Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167164/2/Bi/Kr

Linz, 05.09.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe Dr. X und Dr. X, X, vom 24. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 29. Juni 2012, VerkR96-12882-2011/A/Pos, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Strafbestimmung von § 99 Abs.2 lit.a StVO auf § 99 Abs.3 lit.b StVO geändert wird; die Geldstrafe wird auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 26. Februar 2011, 7.15 Uhr, als Lenker des Pkw X in Linz, A7, Bindermichl-Tunnel vor der Ausfahrt Bindermichl in FR Nord, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 15 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich; eine solche wurde auch nicht beantragt (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, zumal das von der BPD Linz eingeleitete Verfahren nur den Vorwurf gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO beinhaltet habe. Auch inhaltlich sei der Tatvorwurf rechtswidrig, weil er nach der Streifung der beiden Fahrzeuge unmittelbar vor der Ausfahrt Bindermichl pflichtgemäß angehalten habe. Der Lenker des anderen Pkw, der Zeuge W, sei im Ausfahrtsbereich in größerer Entfernung stehengeblieben, sodass er das Kennzeichen nicht ablesen habe können. Er habe die Fahrertür geöffnet und aussteigen wollen, als der andere Lenker weiter­gefahren sei. Er habe sich daher mit diesem nicht in Verbindung setzen können. Er sei dann bis zur nächsten Abfahrt weitergefahren und habe bis zur nächsten ihm bekannten nächstliegenden Polizeidienststelle in der Theater­gasse 1 fahren wollen, um den Unfall zu melden. Aufgrund der Anzeige des Zeugen W sei dann von der PI Linz-Landhaus eine Aufnahme des Verkehrsunfalls erfolgt und er habe auch die Bestätigung darüber zu GZ.C2/10476/2011-MR vom 26.2.2011 erhalten. Er habe den Unfall samt seinen Fahrzeug-Daten dem aufnehmenden Polizisten genau bekanntgegeben und dieser habe gemeint, er müsse nun nicht mehr zur PI Landhaus hinkommen. Da er jedenfalls seinen Verpflichtungen nachgekommen sei, fehle es sowohl an der objektiven als auch an der subjektiven Tatseite für einen Vorwurf nach § 4 Abs.5 StVO. Er habe die ggst Verkehrsunfallbestätigung auch zur Vorlage an die Versicherung bekommen und ergebe sich daraus, dass er den Unfall gemeldet habe und seiner Verständi­gungs­pflicht nachgekommen sei. Das habe ihm auch der aufnehmende Polizist bestätigt. Seine Angaben, auch vor dem UVS, seien von der Zeugin R im Verfahren vor dem UVS bestätigt worden. Bevor er noch bei der nächsten PI Landhaus zur Verständigung hingelangen habe können, sei von der Polizeistreife auf dem Weg dorthin in der Elisabethstraße der Verkehrsunfall aufgenommen worden; darüber habe er auch die Bestätigung erhalten. Darin sei auch ausgeführt worden, dass der Zeuge W gegen ihn eine Anzeige wegen § 4 Abs.1 lit.a StVO erstattet habe, was sich als unrichtig herausgestellt habe.

Er habe die Beischaffung des Aktes VwSen-522838/9/Bi/Eg beantragt und sich auf die darin enthaltenen Aussagen der Zeugin R berufen, die dort zum Unfallgeschehen einvernommen wurde, was bei der BH LL nicht der Fall gewesen sei. Er habe auch einen Kostenvoranschlag und die dazugehörigen Fotos des Pkw vorgelegt. Er habe den vollen Schaden von der Haftpflicht­versicherung des Zeugen W ersetzt bekommen. Schon daraus ergebe sich, dass seine gesamten Angaben von Vorfall unrichtig gewesen seien. Eine Verletzung des § 4 Abs.5 StVO liege daher nicht vor. Verfahrenseinstellung wird beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Miteinbeziehung der – dem Bw und seinem Rechtsvertreter bekannten – Verhandlungsschrift im Berufungsverfahren VwSen-522838 vom 6. Mai 2011 (Bescheid der BH Linz-Land vom 4. April 2011, VerkR21-254-2011, wegen einer Aufforderung gemäß § 24 Abs.4 FSG).

 

Demnach lenkte der Bw am 26. Februar 2011 den Pkw X auf der A7 von der Salzburger Straße aus Pasching kommend in Richtung Norden in der Absicht, bei der Ausfahrt Wiener Straße abzufahren, um mit seiner Beifahrerin, der Zeugin R, im Alten Dom in Linz eine um 7.30 Uhr beginnende Messe zu besuchen. Um ca 7.15 Uhr kam es im Bindermichl-Tunnel vor der Ausfahrt Bindermichl zu einer seitlichen Streifung mit dem Pkw X des Zeugen W. Nach den Fotos ist der Pkw des Bw rechts vorne an der Stoßstange seitlich beschädigt; laut Verkehrsunfallsanzeige ist der Pkw X links hinten seitlich an der Stoßstange und am Kotflügel beschädigt.

