Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101218/4/Bi/Fb

Linz, 26.08.1993

VwSen - 101218/4/Bi/Fb Linz, am 26. August 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des H F, K, S , vom 2. April 1993 gegen die Punkte 2. und 3. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19. März 1993, VerkR-10.062/1993-Vo, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Punkt 3. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird. In Punkt 2. wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß nach der Wortfolge ".... bei km 33,200" eingefügt wird "in Fahrtrichtung A" und die Bestimmung des § 46 Abs.4 lit.e StVO 1960 verletzt wurde.

II. Der Rechtsmittelwerber hat in Punkt 2. zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 100 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten. In Punkt 3. entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19, 44a Z2 und 45 Abs.1 Z3 VStG, § 46 Abs.4 lit.e iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, § 102 Abs.5 lit.a iVm § 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: §§ 64 Abs.1 und Abs.2 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 19. März 1993, VerkR-10.062/1993-Vo, über den Beschuldigten ua wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 2) § 46 Abs.4 lit.d bzw lit.e iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 3) § 102 Abs.5 lit.a iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von je 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 12 Stunden verhängt, weil er am 6. Jänner 1993 gegen 5.00 Uhr den PKW auf der A I im Gemeindegebiet A bis Strkm 33,200 gelenkt und in der Zeit von etwa 5.00 Uhr bis 7.55 Uhr durch das Abstellen des PKW auf dem Pannenstreifen der A I diesen bei km 33,200 vorschriftswidrig benützt hat und 3) bei dieser Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt bzw diesen einem Organ der Straßenaufsicht auf Verlangen nicht zur Einsichtnahme ausgehändigt hat. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Kostenersatz von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG hinsichtlich Punkt 2. und § 51e Abs.1 VStG hinsichtlich Punkt 3.).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er habe um 19.00 Uhr des 6. Jänner 1993 die Heimreise aus Ungarn angetreten und auf der I in Richtung H nach ca. 900 km starke Ermüdungserscheinungen bemerkt. Da er einen Sekundenschlaf gehabt habe, sei er sofort an den Pannenstreifen gefahren, wo er einnickte. Er sei von zwei Beamten der Autobahngendarmerie geweckt worden und habe diesen anstandslos die Papiere ausgehändigt und die Personalien bekanntgegeben. Den Führerschein habe er bei einem Bekannten gehabt, bei dem er ein Kleidungsstück gewechselt habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu Punkt 2. (Übertretung gemäß § 46 Abs.4 lit.e iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960):

Gemäß dieser Bestimmung ist es auf der Autobahn verboten, außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen zu halten oder zu parken. Der Rechtsmittelwerber ist von den Meldungslegern RI T und RI N am 6. Jänner 1993 um ca. 7.55 Uhr auf der A I bei km 33,200 kurz vor der Raststätte A in seinem auf dem Pannenstreifen mit laufendem Motor abgestellten PKW schlafend angetroffen worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 9. Mai 1966, 402/66 ausgesprochen, daß Übermüdung einen Kraftfahrer nicht berechtigt, sein Fahrzeug auf der Autobahn außerhalb eines gekennzeichneten Parkplatzes abzustellen. Dieser Rechtsansicht schließt sich der unabhängige Verwaltungssenat vollinhaltlich an, zumal die Argumente des Rechtsmittelwerbers, er habe nach 900 km Fahrt starke Ermüdungserscheinungen verspürt und es für ratsam gehalten, auf dem Pannenstreifen anzuhalten, weil ihm die Gefahr eines Sekundenschlafes bei 130 km/h bewußt sei, ins Leere gehen. Abgesehen davon, daß eine Fahrt von 900 km Länge unmöglich ohne - sogar mehrmalige Unterbrechungen durchzuführen ist, weil schon nach kurzer Zeit (noch dazu nach dem Genuß von zwei Halben Bier!) die Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit des Fahrzeuglenkers bedenklich nachlassen, ist die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers nicht geeignet, sein Verhalten zu rechtfertigen. Zum einen treten Ermüdungserscheinungen nicht schlagartig auf - auch die "Gefahr" eines Sekundenschlafes bei 130 km/h besteht nur bei schlichter Ignoranz sämtlicher Müdigkeitssymptome -, zum anderen hätte der Rechtsmittelwerber auf dem Weg zwischen Ungarn und Aistersheim genügend Möglichkeiten gefunden, sich auf einem gekennzeichneten Parkplatz oder notfalls außerhalb der Autobahn auszuschlafen. Daß das Abstellen des PKW auf dem Pannenstreifen mit leicht geöffneter Fahrertür eine enorme Gefahrenquelle für sämtliche Verkehrsteilnehmer darstellt und daher nur für den äußersten Notfall vorgesehen ist der aber beim Rechtsmittelwerber nicht vorlag, hätte sogar diesem bewußt sein müssen. Es ist daher davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber grob fahrlässig gehandelt und den ihm zur Last gelegten Tatbestand als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Spruchkonkretisierung erfolgte gemäß den angeführten Bestimmungen, wobei sich die Fahrtrichtung aus den Zeugenaussagen der Meldungsleger ergibt und der Tatvorwurf im Punkt 2) wörtlich ausreichend umschrieben wurde.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 10.000 S (bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) reicht. Milderungs- oder Erschwerungsgründe waren wegen zahlreicher nicht einschlägiger Vormerkungen nicht zu berücksichtigen. Die verhängte Strafe entspricht vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei die finanziellen Verhältnisse in den Hintergrund traten (kein Einkommen, kein Vermögen, sorgepflichtig für ein Kind). Die Verhängung der Strafe war notwendig, um den Rechtsmittelwerber von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

Zu Punkt 3. (Übertretung gemäß § 102 Abs.5 lit.a iVm § 134 Abs.1 KFG 1967):

Gemäß § 44a Z1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandselemente ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Gemäß § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 hat der Lenker den Führerschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Im Schuldspruch wird dem Rechtsmittelwerber jedoch vorgeworfen, den Führerschein nicht mitgeführt bzw diesen nicht ausgehändigt zu haben. Dieser Tatvorwurf stellt einen den Erfordernissen des § 44a VStG nicht entsprechenden Alternativvorwurf dar (vgl VwGH vom 28. Oktober 1987, 86/03/0131), wobei es nicht Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates ist, sich eine geeignete Alternative "auszusuchen".

Da bislang dem Rechtsmittelwerber kein der oben zitierten Bestimmung entsprechend konkretisierter Tatvorwurf gemacht wurde, und die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich Punkt 1) des Straferkenntnisses ergeht eine gesonderte Berufungsentscheidung.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum