Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310485/2/Re/Th

Linz, 06.07.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. April 2011, UR96-5-2011, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4, des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) iVm §§ 24, 44a,  
            45 Abs.1 Z2 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG).

zu II.:   § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem Straferkenntnis vom 18. April 2011, UR96-5-2011, über Herrn X, eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z1 iVm § 15 Abs.3 Z1 AWG 2002 verhängt, weil er vom 1. Oktober 2010 bis zumindest 31. Oktober 2010 auf seinem Anwesen in X, im ehemaligen Gastgarten südöstlich der Zufahrt, ein Autowrack der Marke Ford Escort Kombi, Silber metallic, amtliches Kennzeichen X, Lochung 8/09, Prüfplakettennummer X, gelagert hat, obwohl dieses gefährlichen Abfall nach der Abfallverzeichnisverordnung 2003 darstellt, da es umweltgefährliche Inhaltsstoffe wie Motor und Getriebe sowie die Betriebsmittel enthalte. Er habe somit § 15 Abs.3 Z1 AWG zuwidergehandelt, da Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen nicht gelagert werden dürfen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde begründet aus, dass das zitierte Autowrack im Zuge eines Lokalaugenscheines des technischen Amtssachverständigen am 14. Juli 2010 an Ort und Stelle festgestellt worden sei und auch nicht bestritten werde. Der maßgebliche Sachverhalt sei somit erwiesen. Gemäß § 15 Abs.3 AWG dürften Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Fest stehe und werde nicht angezweifelt, dass der Abfall außerhalb einer hiefür genehmigten Anlage gelagert werde. Beim Grundstück X handle es sich um keine genehmigte Anlage. Vom Amtssachverständigen sei festgestellt worden, dass eine Gefährdung von Boden und Grundwasser bestehen könne. Die gesetzliche Regelung stelle nicht auf effektive Boden- bzw. Grundwasserverschmutzung ab, sondern erfülle bereits die Gefahr einer Verschmutzung den Tatbestand. Ein Entsorgungsnachweis sei bis zum Tage des Straferkenntnisses bei der Behörde nicht vorgelegt worden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufung, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, mit Schriftsatz vom 6. Mai 2011 innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen begründend ausgeführt, durch das Abstellen des Fahrzeuges sei kein Schaden entstanden, es habe niemals die Gefahr einer Grundwasserverschmutzung gegeben, der gegenständliche Ford sei auf einer Stelle abgestellt gewesen, an der mehr als 4 m Trockenbeton gegeben gewesen sei. Von einer Gefährdung des Grundwassers könne keine Rede sein. Zwischenzeitig habe er das Fahrzeug beseitigen lassen, obwohl er nicht Eigentümer gewesen sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 51 Abs.1 VStG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu UR96-5-2011.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderen die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr.11466/A, sowie VwGH 13.9.1999, 98/09/0084).

Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, Seite 1522).

 

Gemäß der dem gegenständlichen Tatvorwurf zu Grunde liegenden Bestimmung des § 15 Abs.3 AWG dürfen Abfälle außerhalb von

  1. hiefür genehmigten Anlagen oder
  2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

 

Dem Berufungswerber wurde im Zusammenhang mit der gegenständlichen Abfalllagerung zunächst ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs.1 WRG, datiert mit 28. Juli 2010, erteilt. Da er diesen nicht erfüllt hat, wurde auch nach den einschlägigen wasserrechtlichen Vorschriften ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt. Im gegenständlichen Strafverfahren nach den Bestimmungen des AWG erfolgte die erste Verfolgungshandlung am 16. Februar 2011 mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung und wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe den gegenständlichen Pkw entgegen § 15 Abs.3 Z1 des Abfallwirtschaftsgesetzes abgestellt, da Abfälle von außerhalb hiefür genehmigten Anlagen nicht gelagert werden dürften. Die darauf eingehende Rechtfertigung des Berufungswerbers ging im wesentlichen dahingehend, dass unter der Abstellfläche mehrere Meter mächtiger Trockenbeton und im Anschluss daran eine bis zu einer Tiefe von insgesamt 5 m und einer Breite von 4 m reichenden Festbetonunterlage vorhanden sei. Dieses Vorbringen zielt somit in die Richtung ab, als es sich dabei um einen geeigneten Ort für die Abstellung (Lagerung) des Kraftfahrzeuges handle.

 

Die zur Anwendung gelangte Strafbestimmung des § 79 Abs.2 Z3 AWG stellt unter anderem die Lagerung nicht gefährlicher Abfälle entgegen § 15 Abs.3 AWG unter Strafe. § 15 Abs.3 AWG wiederum beinhaltet 2 Alternativen, nämlich die Lagerung von Abfällen außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder die Lagerung von Abfällen außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten. Gemäß der angewendeten Gesetzesbestimmung dürfen somit Abfälle außerhalb von entweder hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

Der Vorwurf, Abfälle seien außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen (diesen Vorwurf beinhaltet das gesamte verfahrensgegenständliche Strafverfahren) gelagert worden, schließt jedenfalls nicht zwingend die Möglichkeit aus, dass diese Abfälle bzw. dieser Abfall an einen für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort, und somit nicht von vornherein in unzulässiger Weise, gelagert wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher zum Ergebnis, dass der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses nicht vollständig den Erfordernissen des § 44a VStG entspricht, weshalb insgesamt der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

Aufgrund der – bereits zum Zeitpunkt der Berufungsvorlage eingetretenen Verfolgungsverjährung – war es nicht möglich, Konkretisierungen im Berufungsverfahren vorzunehmen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Bezahlung jeglicher Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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