Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730640/2/SR/MZ/JO

Linz, 06.08.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von X, vertreten durch X, Rechtsanwältin in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 13. Juni 2012, GZ: Sich40-444-2003, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt eines auf 18 Monate befristeten Einreiseverbots, zu Recht erkannt:

I.                 Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.             Es wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Berufungswerber auf Dauer unzulässig ist.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 52 f iVm § 61 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2012/50

§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

I.                  The appeal is allowed and the decision opposed is reversed without substitution.

 

II.              A decision for return in perpetuity is inadmissible.

 

Legal basis:

§ 52 f iVm § 61 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2012/50

§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 13. Juni 2012, GZ: Sich40-444-2003, zugestellt am 21. Juni 2012, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Grundlage der §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG) in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 55 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Durchsetzbarkeit des Bescheides festgelegt.

 

Die Erstbehörde hat im angefochtenen Bescheid nach Wiedergabe einschlägiger fremdenpolizeilicher Vorschriften Folgendes ausgeführt:

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie sind Staatsangehöriger von X und erstmals am 24.09.2003 illegal mit Flugzeug über unbekannt eingereist und haben am 24.09.2003 einen Asylantrag gestellt, über den am 17.11.2003 erstinstanzlich gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz (AsylG) negativ entschieden wurde. Gegen die erstinstanzliche Entscheidung gemäß §§ 7, 8 AsylG reichten Sie am 03.12.2003 eine Berufung ein, welche mit Erkenntnis vom Asylgerichtshof vom 09.12.2009 abgewiesen wurde. Ihr Asylantrag erwuchs mit 14.12.2009 negativ in Rechtskraft. Seit dieser Zeit halten Sie sich nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf.

 

Sie unterliegen als Staatsangehöriger von X der Pass- und Sichtvermerkspflicht für die Einreise und den Aufenthalt in Österreich. Die Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 1 FPG für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet können von Ihnen nicht erbracht werden.

 

Mit einer Verständigung über die Ausreiseverpflichtung vom 27.04.2010 wurde Ihnen eine Frist zur Ausreise aus dem Bundesgebiet bis 20.05.2010 eingeräumt. Diesem Auftrag kamen Sie nicht nach. Mit Stellungnahme vom 12.05.2010 gaben Sie durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung Frau X bekannt, dass sie auf Grund Ihres langen Aufenthaltes in Österreich einen Antrag auf humanitären Aufenthalt stellen möchten. Diesen Erstantrag auf Niederlassungsbewilligung unbeschränkt stellten Sie am 09.07.2010. In bereits zwei Stellungnahmen der Sicherheitsdirektion vom 23.09.2010 und vom 17.11.2011 wurde festgestellt, dass sich fremdenpolizeiliche Maßnahmen im Sinne des Art. 8 EMRK als zulässig erweisen. Somit hatte die Fremdenpolizeibehörde das aufenthaltsbeendende Verfahren weiterzuführen, da der VwGH mehrmals in seinen Erkenntnissen feststellte, dass die Stellungnahme der Sicherheitsdirektion bindend ist, wenn der Fremde über keine asylrechtliche Ausweisung verfügt. Eine Antragstellung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verschafft Ihnen kein Bleiberecht.

 

Mit einer nachweislich zugestellten Verständigung über die Einleitung einer Rückkehrentscheidung vom 09.05.2012 wurde Ihnen unter anderem wie folgt bekannt gegeben:

 

Laut eigenen Angaben ist Ihr Heimatland X. Dort wohnt auch Ihr Vater und Ihre 15 Geschwister. Sie besuchten von 1981 bis 1988 die Grundschule in X und sprechen die Sprachen Englisch, Französisch und Bemikele. Sie kamen im Alter von 27 Jahren nach Österreich, den Großteil Ihres Lebens verbrachten Sie in Ihrem Heimatland. Eine große Bindung zu Ihrem Heimatland ist dadurch gegeben. Eine Reintegration in Ihrem Heimatland scheint aus Sicht der Behörde durchaus zumutbar.

 

Sie sind volljährig, ledig und für in Österreich lebende Personen nicht sorgepflichtig. Ein Familienleben ist in Österreich nicht ersichtlich. Sie sind als selbständiger Zeitungsausträger für die Nachrichten erwerbstätig.

 

Auf Grund der erstinstanzlichen negativen Entscheidung des Bundesasylamtes vom 17.11.2003 war Ihnen bereits ab diesem Zeitpunkt der unsichere Aufenthalt im Bundesgebiet bekannt, erst danach entwickelte sich Ihre private als auch soziale Integration. Diese ist jedoch zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem Ihnen der unsichere Aufenthaltsstatus bewusst war.

 

Strafrechtlich liegt gegen Sie keine Eintragung auf.

 

Mit Stellungnahme vom 29.05.2012 ihrer rechtsfreundlichen Vertretung Frau Rechtsanwältin X gaben Sie im Wesentlichen bekannt, dass Sie sich seit fast neun Jahren durchgehend in Österreich aufhalten und bestens integriert seien. Sie sprechen Deutsch auf A2 Niveau, sind krankenversichert, sind seit Jahren selbständig erwerbstätig und können somit für Ihren Unterhalt aufkommen. Die lange Dauer des Asylverfahrens könne Ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden, da Sie immer am Verfahren mitwirkten.

 

Die Behörde hat erwogen und entschieden:

 

Sie reisten am 24.09.2003 illegal nach Österreich ein und halten sich nach rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren seit 14.12.2009 nicht rechtmäßig in Österreich auf. Somit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts nach § 52 Abs. 1 FPG 2005 vor.

 

In einem weiteren Schritt ist gemäß § 61 Abs. 1 FPG 2005 zu untersuchen, inwieweit die Rückkehrentscheidung im Hinblick auf den mit dieser Maßnahme hier verbundenen Eingriff in Ihr Privat- oder Familienleben zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Fremdenpolizeibehörde hat hiezu eine ausführliche, gewichtende Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung mit den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet vorgenommen. Bei der Einschätzung des besagten persönlichen Interesses ist auf die Auswirkungen, die eine Rückkehrentscheidung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen. Die in § 61 Abs. 2 FPG genannten Gesichtspunkte sind bei der Beurteilung nach Abs. 1 zu beachten. An Hand der Umstände im konkreten Einzelfall gelangte die Behörde nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis, dass Ihre Rückkehrentscheidung als gesetzlich vorgesehener Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, nämlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten ist und das in § 52 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen zu Ihren Ungunsten auszulegen ist. Dabei hat sich die Behörde von folgenden Erwägungen leiten lassen:

 

Zunächst ist festzustellen, dass Ihre illegale Einreise und der unrechtmäßige Verbleib in Österreich nach Abschluss des Asylverfahrens am 14.12.2009 jedenfalls eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses auf dem Gebiet des geordneten Fremdenwesens darstellt. Immerhin halten Sie sich nunmehr bereits seit zwei Jahren und sechs Monaten rechtswidrig im Bundesgebiet auf.

 

Ein geordnetes Fremdenwesen ist aber für Österreich von eminentem Interesse. Dies umso mehr in einer Zeit, in der ein anhaltend hoher Migrations- und Zuwanderungsdruck zu verzeichnen ist. Für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Integration eines Fremden verlangt jedoch auch die Bereitschaft, die Rechtsordnung seines Aufenthaltsstaates, und zwar auch die fremdenrechtlichen Bestimmungen, zu respektieren.

 

Sie verfügten lediglich in der Zeit von 24.09.2003 bis 14.12.2009 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber. Ein abgesicherter Aufenthalt im Sinne einer Niederlassung lag bei Ihnen zu keinem Zeitpunkt vor.

 

Bereits der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis klar zum Ausdruck gebracht, dass die illegale Einreise des Fremden und der unrechtmäßige Verbleib in Österreich trotz negativen Abschlusses seines Asylverfahrens eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt bzw. die illegale Einreise des Fremden als relevanter Verstoß gegen das Einwanderungsrecht in die Interessenabwägung einzubeziehen ist.

 

Bereits am 17.11.2003, somit zwei Monate nach Ihrer Asylantragstellung, wurde Ihr Asylantrag erstinstanzlich negativ entschieden. Ab diesem Zeitpunkt war Ihnen der unsichere Aufenthaltsstatus bewusst. Erst durch eine von Ihnen eingebrachte Berufung der erstinstanzlichen Entscheidung, konnte Ihre soziale als auch Ihre berufliche Integration stattfinden, welche sich allerdings letztendlich als unberechtigt erwiesen hat. Ihnen war somit bewusst, dass Sie Ihr Privatleben während einem Zeitraum geschaffen haben, wo Ihr Aufenthaltsstatus als unsicher galt. Sie durften keinesfalls von vornherein damit rechnen, nach einem allfälligen negativen Ausgang des Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu dürfen.

 

Bezug nehmend der Bewertung der Zulässigkeit des Eingriffs in familiäre Bindungen wird festgestellt, dass ein Familienleben in Österreich nicht ersichtlich ist. Sie sind für in Österreich lebende Personen nicht sorgepflichtig. In Ihrem Heimatland wohnt noch Ihr Vater und Ihre 15 Geschwister.

 

Zwar sind Ihre Deutschkenntnisse auf A2 Niveau aktenkundig, jedoch führt dieser Umstand für die Interessensabwägung zu keiner ausschlaggebenden Verstärkung Ihrer privaten Interessen, da diese Tatsache der nur zu Beginn auf Grund eines erfolglosen Asylantrages vorläufig berechtigten Aufenthalt zu Grunde liegt. Sie sprechen die Sprachen Englisch, Französisch und Bemikele. Von 1981 bis 1988 besuchten Sie die Grundschule in X. Da Sie im Alter von 27 Jahren erstmals nach Österreich einreisten und Sie somit den Großteil Ihres Lebens nicht im Österreichischen Bundesgebiet verbrachten, stößt Ihre Rückkehr in den Herkunftsstaat auf kein besonderes Maß an Schwierigkeiten, noch dazu, wo Sie mit den Lebensumständen, die Sprache, und die Kultur in Ihrem Herkunftsstaat voll und ganz vertraut sind.

 

Ihre strafgerichtliche Unbescholtenheit kann nicht zu Ihren Gunsten ausschlagen, weil dieser Umstand weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die Rückkehrentscheidung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge hat. Aus demselben Grund versagt auch das Vorbringen, dass Sie dem Staat nicht finanziell zur Last gefallen sind.

 

Durch das lange Verfahren der zweitinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren muss erwähnt werden, dass Ihr Aufenthalt auch durch die überlange Verzögerung zuerst vom Unabhängigen Bundesasylsenat und danach vom Asylgerichtshof, hat stattfinden können. Dieser Grund stellt jedoch für sich alleine keine zwangsläufige Entscheidung einer auf Dauer unzulässigen Rückkehrentscheidung dar.

 

Im Rahmen einer Gesamtschau hat Ihre Integration in Österreich vor allem angesichts der Tatsache, dass sämtliche sozialen und beruflichen Bindungen zu einer Zeit entstanden sind, in der Sie nicht mit Ihrem dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet der Republik Österreich rechnen konnten, noch kein solches Ausmaß erreicht, dass eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 8 EMRK unzulässig wäre. Außergewöhnliche Umstände, die einen Rückkehrentscheidungsschutz im Lichte des Art. 8 EMRK nach sich ziehen würden, sind nicht hervorgekommen.

 

Die Rückkehrentscheidung ist das gelindeste Mittel um den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, der bei Einhaltung der für die Einwanderung maßgeblichen Bestimmungen bestehen würde.

 

Von daher ist die Rückkehrentscheidung mit § 61 FPG vereinbar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, dem Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zugestellt am 21. Juni 2012, erhob der Bw mit Schriftsatz vom 27. Juni 2012, zur Post gegeben am gleichen Tage, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Einleitend stellt der Bw die Anträge, die Berufungsbehörde möge

 

a)                  eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen, sowie

b)                 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels Land vom 13.06.2012, Zahl: Sich40-444-2003, zugestellt 21.06.2012, dahingehend abändern, dass das gegen mich erlassene Rückkehrverbot von 5 Jahren aufgehoben wird und das Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes gegen mich eingestellt wird, in eventu

c)                  den gegenständlichen Bescheid beheben und zur neuerlichen Entschei­dung an die Erstinstanz zurückverweisen.

 

Das Rechtsmittel begründend führt der Bw wie folgt aus:

 

Meine Berufung begründe ich wie folgt:

 

Ich erhebe zunächst mein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Be­standteil dieses Berufungsschriftsatzes und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes eine inhaltlich anders lautende Entscheidung getroffen werden müssen.

