Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150958/2/Re/CA/Th

Linz, 16.08.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die RAe Dr. X – Dr. X – Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Februar 2012, GZ VerkR96-17332-2011, wegen einer Übertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991.


 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29. Februar 2012, GZ VerkR96-17332-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 iVm § 6 und § 7 Abs. 1 BStMG 2002 verhängt.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Bw habe am 24. August 2011, 10:02 Uhr, als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X die mautpflichtige Bundesstraße A8, bei km 37.400, in der Gemeinde Weibern, Richtung Knoten Voralpenkreuz, benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des BStMG 2002 unterliegt die Benutzung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 12. März 2012 zugestellt wurde, richtet sich die am 22. März 2012 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 26. März 2012 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

 

Begründend führt die Vertretung des Bw im Wesentlichen aus, dass weder dem Bw noch dem Halter des gegenständlichen LKW eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zugestellt worden wäre und dass weiters die A8 im Bereich zwischen Pichl bei Wels und Haag/Hausruck eine der meistbefahrensten Autobahnen Österreichs sei, somit vom Bw höchste Konzentration gefordert sei, sodass es menschlich verständlich sei, dass er der Beschuldigte die Signaltöne überhört habe bzw. nicht wahrnehmen konnte. 3 Minuten später sei bereits wieder ein Signal gegeben und die Mautgebühr abgebucht worden.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde. Gemäß § 51e VStG 1991 konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt aktenkundig ist, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Partei keine mündliche Verhandlung beantragt hat.

 

2.2. Aus den angeführten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der bereits der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde lag und vom Bw auch nicht bestritten wird.

 

Mit Strafverfügung vom 15. November 2011, VerkR96-17332-2011, hat die belangte Behörde ausgeführt, der Bw habe am 24. August 2011, 10.02 Uhr, in der Gemeinde Weibern, A8 bei km 37.400, Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz, mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Der Bw habe dadurch § 20 Abs. 2 iVm § 6 und § 7 Abs. 1 BStMG 2002 verletzt. Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG 2002  wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 33 Stunden) verhängt.

 

Die Strafverfügung wurde vom Bw mit Schreiben vom 29. November 2011 beeinsprucht. Im Wesentlichen wird ausgeführt, dass der Bw Einspruch gegen die Strafverfügung erhebt, da klar ersichtlich sei, dass die Maut ordnungsgemäß entrichtet worden wäre.

 

In weiterer Folge hat der Vertreter des Bw in der Rechtfertigung dargelegt, dass die Go Box von der Windschutzscheibe gefallen sei, was deswegen passiert sein könnte, weil eine neue Scheibe eingebaut worden sei und die Haftung nachgelassen habe.

 

Schlussendlich erhielt der Bw am 12. März 2012 – versendet am 29. Februar 2012 – das nunmehr angefochtene Straferkenntnis, woraufhin der Vertreter des Bw das Rechtsmittel der Berufung geltend gemacht hat.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 51c VStG 1991 hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.2. Gemäß § 6 BStMG 2002 unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG 2002 ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG 2002 haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren ist, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen. Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG 2002 begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 BStMG 2002 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG 2002 werden Übertretungen gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG 2002 ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

 

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

Aufgrund der Angaben in der Anzeige, der vorgelegten Beweismittel durch die ASFINAG und der geltenden Rechtslage, steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei fest, dass der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklich hat, da die Go Box –unbestritten – verkehrt auf dem Armaturenbrett lag (arg. Bw: "..die Go Box runtergefallen war."), was der Mautordnung widerspricht. Dadurch konnten keine Mautabbuchungen – infolge der Falschmontage der Go Box - vorgenommen werden (Haag/Hausruck – Meggenhofen um 10:02 und Wels Nord – ÖBB Terminal Wels um 10:20).

 

Wenn der Bw vorbringt, dass ihm die Ersatzmaut nicht angeboten worden sei, ist zu erwidern, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer ein subjektives Recht auf Übermittelung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt (i.d.S. klarstellend die EB, 1262 Blg. Nr 22 GP, Seite 5). Im Übrigen handelt es sich bei den beiden Alternativen der Zustellung von Aufforderungen zur Zahlung der Ersatzmaut (mündlich oder schriftlich) um gleichwertige Alternativen. Das diesbezügliche Vorbringen des Bw geht deshalb ins Leere.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und auch subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist zu Gunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen und zwar in dem Sinne, dass der Bw es nicht wahrgenommen hat dass die Go Box auf das Armaturenbrett gefallen ist. Der Bw hat es verabsäumt, die ordnungsgemäße Anbringung der Go Box an der Windschutzscheibe zu überprüfen bzw. zu überwachen und die in der Folge abgegebenen Piepstöne wahrzunehmen und danach zu handeln. Rechtsunkenntnis bzw. Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die Go Box kann den Bw nicht entschuldigen, da er als Lenker verpflichtet ist sich vor der Benützung einer Mautstrecke über die rechtlichen und faktischen Vorraussetzungen für die Benützung von Mautstrecken, insbesondere über die Gebrauchsvorschriften der Go Box, ausreichend in Kenntnis zu setzen. Das Verhalten des Bw ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm oblegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zu tragen. Insbesondere hätte ihn der 4-malige Piepston als Hinweis auf die nichtstattgefundene Abbuchung auffallen und zur entsprechenden Handlung veranlassen müssen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis das außerordentliche Milderungsrecht (§ 20 VStG 1991) bereits angewandt  und die – bei der zuvor ergangenen Strafverfügung noch ausgesprochene – gesetzliche Mindeststrafe bereits auf die Hälfte reduziert wurde. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist rechtlich nicht mehr möglich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG 1991 denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegen sind. Die – hier anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG 1991). Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da das ordnungsgemäße Anbringen der GO-Box gegenständlich die zentrale Lenkerpflicht darstellt. Hier ist auch festzuhalten, dass zwischen der ersten "Nichtabbuchung" um 10.02 Uhr und der nächstfolgenden korrekten Abbuchung um 10.23 Uhr nicht – wie vom Bw dargestellt – lediglich 3 Minuten, sondern über 20 Minuten vergangen sind.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw neben dem bereits verhängten Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde auch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (20 % der verhängten Geldstrafe) vorzuschreiben. Dies ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Reichenberger

 

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