Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167094/8/Br/Ai

Linz, 20.08.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Dr. X, X, X,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, vom 04.07.2012, Zl. VerkR96-1272-2012, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird im Punkt 1) u. 5) Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich dieser Punkte behoben und das Verwaltungsstrafverfahren  nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

           In den übrigen Punkten wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch der sinngemäße Hinweis "obwohl es zumutbar gewesen sei, sich nicht vom bemängelten Zustand überzeugt zu haben," zu entfallen hat.

 

II.    Im Punkt 1) u. 5)  entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. In den übrigen Punkten werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten insgesamt 28 Euro als Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt.

 

Rechtsgrundlagen:

I.          § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm  § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - VStG.

 II.        § 66 Abs.1 u. § 64 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Perg  über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 36 lit. b, § 102 Abs.1 KFG iVm § 49 Abs. 7, § 102 Abs.1 KFG iVm § 7 Abs.1 KFG iVm § 4 Abs.4  Zif. 1 KDV, § § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 Zif. 1 FSG und zuletzt § 102 Abs.1 iVm §36 lit.e u. § 57a Abs. 5 KFG 1967 gemäß der Strafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 und den Punkt 3.) § 37 Abs.2a FSG 1) 110 Euro, 2) 20 Euro, 3) 40 Euro und 5) 80 Euro und als Ersatzfreiheitsstrafen 48, 12, 36, 18 und 36 Stunden ausgesprochen. 

Es wurden wider ihn nachfolgende Tatvorwürfe erhoben: 

"1) Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass am Krad das zugewiesene behördliche Kennzeichen nicht angebracht war, da das hintere Kennzeichen fehlte(n).

Tatort: Gemeinde X, X, Nr. X bei km X, Sie haben ihr Motorrad von X, X, StrKm X über die X und die X bis X mit der X gelenkt.

Tatzeit: 21.04.2012, 16:25 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 36 lit. b KFG

 

2) Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht da­von überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgeset­zes entspricht, da festgestellt wurde, dass die hintere Kennzeichentafel nicht mit dem Fahrzeug dauernd fest verbunden angebracht war, da Montierung durch Anbringung mit Klettverschluß.

Tatort: Gemeinde X, X bei km X, Sie haben ihr Motorrad von X, X; StrKm X über die X und die X bis X mit der X gelenkt..

Tatzeit: 21.04.2012, 16:25 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs.1 KFG i.V.m. § 49 Abs. 7 KFG

 

3) Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug, mit welchem eine Ge­schwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, der/die Reifen hinten in der Mitte der Lauffläche (3/4 der Laufflächenbreite) nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 1,6 mm auf­wiesen).

Tatort: Gemeinde X, X, X bei km X, Sie haben ihr Motorrad von X, X, StrKm X über die X und die X bis X mit der X gelenkt.

Tatzeit: 21.04.2012, 16:25 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs.1 KFG i.V.m. § 7 Abs.1 KFG i.V.m. § 4 Abs.4  Zif. 1 KDV

 

4) Sie haben als Lenkerin den Führerschein nicht mitgeführt.

Tatort: Gemeinde X, X, X bei km X, Sie haben ihr Motorrad von X, X, StrKm X über die X und die X bis X mit der X gelenkt..

Tatzeit: 21.04.2012, 16:25 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 37 Abs.1 i.V.m. § 14 Abs.1 Zif. 1 FSG

 

5) Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht da­von überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgeset­zes entspricht, da festgestellt wurde, dass am Krad keine den Vorschriften entsprechende Be­gutachtungsplakette angebracht war, weil siehe Mitteilung an die Behörde

Tatort: Gemeinde X, X, X bei km X, Sie haben ihr Motorrad von X, X, StrKm X über die X und die X bis X mit der X gelenkt..

Tatzeit: 21.04.2012, 16:25 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 102 Abs.1 i.V.m. § 36 lit.e u. § 57a Abs. 5 KFG

Fahrzeug: Kennzeichen X, Motorrad, X, orange"

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

"Die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung ist aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen vom 23.04.2012 als erwiesen anzusehen. Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 25.04.2012 haben Sie am 14.05.2012 Einspruch erhoben.

 

Sie gaben in diesem Einspruch lediglich an, dass Sie sich nicht schuldig bekennen. Mit Verständi­gung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 31.05.2012 wurde Ihnen mitgeteilt, dass Ihnen die­se Übertretungen nach wie vor zur Last gelegt werden. Als Beweis wurden Ihnen die Anzeige vom 23.04.2012 und die Mitteilung zur Anzeige inklusive Fotos übermittelt.

 

Das Angebot in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme um Abgabe einer neuerli­chen Stellungnahme haben Sie nicht genutzt. Sie haben daher die Ihnen angelastete Übertretung nicht widerlegen können, da Sie dafür keine Gründe angaben. Ohne diese Gründe ist es für die Behörde unmöglich ein Ermittlungsverfahren zu führen, das die Ihnen angelastete Verwaltungs­übertretung widerlegen hätten können. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Nach Maßgabe des § 19 VStG ist der Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zugrund zu legen.

 

Schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familieverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. Da Sie uns dazu keine Angaben gemacht haben, wurden zur neuerlichen Bemessung die von uns geschätzten Werte herangezogen.

 

Überdies sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Minderungsgründe gegeneinander abzuwägen.

 

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen."

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"Im außen bezeichneten Verwaltungsstrafverfahren erhebe ich gegen das meinem bevollmächtigten Vertreter am 6.7.2012 zugestellte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 4.7.2012, Geschäftszeichen: VerkR96-1272-2012, innerhalb der offenen Berufungsfrist von zwei Wochen das Rechtsmittel der

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg wird mit dieser Berufung zur Gänze angefochten.

Als Berufungsgründe werden insbesondere die Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

1.    Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat im angefochtenen Straferkenntnis meine Verurteilung hinsichtlich mehrerer Verwaltungsübertretungen damit begründet, dass die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen vom 23.4.2012 als erwiesen anzusehen ist und ich die Abgabe einer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme nicht genutzt habe, sodass ich die mir angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht widerlegen konnte, weil ich dafür keine Gründe angegeben habe, und es ohne diese Gründe für die Behörde unmöglich ist, ein Ermittlungsverfahren zu führen, das die mir angelastete Verwaltungsübertretung widerlegen hätte können.

Die Bezirkshauptmannschaft Perg unterliegt hierbei einem Rechtsirrtum, der gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines Beweisverfahrens und gegen den Rechtsgrundsatz der Wahrheitserforschung von Amts wegen verstößt.

 

Die Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen an die Bezirkshauptmannschaft Perg vom 23.4.2012 unterliegt der Verpflichtung zur Beweiswürdigung, weil sie ein Beweismittel darstellt.

 

In diesem Zusammenhang verweise ich auf das Faktum 1 und das Faktum 2 im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

 

Unter völlig identen Verhältnissen betreffend die Tatzeit und den Tatort, und zwar insbesonders die beschriebene Fahrtroute, wird mir zu Faktum 1 angelastet, dass an meinem Motorrad ein Kennzeichen nicht angebracht war und unter Faktum 2 angelastet, dass an meinem Motorrad ein Kennzeichen mit Klettverschluss angebracht war.

 

Wenn die Bezirkshauptmannschaft Perg diesen Widerspruch, der noch dazu gegen das Doppelbestrafungsverbot verstößt, billigend mit der Begründung nicht beachtet, dass ich eine Stellungnahme zum Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens nicht abgegeben habe, bewirkt dies eindeutig eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Im Faktum 5 des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses wird mir zur Last gelegt, dass am Motorrad keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war.

 

Aus der Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen vom 23.4.2012 (Bild Nr. 6) ergibt sich eindeutig, dass die Begutachtungsplakette sehr wohl auf dem Motorrad angebracht war.

 

Was die Mangelhaftigkeit des Verfahrens hinsichtlich dieses Faktums betrifft, verweise ich auf meine obigen Ausführungen.

 

Im Faktum 3 des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Perg wird mir zur Last gelegt, dass bei meinem Motorrad, mit welchem eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf,  der / die  Reifen  hinten  in  der Mitte der  Lauffläche  (3/4  der Laufflächenbreite) nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 1,6 mm aufgewiesen haben.

 

Hierzu ist zur Tatbestandsmäßigkeit auszuführen, dass diese Profiltiefe von 1,6 mm nicht in der Mitte der Lauffläche, sondern im mittleren Bereich der Lauffläche und nicht auf 3/4 der Laufflächenbreite, sondern im mittleren Bereich der Lauffläche, die etwa 3/4 der Lauffläche einnimmt, vorhanden sein muss.

 

Abgesehen von den in der Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen vom 23.4.2012 enthaltenen Lichtbildern gibt es keine konkreten Beweisergebnisse dahingehend, dass von einem der einschreitenden Polizeibeamten die Profiltiefe des Reifens des Motorrades durch eine Messung überprüft worden wäre.

 

Wie aus den in der Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen vom 23.4.2012 befindlichen Lichtbildern hervorgeht, weist der dort abgebildete Reifen meines Motorrades sehr wohl ein Profil auf, wobei ich den Standpunkt vertrete, dass im Zeitpunkt der Amtshandlung die Profiltiefe noch den gesetzlichen Ansprüchen entsprochen hat.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg wäre daher von Amts wegen verpflichtet gewesen, mit der Feststellung der Profiltiefe anhand der Lichtbilder einen technischen Amtssachverständigen mit der Gutachtenserstellung zu beauftragen.

 

2.    Zur unrichtigen Sachverhaltsfeststellung aufgrund fehlender Beweiswürdigung:

Im angefochtenen Straferkenntnis sind keine Sachverhaltsfeststellungen, die im Rahmen der Würdigung der vorliegenden Beweisergebnisse getroffen worden wären, enthalten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat im angefochtenen Straferkenntnis darauf hingewiesen, dass es ihr nicht möglich war, ein Ermittlungsverfahren zu führen, das die mir angelasteten Verwaltungsübertretungen widerlegen hätte können, weil ich zum Ergebnis der Beweisaufnahme die mir eingeräumte Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme nicht genutzt habe.

 

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen wurden offensichtlich ohne die Würdigung der Beweise in der Anzeige der Polizeiinspektion Pabneukirchen an die Bezirkshauptmannschaft Perg vom 23.4.2012 getroffen.

In diesem Zusammenhang verweise ich noch einmal darauf, dass der mir im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu Faktum 1 angelastete Sachverhalt und der zu Faktum 2 angelastete Sachverhalt im Widerspruch stehen, weil ich mein Motorrad entweder mit oder ohne einem Kennzeichen gelenkt habe.

 

3.    Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

 

a)    Begründungsmangel:

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Bezirkshauptmannschaft Perg ausgeführt, dass ich keine Stellungnahme mit einer Begründung, warum ich mich nicht schuldig bekenne, abgegeben habe, sodass es nicht möglich war, ein Ermittlungsverfahren zu führen, das die mir angelastete Verwaltungsübertretung widerlegen hätte können.

Derartige Ausführungen in einem Straferkenntnis sind nicht als Begründung zu werten und widersprechen der Begründungspflicht.

Nach Art. 41 Abs.1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union über das Recht auf eine gute Verwaltung hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.

Nach Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union über das Recht auf eine gute Verwaltung umfasst dieses Recht insbesondere

-        das Recht einer jeden Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird;

-        das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des legitimen Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses;

-        die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat durch diesen Begründungsmangel nach Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union über das Recht auf eine gute Verwaltung, Verfahrensgrundsätze nicht beachtet, sodass das angefochtene Straferkenntnis und das diesem vorausgehende Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Perg rechtswidrig sind.

 

b)    Widersprüchlichkeit:

 

Wie ich dies bereits unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ausgeführt habe, schließen sich die schuldtragenden Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich des Faktums 1 und hinsichtlich des Faktums 2 im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Perg aus, weil man nicht unter gleichen Voraussetzungen wegen des Lenkens eines Motorrades, bei dem das Kennzeichen fehlt und bei dem das Kennzeichen unzulässig befestigt ist, verurteilt werden darf.

Es liegt daher ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor.

