.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 


Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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