Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531215/11/Bm/Th VwSen-531216/11/Bm/Th VwSen-531217/11/Bm/Th

Linz, 03.08.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau X und des Herrn X, der Frau X und des Herrn X, sowie der Frau X und des Herrn X, sämtliche vertreten durch Rechtsanwälte Prof. Dr. X, Dr. X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.11.2011, Ge20-8-2011, mit dem über Ansuchen der X GmbH, X, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage auf Grundstück Nr. X, KG X, erteilt worden ist, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 29.06.2012 zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird insofern Folge gegeben, als die im Spruchpunkt I. enthaltene Betriebsbeschreibung wie folgt ergänzt wird:

"Die Fenster der Betriebsräumlichkeiten "Produktentwicklung, Labor und Anwendungstechnikum" werden in der Zeit von 22.00 bis 06.00 Uhr durch Jalousien verdunkelt". Im übrigen wird der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.11.2011, Ge20-8-2011 Sü, mit der Maßgabe bestätigt, dass die im Spruchpunkt I. vorgeschriebenen Auflagenpunkte 2., 3. und 7. zu entfallen haben.

 

Darüber hinausgehend wird den Berufungseinwendungen keine Folge gegeben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm
§§ 67a Abs.1 und 58 AVG.

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 20.01.2011 hat die X GmbH, X, um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage auf Grundstück Nr. X, KG X, durch Ausweitung der Betriebszeiten auf Montag bis Sonntag von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr bei unveränderten An- und Ablieferzeiten angesucht.

 

Mit oben bezeichnetem Bescheid wurde diesem Ansuchen Folge gegeben und die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Vorschreibung von Auflagen gemäß § 81 GewO 1994 erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben die oben angeführten Nachbarn innerhalb offener Frist durch ihre anwaltliche Vertretung Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, die Betriebsanlageninhaberin habe eine Betriebszeitenerweiterung für die Lagerhallen 2000 und 2003 sowie die Räume für Anwendungstechnik und Produktentwicklung beantragt. Die Lagerhallen 2000 und 2003 seien vor- und nachgelagerte Betriebsanlagenteile der Backmittelerzeugung und daher in unmittelbarem Zusammenhang zu sehen. Die beantrage Betriebszeitenerweiterung sei nur nach Durchführung einer schalltechnischen Beurteilung möglich, welche sowohl der Nachtbetrieb der Lagerhallen als auch jenen der Backmittelerzeugung behandle. Die Lagerhallen 2000 und 2003 seien unterstützende Anlagenteile zur Backmittelerzeugung, was die Lagerhalle 2003 für Rohstoffe als auch die Lagerhalle 2000 für Fertigware betreffe. Die genannten Anlagenteile würden daher durch funktionell zusammenhängende Betriebsvorgänge miteinander verbunden. Daher dürften diese Anlagenteile und speziell deren Nachtbetrieb im Sinne des Grundsatzes der Einheit der Betriebsanlage nicht isoliert voneinander betrachtet werden.

Zur Backmittelerzeugung liege aber nach den vorliegenden Informationen keine schalltechnische Beurteilung der Lärmemissionen eines allfälligen Nachtbetriebs vor. Lediglich aus der Gesamtsituation der Immissionsquellen der Backmittelerzeugung und der Lagerhallen 2000 und 2003 in der Nacht lasse sich die tatsächliche Lärm- und Staubbelastung der Berufungswerber ableiten, welche eine allfällige Nachtgenehmigung der Lagerhallen 2000 und 2003 mit sich bringen würde. Diese Einwendungen seien vom Grundsatz getragen, dass die Auswirkungen der zu genehmigenden Änderung unter Zugrundelegung jener Situation zu beurteilen seien, in der die Immissionen für die Nachbarn am ungünstigsten seien. Die belangte Behörde hätte daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung als Vorfrage den Konsens der Backmittelerzeugung prüfen und den Betriebsanlagenteil der Backmittelerzeugung in die schalltechnische Beurteilung miteinbeziehen müssen. Der bekämpfte Bescheid sei rechtswidrig und daher aufzuheben.

 

Die Lagerhallen 2000 und 2003 würden einerseits der Bevorratung der Rohstoffe und andererseits der Lagerung der Endprodukte bis zur Auslieferung dienen. In diesen Lagerhallen werde schon seit Jahren eine Förderbandanlage betrieben, die bislang durch keinen Bescheid der BH Freistadt genehmigt worden sei. Durch die Anträge und Anregungen der Bw bei der BH Freistadt habe die Betriebsanlageninhaberin nun den Antrag auf Erteilung der Genehmigung der sogenannten Förderbandanlage stellen müssen. Der Antrag sei mit Eingabe vom 30.11.2011 – also erst nach Bescheidausfertigung zur Betriebszeiten dieses Betriebsanlagenteiles – gestellt worden. Die Nutzung der Lagerhallen ohne die installierte Förderbandanlage sei aber wirtschaftlich sinnlos. Die Förderbänder seien untrennbarer Bestandteil der Lagerhallen.