 

Aus all diesen Gründen stelle ich daher den

 

Berufungsantrag

 

das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 4.7.2012, Geschäftszeichen; VerkR96-1272-2012, zur Gänze zu beheben und das gegen mich anhängige Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich sämtlicher mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen einzustellen.

 

X, am 16.7.2012                                                                               X"

 

 

3. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch jeweils 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, sowie durch Beischaffung einer Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Hofrat Dipl.-Ing. X, zu den angezeigten und von der Behörde erster Instanz als Verwaltungsübertretung beurteilten Feststellungen. Dem Berufungswerbervertreter wurde diese fachliche Stellungnahme am 26. Juli 2012 über telefonische Vereinbarung per E-Mail zugestellt u. ihm eine Frist eröffnet sich dazu zu äußern.

Aus all dem ergibt sich die unstrittige entscheidungswesentliche Beweislage. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte daher unterbleiben (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

4. Sachverhalt lt. Aktenlage:

Der Berufungswerber wurde von zwei Polizeibeamten im Verkehrsüberwachungsdienst wahrgenommen als es von der X in das Ortsgebiet X einbog. Dabei war am Motorrad kein Kennzeichen fix montiert. Es war lediglich ein Klebeband als Montagevorrichtung vorhanden. Das Kennzeichen wurde vom Berufungswerber jedoch mitgeführt.  Auffällig war für die Beamten auch das orangefarbige  Motorrad und die vom Lenker getragene Helmkamera. Die Beamten haben sich laut Anzeige daher auf sogenannte Nacheile und Vorpasshaltung begeben.  Im Stadtgebiet von X auf der X (X) erfolgte schließlich die Anhaltung dieses Fahrzeuges und dessen Kontrolle.

Dabei wurde die in der Anzeige getroffenen Feststellungen mit der jeweiligen rechtlichen Beurteilung laut Anzeige gemacht. Durch sechs Fotos wurden die Beanstandungen dokumentiert.

Die Behörde erster Instanz folgte in der rechtlichen Beurteilung vollumfänglich der Anzeige.

 

 

4.1.   Beweiswürdigung des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Ob sich der Berufungswerber vor Antritt der Fahrt von der mangelhaften Befestigungsvorrichtung sowie der Bereifung in zumutbarer Weise überzeugt hat oder diesen Zustand einfach billigend in Kauf genommen hat kann im Ergebnis auf sich bewenden. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, dass dem Berufungswerber der bemängelte Zustand, abgesehen von der Plakette, nicht verborgen geblieben sein konnte als er das Fahrzeug in Betrieb genommen hat. Offenbar nahm er diese Mängel schlichtweg billigend in Kauf.

Die weitwendige Tatumschreibung war daher der besseren Verständlichkeit und Lesbarkeit wegen zu korrigieren.  

Als unzutreffend erweist sich jedenfalls der Vorwurf im Punkt 5), wonach keine dem Gesetz entsprechende Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei. Es macht doch einen entscheidenden Unterschied, ob überhaupt keine Begutachtungsplakette angebracht ist oder diese sich bloß an einer weniger gut sichtbaren Stelle befindet. Der gesetzliche Zweck wird wohl auch dann noch erfüllt gesehen werden können, wenn das kontrollierende Organ sich allenfalls bücken oder die Körperhaltung verändern muss um die Lochung zu lesen bzw. zu kontrollieren. Dieser Umstand indiziert wohl nur einen geringen objektiven Tatunwert. Der technische Gutachter verweist ebenfalls bloß auf den Verordnungstext, dessen Auslegung jedoch der Behörde vorbehalten zu bleiben hat. Da hier die Plakette offenbar nicht vom Berufungswerber selbst, sondern von der ermächtigten Begutachtungsstelle angebracht wurde, vermag in diesem Mangel jedenfalls kein subjektiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten des Berufungswerbers erblickt werden.

Gemäß dem Gutachten kann es jedoch sehr wohl als erwiesen gelten, dass weder die vorhandene Montagevorrichtung für die Kennzeichentafel noch die Mindestprofiltiefe den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat. Diesbezüglich misst der Unabhängige Verwaltungssenat  dem Polizeibeamten jedenfalls die Fähigkeit zu die Mindestprofiltiefe in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festzustellen. Das er den Führerschein nicht mitführte bleibt selbst seitens des Berufungswerbers unbestritten.

