Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101211/15/Bi/Shn

Linz, 19.05.1993

VwSen - 101211/15/Bi/Shn Linz, am 19. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz Dris. Fragner sowie Dr. Klempt als Beisitzerin und Mag. Bissenberger als Berichterin über die Berufung des J D, D, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J S, H, R, vom 4. März 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. Februar 1993, VerkR96/2000/1992/Win/Kne, auf Grund des Ergebnisses der am 19. Mai 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I.: Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wortfolge "der einem Blutalkoholgehalt von 1,88 %o entspricht" zu entfallen hat und die Vorschreibung des Barauslagenersatzes gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 erfolgt.

II.: Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Kosten 1. Instanz einen Verfahrenskostenersatz zum Rechtsmittelverfahren von 4.000 S (ds 20 % der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG, § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 und hinsichtlich des Barauslagenersatzes § 5 Abs.9 StVO 1960; Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 26. Februar 1993, VerkR96/2000/1992/Win/Kne, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a iVm 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 20.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt, weil er am 4. Juli 1992 um ca 2.00 Uhr den PKW auf den Güterwegen H und P vom Hause H Nr. 18 nach D Nr. 18, Gemeinde S, gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, der einen Blutalkoholgehalt von 1,88 %o entspricht. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenersatz von 2.000 S und ein Barauslagenersatz von 10 S für das Alkomatmundstück auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Am 19. Mai 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters sowie der Zeugen J K, M D, Bez.Insp. A S und Rev.Insp. C K sowie der medizinischen Amtssachverständigen Dr. S H durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber führt im Rechtsmittel aus, er habe die Fahrt am 4. Juli 1992 um ca 2.00 Uhr nicht in alkoholisiertem Zustand durchgeführt. Dieses Faktum sei lediglich aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostens N, der wiederum ein anonymer Anruf zugrundeliege, angenommen worden, wobei am selben Tag um 7.44 Uhr ein Atemluftalkoholgehalt von 1,01 mg/l festgestellt wurde. Er habe im Haus H Nr. 18 zwei Halbe Bier getrunken und ansonsten vor der Fahrt keinen Alkohol konsumiert. Erst zu Hause habe er eine erhebliche Menge Schnaps getrunken, wobei das Argument, die Gendarmerie hätte keine leere Flasche "Weiße Gams" gefunden, insofern ins Leere gehe, als die Gendarmeriebeamten von einer solchen Flasche nichts gewußt und daher auch keine solche gesucht hätten. Er habe aufgrund der gereizten Stimmung während der Amtshandlung über den Alkoholkonsum überhaupt keine Angaben gemacht, sodaß ihm nunmehr nicht vorzuwerfen sei, daß er einen Nachtrunk verschwiegen hätte. Eine Widerlegung seiner Angaben durch ein medizinisches Sachverständigengutachten sei nicht erfolgt. Er ersuche daher, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen, subsidiär bekämpfe er die Höhe der verhängten Strafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört, die Zeugen M D, J K sowie beide bei der Amtshandlung anwesenden Gendarmeriebeamten zeugenschaftlich vernommen und ein medizinisches Sachverständigengutachten durch die Amtsärztin Dr. H erstattet wurde.

4.1. Demnach stellt sich der Vorfall so dar, daß die beiden Gendarmeriebeamten Rev.Insp. C K und Bez.Insp. A S aufgrund eines vertraulichen Telefonanrufes, wonach der Rechtsmittelwerber in der Nacht seinen PKW in alkoholisiertem Zustand gelenkt hätte, kurz nach 7.00 Uhr des 4. Juli 1992 zum Haus D in D Nr. 18 fuhren, wo der PKW in der Wiese neben dem Haus abgestellt war. Die Beamten haben zunächst mit der Mutter des Rechtsmittelwerbers gesprochen, woraus sich ergeben hat, daß der Rechtsmittelwerber im Auto geschlafen hat und erst gegen 7.00 Uhr ins Bett gegangen ist. Um ca 7.20 Uhr wurde der Rechtsmittelwerber von den Beamten im Schlafzimmer schlafend angetroffen und geweckt, wobei starker Alkoholgeruch der Atemluft, gerötete Augenbindehäute und nach dem Aufstehen schwankender Gang festgestellt wurden. Der Aufforderung, zum Gendarmerieposten Neufelden zwecks Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mitzufahren, ist der Rechtsmittelwerber nachgekommen. Bei der Alkomatuntersuchung erzielte er um 7.44 Uhr und um 7.46 Uhr des 4. Juli 1992 einen Wert von je 1,01 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Angaben über Ort und Menge des getrunkenen Alkohols machte der Rechtsmittelwerber nicht. Er bestätigte lediglich die Angaben seiner Mutter, wonach er gegen 2.00 Uhr heimgekommen sei, im Auto geschlafen habe und schließlich gegen 7.00 Uhr ins Bett gegangen sei.

