Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301257/2/Gf/Rt

Linz, 08.08.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. August 2012, Zl. 37005/2010, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.      

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 21 Abs. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. August 2012, Zl. 37005/2010, wurde gegen den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in einer Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 9 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 110 Euro) verhängt, weil er am 19. August 2010 mehrere Kaninchen insbesondere deshalb nicht artgerecht gehalten habe, als der Käfig bzw. das Kellerabteil zu klein und kein natürlicher Lichteinfall vorhanden sowie die Versorgung mit Futter und Wasser unzureichend gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 13, der §§ 13 und 14 und der §§ 16 und 17 des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 35/2008 (im Folgenden: TSchG), begangen, weshalb er jeweils nach § 38 Abs. 3 TSchG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass diese dem Rechtsmittelwerber angelastete Übertretung auf Grund entsprechend dokumentierter Wahrnehmungen des Amtstierarztes als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden (monatliches Taschengeld in Höhe von 36 Euro, Sorgepflichten für 3 Kinder).

 

1.2. Gegen dieses ihm am 11. Juli 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Juli 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber – auf das Wesentliche zusammengefasst –vor, dass die beanstandeten Tiere nicht ihm gehört hätten; Eigentümerin sei vielmehr die Nachbarin gewesen, die sehr krank sei und der versprochen habe, auf ihre Kaninchen aufzupassen. Außerdem habe sich nur ein Kaninchen mit ihren Jungen im Keller befunden, während sich die anderen Tiere im Hof aufgehalten hätten.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu Zl. 37005/2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 38 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG beging ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigte, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden waren oder es in schwere Angst versetzt wurde.

Nach § 38 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 TSchG beging ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der als Halter eines Tieres nicht dafür gesorgt hat, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere das Licht und die Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

Gemäß § 38 Abs. 3 i.V.m. § 14 TSchG beging ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der es zu verantworten hatte, dass für die Betreuung der Tiere nicht genügend Betreuungspersonen vorhanden waren, die über die erforderliche Eignung sowie die erforderlichen Kenntnisse und beruflichen Fähigkeiten verfügten.

Nach § 38 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 und 2 TSchG beging ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der es zu verantworten hatte, dass die Bewegungsfreiheit eines Tieres so eingeschränkt war, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt wurden oder es in schwere Angst versetzt wurde, oder dass das Tier nicht über einen Platz verfügte, der seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen war.

Gemäß § 38 Abs. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2 und 3 TSchG beging ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.750 Euro zu bestrafen, der es zu verantworten hatte, dass Art, Beschaffenheit, Qualität und Menge des Futters nicht der Tierart, dem Alter und dem Bedarf der Tiere entsprochen hat.

3.2. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses selbst ausführt, stellt § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG ein Erfolgsdelikt dar, mit der Konsequenz, dass die kausale Folge (Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst) ein Tatbestandsmerkmal darstellt, dass im Spruch einer den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG genügenden Konkretisierung bedarf; Gleiches gilt bezüglich der Übertretung des § 16 Abs. 1 und 2 TierSchG.

Da jedoch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses diesbezüglich überhaupt keinen Hinweis enthält und auch dem Bericht des Amtstierarztes vom 23. September 2010, Zl. 302/K/IV-2010, nicht entnommen werden kann, dass die Tiere tatsächlich Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst empfunden hätten, erweist sich der diesbezügliche Vorwurf sohin schon von vornherein als unhaltbar.

3.3. Die Anwendbarkeit der übrigen vorzitierten Strafbestimmungen setzt jeweils voraus, dass der Beschuldigte  auch Halter der konkreten Tiere war.

Als Halter gilt gemäß § 4 Z. 1 TSchG jene Person, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat.

Dass diese Voraussetzungen zutrafen, hat der Beschwerdeführer von Anfang an in Abrede gestellt; vielmehr hat er sowohl in seiner nunmehrigen Berufung als auch in seiner Stellungnahme vom 30. Mai 2012 jene Person näher bezeichnet, die Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Tiere ist.

Mit diesem Einwand hat sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt. Insbesondere hat sie es unterlassen, sowohl die vermeintliche Eigentümerin als auch den Hausmeister und jene Person, die die verfahrenseinleitende Anzeige erstattet hat, zu dieser Frage zeugenschaftlich einzuvernehmen.

Auf Basis einer derartigen Beweislage durfte aber der Rechtsmittelwerber nicht als Halter der Tiere qualifiziert werden; vielmehr hätte die Erstbehörde bei einer solchen Faktenlage gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK im Zweifel von der Unschuld des Beschwerdeführers auszugehen gehabt.

3.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen. 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.


 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum