Linz, 16.08.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Serbien, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 22. Dezember 2008, GZ: Sich-04/1840/1987+2, betreffend die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlagen:
§ 63, 64 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2012/50
§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 22. Dezember 2008, GZ: Sich-04/1840/1987+2, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 sowie §§ 63 bis 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Zugleich wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.
Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde nach Wiedergabe einschlägiger fremdenpolizeilicher Vorschriften wie folgt aus:
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.
1.3. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. September 2009, Zahl: E1/830/2009, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
1.4. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 2012, Zl. 2009/21/0323-9, wurde der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
2.1. Die Sicherheitsdirektion für das Bundsland Oberösterreich legte nunmehr den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 9. August 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor.
2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, Einholung eines Auszuges aus dem Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem sowie eines Auszuges aus dem Zentralen Melderegister.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. § 67d Abs. 2 Z 1 AVG).
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, unbestrittenen Sachverhalt aus.
2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).
3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
3.1. Einleitend ist vorauszuschicken, dass von den Behörden im Verwaltungsverfahren grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt heranzuziehen sind. Wenn der Bescheid der belangten Behörde aufgrund der durch den Bw an den Tag gelegten maßlosen kriminellen Energie auch einer Prüfung anhand der damaligen Rechtslage standhalten dürfte,
bedeutet dies im vorliegenden Fall dennoch, dass die mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 erfolgten Änderungen der Rechtslage nicht außer Acht gelassen werden dürfen.
3.2. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.
Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
3.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel verfügt und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind grundsätzlich die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.
Allerdings ist davor noch auf die besonderen Ausschließungsgründe des § 64 FPG einzugehen.
Der Bw wurde in Österreich geboren und ist seither im Inland aufhältig. Einschlägig ist daher in jedem Fall § 64 Abs. 1 Z 2 FPG, wonach ein Aufenthaltsverbot gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, nicht erlassen werden darf, wenn er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
Die Einschränkung, dass trotzdem der Drittstaatsangehörige von klein auf im Inland aufgewachsen und langjährig hier rechtmäßig niedergelassen ist, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden kann, wenn der Fremde wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu einer mehr als unbedingten zweijährigen Haftstrafe verurteilt wurde, besteht nach der aktuellen Rechtslage nicht mehr.
3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Auf eine Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung (vgl. § 59 Abs. 1 FPG) konnte aufgrund der Deutschkenntnisse des Bw verzichtet werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.
Bernhard Pree
Beschlagwortung:
Aufenthaltsverbot, von Klein auf im Inland aufgewachsen, § 64 (1) 1 FPG