Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166902/5/Zo/Ai

Linz, 24.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, vom 18.4.2012 gegen Punkt 1 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 30.3.2012, Zl. VerkR96-2705-2011, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung der Entscheidung am 12.7.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.          Die Berufung gegen die Strafhöhe betreffend Punkt 1 des Straferkenntnisses wird teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 150 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt.

 

II.        Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten betreffend Punkt 1 reduzieren sich auf 15 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Berufungswerber im angefochtenem Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

 

 

 

"Sehr geehrter Herr X!

 

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 Tonnen übersteigt folgende Übertretungen begangen. Sie haben die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten:

-        09.05.2011, 04:25 Uhr bis 09.05.2011, 16:45 Uhr mit einer Lenkzeit von 10:33 Stunden.

-        11.05.2011, 04:51 Uhr bis 11.05.2011, 17:57 Uhr mit einer Lenkzeit von 10:47 Stunden.

-        16.05.2011, 05:45 Uhr bis 16.05.2011,18:11,Uhr mit einer Lenkzeit von 10:16 Stunden.

 

Tatort: Gemeinde St. Florian am Inn, B 137 bei StrKm 60,000.

Tatzeit: 01.06.2011, 13:52 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Art. 6 Abs. 1 EG-VO 561/2006

 

2) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 Tonnen übersteigt folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden keine Unterbrechung der Lenkzeit von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.

- Am 02.05.2011 wurde von 11:52 Uhr bis 02.05.2011, 17:23 Uhr mit einer Lenkzeit von 05:07 Stunden keine Fahrtunterbrechung eingelegt.

- Am 09.05.2011 wurde von 10:01 Uhr bis 16:45 Uhr mit einer Lenkzeit von 06:04 Stunden nur 00:15 Stunden Lenkpause eingehalten.

- Am 12.05.2011 wurde von 06:20 Uhr bis 12:14 Uhr mit einer Lenkzeit von 05:05 Stunden keine Fahrtunterbrechung eingelegt.

- Am 16.05.2011 wurde von 11:52 Uhr bis 18:11 Uhr mit einer Lenkzeit von 05:35 Stunden keine Fahrtunterbrechung eingelegt.

- Am 24.05.2011 wurde von 13:57 Uhr bis 20:26 Uhr mit einer Lenkzeit von 05:36 Stunden keine Fahrtunterbrechung eingehalten.

 

Tatort: Gemeinde St. Florian am Inn, B 137 bei StrKm 60,000.

Tatzeit: 01.06.2011, 13:52 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Art.7EG-VO 561/2006

 

Fahrzeuge:

Kennzeichen X, Sattelzugfahrzeug.

Kennzeichen X, Sattelanhänger.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von                         falls diese uneinbringlich          gemäß 

                                               ist, Ersatzfreiheitsstrafe          

                                               von

1. 200,00 Euro                40 Stunden             § 134 Abs.1b KFG 1967

2. 300,00 Euro                 60 Stunden               § 134 Abs.1 iVm Abs.1b KFG 1967

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

-x-

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 50,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der

Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 550,00 Euro."

 


2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die Begründung des Bescheides nicht ausreichend sei. Die Behörde habe sich zwar mit rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt, dem Bescheid seien jedoch keine konkreten Sachverhaltsfeststellungen für die entscheidungswesentlichen Fragen zu entnehmen. Insbesondere habe die Behörde nicht festgestellt, wann und wo der Beschuldigte die vermeintlichen Verwaltungsübertretungen begangen habe und ob bzw. inwieweit es ihm möglich gewesen sei, den Unrechtsgehalt seines Handelns zu erkennen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Die Behörde habe auch nicht versucht, den Meldungsleger, den Zeugen X sowie den Beschuldigten einzuvernehmen, weshalb das Verfahren mangelhaft gewesen sei.

 

Entgegen der Bestimmungen des § 44a VStG sei dem angefochtenem Bescheid auch nicht zu entnehmen, wann und wo der Beschuldigte die vermeintlichen Verwaltungsübertretungen begangen habe. Auch die Strafbemessung sei nicht ausreichend begründet, insbesondere habe die Behörde nicht dargelegt, welche spezial- oder generalpräventiven Gründe eine Bestrafung erforderlich machen.