Eine Änderungsgenehmigung könne immer nur auf einem konsensgemäßen Zustand aufsetzen. Von einer Änderung einer genehmigten Anlage könne nur dann gesprochen werden, wenn eine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung der Anlage vorliege, auf die sich die Änderung beziehen solle. Die Behörde müsse im Verfahren feststellen, ob eine genehmigte Anlage vorliege. Kann sich der Genehmigungswerber bei seinem Antrag gemäß § 81 GewO 1994 auf keinen gewerbebehördlichen Ursprungskonsens stützen, könne dem Ansuchen schon aus diesem Grund nicht entsprochen werden.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zuerst den konsensgemäßen Betrieb der Lagerhallen 2000 und 2003 überprüfen und zum Ergebnis kommen müssen, dass maschinelle Einrichtungen in den Lagerhallen konsenswidrig betrieben würden. Auch diesem konsenswidrigen Zustand könne keine Änderungsgenehmigung einer Betriebszeitenerweiterung aufsetzen. Die beantragte Betriebszeitenerweiterung hätte zurückgewiesen und die verwaltungsrechtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Schritte eingeleitet werden müssen.

 

Die Bw hätten bereits am 22.06.2010 bei der BH Freistadt einen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens gemäß § 79 GewO 1994 eingebracht. Dieses Verfahren sei deshalb beantragt worden, weil die Bw vor den Immissionen der Betriebsanlage nicht hinreichend geschützt seien. Vom Amtssachverständigen sei vorerst die Errichtung einer Lärmschutzwand mit einer Höhe von 5 m und einer Länge von 53 m geplant worden. In diesem Verfahren seien aber noch unzählige Fragen ungeklärt, sodass es vorerst noch nicht abschließend erledigt worden sei. Während der Zeit eines laufenden Verfahrens sei es rechtlich unzulässig, einen Teil der betroffenen Betriebsanlage erneut erweitert zu genehmigen, wenn die betroffenen Nachbarn schon von der bisher genehmigten Betriebsanlage gar nicht hinreichend geschützt seien. Durch eine weitere Genehmigung würden die Bw nur noch mehr beeinträchtigt, gefährdet und belästigt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zuerst das Verfahren nach
§ 79 GewO zum Schutz der betroffenen Nachbarn abschließend behandeln müssen. Erst im Anschluss daran hätte die beantragte Betriebszeitenerweiterung verhandelt werden dürfen.

 

Die schalltechnische Beurteilung des bekämpften Bescheids gehe von der unrichtigen Grundlage aus dem Verfahren zur Mühlenerweiterung aus, indem als Basispegel 40 dB herangezogen worden sei. Dieser Bestand beruhe auf einer Kurzzeitmessung und einer daraus abgeleiteten Schätzung, die für die Festlegung der ortsüblichen Immissionsverhältnisse völlig ungeeignet sei. Die bei dieser Kurzzeitmessung erhobene Immissionssituation sei keinesfalls repräsentativ für die einer schalltechnischen Beurteilung zugrunde zu legenden ungünstigsten weil leisesten Umgebungssituation.

Die schalltechnische Beurteilung beruhe auf unrichtigen Grundlagen, sodass die belangte Behörde zuerst eine schalltechnische Beurteilung der gesamten Betriebsanlage hätte vornehmen müssen, um die tatsächlichen ortsüblichen Lärmimmissionen festzustellen. Nur im Vergleich zu den ortsüblichen Lärmimmissionen – das seien jene Verhältnisse vor der Mühlenerweiterung 2007 – hätte eine richtige Beurteilung der zusätzlichen Lärmimmissionen erfolgen können.

 

Die belangte Behörde habe als Auflage 2. vorgeschrieben, dass während der beantragten erweiterten Betriebszeiten keine zusätzlichen Fahrbewegungen von LKW zulässig seien. Diese Auflage sei missverständlich und ungenau. Sie impliziere, dass andere Fahrbewegungen im Bereich der Lagerhallen in den Nacht-, Wochenend- und Feiertagszeiten zulässig seien, dies sei aber unrichtig. In den erweiterten Betriebszeiten dürften überhaupt keine LKW im Bereich der Lagerhallen bewegt werden. Die belangte Behörde hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Auflage vorschreiben müssen, wonach während der erweiterten Betriebszeiten keine Fahrbewegungen von LKW zulässig seien.

 

Die Bw hätten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.10.2011 eingewendet, dass es durch die Betriebszeitenerweiterung zu einer Erhöhung der Mitarbeiteranzahl kommen werde, die vermehrte PKW-Fahrbewegungen nach sich ziehen. Dies führe zu zusätzlichen Lärmspitzenpegeln, die unberücksichtigt seien. Die belangte Behörde führe dazu auf Seite 18 des Bescheides aus, dass es zu keiner Erhöhung der Kapazität der Arbeitnehmer kommen werde.

Dies stehe im Widerspruch zu den Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen auf Seite 6, wonach künftig bis zu 10 Mitarbeiter zusätzlich in der Nacht arbeiten sollen. Jedenfalls hätte die belangte Behörde berücksichtigten müssen, dass sich durch die Verschiebung der Arbeitszeiten der Mitarbeiter, zu unterschiedlichen Zeiten neue Spitzenpegel ergeben (mehr Mitarbeiter kommen vor 22.00 Uhr, weniger Mitarbeiter fahren nach 22.00 Uhr, mehr Mitarbeiter kommen vor 06.00 Uhr, weniger Mitarbeiter fahren nach 06.00 Uhr). Für die Wochenend- und Feiertagszeiten, wo bislang gar keine Mitarbeiter der Lagerhallen 2000 und 2003 und der Räume für Anwendungstechnik und Produktentwicklung auf das Betriebsgelände gekommen seien, seien in der schalltechnischen Beurteilung des Projektanten und des lärmtechnischen Amtssachverständigen überhaupt keine Spitzenpegel berücksichtigt. Die vorliegende schalltechnische Beurteilung der Lärmimmissionen sei daher unvollständig und bedürfe einer Ergänzung.

 

Die Bw haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.10.2011 eingewendet, dass die Spitzenpegel im überarbeiteten schalltechnischen Projekt von DI X nicht entsprechend den Messwerten berücksichtig worden seien. Die belangte Behörde habe im bekämpften Bescheid vom 21.11.2011 auf Seite 18 zu Punkt 9. ausgeführt, dass sich Spitzen von 44 dB errechnen würden. Die gemessenen Spitzenpegel von zB. 104,9 dB bei einem Schubstapler in 2 m Entfernung würden nicht berücksichtigt, obwohl dies einem Quellwert von 119 dB unmittelbar beim Stapler entspreche. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde die gemessenen Spitzenpegel beachten müssen und wäre zum Ergebnis gekommen, dass die Bw während der Nacht-, Wochenend- und Feiertagszeit nicht hinreichend vor den Immissionen der Betriebsanlage geschützt seien. Die Genehmigung hätte nicht erteilt werden dürfen.

 

Die Bw haben die Zuziehung eines medizinischen Sachverständigen beantragt. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Schallistsituation nicht geändert werde und daher die Zumutbarkeit nicht zu prüfen sei. Hätte die belangte Behörde den Konsens des Betriebsanlagenteils der Backmittelerzeugung geprüft und in die schalltechnische Beurteilung miteinbezogen und hätte sie nicht die schalltechnisch unrichtige Grundlage aus dem Verfahren zur Mühlenerweiterung zum Basispegel herangezogen, hätte sich ergeben, dass sich die Schallistsituation sehr wohl verändere und daher die Zuziehung eines medizinischen Sachverständigen notwendig gewesen wäre. Die Betriebsanlageninhaberin habe eine Betriebszeitenerweiterung für die Nacht-, Wochenend- und Feiertagszeit beantragt. In diesem Antrag werde nicht angeführt, dass der beim Betrieb der gegenständlichen Anlage anfallende Müll nicht sofort entsorgt werden solle. Jedenfalls enthalte das Maschinenverzeichnis mehrere Stapler, mit denen auch die Müllentsorgung durchgeführt werde. Nur weil die Betriebsanlageninhaberin bei der mündlichen Verhandlung angebe, keinen Müll in der Betriebszeitenerweiterung entsorgen zu wollen, stelle dies keine Einschränkung des beantragten Genehmigungsumfangs dar. Die belangte Behörde hätte mit einer Auflage vorschreiben müssen, dass während der zusätzlichen Betriebszeiten kein Müll außerhalb der Lagerhallen entsorgt werden dürfe. Zudem habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass der während der bisherigen Betriebszeiten anfallende Müll in einem Bereich entsorgt werde, der raumordnungsrechtlich als Schutz- und Pufferzone gewidmet sei. In diesem Immissionsschutzstreifen sei die Müllentsorgung gänzlich unzulässig. Durch die Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Müllentsorgung in den Seiten der bestehenden Müllentsorgung zur Sammelstelle gebracht werden könne, soll das konsenswidrige Verhalten der Betriebsanlageninhaberin am Tag legalisiert werden. Die Bw habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.10.2011 die Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür beantragt, ob sich in den Lagerhallen maschinelle Einrichtungen befinden, die bislang vom Genehmigungsumfang nicht umfasst seien. Die belangte Behörde lehne die Durchführung des Lokalaugenscheines ab, weil dies zur Beurteilung des beantragten Vorhabens nicht erforderlich sei und die Behörde Kenntnis von der Betriebsanlage hätte. Gleichzeitig verweise die belangte Behörde im bekämpften Bescheid auf Seiten 15 f auf die – nach Durchführung der mündlichen Verhandlung – erfolgte Einschränkung des Antrages der Betriebsanlageninhaberin zur "Fertigwarentransportanlage" = Förderband. Die Bw haben im Rahmen ihrer Einwendungen auf den konsenswidrigen Betrieb des Förderbandes hingewiesen. Vermutlich aufgrund der Einwendungen der Bw habe die Betriebsanlageninhaberin ihren Antrag auf Betriebszeitenerweiterung eingeschränkt, so dass sich die belangte Behörde die Auseinandersetzung damit erspare.

Die Bw würden daher berechtigter Weise annehmen, dass sich auch noch sonstige maschinelle Einrichtungen in den gegenständlichen Betriebsanlagenteilen befinden, die nicht vom Genehmigungskonsens umfasst seien. Diese Ungereimtheiten würden sich nur durch die Durchführung eines Lokalaugenscheines beseitigen lassen. Auch die belangte Behörde hätte sich dabei vor Ort vom konsensgemäßen oder konsenswidrigen Betrieb der Lagerhallen überzeugen können. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde einen Lokalaugenschein durchführen müssen.

Die Bw haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingewendet, dass sie durch die Beleuchtung in den Räumen für Anwendungstechnik und Produktentwicklung in der Nacht belästigt würden, weil die Beleuchtung direkt in die Schlaf- und Kinderzimmer der Bw scheine, insbesondere bei den Familien X und X. Es sei daher die Auflage beantragt worden, dass in den Räumen für Anwendungstechnik und Produktentwicklung während der Nachtzeit die Jalousien herunter zu lassen seien.

Die belangte Behörde gehe auf Seite 19 zu Punkt 12. davon aus, dass ein Änderung der Innenbeleuchtung nicht über die bestehende Beleuchtung hinausgehe, auch nicht beantragt und daher nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass zwar die Innenbeleuchtung an sich nicht geändert werde, aber nun zur Nachtzeit aufgedreht werden könne. Die Bw würden sich in der bereits genehmigten Abendzeit überwiegend im Erdgeschoß ihres Wohnhauses aufhalten, wo die Innenbeleuchtung der Räume für Anwendungstechnik und Produktentwicklung die Bw nicht beeinträchtige. In der nun genehmigten zusätzlichen Nachtzeit seien die Bw in den Schlafräumen im 1. Stock ihres Wohnhauses, wo die Innenbeleuchtung direkt in die Schlaf- und Kinderzimmer der Bw scheine. Insofern sei von einer geänderten Sachverhaltslage auszugehen. Die belangte Behörde hätte im Rahmen eines Lokalaugenscheins erkennen können, dass die Bw während der Nachtzeit durch die Beleuchtung der Räume für Anwendungstechnik und Produktentwicklung massiv beeinträchtigt seien. Es wäre für die Behörde ein Leichtes gewesen, eine Auflage vorzuschreiben, wonach die vorhandenen Jalousien während der Betriebszeitenerweiterung herunter zu lassen seien.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen, dass die Bw durch die Innenbeleuchtung der Räume für Anwendungstechnik und Produktentwicklung während der Nachtzeit beeinträchtig, belästigt und gefährdet seien und dass daher eine Auflage hinsichtlich der vorhandenen Jalousien vorzuschreiben gewesen wäre.

Der Betriebsanlageninhaberin sei mit Auflage 7. folgendes vorgeschrieben worden: "Auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen (Arbeitszeitgesetz, Arbeitsruhegesetz) wird hingewiesen." Diese Auflage sei unzulässig. Auflagen müssten gemäß § 77 Abs.1 GewO 1994 insbesondere den Erfordernissen der Bestimmtheit, der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der behördlichen Erzwingbarkeit entsprechen. Auflagen, die diesen Erfordernissen nicht entsprechen, seien unzulässig und könnten letztlich zur Aufhebung des Genehmigungsbescheids durch den VwGH führen. Das Erfordernis der Bestimmtheit bedeute, dass Auflagen konkrete Gebote oder Verbote enthalten müssten. Auflagen müssten so klar gefasst sein, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen. Bereits dieses Tatbestandsmerkmal einer Auflage sei nicht gegeben: Der Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen enthalte kein konkretes Ge- oder Verbot. Die Auflage sei daher unbestimmt. Die Behörde habe zu prüfen, ob die vorzuschreibenden Auflagen überhaupt zur Gewährleistung des von Amts wegen wahrzunehmenden Schutzes der in § 77 Abs.1 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994 bezeichneten öffentlichen Interessen geeignet seien. Durch die Auflagen müsste gegenüber den Nachbarn sicher gestellt sein, dass Gefährdungen vermieden und Belästigungen usw. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die vorgeschriebene Auflage 7. sei nicht geeignet, die Nachbarn zu schützen.

 

Die Bw stellen daher die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

§        eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen, dieser Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Antrag der X GmbH auf gewerbebehördliche Genehmigung einer Änderung der Betriebsanlage zurück- bzw. abgewiesen werde, in eventu

§        den angefochtenen Bescheid aufheben und die Verwaltungsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat diese Berufungen gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG zu erheben vorgelegt.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-8-2011/Sü sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.06.2012 unter Beiziehung eines lärmtechnischen und eines medizinischen Amtssachverständigen. Bei der Verhandlung haben die Vertreter der Konsenswerberin, die beschwerdeführenden Parteien und ihre Rechtsvertreter sowie ein von den Bw beigezogener lärmtechnischer Sachverständiger teilgenommen.

 

4.1. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 29.06.2012 wurde vom beigezogenen lärmtechnischen Amtssachverständigen folgendes Gutachten erstattet:

 

"Entsprechend dem Einreichprojekt wurde seitens der X GmbH dargestellt, dass durch die Erweiterung der Betriebszeiten keine Änderung der Gesamtproduktionsmenge und keine Änderung des LKW-Verkehrsaufkommens sowie keine Be- und Entladungen im Bereich der Lagerhalle verursacht wird. Auch Staplerfahrbewegungen im Zusammenhang mit der Müllentsorgung werden in der Nacht nicht durchgeführt. Es wurden deshalb die damit verbundenen Emissionen bei der Immissionsbeurteilung auch nicht berücksichtigt.

Berücksichtigt wurden bei der Immissionsbeurteilung alle Anlagenteile die im eingereichten Maschinenverzeichnis enthalten sind. Im Detail wird dazu auf die Auflistung der Emittenten im schalltechnischen Projekt des Dipl.-Ing. Dr. X vom 27.06.2010 verwiesen. Bemerkt wird, dass für die Immissionsberechnung von einem Innenpegel durch die Tätigkeiten in den Lagerhallen bzw. in den daran unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten (Backmittelturm) von L(A,eq) = 65 dB und Pegelspitzen von bis zu 100 dB ausgegangen wurde. Diese Innenpegel wurden im Wesentlichen durch den Betrieb von Absackanlage, Förderbändern, Palettieranlage, Wickelmaschine und Staplerfahrbewegungen geprägt. Wobei zu bemerken ist, dass der Antrag hinsichtlich Fertigwarentransportanlage bestehend aus Wickelmaschine und Förderband zurückgezogen wurde. Es wurde damit bei der Beurteilung bereits von höheren Immissionspegeln ausgegangen, sodass sich auch bei den Nachbarn höhere betriebliche Immissionen für die Beurteilung ergeben haben und damit die ungünstigste Situation hinsichtlich der betrieblichen Immissionen für die Nachbarschaft beurteilt wurde.

Hinsichtlich der zusätzlichen PKW-Fahrbewegungen durch die Mitarbeiter wurde in der Niederschrift vom 13. Oktober 2011 darauf eingegangen. Es zeigte sich, dass durch diese Fahrbewegungen keine Änderung der örtlichen Verhältnisse auch hinsichtlich der Spitzenpegel verursacht wird.

Für die Beurteilung wurde die Umgebungslärmsituation mit einem Basispegel von 40 dB, einem Dauerschallpegel von 43 dB und Pegelspitzen von bis zu 60 dB im Bereich der Nachbarschaft X zugrunde gelegt. Wie in der Niederschrift vom 13. Oktober 2011 bereits angeführt wurde, ergaben Messungen auch kurzzeitige Stundenpegel für den Basispegel von 33 dB. Diese Umgebungsgeräuschsituation stellt jedoch nicht die kennzeichnende, übliche Schallsituation dar und wird deshalb für die Beurteilung nicht herangezogen, da diese Messwerte unter besonderen Umgebungsbedingungen (gefrorene Aist, absorbierende Schneedecke, Windsituation) erhoben wurden und diese nur vereinzelt auftreten. In diesem Bereich stellt das Bachrauschen der Aist das dominante istsituationsprägende Hintergrundgeräusch dar. Bemerkt wird jedoch, dass durch die Summe aller betriebsbedingten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der gegenständlichen Verlängerung der Betriebszeiten ein Schallpegel von 28 dB mit Pegelspitzen bis zu 44 dB verursacht wird. Das bedeutet, dass selbst ein Basispegel von 33 dB durch den Dauerschallpegel der Betriebsanlage deutlich unterschritten wird."

 

4.2. Basierend auf diesem Gutachten wurde vom medizinischen Amtssachverständigen festgestellt:

 

"Durch mehrfache, auch nächtliche eigene Ortsaugenscheine ist die örtliche Situation samt Umgebungsgeräuschkulisse bekannt. Aus der örtlichen Situation ergibt sich zur Nachtzeit in der bisherigen Betriebsform keine Gesundheitsgefährdung.

Unter Heranziehung wirkungsbezogener Erfahrungen ist festzustellen, dass Schallimmissionen dann mit zunehmendem Maß als belästigend erlebt werden, je deutlicher eine bestehende Umgebungssituation verändert wird.

 

Die schalltechnischen  Überprüfungen ergaben, dass es zu keiner Veränderung der Lärm-IST-Situation kommt. Es ergibt sich daraus, dass aus dem gegenständlichen Projekt nicht auf Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen zu schließen ist."

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs.2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 353 Abs.1 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1.    in vierfacher Ausfertigung

a)    eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,

b)    die erforderlichen Pläne und Skizzen,

...

2.  in einfacher Ausfertigung

      a) nicht unter Z 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu  erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche  technische  Unterlagen sowie

          ...

 

5.2. Mit Eingabe vom 20.01.2011 beantragte die X GmbH, X, bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Mühlenanlage unter Vorlage von Projektsunterlagen.

Diese Projektsunterlagen beinhalten unter anderem eine Betriebsbeschreibung, die erforderlichen Einreichpläne, sowie ein schalltechnisches Projekt samt Ergänzungen.

Der Antrag bezieht sich auf die Änderung der Betriebszeiten im Bereich der der Mühlenanlage zugehörigen Rohwarenhalle und Fertigwarenhalle sowie im Anwendungstechnikum, welches sich in einem Zwischengeschoß der Rohwarenlagerhalle befindet.

Aus den Projektsunterlagen geht hervor, dass mit dieser Betriebszeitverlängerung weder eine Produktionserweiterung noch zusätzliche LKW-An- und Abfahrten bzw. Entladungen verbunden sind und sich auch nicht die Abfallmenge bzw. Abfallverbringung durch die Betriebszeiterweiterung ändert. Mit diesem Antrag ist die Zielsetzung verbunden, die Flexibilität im Rahmen der genehmigten Betriebsabläufe in den gegenständlichen Hallen zu erhöhen. Dieser Antragsinhalt wurde sowohl in der von der Erstbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung als auch in der Berufungsverhandlung wiederholt und bestätigt.

Unter Zugrundelegung dieses Ansuchens und der vorgelegten Projektsunterlagen, die den Umfang der behördlichen Entscheidungsbefugnis bilden, wurde von der Erstbehörde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt; die Erstbehörde hat der mündlichen Verhandlung einen gewerbetechnischen und einem lärmtechnischen Amtssachverständigen beigezogen, die das vorgelegte Projekt entsprechend ihrer Fachrichtung beurteilt haben.

 

Unter Zugrundelegung dieser gewerbetechnischen und lärmtechnischen Beurteilung wurde dem Ansuchen der X GmbH Folge gegeben und die gewerbebehördliche Genehmigung für die Verlängerung der Betriebszeit auf Montag bis Sonntag von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Nochmals wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich der mit diesem Bescheid genehmigte Konsens ausschließlich auf die beantragte Betriebszeitverlängerung bezieht; eine Produktionsausweitung, zusätzliche Lkw-Fahrbewegungen oder Be- und Entladetätigkeiten, Müllverbringung etc. sind vom erteilten Konsens ( da - wie oben ausgeführt - nicht beantragt und daher auch nicht beurteilt) nicht umfasst.  

 

Im Ergebnis wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen in der Beurteilung festgestellt, dass durch das beantragte Vorhaben eine Veränderung der bestehenden Lärmsituation nicht gegeben ist.

Diese Beurteilung erfolgt unter Zugrundelegung des vorgelegten schalltechnischen Projektes samt Ergänzungen, insbesondere des überarbeiteten Projektes vom 13.09.2011, GZ 3447, welches die erhobene Bestandssituation sowie Rechnungen über zu erwartende betriebsbedingte Lärmimmissionen enthält.

Vom lärmtechnischen Amtssachverständigen wurden sowohl die Immissionen beurteilt, die sich aus den in der Halle befindlichen Anlagenteilen ergeben, als auch jene Emissionen, die sich aus den relevanten Lüftungsanlagen ergeben. Ausgegangen wurde dabei von messtechnisch erhobenen Immissionswerten. Was nun die berechneten Immissionspegel durch das "Halleninnenleben" betrifft, ist auszuführen, dass bei der durchgeführten Berechnung von der für die Nachbarn ungünstigsten Situation ausgegangen wurde. So wurde bei der Berechnung von gekippten Fenstern im Bereich der Produktentwicklung und 8 gekippter Brandrauchentlüftung ausgegangen, nach den Projektsunterlagen bleiben diese jedoch geschlossen. Diesem Geschlossenhalten wurde auch vom Vertreter des Arbeitsinspektorrates Linz zugestimmt.