Dennoch war der Berufung teilweise Folge zu geben zumal der Vorwurf im Punkt 1) u. 2) im Ergebnis auf eine Doppelverfolgung (Bestrafung) einer in Idealkonkurrenz stehenden Unterlassung  hinausläuft. Wenn nach Auffassung der Behörde erster Instanz die hintere Kennzeichentafel fehlte, folgt diesem Umstand im Ergebnis zwangsläufig, dass diese auch nicht angebracht sein konnte.  Da der Berufungswerber die Kennzeichentafel offenbar jedoch mitführte, war der Punkt 1) zu beheben. Im Punkt 5) erblickt die Berufungsbehörde kein nachweisbares Verschulden des Berufungswerbers, sodass in diesen Punkten die Strafaussprüche zu beheben und das Verfahren einzustellen ist.

Im Übrigen sind die Schuldsprüche jedoch zu bestätigen.

Der Berufungswerber äußerte sich zum Gutachten nicht mehr. Er ließ die ihm gesetzte Frist fruchtlos verstreichen.

Den in der gutachterlichen Stellungnahme getroffenen fachlichen Einschätzung des Dipl.-Ing. X wird ebenso gefolgt wie den Feststellungen der kontrollierenden Polizeiorgane.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 36 lit.e KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger, außer Anhänger, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs. 7 leg. cit. über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischen Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei im § 57a Abs 1 lit.a - h leg. cit. angeführten zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs.1 letzter Satz leg.cit. fallen, eine den Vorschriften entsprechende  Begutachtungsplakette  (§ 57a Abs.5 und 6 leg.cit.) am Fahrzeug  angebracht  ist.

Der § 9 der  Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung - PBStV)
StF: BGBl. II Nr. 78/1998, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 207/2011 lautet:

Die Begutachtungsplakette muss so am Fahrzeug angebracht sein, dass das Jahr und der Monat der vorgeschriebenen nächsten wiederkehrenden Begutachtung des Fahrzeuges durch je eine in den zugehörigen Feldern der Plakette angebrachte Lochmarkierung nach dem Anbringen der Begutachtungsplakette auf dem Fahrzeug deutlich sichtbar ist.

(2) Die Begutachtungsplakette muss außen am Fahrzeug und so angebracht sein, dass ihr unterster Punkt nicht weniger als 40 cm und ihr oberster Punkt nicht mehr als 190 cm über der Fahrbahn liegt. Die Begutachtungsplakette darf nur angebracht sein

a)

bei Kraftwagen und mehrspurigen Krafträdern mit karosserieartigem Aufbau im rechten Seitenbereich der Windschutzscheibe; bei klappbaren Windschutzscheiben sowie bei Fahrzeugen mit Windschutzscheiben, die eine Anbringung der Begutachtungsplakette innerhalb der oben angeführten Maße nicht gestatten, an der rechten Seite vor der vordersten Türöffnung,

b)

bei anderen als in der lit.a angeführten Krafträdern an der rechten Seite des Scheinwerfers oder in der Nähe des Scheinwerfers oder auf einem am rechten Gabelholm fest mit dem Fahrzeug verbundenen Plakettenhalter,

c)

bei Anhängern an der Deichsel oder neben der Deichsel rechts von der Längsmittelebene des Fahrzeuges, bei Sattelanhängern an der Vorderseite rechts von der Längsmittelebene des Fahrzeuges.

(3) Das Anbringen mehrerer Begutachtungsplaketten an einem Fahrzeug nebeneinander oder aufeinander ist unzulässig.

 

Hinsichtlich der übrigen Punkte kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung der Behörde erster Instanz verwiesen werden (siehe oben).

 

 

 

6. Gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

Der Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit blieb von der Behörde erster Instanz offenbar unberücksichtigt. Dennoch vermag mit Blick auf den bis zu 5.000 Euro reichenden Strafrahmen in den ausgesprochenen Strafen ein Ermessensfehler nicht erblickt werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

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