Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-560184/2/Kü/Ba

Linz, 21.08.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn S V, I, G, vom 15. Juni 2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5. Juni 2012, SO-11-2012, betreffend Zurückweisung des Antrags auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindest­sicherungsgesetz zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF. iVm § 30 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl.Nr. 74/2011.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5. Juni 2012, SO-11-2012, wurde der Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 5. Jänner 2012 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) in Anwendung der Be­stimmungen der §§ 27 und 30 Oö. BMSG zurückgewiesen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Bw bei persönlichen Vorsprachen am 10. Jänner 2012 und am 24. Jänner 2012 bzw. mit Schreiben vom 12. März 2012 im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ersucht wurde, die zur Durch­führung des Verfahrens erforderlichen Urkunden oder Unterlagen hinsichtlich

-         Vorlage der Unterhaltsforderung gegen seine Gattin, für ihn selbst und seine Tochter E

beizubringen.

 

In diesem Schreiben sei nachweislich darauf hingewiesen worden, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entschei­dungsgrundlage den Antrag zurückweisen könne.

 

Die geforderte Vorlage der Unterhaltsforderung sei bis heute nicht vorgelegt worden. Da der Bw seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, fehle für seinen Antrag die Entscheidungsgrundlage.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher begründend vorgebracht wird, dass der Bw im Jänner um Unterstützung angesucht habe, sämtliche geforderten Unterlagen erbracht habe und zu dem strittigen Punkt der Aufforderung, seine noch nicht wegen Strittigkeit geschiedene Ex-Ehegattin Frau R V zu klagen, die Sachlage der Uneinbringlich­keit der zuständigen Bearbeiterin erklärt habe.

 

Am 3.5.2012 sei die Tagsatzung zur Scheidung beim BG Gmunden anberaumt worden, die vorerst einvernehmliche Scheidung sei durch Angaben von Frau V strittig geworden. Der Punkt der Unterhaltsklage sei ebenfalls durch die Richterin befragt worden, für das bei ihm im Haushalt lebende Kind verlange er Unterhalt, er habe freiwillig darauf verzichtet, weil seine Gattin enorme Unterhaltsrückstände zu zwei vorehelichen Kindern habe, weiters zahlreiche Gläubiger sie belasten würden. Derzeit bekomme er in unregelmäßigen Abständen von ihr 50 Euro Unterhalt für das bei ihm lebende Kind. Dem Gericht sei die schlechte finanzielle Situation von beiden bekannt, diesbezüglich sei auch Verfahrenshilfe bewilligt worden.

 

Das Scheidungsverfahren sei noch im Gange, seine Gattin sei mittlerweile nach Niederösterreich übersiedelt, ob sie jetzt wieder einer Arbeit nachgehe oder noch arbeitslos sei, sei ihm nicht bekannt.

 

Er lebe trotz regelmäßiger Arbeit unter Existenzminimum, müsse im Sommer zwei Monate stempeln gehen, weil die Kinderbetreuung nicht gegeben sei und habe daher im Sommer für zwei Monate wieder eine schwierige Zeit.

 

Der Gesetzgeber habe durch die Einführung der Mindestsicherung einen höchst bürokratischen Hürdenlauf geschaffen, die Soforthilfe auch in extremen Notlagen eingestellt und so vielen Hilfesuchenden, so auch ihm, ohne vorher zu helfen unter Vorwand unnötiger Auflagen, die leicht von behördlicher Seite aus einzu­sehen wären, der Tür verwiesen. So habe er auch an anderer Stelle "Betteln" gehen sowie wieder neue Schulden machen müssen, um über die Runden zu kommen. 

 

Er sehe daher angesichts der Sachlage nicht ein, dass ihm die Mindestsicherung nicht zustehe, nur weil er der Auflage nicht nachgekommen sei, die Ex-Gattin zu klagen, da die Zahlungsunfähigkeit von Frau V seit Jahren beim Jugendamt und der Gerichtsbarkeit ohnehin bekannt sei. 

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 16. Juli 2012 vorgelegt. Damit ist gemäß § 49 Oö. BMSG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungs­senates zur Entscheidungsfindung begründet.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung konnte gemäß § 67d Abs.1 AVG unterbleiben, zumal sich der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und zudem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde.

 

4.1. Mit Eingabe vom 10.1.2012 beantragte der Bw Hilfe zur Sicherung des Lebens­unterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz. Im Zuge seiner Vorsprache bei der Erstinstanz am 10.1.2012 wurde der Bw davon in Kenntnis gesetzt, dass er zur Bearbeitung seines Antrages folgende Unterlagen vorzulegen hat:

-         Miet- und Betriebskostenbelege

-         Kontoauszüge der letzten 6 Monate

-         Scheidungsurteil samt Vergleichsausfertigung (Unterhaltsnachweise)

-         Bestätigung Ablebensversicherung (mit Bankbelastung).

 

Am 24. Jänner 2012 wurden vom Bw anlässlich einer neuerlichen Vorsprache bei der Erstinstanz die Miet- und Betriebskostenbelege, Kontoauszüge der letzten 6 Monate und die Notstandshilfebestätigung des AMS vorgelegt. Laut Angaben des Bw gegenüber der Erstbehörde würde das Schreiben bezüglich des Gerichts­termins über der einvernehmlichen Scheidung demnächst übermittelt. Von der Erstinstanz wurde der Bw davon in Kenntnis gesetzt, dass zur Weiterbearbei­tung seines Antrages noch

-         Scheidungsurteil samt Vergleichsausfertigung (Unterhaltsnachweise – Vereinbarung)

-         Bestätigung Ablebensversicherung mit Kontostand (mit Bankbelastung)

bis 27.2.2012 vorzulegen sind, da ansonsten angenommen wird, dass an der Weiterführung des Verfahrens kein Interesse besteht und der Antrag zurückge­wiesen wird.