 

Ich, X, bin seit September 2003, somit seit beinahe 9 Jahren, in Österreich aufhältig und gelang mir in dieser Zeit eine äußerst gute Integration. Ich, X, erhielt meine erstinstanzliche negative Entscheidung mit 17.11.2003 und erhob ich dagegen rechtzeitig Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat. Erst mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.12.2009 wurde eine zweitinstanzliche negative Entscheidung getroffen, wobei diese aufgrund der alten Rechtslage keine Ausweisungsentscheidung enthielt. Seit der erstinstanzlichen negativen Entscheidung im November 2003 und der zweiten Entscheidung im Dezember 2009 vergingen 6 Jahre und kann mir dieser lange Zeitraum meines Asylverfahrens im Berufungsstadium nicht zur Last gelegt werden und ist bei richtiger rechtlicher Beurteilung von einem Organisationsverschulden der Republik Österreich an der langen Verfahrensdauer laut der jüngsten VfGH Judikatur zu sprechen. Ich habe unmittelbar nach meiner negativen Entscheidung bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Wels Land einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus eingebracht und fiel die Stellungnahme der Sicherheitsdirektion Oberösterreich hinsichtlich der Zulässigkeit der Ausweisung negativ aus, wobei jedoch ausdrücklich auf die aktuelle VwGH Judikatur hingewiesen wird, dass eine derartige Stellungnahme für die Behörde keine bindende Wirkung hat. Aufgrund der langen Dauer im Asylverfahren, welche mir in keiner Weise zugerechnet werden kann, muss meine in den vielen Jahren des Aufenthaltes und der damit zusammenhängenden Sicherheit erlangte private und soziale Integration voll zum Ausschlag kommen.

 

Ich, X, habe mich niemals straffällig in Österreich verhalten und trage seit langer Zeit dazu bei, dass ich für meinen Lebensunterhalt zur Gänze selbst aufkomme und schon seit vielen Jahren nicht mehr in Grundversorgung bin. Ich falle dem österreichischen Staat daher in keiner Weise zur Last. Ich komme für meinen Lebensunterhalt durch das Austragen von Zeitungen selbsttätig auf und bin ich auch bei der Gewerblichen Sozialversicherung seit langer Zeit krankenversichert. Letztendlich ist anzumerken, dass mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und des damit verbundenen auf die Dauer von 18 Monaten befristeten Einreiseverbotes gut 2 ½  Jahre gewartet wurde und das öffentliche Interesse an meiner baldigen Ausreise im Interesse eines geordneten Fremdenwesen in diesem Zusammenhang nicht zu schwer wiegen kann, ansonsten wäre ja wohl schon weit früher eine Ausweisungsentscheidung gegen mich getroffen worden. Diese zeitlich verzögerte völlig unnötige Vorgangsweise der Behörde ist objektiv nicht nachvollziehbar und wurde aufgrund der gängigen Praxis und Judikatur des UVS angeregt, doch die Ausweisung des Berufungswerbers auf Dauer für unzulässig zu erklären, da aufgrund des langen Aufenthaltes, der Unbescholtenheit, der sehr guten Deutschkenntnisse, der jahrlangen Erwerbstätigkeit, der Selbstversicherung, wohl alle Umstände für diese Vorgangsweise sprechen. Die Entscheidungspraxis der hiesigen Behörde ist daher absolut nicht nachvollziehbar und widerspricht der nunmehr vorherrschenden Entscheidungspraxis in unserem Bundesland Oberösterreich.

 

Der Berufungswerber hat die A2 Prüfung seit langem abgelegt, hat einen großen Freundes- und Bekanntenkreis genießt in der Nachbarschaft ein sehr hohes Maß an Anerkennung und hat auch im Erwerbsleben Kontakt mit österreichischen Staatsbürgern und wird von seinem Arbeitgeber sehr geschätzt.

 

Die Erstbehörde weist selbst in ihrer Begründung darauf hin, dass der Aufenthalt durch die überlange Verzögerung vom UBAS und danach vom Asylgerichtshof zustande gekommen ist, dieser Grund jedoch für sich alleine keine zwangsläufige Entscheidung einer auf Dauer für unzulässigen Rückkehrentscheidung darstellen würde.

 

Dies mag richtig sein, jedoch habe ich alles zu meiner Integration in beruflicher, sozialer, sprachlicher Hinsicht getan und ist die Integration vollkommen gelungen. Es bedarf zudem nunmehr keiner außergewöhnlichen Umstände, die die Rückkehrentscheidung im Sinne des Artikel 8 EMRK unzulässig machen würden.

 

Zudem macht sich die erstinstanzliche Behörde nicht die Mühe, die von mir getätigten Integrationsschritte zu würdigen und anzuführen und wird diesbezüglich das Verfahren vor dem UVS zu vervollständigen sein.

 

Weiters Vorbringen im Zuge des Berufungsverfahrens behalte ich mir ausdrücklich vor.

 

3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vor.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

 

Ein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Bw gestellt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte dennoch abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Bescheid angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z 1 AVG).

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem in den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten, im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

Mit Schreiben vom 20. Juni 2012 legte der Bw zudem eine Honoraraufstellung der Firma X für das Monat Mai 2012, laut derer er in diesem Monat 657,13 Euro verdient hat, sowie eine mit 31. Mai 2012 datierte Honorar-Gutschrift der Firma X in der Höhe von 420,00 Euro vor.

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Einleitend wird festgestellt, dass der Berufungsantrag, "das gegen mich erlassene Rückkehrverbot von 5 Jahren" aufzuheben und "das Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes" einzustellen, wohl nur dahingehend verstanden werden kann, als die Aufhebung der Rückkehrentscheidung und des auf 18 Monate befristeten Einreiseverbots bzw. die Einstellung des damit zusammenhängenden Verfahrens gemeint ist. Verfahrensrechtliche Auswirkungen zeitigt die Unachtsamkeit keine.

 

4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 50/2012, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er als Staatsbürger von X Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 10 FPG ist und sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erscheint daher vor dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 FPG prima vista zulässig.

 

Es gilt jedoch in Folge bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

4.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

4.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.3.2. Zur Aufenthaltsdauer des Bw im Bundesgebiet ist zunächst festzuhalten, dass diese mittlerweile knapp neun Jahre beträgt. Wie im angefochtenen Bescheid dargestellt, war der Aufenthalt für mehr als sechseinhalb Jahre – nämlich während des Asylverfahrens – rechtmäßig.

 

4.3.3. Ein Familienleben des Bw besteht nicht.

 

4.3.4. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Im konkreten Fall ist der Bw knapp neun Jahre in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten der Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt damit zwar noch unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa zehn Jahren, ist dieser jedoch schon sehr nahe.

 

4.3.5. Merkmale für eine weitere soziale Integration des Bw in Österreich sind im Verfahren hervorgekommen. Wie die belangte Behörde ausführt, sind Deutschkenntnisse des Bw auf Niveau A2 aktenkundig. Zudem konnte der Bw ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit nachweisen und es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass der Bw staatliche Unterstützung in welcher Form auch immer in Anspruch nimmt. Nach hs. Ansicht hat der Bw damit deutlich zu erkennen gegeben, sich um die Eingliederung in die Gesellschaft zu bemühen bzw. haben diese Bemühungen auch Früchte getragen.

 

4.3.6. Festzustellen ist weiters, dass der heute knapp 36-jährige Bw den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat verbracht hat und seine Familie dort aufhältig ist. Bindungen an den Heimatstaat sind daher zweifellos vorhanden.

 

4.3.7. Der Bw ist strafgerichtlich unbescholten.

 

4.3.8. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam im Verfahren, abgesehen von dem bislang nicht behördlich verfolgten unrechtmäßigen Aufenthalt, nicht hervor.

 

4.3.9. Das Asylverfahren des Bw dauerte – ohne dass dieser Folgeanträge gestellt oder sonst das Verfahren verzögert hat – von 29. März 2003 bis zum 9. Dezember 2009, also mehr als sechseinhalb Jahre. Die Dauer des Aufenthalts des Bw ist daher auch in den Asylbehörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet.

 

4.3.10. Vor dem Hintergrund der in den obigen Punkten getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privatlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit ergibt.

 