 

Es sei nicht einsichtig, warum die Behörde ohne nähere Begründung von zumindest fahrlässigem Verhalten ausgehe. Der Beschuldigte habe die ihm mögliche und gebotene Sorgfalt eingehalten. Zum Beweis dafür wurde die Einvernahme des Beschuldigten selbst sowie seines Arbeitgebers im Rechtshilfeweg beantragt. Es wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.7.2012.

An dieser hat eine Vertreterin des Berufungswerbers teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. In der Verhandlung wurde die Berufung gegen Punkt 2 des Straferkenntnisses zurückgezogen und bezüglich Punkt 1 auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 1.6.2011 um 13.52 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X, X. Er wurde in St. Florian am Inn auf der B137 bei Strkm. 60 zu einer Verkehrskontrolle angehalten. Dabei wurde auch seine Fahrerkarte ausgewertet, welche ergab, dass der Berufungswerber in der Woche vom 9. – 13.5.2011 am Montag eine Tageslenkzeit von 10 Stunden und 33 Minuten, am Dienstag eine Tageslenkzeit von 9 Stunden und 14 Minuten, am Mittwoch eine Tageslenkzeit von 10 Stunden und 47 Minuten, am Donnerstag eine Tageslenkzeit von 9 Stunden und 25 Minuten sowie am Freitag eine Tageslenkzeit von 8 Stunden und 6 Minuten eingehalten hat. Auch in der Woche vom 6. – 20.5.2011 hat der Berufungswerber mehrmals eine Lenkzeit von mehr als 10 Stunden, jedoch lediglich am Montag eine Lenkzeit von knapp mehr als
10 Stunden eingehalten.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

5.2. Der Berufungsweber hat am 9., am 11. sowie am 16.5.2011 jeweils die erlaubte Tageslenkzeit überschritten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zweimal in der Woche eine Lenkzeit von bis zu 10 Stunden, an den anderen Tagen eine solche von bis zu 9 Stunden eingehalten werden darf. Für die Beurteilung der Schwere der Übertretung hängt es daher davon ab, ob man dem Berufungswerber an den vorgeworfenen Tagen eine Lenkzeit von lediglich
9 Stunden (wie es die Erstinstanz entsprechend der Polizeianzeige und dem Gutachten gemacht hat) oder eine Lenkzeit von 10 Stunden zugesteht. Bei der von der Erstinstanz getroffenen Einteilung beträgt die Überschreitung der erlaubten Lenkzeit am 9. und am 11.5.2011 jeweils mehr als eine Stunde und ist daher als schwerwiegender Verstoß im Sinne des Anhanges III der Richtlinie 2009/5/EG vom 30.1.2009 einzustufen, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 134 Abs.1b KFG 200 Euro beträgt. Gesteht man dem Berufungswerber jedoch die verlängerte Tageslenkzeit von 10 Stunden am 9. und am 11.5.2011 zu, so hätte er allerdings auch am 10. und am 12.5. die dann erlaubte Tageslenkzeit von lediglich 9 Stunden überschritten, alle Überschreitungen betragen jedoch weniger als 1 Stunde, sodass diese Übertretung als geringfügiger Verstoß zu werten ist, für welchen in § 134 Abs.1b KFG keine Mindeststrafe festgesetzt ist.

 

Beide Arten der Zuordnung sind vom Gesetzeswortlaut grundsätzlich gedeckt, weshalb zu Gunsten des Berufungswerbers die für ihn günstigere (nämlich jene ohne gesetzliche Mindeststrafe) herangezogen wird. Diese Überlegungen gelten auch für den 16.5.2011. Der Berufungswerber hat daher die erlaubte Tageslenkzeit zwar an drei Tagen, jeweils jedoch um weniger als eine Stunde überschritten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom
30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Wie bereits dargelegt, handelt es sich um einen geringfügigen Verstoß im Sinne des Anhanges III der Richtlinie 2009/5/EG, weshalb keine gesetzliche Mindeststrafe vorgesehen ist. Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber diese Übertretung an drei Tagen begangen hat konnte die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe geringfügig herabgesetzt werden.

 

Dabei wird als wesentlicher Strafmilderungsgrund auch die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor. Auch die herabgesetzte Geldstrafe erscheint ausreichend, um den Berufungswerber von weiteren ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Festzuhalten ist noch, dass der Berufungswerber seine Berufung gegen Punkt 2 des Straferkenntnisses zurückgezogen hat, weshalb die in diesem Punkt verhängte Geldstrafe in Höhe von 300 Euro sowie die dafür verhängte Verfahrenskosten in Höhe von 30 Euro rechtskräftig sind.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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