 

Mit Schreiben vom 23.2.2012 legte der Bw eine Versicherungsbestätigung der Wiener Städtischen Versicherung, ein Abkommen über Unterhaltsleistungen für die minderjährige gemeinsame Tochter E V, abgeschlossen zwischen dem Bw und seiner Ehegattin, wonach diese eine freiwillige Unterhaltsleistung von 50 Euro pro Monat leistet, und den Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 18. Jänner 2012, wonach der Antrag der Antragsteller auf Scheidung der Ehe im Einvernehmen zurückgewiesen wird, vor. Gegen diesen Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden wurde mit Eingabe vom 2.2.2012 vom Bw und seiner Ehegattin Berufung erhoben.

 

Mit Schreiben vom 12. März 2012, dem Bw im Wege der Hinterlegung am 13. März 2012 zugestellt, wurde dieser neuerlich aufgefordert, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens folgende Unterlagen persönlich beizubringen:

"Aufgrund Ihrer derzeitigen Arbeitslosigkeit und der aufrechten Ehe mit Ihrer Gattin Frau R V-H sind Sie angehalten, zur Deckung des Lebensunterhalts für sich und die gemeinsame Tochter E eine Unterhalts­forderung gegen Ihre Gattin geltend zu machen. Sollte dies in einvernehmlicher Lösung nicht möglich sein, hat auch eine gerichtliche Einforderung zu erfolgen."

 

In diesem Schreiben wurde der Bw darauf hingewiesen, dass die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen kann, wenn der Bw seiner Mitwirkungspflicht innerhalb der angegebenen Frist nicht nachkommt. In diesem Schreiben wurde der Bw um telefonische Vereinbarung bei namentlich genannten Personen gebeten.

 

Abschließend enthielt das Schreiben den Hinweis, dass der Bw für Informationen wegen anderwärtiger einmaliger finanzieller Unterstützung ersucht würde, sich diesbezüglich an die namentlich genannte Sozialarbeiterin zu wenden.

 

Innerhalb der festgesetzten Frist langten bei der Behörde keine geforderten Unterlagen ein.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt einliegenden Schriftstücken.

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 28 Abs.5 Oö. BMSG sind im Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung folgende Angaben zu machen und durch entsprechende Nachweise zu belegen:

1.      zur Person und Familien- bzw. Haushaltssituation;

2.      aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation;

3.      Wohnsituation;

4.      zum Daueraufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 Z 2, soweit die fremdenrechtlichen Vorschriften Dokumente zu dessen Nachweis vorsehen.

Sofern diesbezüglich erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt werden, kommt § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) zur Anwendung.

 

Nach § 30 Abs.1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

  1. erforderlichen Angaben zu machen,
  2. erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und
  3. erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

 

§ 30 Abs.2 Oö. BMSG lautet:

Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

5.2. Fest steht, dass der Auftrag der Erstinstanz vom 12. März 2012 zur Verbesserung der Antragsunterlagen dem Bw in Form der Hinterlegung am 13. März 2012 zugestellt worden ist. Innerhalb der von der Behörde gesetzten 14-tägigen Frist erfolgte keine Reaktion des Bw.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Personen voraus,

in angemessener, ihr möglich und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Nach § 7 Abs.2 Oö. BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinne des Abs.1 insbesondere:

1.      der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10

2.      der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11

3.      die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre, sowie

4.      die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Festzuhalten ist, dass die Bestimmung des § 7 Abs.2 Z 3 Oö. BMSG vollinhaltlich der Bestimmung des § 8 Abs.2 Z 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 entspricht. Auch hier gilt es, Angemessenheit, Möglichkeit und Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung zu berücksichtigen.

 

Zu § 8 Abs.2 Z 3 Oö. Sozialhilfegesetz führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14.6.2012, Zl. 2008/10/0053, aus, dass in der genannten Bestimmung als Beitrag die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte genannt wird, bei deren Erfüllung die Leistung sozialer Hilfe nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre. Somit stellt nach der gesetzlichen Regelung die Verfolgung von gegenüber Dritten bestehenden Ansprüchen eine Voraus­setzung für die Leistung sozialer Hilfe dar.

 

Nach der geltenden Rechtslage haben bei aufrechter Ehe beide Ehegatten zur Deckung "der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse" gemeinsam nach ihren Kräften beizutragen (§ 94 ABGB). Bei aufrechter Ehe wird der Unterhalt grundsätzlich nicht durch Geld sondern durch Naturalleistungen erbracht. Bei Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft ist aber der Unterhalt jedenfalls in Geld zu leisten. Die Rechtsprechung bemisst die Höhe des Unterhaltsanspruchs des einkommenslosen Ehegatten regelmäßig mit einem bestimmten Prozentsatz vom Nettoeinkommen des Unterhaltsberechtigten. Im Hinblick auf die oben zitierte Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verfolgung eines Unterhaltsanspruches Vorraussetzung für die Leistung sozialer Hilfe.

 

Die genannten gesetzlichen Regelungen (Oö. BMSG bzw. zivilrechtliche Regelung) bedeuten, dass die Erstinstanz zu Recht von der aus § 7 Abs.2 BMSG resultierenden Bemühungspflicht ausgegangen ist und hinsichtlich einer Geltendmachung der Unterhaltsforde­rung entsprechende Unterlagen eingefordert hat. Da der Bw diesem Erfordernis innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen ist, wurde von der Erstinstanz sein Antrag vom 10. Jänner 2012 zu Recht zurückgewiesen. Es ist daher festzustellen, dass der Bw durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum