Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167085/5/Br/JO

Linz, 13.08.2012

                                                                                                                             

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn x, geb. x, x, x, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 12. Juni 2012, Zl. Cst-16813/12, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 32, Abs.1 u. 2 u. 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG§ iVm § 17 Abs.3 Zustellgesetz -ZustG;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem o. a. Bescheid den Einspruch des Berufungswerbers vom 8. Juni 2012 gegen die Strafverfügung vom 9. Mai 2012, (gleiche Aktenzahl) gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Offenbar in Erwägung einer Berufungsvorentscheidung wurde dem Rechtsmittelwerber mit einer Verfahrensanordnung vom 3.7.2012 eine Aufforderung zur Vorlage von Bescheinigungsmitteln -  betreffend die behauptete Ortsabwesenheit -  aufgetragen. Dieser kam der Berufungswerber offenkundig nicht nach.

Mit dieser Strafverfügung wurde gegen den Berufungswerber wegen einer angeblichen Übertretung  nach § 24 Abs.1 lit.a StVO iVm § 99 Abs.3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro ausgesprochen.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Im Ergebnis bringt der Berufungswerber darin lediglich vor, sich Reiseunterlagen nicht aufzubewahren. Damit blieb er darin der Behörde erster Instanz jeglichen Hinweis auf eine Ortsabwesenheit schuldig.

Vor diesem Hintergrund erwies sich die Zurückweisung des Einspruches durchaus als zu Recht, weil ansonsten mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit jegliche Rechtsmittelfrist willkürlich erstreckt werden könnte.

Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dem Berufungswerber unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht im Rahmen des Parteiengehörs angewiesen die behauptete Ortsabwesenheit glaubhaft zu machen.

Dem ist der Berufungswerber mit einem direkt an das Mitglied und ohne Benennung der Geschäftszahl gerichteten Schreiben vom 4. August 2012 nachgekommen. Dieses Schreiben konnte urlaubsbedingt erst am 13. August 2012 erfasst und protokolliert werden.

Darin wird eine Ortsabwesenheit durch die Vorlage eines Flugbuchungsnachweises von Wien nach Herakleon idZ vom 19.5. bis 26.5.2012 (Landung offenbar erst am 27.5.2012, 01:10 Uhr in Wien) glaubhaft gemacht. Warum der Berufungswerber dies nicht bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens dargelegt hat muss an dieser Stelle mit Blick auf die von der Behörde erster Instanz getroffene Verfahrensanordnung vom 3.7.2012 als mutwillige Verfahrensverzögerung angemerkt werden.

Auf das weitere und im Übrigen nicht sachbezogene Vorbringen des Berufungswerbers in der Sache selbst (Rechtmäßigkeit der Verordnung des Halteverbotes sowie dessen Bezugnahme auf den Inhalt des Telefonates mit dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen des Parteiengehörs) ist an dieser Stelle nicht einzugehen. Darüber wird im Rahmen des nunmehr von der Behörde erster Instanz einzuleitenden "ordentlichen Verfahrens" zu befinden sein. 

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat  des Landes Oö. hat erwogen:

Von der für den Berufungswerber am 21.5.2012 beim Postamt 4040 hinterlegten und ab 22.5.2012 zur Abholung bereit gehaltenen Sendung konnte der Berufungswerber frühestens nach seiner Rückkehr aus Griechenland am 27.5.2012 Kenntnis erlangen. Die Rechtsmittelfrist begann demnach mit dem Datum zu laufen an dem das Schriftstück (frühestens) behoben werden hätte können. Dies war der 29. Mai 2012. Sohin ist der mit 8.6.2012 um 16:00 Uhr per E-Mail an die Behörde erster Instanz übermittelte Einspruch noch fristgerecht eingebracht worden.

 

 

4. Gemäß § 13 Abs.1 ZustG  ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Der § 16 Abs.1 ZustG besagt, wenn das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden kann und  an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 leg.cit. regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

Nach § 16 Abs.5 ZustellG gilt jedoch eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 leg.cit. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

 

§ 17 ZustellG lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(Hervorhebung im Gesetzestext durch den Unabhängigen Verwaltungssenat).

 

 

4.2.1. Wie oben bereits festgestellt war der früheste Zeitpunkt an dem der Berufungswerber von der Hinterlegung Kenntnis erlangen konnte der 29.5.2012 (Dienstag nach Pfingsten).

Wie die Behörde erster Instanz in der Verfahrensanordnung zutreffend hervorhob änderte die nunmehr belegte Ortabwesenheit den Zeitpunkt des Fristenlaufes, sodass sich der am Freitag den 8. Juni 2012 erhobene und bei der Behörde erster Instanz eingelangte Einspruch nunmehr jedenfalls als noch fristgerecht darstellt (vgl. VwGH 19.1.1995, 94/09/0248 mit Hinweis auf VwGH 23.3.1981, 1799/80).

 

Der Zurückweisungsbescheid war daher zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

 

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