Linz, 24.07.2012
E r k e n n t n i s
Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, idF BGBl. I Nr. 100/2011, § 8 und § 24 Abs.4 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010 Führerscheingesetz.
Entscheidungsgründe:
1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem oben bezeichneten Bescheid als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung I. Instanz den Berufungswerber aufgefordert, zum Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aufgefordert, sich innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung dieses Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen.
Gestützt wurde diese Aufforderung auf § 8 und § 24 Abs.4 Führerscheingesetz 1997.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. Dem tritt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit nachfolgend ausgeführt entgegen:
Mauthausen, am 5.7.2012 X."
2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht!
3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte vor dem Hintergrund der Anhörung des Berufungswerbers und der von ihm vorgelegten Beweismittel unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).
3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Der Berufungswerber wurde mit h. Schreiben vom 16. Juli 2012 unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht zur persönlichen Anhörung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat aufgefordert. Auch die Behörde erster Instanz wurde zum Anhörungstermin eingeladen, wobei dieses sich hinsichtlich der Nichtteilnahme entschuldigte.
Der Berufungswerber wurde zu seiner Führerscheingeschichte befragt. Er legte eine auf seine Initiative gründende und auf die Fragenstellung seiner Fahreignung zielende neuropsychiatrische Stellungnahme von Dr. X vom 7.9.2011 vor. Auf dessen Anraten unterzog er sich am 19.9.2011 bei einer Fahrschule einer Begutachtung seines Fahrkönnens und legte diesbezüglich eine positiv bewertete Stellungnahme dieser Fahrschule vor. Ebenfalls vorgelegt wurde ein positiv bewertetes Audiogramm vom September 2011 und ein Sehtest vom 18.7.2012.
4. Als Ausgangslage für dieses Verfahren findet sich eine anonyme Anzeige an die Behörde erster Instanz eines dem Berufungswerber offenbar übel wollenden Mitmenschen bzw. Nachbarn. Dies mit dem offenkundig falschen Hinweis, der Berufungswerber habe bereits vier Schlaganfälle erlitten, wodurch er nicht mehr fahrtauglich sei. Tatsächlich erlitt der Berufungswerber vor dreieinhalb Jahren eine Gehirnblutung, welche linksseitige Lähmungserscheinungen und offenbar auch eine leichte Sprachstörung zur Folge hatte. Er fühle sich aber dennoch weiterhin in der Lage ein Kraftfahrzeug zu lenken.
Der Berufungswerber erscheint in Begleitung seiner Ehefrau und hinterließ einen geistig vollkommen intakten Eindruck. Er gibt an seit nunmehr fünfzig Jahren im Besitz einer Lenkberechtigung zu sein und ca. 400.000 Kilometer unfallfrei gefahren zu sein. Er habe seit 20 Jahren einen Pkw mit Automatikgetriebe, sodass die durch die Gehirnblutung verursachten Lähmungserscheinungen für ihn kein Hindernis beim Lenken darstelle.
4.1. Dies wird vom Berufungswerber mit den ihm die Fahrfähigkeit bescheinigenden Atteste und die Fahrschulbestätigung nachvollziehbar belegt. Die psychiatrische Stellungnahme befasst sich eingehend mit den körperlichen Einschränkungen. Es wird weder eine Gesichtsfeld- noch eine Reaktionsfähigkeitseinschränkung festgestellt. Bei entsprechender Ausrüstung des Fahrzeuges wird die Fahrtauglichkeit aus der Sicht des Neurologen Dr. X als unbedenklich bezeichnet. Über Empfehlung des Neurologen absolvierte der Berufungswerber auch noch Fahrstunden bei einer Fahrschule in Mauthausen, welche ihm "zweifelsfrei die Fähigkeit bescheinigt den Aufgaben des Straßenverkehrs gewachsen zu sein."
Vor diesem Hintergrund erweisen sich "begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung" in wohl eindrucksvoller Weise als widerlegt.
4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind für einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG jedenfalls begründete Bedenken in der Richtung notwendig, dass der Inhaber/die Inhaberin einer Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VwGH vom 25.5.2005, GZ. 2004/11/0016 und andere). Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs.4 1. Satz FSG, dessen Inhalt besagt, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der – im Zweifel jedenfalls vorliegenden – gesundheitlichen Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft. Ein solch aktuelles Ereignis vermag eine - mit Blick auf rechtsstaatliche Grundprinzipien an sich schon als bedenklich zu bezeichnende - anonyme Anzeige nicht zu indizieren, insbesondere wenn diese sich – wie hier – offenkundig als unzutreffend darstellt.
Die Notwendigkeit begründeter Bedenken und deren Inhalte – auf medizinische Fakten gestützt - lassen etwa der nachfolgenden Judikatur ableiten (VwGH 13.12.2005, 2005/11/0191, sowie auch zu § 75 Abs.1 KFG 1967 z.B. VwGH 20.9.2001, 99/11/0279 mit Hinweis auf VwGH 3.7.1990, Zl. 89/11/0224 und VwGH 17.3.2005, 2004/11/0014).
Der Aufforderungsbescheid war demnach ersatzlos zu beheben.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Dr. B l e i e r