Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420737/6/AB/HK

Linz, 13.07.2012

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas aus Anlass der Beschwerde der X GmbH, X, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in X, vom 27.4.2012 wegen Vornahme einer Kontrolle am 25.4.2012 in 4020 Linz, Bürgerstraße 12, durch finanzbehördliche Organe den Beschluss gefasst:

 

 

Die Beschwerde wird mangels Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 67c und 79a AVG.

 

 

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit der beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 27.4.2012 per Telefax eingebrachten Eingabe vom 25.4.2012 hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig Beschwerde wegen einer Amtshandlung von finanzbehördlichen Organen am 25.4.2012 in X, betreffend eine Kontrolle "wegen des Verdachtes der Übertretung nach dem Glücksspielgesetz" erhoben.

 

Zum Sachverhalt wird vorgebracht, dass anlässlich dieser Kontrolle die Türe zum Lokal aufgebrochen und mehrere Gegenstände vorläufig beschlagnahmt worden seien.

 

Die Beschwerdelegitimation ergebe sich daraus, dass die "Beschwerdeführerin durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihrem Recht verletzt wurde".

 

Unter "3. Beschwerdegründe" wird zum Sachverhalt ergänzt, dass die Bf Inhaberin des genannten Lokales sei. An dieser Adresse im Bezirk Linz habe am 25.4.2012 eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach stattgefunden.

 

Die weiteren Ausführungen sind rechtlicher Natur und befassen sich mit dem Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz (AVOG) 2010. Dabei wird neben § 9 Abs 1 der § 12 leg.cit. näher dargestellt und schließlich auf "§ 4 der Durchführungsverordnung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010" (gemeint: Verordnung des BMF zur Durchführung des AVOG 2010) Bezug genommen. Abschließend wird festgehalten, dass das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach örtlich unzuständig gewesen und die Amtshandlung nach dem Glücksspielgesetz somit rechtwidrig gewesen sei. Weiters sei das Aufbrechen der Tür nicht vom Umfang der Kontrollmaßnahmen umfasst und somit ebenfalls rechtswidrig.

 

Unter Punkt 4. werden an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gestellt nachstehende

 

"ANTRÄGE

 

Die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und die Fällung nachstehenden Erkenntnisses

 

Die Beschwerdeführerin als Inhaberin des Lokales ... ist dadurch, dass am 25.04.2012 eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch Organe der belangten Behörde, anlässlich welcher die Türe des Lokales aufgebrochen wurde, im Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt."

 

2.1. Auf Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates übermittelte das Finanzamt Linz einen "Bescheid – Sicherstellungsauftrag" vom 25.4.2012 die Bf betreffend; demzufolge wurde durch die Finanzbehörde gem. § 232 BAO die Sicherstellung näher konkretisierter Abgabenansprüche (jeweils Glücksspielabgaben) in einer Höhe von mehr als 257.000,- Euro angeordnet, wobei darin vorgesehen ist, dass die Sicherstellung dieser Abgabenansprüche sofort vollzogen werden kann. Begründend wurde im Wesentlichen der bestehende Verdacht einer Abgabenhinterziehung dargelegt.

Gleichzeitig erging gegenüber der Bf ein Vollstreckungsauftrag seitens des Finanzamtes Linz, ebenfalls datiert mit 25.4.2012. In diesem wird unter anderem ausgeführt: "Verschlossene Haus- und Zimmertüren und verschlossene Behältnisse darf der Vollstrecker zum Zwecke der Vollstreckung öffnen lassen. Wird dem Vollstrecker Widerstand geleistet, kann er die Unterstützung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unmittelbar in Anspruch nehmen."

 

2.2. Weiters legte die belangte Behörde nach entsprechender Aufforderung durch den Oö. Verwaltungssenat den Verwaltungsakt vor. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im gegenständlichen Verfahren schon nach Einsicht in die Beschwerde und die Verwaltungsakten festgestellt, dass er in der gegenständlichen Angelegenheit unzuständig ist.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde dient allein dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

 

Nach hL sind daher auch Vollstreckungshandlungen auf Grundlage eines – wie im vorliegenden Fall gegebenen – Vollstreckungsauftrages iSd § 5 AbgEO keine faktischen Amtshandlungen (Ellinger et al, Kommentar zur BAO³ § 243 Anm 3).

 

3.2. Im vorliegenden Fall erfolgte die in Rede stehende Amtshandlung – anders als von der Bf behauptet – nicht als solche im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens nach dem Glücksspielrecht, sondern vielmehr auf Grund des finanzbehördlichen Sicherstellungsauftrages und dem damit einhergehenden Vollstreckungsauftrag, der das – in der Beschwerde beanstandete – gewaltsame Öffnen verschlossener Türen erfasste.

Dieser Sicherstellungsauftrag erging aufgrund des "Verdachts einer Abgabenhinterziehung".

 

Wie bereits unter 3.1. dargestellt, erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate schon aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG nicht über Beschwerden im Zusammenhang mit Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Da es sich im vorliegenden Fall aber um eine Vollstreckungshandlung im Rahmen des Finanzstrafverfahrens bzw. allenfalls um die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd § 152 Finanzstrafgesetz handelt, liegt gegenständlich unzweifelhaft eine "Finanzstrafsache des Bundes" vor (vgl. § 232 Abs 3 BAO zur Anwendung der Abs 1 und 2 leg.cit. auf das Finanzstrafverfahren). Der Oö. Verwaltungssenat ist somit jedenfalls unzuständig. Eine Sachentscheidung darf daher von diesem nicht getroffen werden.

 

Unzulässigkeit (mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes) ist im Übrigen hinsichtlich der erfolgten gewaltsamen Türöffnung schon allein insofern gegeben, als diese doch eine – ausdrücklich angedrohte – Vollstreckungshandlung auf Grundlage des zitierten Vollstreckungsauftrages iSd § 5 AbgEO darstellen dürfte und damit von vornherein keine faktische Amtshandlung sein kann.

 

3.3. Wenn auch nach Auffassung des erkennenden Mitglieds nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde, so ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine Maßnahmenbeschwerde gegen die – im Zuge der finanzstrafbehördlichen Amtshandlung ebenfalls vorgenommene – Beschlagnahme der Glücksspielgeräte selbst schon insofern ins Leere ginge, als das Beschwerdeverfahren aufgrund der – nach Auskunft der Bundespolizeidirektion Linz – zwischenzeitlich erfolgten Erlassung eines Beschlagnahmebescheides durch die Bundespolizeidirektion Linz vom 10.7.2012 als gegenstandslos einzustellen wäre.

 

So geht auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass in einem solchen Fall der zwischenzeitlichen Bescheiderlassung das Beschwerdeverfahren zwar einzustellen sei, wenngleich die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufwandersatzes an den Bf nicht vorlägen (VwSlg 12.470A/1987; VwGH 10.8.2010, 2010/17/0091; siehe auch VwGH 20.3.2009, 2008/02/0273; 24.4.2007, 2006/17/0281).

 

4. Im Ergebnis war die vorliegende Beschwerde mangels Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates als unzulässig zurückzuweisen, weil dieser nicht zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit (finanzstrafbehördlicher) Amtshandlungen im Zusammenhang mit Finanzstrafsachen des Bundes berufen ist.

 

5. Eine Kostenentscheidung war mangels diesbezüglichen Antrags gem. § 79a Abs 6 AVG nicht zu treffen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

D r .  L u k a s


VwSen-420737/6/AB/HK vom 13. Juli 2012

 

Beschluss

 

 

Rechtssatz

 

B-VG Art129a Abs1 Z2;

§152 FinStrG;

BAO §232 Abs3;

AbgEO §5

 

 

Im vorliegenden Fall erfolgte die in Rede stehende Amtshandlung – anders als von der Bf behauptet – nicht als solche im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens nach dem Glücksspielrecht, sondern vielmehr auf Grund des finanzbehördlichen Sicherstellungsauftrages und dem damit einhergehenden Vollstreckungsauftrag, der das – in der Beschwerde beanstandete – gewaltsame Öffnen verschlossener Türen erfasste. Dieser Sicherstellungsauftrag erging aufgrund des "Verdachts einer Abgabenhinterziehung".

 

Die Unabhängigen Verwaltungssenate erkennen schon aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG nicht über Beschwerden im Zusammenhang mit Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Da es sich im vorliegenden Fall aber um eine Vollstreckungshandlung im Rahmen des Finanzstrafverfahrens bzw allenfalls um die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd § 152 Finanzstrafgesetz handelt, liegt gegenständlich unzweifelhaft eine "Finanzstrafsache des Bundes" vor (vgl § 232 Abs 3 BAO zur Anwendung der Abs 1 und 2 leg cit auf das Finanzstrafverfahren). Der Oö. Verwaltungssenat ist somit jedenfalls unzuständig. Eine Sachentscheidung darf daher von diesem nicht getroffen werden.

 

Die Unzulässigkeit (mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes) ist im Übrigen hinsichtlich der erfolgten gewaltsamen Türöffnung schon allein insofern gegeben, als diese doch eine – ausdrücklich angedrohte – Vollstreckungshandlung auf Grundlage des zitierten Vollstreckungsauftrages iSd § 5 AbgEO darstellen dürfte und damit von vornherein keine faktische Amtshandlung sein kann.

 

 

 

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