Linz, 20.08.2012
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg, vom 04.07.2012, Zl. VerkR96-1272-2012, zu Recht:
I. Der Berufung wird im Punkt 1) u. 5) Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich dieser Punkte behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
In den übrigen Punkten wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch der sinngemäße Hinweis "obwohl es zumutbar gewesen sei, sich nicht vom bemängelten Zustand überzeugt zu haben," zu entfallen hat.
II. Im Punkt 1) u. 5) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. In den übrigen Punkten werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten insgesamt 28 Euro als Kosten für das Berufungsverfahren auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 - VStG.
II. § 66 Abs.1 u. § 64 Abs.1 u. 2 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Perg über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 36 lit. b, § 102 Abs.1 KFG iVm § 49 Abs. 7, § 102 Abs.1 KFG iVm § 7 Abs.1 KFG iVm § 4 Abs.4 Zif. 1 KDV, § § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 Zif. 1 FSG und zuletzt § 102 Abs.1 iVm §36 lit.e u. § 57a Abs. 5 KFG 1967 gemäß der Strafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 und den Punkt 3.) § 37 Abs.2a FSG 1) 110 Euro, 2) 20 Euro, 3) 40 Euro und 5) 80 Euro und als Ersatzfreiheitsstrafen 48, 12, 36, 18 und 36 Stunden ausgesprochen.
Es wurden wider ihn nachfolgende Tatvorwürfe erhoben:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:
3. Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch jeweils 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, sowie durch Beischaffung einer Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Hofrat Dipl.-Ing. X, zu den angezeigten und von der Behörde erster Instanz als Verwaltungsübertretung beurteilten Feststellungen. Dem Berufungswerbervertreter wurde diese fachliche Stellungnahme am 26. Juli 2012 über telefonische Vereinbarung per E-Mail zugestellt u. ihm eine Frist eröffnet sich dazu zu äußern.
Aus all dem ergibt sich die unstrittige entscheidungswesentliche Beweislage. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte daher unterbleiben (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
4. Sachverhalt lt. Aktenlage:
Der Berufungswerber wurde von zwei Polizeibeamten im Verkehrsüberwachungsdienst wahrgenommen als es von der X in das Ortsgebiet X einbog. Dabei war am Motorrad kein Kennzeichen fix montiert. Es war lediglich ein Klebeband als Montagevorrichtung vorhanden. Das Kennzeichen wurde vom Berufungswerber jedoch mitgeführt. Auffällig war für die Beamten auch das orangefarbige Motorrad und die vom Lenker getragene Helmkamera. Die Beamten haben sich laut Anzeige daher auf sogenannte Nacheile und Vorpasshaltung begeben. Im Stadtgebiet von X auf der X (X) erfolgte schließlich die Anhaltung dieses Fahrzeuges und dessen Kontrolle.
Dabei wurde die in der Anzeige getroffenen Feststellungen mit der jeweiligen rechtlichen Beurteilung laut Anzeige gemacht. Durch sechs Fotos wurden die Beanstandungen dokumentiert.
Die Behörde erster Instanz folgte in der rechtlichen Beurteilung vollumfänglich der Anzeige.
4.1. Beweiswürdigung des Unabhängigen Verwaltungssenates:
Ob sich der Berufungswerber vor Antritt der Fahrt von der mangelhaften Befestigungsvorrichtung sowie der Bereifung in zumutbarer Weise überzeugt hat oder diesen Zustand einfach billigend in Kauf genommen hat kann im Ergebnis auf sich bewenden. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, dass dem Berufungswerber der bemängelte Zustand, abgesehen von der Plakette, nicht verborgen geblieben sein konnte als er das Fahrzeug in Betrieb genommen hat. Offenbar nahm er diese Mängel schlichtweg billigend in Kauf.
Die weitwendige Tatumschreibung war daher der besseren Verständlichkeit und Lesbarkeit wegen zu korrigieren.
Als unzutreffend erweist sich jedenfalls der Vorwurf im Punkt 5), wonach keine dem Gesetz entsprechende Begutachtungsplakette angebracht gewesen sei. Es macht doch einen entscheidenden Unterschied, ob überhaupt keine Begutachtungsplakette angebracht ist oder diese sich bloß an einer weniger gut sichtbaren Stelle befindet. Der gesetzliche Zweck wird wohl auch dann noch erfüllt gesehen werden können, wenn das kontrollierende Organ sich allenfalls bücken oder die Körperhaltung verändern muss um die Lochung zu lesen bzw. zu kontrollieren. Dieser Umstand indiziert wohl nur einen geringen objektiven Tatunwert. Der technische Gutachter verweist ebenfalls bloß auf den Verordnungstext, dessen Auslegung jedoch der Behörde vorbehalten zu bleiben hat. Da hier die Plakette offenbar nicht vom Berufungswerber selbst, sondern von der ermächtigten Begutachtungsstelle angebracht wurde, vermag in diesem Mangel jedenfalls kein subjektiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten des Berufungswerbers erblickt werden.
Gemäß dem Gutachten kann es jedoch sehr wohl als erwiesen gelten, dass weder die vorhandene Montagevorrichtung für die Kennzeichentafel noch die Mindestprofiltiefe den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hat. Diesbezüglich misst der Unabhängige Verwaltungssenat dem Polizeibeamten jedenfalls die Fähigkeit zu die Mindestprofiltiefe in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festzustellen. Das er den Führerschein nicht mitführte bleibt selbst seitens des Berufungswerbers unbestritten.
Dennoch war der Berufung teilweise Folge zu geben zumal der Vorwurf im Punkt 1) u. 2) im Ergebnis auf eine Doppelverfolgung (Bestrafung) einer in Idealkonkurrenz stehenden Unterlassung hinausläuft. Wenn nach Auffassung der Behörde erster Instanz die hintere Kennzeichentafel fehlte, folgt diesem Umstand im Ergebnis zwangsläufig, dass diese auch nicht angebracht sein konnte. Da der Berufungswerber die Kennzeichentafel offenbar jedoch mitführte, war der Punkt 1) zu beheben. Im Punkt 5) erblickt die Berufungsbehörde kein nachweisbares Verschulden des Berufungswerbers, sodass in diesen Punkten die Strafaussprüche zu beheben und das Verfahren einzustellen ist.
Im Übrigen sind die Schuldsprüche jedoch zu bestätigen.
Der Berufungswerber äußerte sich zum Gutachten nicht mehr. Er ließ die ihm gesetzte Frist fruchtlos verstreichen.
Den in der gutachterlichen Stellungnahme getroffenen fachlichen Einschätzung des Dipl.-Ing. X wird ebenso gefolgt wie den Feststellungen der kontrollierenden Polizeiorgane.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 36 lit.e KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger, außer Anhänger, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs. 7 leg. cit. über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischen Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei im § 57a Abs 1 lit.a - h leg. cit. angeführten zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs.1 letzter Satz leg.cit. fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs.5 und 6 leg.cit.) am Fahrzeug angebracht ist.
Der § 9 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung - PBStV)
StF: BGBl. II Nr. 78/1998, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 207/2011 lautet:
Die Begutachtungsplakette muss so am Fahrzeug angebracht sein, dass das Jahr und der Monat der vorgeschriebenen nächsten wiederkehrenden Begutachtung des Fahrzeuges durch je eine in den zugehörigen Feldern der Plakette angebrachte Lochmarkierung nach dem Anbringen der Begutachtungsplakette auf dem Fahrzeug deutlich sichtbar ist.
(2) Die Begutachtungsplakette muss außen am Fahrzeug und so angebracht sein, dass ihr unterster Punkt nicht weniger als 40 cm und ihr oberster Punkt nicht mehr als 190 cm über der Fahrbahn liegt. Die Begutachtungsplakette darf nur angebracht sein
a)
bei Kraftwagen und mehrspurigen Krafträdern mit karosserieartigem Aufbau im rechten Seitenbereich der Windschutzscheibe; bei klappbaren Windschutzscheiben sowie bei Fahrzeugen mit Windschutzscheiben, die eine Anbringung der Begutachtungsplakette innerhalb der oben angeführten Maße nicht gestatten, an der rechten Seite vor der vordersten Türöffnung,
b)
bei anderen als in der lit.a angeführten Krafträdern an der rechten Seite des Scheinwerfers oder in der Nähe des Scheinwerfers oder auf einem am rechten Gabelholm fest mit dem Fahrzeug verbundenen Plakettenhalter,
c)
bei Anhängern an der Deichsel oder neben der Deichsel rechts von der Längsmittelebene des Fahrzeuges, bei Sattelanhängern an der Vorderseite rechts von der Längsmittelebene des Fahrzeuges.
(3) Das Anbringen mehrerer Begutachtungsplaketten an einem Fahrzeug nebeneinander oder aufeinander ist unzulässig.
Hinsichtlich der übrigen Punkte kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung der Behörde erster Instanz verwiesen werden (siehe oben).
6. Gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.
Der Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit blieb von der Behörde erster Instanz offenbar unberücksichtigt. Dennoch vermag mit Blick auf den bis zu 5.000 Euro reichenden Strafrahmen in den ausgesprochenen Strafen ein Ermessensfehler nicht erblickt werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r