Aufgrund einer im PKW auf dem Beifahrersitz gefunden Geldbörse trat zutage, daß der Rechtsmittelwerber in der vergangenen Nacht mit dem Zeugen J K, den er im Gasthaus S am Vorabend getroffen hatte, nach Hause gefahren war, wobei beide im Haus H 18 je zwei Flaschen Bier getrunken haben und der Rechtsmittelwerber anschließend allein nach Hause gefahren ist.

Erstmals in der Stellungnahme vom 8. September 1992 brachte der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber vor, er habe, nachdem er den PKW zu Hause abgestellt habe, eine größere Menge Schnaps der Marke "Weiße Gams" getrunken. In der Stellungnahme vom 6. Oktober 1992 hat der Rechtsmittelwerber den Nachtrunk konkret mit einer Flasche Bier und einer Menge von zwei Drittel einer 0,7 Liter Flasche "Weiße Gams" angegeben. Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Nachtrunk in der Weise geschildert, daß sich im PKW eine halbvolle Flasche "Weiße Gams" befunden habe, die der Rechtsmittelwerber zwischen 2.00 Uhr und 7.00 Uhr des 4. Juli 1992 ausgetrunken habe. Er sei dann noch in den Keller gegangen und habe ein bis zwei Flaschen Bier getrunken.

Laut Gutachten der medizinischen Sachverständigen Dr. H entspricht der um 7.44 Uhr des 4. Juli 1992 gemessene Atemalkoholgehalt von 1,01 mg/l einem minimalen Blutalkoholgehalt von 1,181 %o. Auf den Lenkzeitpunkt 2.00 Uhr rückgerechnet ergibt sich ein minimaler Blutalkoholgehalt von 2,41 %o.

Die Berücksichtigung eines Nachtrunks im Ausmaß von zwei Dritteln einer O,7 Liter Flasche Schnaps mit einem Durchschnittsäthanolwert von 30 g/100 ml ergibt unter Zugrundelegung eines Körpergewichtes von 60 kg und eines Resorptionsdefizits von 10 % eine BAK von 3,02 %o. Der zusätzliche Konsum einer Halben Bier würde den Blutalkoholgehalt von 3,41 %o als Nachtrunk hervorrufen. Ein derartiger Promillgehalt ist jedoch mit Volltrunkenheit gleichzusetzen, wobei die dafür charkateristischen Gedächtnislücken beim Rechtsmittelwerber nicht vorhanden waren. Er konnte sich nach eigenen Angaben noch genau erinnern, wie und wann er heimgekommen ist.

Sowohl die beiden Gendarmeriebeamten als auch die Zeugin M D haben bei ihren Einvernahmen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Insbesondere die Mutter des Rechtsmittelwerbers, die von dem ihr zustehenden Recht, sich der Aussage zu entschlagen, trotz konkretem Hinweis nicht Gebrauch machte, schilderte glaubwürdig, daß sie, nachdem sie das Auto ihres Sohnes zwischen 2.00 Uhr und 2.30 Uhr gehört hatte, dieser aber nicht ins Haus gekommen war, selbst zum Auto hinunter ging und dort feststellte, daß ihr Sohn auf dem Fahrersitz sitzend eingeschlafen war und sie nicht einmal bemerkt hat.

Der Zeuge J K hat sinngemäß die bei der Gendarmeriebefragung gemachten Angaben bestätigt, wobei er angab, er habe zwar nicht auf die Uhr gesehen, vermute aber, daß der Rechtsmittelwerber um 1.00 Uhr von ihm weggefahren sei. Er wollte sich jedoch nicht festlegen, ob ihm dabei beim Rechtsmittelwerber eine Alkoholbeeinträchtigung aufgefallen ist.

Die Nachtrunkangaben des Rechtsmittelwerbers sind nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates unglaubwürdig. Insbesondere die Tatsache, daß dieser nach Konfrontation mit dem Vorwurf, er habe sein Fahrzeug in der vorangegangenen Nacht in alkoholbeeinträchtigtem Zustand gelenkt, den ihn entlastenden Nachtrunk nicht sofort eingewendet hat und auch vor der Behörde nicht von sich aus tätig wurde, sondern erst zwei Monate nach dem Vorfall eine nicht näher definierte Menge Schnaps getrunken zu haben vorgab, die dann wieder ein Monat später mengenmäßig konkretisiert und nunmehr im Rahmen der mündlichen Verhandlung erneut abgewandelt wurde, läßt seine Angaben zweifelhaft erscheinen. Nicht nur, daß den Gendarmeriebeamten, die auf ihrer Suche nach dem Zündschlüssel ins Auto gesehen und den Rechtsmittelwerber im Schlafzimmer geweckt haben, keine leere Schnapsflasche aufgefallen ist - einem mit solchen Amtshandlungen befaßten Gendarmerieorgan würde eine leere Schnapsflasche auch ohne konkreten Hinweis darauf auffallen -, hat der Rechtsmittelwerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst den damaligen Sachverhalt bis in Details geschildert (zB, daß ihm die Gendarmeriebeamten zunächst einen Unfall vorgeworfen hätten, um ihn zum Mitfahren zu bewegen, daß er das Fahrzeug noch einmal gestartet hat und auf die andere Seite des Hauses gefahren ist, weil die Mutter wegen des zu laut eingeschalteten Radios nicht schlafen konnte, daß er sich geweigert hat, den Gendarmeriebeamten den Führerschein herauszugeben, worauf diese den Führerschein einfach vom Handschufach des Autos geholt hätten usw), sodaß mit Sicherheit von einem lückenlosen Erinnerungsvermögen auszugehen ist, das bei tatsächlicher Konsumation des behaupteten Nachtrunks laut Sachverständigengutachten nicht vorliegen könnte.

4.2. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zur Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber den von ihm behaupteten Nachtrunk nicht konsumiert hat, sodaß der bei der Atemalkoholuntersuchung um 7.44 Uhr des 4. Juli 1992 festgestellte Wert auf einen Alkoholkonsum vor 2.00 Uhr zurückzuführen war. Der im medizinischen Sachverständigengutachten errechnete günstigste Blutalkoholwert von 2,41 %o zur Lenkzeit wird daher der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt. Aus diesem Grund erfolgte die Spruchkorrektur.

4.3. Zur Frage der Glaubwürdigkeit einer vertraulichen Anzeige und deren Eignung als Grundlage für ein Verwaltungsstrafverfahren ist auf den gegenständlichen Fall bezogen auszuführen, daß die Aufmerksamkeit der Gendarmeriebeamten zwar durch den vertraulichen Anruf auf den Rechtsmittelwerber gelenkt wurde, sich jedoch aus den nachfolgenden Ermittlungen eindeutig und zweifelsfrei ergab, daß dieser um ca 2.00 Uhr des 4. Juli 1992 den PKW gelenkt hat. Zum einen hat er selbst nicht bestritten, das Fahrzeug gelenkt zu haben; zum anderen ergab sich dieser Umstand sowie die genaue Uhrzeit des Lenkens aus den Angaben der Mutter und wurde das Lenken des Fahrzeuges auch durch den Zeugen J K bestätigt. Die vertrauliche Verständigung der Gendarmerie war daher nicht einzige Grundlage des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens, sondern setzte lediglich diesbezügliche Erhebungen in Gang. Hätte sich weder aus der Aussage der Mutter noch aus der des Zeugen K ergeben, daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich den PKW gelenkt hat, wäre der vertrauliche Anruf allein nicht geeignet gewesen, den in Rede stehenden Tatvorwurf zu begründen.

4.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 von 8.000 S bis 50.000 S (eine bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) reicht. Der Rechtsmittelwerber weist zwei einschlägige Übertretungen aus dem Jahr 1989 auf, wobei die damals über ihn verhängten Geldstrafen von 14.000 S und 17.000 S offenbar nicht geeignet waren, ihn zum Umdenken in bezug auf Alkohol im Straßenverkehr zu bewegen. Aus diesem Grund ist schon vor allem aus spezialpräventiven Gründen eine Herabsetzung der nunmehrigen Strafe nicht gerechtfertigt, auch wenn der Rechtsmittelwerber nicht über ein geregeltes Einkommen verfügt. Er hilft laut eigenen Angaben Freunden beim Hausbau, wohnt bei der Mutter und hat keine Sorgepflichten.

Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, bei der Erstinstanz um die Möglickeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Die Vorschreibung der Barauslagen erfolgte gemäß den Bestimmungen des § 5 Abs.9 StVO 1960.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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