Darüber hinaus ist in die Beurteilung auch der sich im nordwestlichen Bereich der Lagerhallen befindliche Raucherbereich für die Bediensteten eingeflossen. Diese Berechnung erfolgte nach ÖNORM S5012 und bezieht sich diese unter anderem auf die Auswirkungen von Gästen, vor allem zufolge Unterhaltung, Bedienung und Geschirr. Es handelt sich zumindest hinsichtlich der Immissionen von Unterhaltung um solche, wie sie auch von den Bediensteten während des Rauchens verursacht werden. Nach den Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen ergibt auch diese Annahme eine für die Nachbarn ungünstigste Situation, da dabei eben auch die Emissionsanteile von Bedienung und Geschirr mitenthalten sind, die in einem Raucherbereich naturgemäß nicht stattfinden werden. Darüber hinaus wurde auch bei der Beurteilung davon ausgegangen, dass alle zur Nachtzeit maximal anwesenden Bediensteten gleichzeitig rauchen.

Ebenso der Beurteilung unterworfen wurde der durch den Nachtbetrieb zusätzlich entstehende PKW-Verkehr der Bediensteten. Diese Prognoseberechnung erfolgte nach der Parkplatzlärmstudie des Bayrischen Landesamtes für Umweltschutz, wobei auch hier wieder zu betonen ist, dass jedenfalls die für die Nachbarn günstigere Variante angenommen wurde, da bei der Berechnung die Abschirmwirkung des Geländes bzw. der Gebäude nicht mitberücksichtigt wurde.

 

Zusammenfassend wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen ausgeführt, dass bei Addition aller relevanten Teilemissionen die betriebsbedingten Schallimmissionen während der Nachtzeit um 9 bis 10 dB unterhalb des örtlichen Basispegels liegen, welcher mit LA,95 = 40 dB angenommen wurden. Die betriebsbedingten Spitzenpegel liegen zumindest 11 dB unterhalb der örtlichen Spitzenpegel. Eine Beurteilung nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 zeigt, dass der planungstechnische Grundsatz eingehalten wird. Dies deshalb, weil die spezifischen Immissionen um mehr als 10 dB unterhalb der bestehenden liegen.

 

Entgegen dem Vorbringen der Bw wurde nach den ergänzenden Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen in der Berufungsverhandlung für die Immissionsberechnung nicht nur die Tätigkeiten in den von der Betriebszeiterweiterung betroffenen Lagerhallen sondern auch die (vom bestehenden Konsens umfasste) Tätigkeit in den unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten dieser Lagerhallen berücksichtigt. Im konkreten handle es sich dabei um den Backmittelturm; auch diesbezüglich wurde für die Immissionsberechnung der entsprechende Innenpegel angesetzt.   

 

Aktenwidrig ist der Einwand der Bw, der Konsenswerber könne sich beim gegenständlichen auf § 81 GewO 1994 beruhenden Antrag auf keinen gewerbebehördlichen Ursprungskonsens stützen. Für die gegenständliche Betriebsanlage liegen mehrere Vorgenehmigungen vor.

 

Richtig ist, dass das in den betroffenen Lagerhallen befindliche Förderband zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine gewerbebehördliche Genehmigung aufgewiesen hat. Dadurch ergibt sich jedoch keine Mangelhaftigkeit in der durchgeführten lärmtechnischen Beurteilung, sondern vielmehr eine Annahme zugunsten der Nachbarn. Im ergänzenden lärmtechnischen Gutachten wurde nämlich dazu ausgeführt, dass durch die Hinzunahme des Förderbandes als Emissionsquelle bei der Beurteilung auch von höheren Immissionspegeln ausgegangen wurde, sodass sich auch bei den Nachbarn höhere betriebliche Immissionen ergeben haben und sohin die ungünstigste Situation hinsichtlich der betrieblichen Immissionen für die Nachbarschaft zugrunde gelegt wurde.

 

Zu Unrecht wurde von den Bw vorgebracht, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zuerst das für die gegenständliche Mühlenanlage anhängige Verfahren nach § 79 GewO 1994 behandeln müssen und erst im Anschluss daran die beantragte Betriebszeitenerweiterung verhandeln dürfen. Hiezu ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine möglicherweise bereits durch den bisherigen Betrieb der Anlage verursachten Gesundheitsgefährdung der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 der Zulässigkeit einer Änderung der Anlage dann nicht entgegensteht, wenn sich erst im Zuge eines eingeleiteten Genehmigungsverfahrens ergibt, dass durch die projektierte Änderung der Anlage, gegebenenfalls bei Einhaltung bestimmter Auflagen, das Ausmaß der Immissionen im Sinne des § 74 Abs.2 – wie eben im vorliegenden Fall - nicht vergrößert wird.