Der Bw hat während seines langen Aufenthaltes im Bundesgebiet von ca. neun Jahren wesentliche Schritte zur Eingliederung in die österreichische Gesellschaft gesetzt, indem er entsprechende Sprachkenntnisse erworben und durch Teilnahme am Erwerbsprozess finanzielle Unabhängigkeit erlangt hat. Dass diese Integration während des Asylverfahrens stattgefunden hat, kann dem Bw schon insofern nicht negativ angelastet werden, als dieses Verfahren völlig unangemessen lange dauerte.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Von den in Art. 8 Abs. 2 EMRK enthaltenen Eingriffsvorbehalten kommen im gegenständlichen Fall jedoch keine zum Tragen. Der Bw ist strafrechtlich unbescholten und hat – abgesehen vom derzeitigen unrechtmäßigen Aufenthalt – auch sonst keine Verstöße gegen die Rechtsordnung begangen. Der Bw bzw. dessen Aufenthalt gefährdet somit wohl kaum die nationale Sicherheit. Das wirtschaftliche Wohl des Landes ist aufgrund der Erwerbstätigkeit des Bw bzw. dessen finanzieller Unabhängigkeit vom Staat nicht in Gefahr. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der unbescholtene Bw an der Begehung strafbarer Handlungen gehindert werden müsste, er eine Gefahr für die Gesundheit oder der Moral darstellt bzw. er zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer nicht in Österreich aufhältig sein sollte.

 

Im Falle des Bw könnte ein Eingriff in dessen Privatleben allenfalls durch den Tatbestand "Verteidigung der Ordnung" gerechtfertigt sein. In diesem Sinne führt die belangte Behörde, weil den Zuwanderungs- und Einwanderungsregelungen nach Österreich hohe Stellenwerte zukämen, sinngemäß aus, dass die Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg, nämlich der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung, steht.

 

Der belangten Behörde ist grundsätzlich zuzustimmen wenn sie anführt, dass nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung darstellt und ein geordnetes Fremdenwesen für den österreichischen Staat von eminentem Interesse ist.

 

In diesem Zusammenhang ist jedoch auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Im Erkenntnis vom 15. Mai 2012, 2012/18/0029, führt der Gerichtshof aus, dass "[d]er bloße unrechtmäßige Aufenthalt […] nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar[stellt], dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde. Zwar kann eine Rückkehrentscheidung dessen ungeachtet mit einem Einreiseverbot einhergehen, eine zwingende Mindestdauer von 18 Monaten - mag sie auch häufig gerechtfertigt sein - in jedem Fall, wird der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes `in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls´ zu erfolgen habe, jedoch nicht gerecht. Letztere - zweifellos unmittelbar anwendbare - Richtlinienbestimmung steht daher § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 insoweit entgegen, als dort - ohne Ausnahme - die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten vorgesehen ist. Umgekehrt kennt das FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist."

 

Hinsichtlich der "Verteidigung der Ordnung" bzw. der "Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung" geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Mai 2012 davon aus, dass im gegenständlichen Fall der bloße derzeitige unrechtmäßige Aufenthalt des integrierten und über lange Jahre rechtmäßig aufhältigen Bw im Inland nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, welche die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde.

 

Allenfalls könnte gegen den Bw daher eine Rückkehrentscheidung ohne ein Einreiseverbot erlassen werden. Aufgrund der langen Aufenthaltsdauer des Bw im Inland und den dargestellten gelungenen Bemühungen sich zu integrieren stellt eine solche Entscheidung, die im Wesentlichen einer Ausweisung gleichkommen würde, jedoch einen unzulässigen und unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechte dar.

 

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass, wenn die belangte Behörde ausführt, ein geordnetes Fremdenwesen sei für Österreich von eminentem Interesse, "[d]ies umso mehr in einer Zeit, in der ein anhaltend hoher Migrations- und Zuwanderungsdruck zu verzeichnen ist", ihr entgegenzuhalten ist, dass dies eine bloß allgemeine Feststellung darstellt, welcher in einem individuell-konkreten Rechtsakt kein Begründungswert zukommt.

 

4.4.1. Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.4.2. Im Hinblick auf § 61 Abs. 3 zweiter Satz FPG ist abschließend festzuhalten, dass es aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich keine Hinweise dahingehend gibt, wonach die drohende Verletzung des Privatlebens des Bw auf Umständen beruhen würde, die ihrem Wesen nach bloß vorübergehend sind. Eine Rückkehrentscheidung gegen den Bw ist daher auf Dauer unzulässig.

 

4.5. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Instruction on the right to appeal

No legal remedies are permitted against this decision.

 

Information

Within 6 weeks after delivery a complaint can be lodged against this decision with the Constitutional Court and/or with the Administrative Court; except from legal exceptions, it must be lodged by an authorized attorney. Paying 220 Euros as an appeal fee is required for each complaint to be lodged.

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

Beschlagwortung:

Rückkehrentscheidung, Einreiseverbot, überlanges Asylverfahren, §§ 52, 53, 61 FPG

 

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