 

In der Berufungsverhandlung am 6. Mai 2011 schilderte der Bw den Vorfall so, dass er auf der äußerst linken Fahrspur in den Tunnel eingefahren sei und den blauen Pkw erst bemerkt habe, als dieser rechts neben ihm gewesen sei, wobei er den Eindruck gehabt habe, dieser wolle ihn rechts überholen bzw abdrängen, weil er ihn seitlich gestreift habe. Nach seinen Aussagen hat der Bw sofort gebremst und in Unfallsendstellung angehalten, wobei er gesehen habe, der der Wiener Pkw schätzungsweise 50 m weiter vorne bei der Ausfahrt Bindermichl stehengeblieben sei. Er habe das Kennzeichen aus der Entfernung von seinem Standort nicht ablesen können. Als er im Begriff gewesen sei auszusteigen, sei der andere Lenker plötzlich weitergefahren, sodass auch er keine Veranlassung mehr gesehen habe, weiter stehenzubleiben und seine Fahrt fortgesetzt habe. Seine Fahrtroute führte dann über die Ausfahrt Wiener Straße über die Makartstraße in die Innenstadt. Er habe den Pkw X wegfahren gesehen, aber nicht bemerkt, dass ihm der Lenker nachgefahren wäre. Die Anhaltung erfolgte in der Elisabethstraße rechts kurz vor dem Übergang des Elisabethinen-Krankenhauses.

 

Die im FSR nicht aufscheinende Zeugin R bestätigte am 6. Mai 2011 diese Aussagen hinsichtlich der Fahrtroute und dem Zweck der Fahrt, und auch, dass der Lenker des Wiener Pkw in größerer Entfernung stehengeblieben, dann aber ohne auszusteigen wegge­fahren sei, als der Bw aussteigen wollte. Sie habe in der Aufregung nicht auf das Kennzeichen geachtet. Bei ihrer Einvernahme am 1. Dezember 2011 vor der Erstinstanz bestätigte die Zeugin die Streifung und die Weiterfahrt des Zeugen W sowie des Bw, dessen Fahrtroute und dass der Bw kein Handy mithatte.

Der damals bei der PI Landhaus beschäftigte Meldungsleger Ml legte am 6. Mai 2011 zeugenschaftlich einvernommen dar, auf der Streifen­fahrt hätten er und sein Kollege über Funk gehört, dass ein Lenker nach einem Verkehrsunfall im Bindermichl-Tunnel seinem Unfallgegner nachfahre und über Notruf die Polizei benachrichtigt habe, wo er nun sei. Tatsächlich stellte der Ml vor der Kreuzung Harrachstraße – Elisabethstraße fest, dass die beiden Pkw hinter­einander auf der Elisabethstraße in Richtung Norden fuhren. Nach der Anhaltung habe der Bw seine Fragen zum Unfallshergang beantwortet und danach habe er den Zeugen W einvernommen. Die Angaben seien "ziemlich weit auseinander gelegen"; allerdings sei der Zeuge W wesentlich jünger als der Bw und habe die Kollision offensichtlich anders mitbekommen als dieser. Der Bw hat seine Papiere zur Überprüfung ausgehändigt. An eine Frage des Bw, ob er noch etwas melden müsse und seine Antwort, das sei schon in Ordnung, konnte sich der Ml nicht erinnern, räumte aber ein, das könne auch sein Kollege gewesen sein. Ein Notruf gehe bei der Zentrale ein und sei über Funk für alle hörbar. Der Zeuge W habe damals angegeben, er fahre dem Bw nach und das Fahrzeug des Bw sei mit Marke, Type und Kennzeichen beschrieben gewesen.

 

Aus dem Verfahrensakt VerkR96-12882-2011 ergibt sich, dass aufgrund der Aussage des Zeugen W, das Fahrzeug des Bw habe ihn von hinten "gerammt" und der Lenker habe nicht angehalten, um sich mit ihm auszu­gleichen, ein Verfahren wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO eingeleitet wurde.  

Nach dem Einspruch gegen die Strafverfügung der BPD Linz vom 10. März 2011, S-9255/11 VS, wurde das Verfahren gemäß § 29a VStG von der Tatortbehörde BPD Linz an die Erstinstanz abgetreten und die Zeugeneinvernahme des Unfall­gegners veranlasst.