 

Die Bw bemängeln weiters, dass die schalltechnische Beurteilung auf unrichtigen Grundlagen beruhe, da entgegen durchgeführter Messungen ein Basispegel von 40 dB angenommen worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach den Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen der von den Bw angeführte Basispegel von 33 dB auf bei Messungen aufgetretene einzelne Einstundenergebnisse beruht, diese Umgebungsgeräuschsituation jedoch nicht die kennzeichnende, übliche Schallsituation darstellt, da diese Messwerte unter besonderen Umgebungsbedingungen (gefrorene Aist, absorbierende Schneedecke, Windsituation) erhoben wurden und diese nur vereinzelt auftreten, in diesem Bereich aber das Bachrauschen der Aist das dominante istsituationsprägende Hintergrundgeräusch darstellt.

Davon abgesehen wird aber vom lärmtechnischen Sachverständigen ausgeführt, dass durch die Summe aller betriebsbedingten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der gegenständlichen Verlängerung der Betriebszeiten ein Schallpegel von 28 dB verursacht wird, was bedeutet, dass durch den Dauerschallpegel der Betriebsanlage auch ein Basispegels von 33 dB deutlich unterschritten wird.

 

Entgegen dem Vorbringen der Bw wurde sehr wohl im erstinstanzlich eingeholten lärmtechnischen Gutachten auch auf die Spitzenpegel eingegangen, die sich durch die zusätzlichen PKW-Fahrbewegungen durch die Mitarbeiter ergeben. Es wird festgehalten, dass damit keine Veränderung der Lärmsituation einher geht. Ebenso berücksichtigt wurden in der lärmtechnischen Beurteilung Schallpegelspitzen im Zusammenhang mit Staplermanipulationen. Demnach ergeben sich je nach Immissionspunkt bis zu LA max = 44 dB. Die Bw verwechseln in ihren Ausführungen offenbar vom Anlagenteil "Stapler" ausgehende Emissionswerte mit bei den Nachbarn durch Staplermanipulationen zu berücksichtigende Immissionswerte.

 

Die Bw wenden sich der Berufung gegen die Vorschreibung des Auflagenpunktes 2 und 3, wonach während der beantragten erweiterten Betriebszeiten keine zusätzlichen Fahrbewegungen von LKW bzw. keine Be- und Entladetätigkeiten zulässig sind.

Diesbezüglich ist auszuführen, dass diese Auflagen aus rechtlicher Sicht zu entfallen hat, da der Antrag keine zusätzlichen LKW-Fahrbewegungen bzw. Ladetätigkeiten beinhaltet (worauf im Antrag auch ausdrücklich hingewiesen wird); dies hat auch in der Betriebsbeschreibung des angefochtenen Bescheides Eingang gefunden (vgl. VwGH 02.06.2004, 2002/04/0123).

 

Soweit die Bw einwenden, aus dem Genehmigungsantrag gehe nicht hervor, dass der beim Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlagenteile anfallende Müll nicht sofort entsorgt werden solle, wird auch hiezu auf den Grundsatz des Projektsverfahrens hingewiesen. Nachdem eine Müllentsorgung zur Nachtzeit gegenständlich nicht beantragt wurde, wurde diese auch nicht beurteilt und ist auch nicht Teil des Genehmigungskonsenses. Darüber hinaus wird auf die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Betriebsbeschreibung verwiesen, aus der eindeutig hervorgeht, dass eine Müllentsorgung zur Nachtzeit nicht stattfindet. Dementsprechend geht auch die Forderung der Bw der Kw vorzuschreiben, dass während der zusätzlichen Betriebszeiten kein Müll außerhalb der Lagerhallen entsorgt werden darf, ins Leere.

 

Der Einwand der Bw die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass der während der bisherigen Betriebszeiten anfallende Müll in einem Bereich entsorgt werde, der raumordnungsrechtlich als Schutz und Pufferzone gewidmet und in diesem Immissionsschutzstreifen die Müllentsorgung gänzlich unzulässig sei, kann nicht nachvollzogen werden, da die bestehende Müllentsorgung nicht Gegenstand des hier zu beurteilenden Vorhabens ist.

 

Den Einwendungen der Bw hinsichtlich Belästigung durch Beleuchtung in den Räumen für Anwendungstechnik und Produktentwicklung in der Nachtzeit wird durch die ergänzende Betriebsbeschreibung Rechnung getragen.

 

Zu Recht wird von den Bw darauf hingewiesen, dass Auflagepunkt 7.: "Auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen (Arbeitszeitgesetz, Arbeitsruhegesetz) wird hingewiesen" nicht erforderlich ist und demnach aufzuheben war. Verpflichtungen, die sich für die Kw unmittelbar aus einem Gesetz oder einer Verordnung ergeben, sind nicht zusätzlich mittels Auflagen vorzuschreiben.

 

Ebenso entsprochen wurde der Forderung der Bw auf Beiziehung eines medizinischen Amtssachverständigen.

Von diesem wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich aus dem gegenständlichen Projekt keine Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen ergeben.

 

Aus sämtlichen oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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