Der Zeuge W sagte am 26. Mai 2011, also drei Monate nach dem Unfall, bei der BPD Wien aus, der Bw sei ihm links hinten aufgefahren, worauf er zur Ausfahrt Bindermichl gefahren sei und ihm Handzeichen gegeben habe, er solle ihm nachfahren; er habe ein Anhalten im Tunnel für zu gefährlich erachtet. Der Bw sei ihm auch kurzzeitig nachgefahren, sei dann aber von der Ausfahrt wieder auf die A7 zurückgefahren, sodass er ihn verloren habe. Er sei dann beim Kreis­verkehr wieder auf die A7 gefahren und habe den Bw wieder gefunden. Dann habe er die Polizei verständigt, weil dieser trotz seiner Zeichen mit der Lichthupe nicht stehengeblieben sei. Er habe den Pkw des Bw durch halb Linz verfolgt, immer in Verbindung mit der Polizei. 

 

Diese Zeugenaussage wurde dem Bw mit Schreiben der Erstinstanz vom 8. Juli 2011, zugestellt am 12. Juli 2011 an den Rechtsvertreter, zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig der Tatvorwurf im Hinblick auf eine Übertretung nach § 4 Abs.5 StVO ausgeweitet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, diese Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen – das sind alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang steht – oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Zweck des § 4 ist es nicht, an Ort und Stelle festzustellen, ob ein Sachschaden von einem Unfall herrührt, ob die Angaben der am Unfall Beteiligten stimmen und das Verschulden an einem Unfall zu klären, sondern um den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregulierung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird (vgl VwGH 26.1.2002, 2001/02/0240; uva). Sinn der Verständigungspflicht des Abs.5 ist es, gerade im Falle, dass ein gegenseitiger Identitätsnachweis zwischen den Beteilig­ten an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden – aus welchen Gründen immer – nicht zustande gekommen ist, die Unfallbeteiligten in die Lage zu versetzen, durch Nachfrage bei der Polizei die Daten des Unfallgegners für einen allfälligen Schadenersatz in Erfahrung zu bringen (vgl E 11.5.2004, 2004/02/0064).

Unter dem Begriff "ohne unnötigen Aufschub" kann nur verstanden werden, dass die Meldung über einen Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, nach Durchführung der am Unfallort notwendigen, durch das Gebot der Verkehrssicherheit erforderlich erscheinenden Maßnahmen bzw nach einem vergeblichen Versuch eines Identitätsnachweises zu erfolgen hat (vgl E 12.11.1970, 1771/69).

 

Dem Bw war ohne Zweifel bewusst, dass er an einem Verkehrsunfall mit Sach­schaden beteiligt war und dass der Lenker des zweitbeteiligten Fahrzeuges, dessen Kennzeichen aus der Entfernung nicht ablesbar war, bei der Ausfahrt Bindermichl die A7 verlassen hatte – soweit stimmen auch die Aussagen aller überein. Tatsache ist damit, dass kein Identitätsnachweis stattgefunden hat. Zu einem solchen besteht nach dem Wortlaut des § 4 Abs.5 StVO auch keine Ver­pflichtung; allerdings besteht im Fall des Unterbleibens eines solchen Identitäts­nachweises die Verpflichtung für alle Unfallbeteiligten zur Meldung des Verkehrs­unfalls ohne unnötigen Aufschub.

Es besteht auch keinerlei Verpflichtung, ein Mobiltelefon mitzuführen um nach dem um 7.15 Uhr stattgefunden habenden Verkehrsunfall noch während der Fahrt die Polizei verständigen zu können. Dem 1923 geborenen Bw ist daher kein Vorwurf zu machen, wenn er nicht wie der 1987 geborene Zeuge W sofort sein Handy gezückt und die Polizei verständigt – diese Unfall­meldung erfolgte laut VU-Anzeige bereits um 7.20 Uhr – sondern zuerst einmal die Fahrt auf der A7 aus dem Tunnel hinaus bis zur nächsten – im Niedernharter Tunnel gelegenen, also gleich an den Bindermichl-Tunnel anschließenden – Ausfahrt und dann im Stadtgebiet Linz fortgesetzt hat.

 

Die "nächstgelegene Polizeidienststelle" im Sinne des § 4 Abs.5 StVO für eine persönliche Unfallmeldung wäre nach seiner Fahrtroute die PI Haupt­­bahnhof (Bahnhofplatz)  bzw die PI Lenaupark (Hamerlingstraße) gewesen.

Die Anhaltung erfolgte – nach einer "Verfolgungsfahrt" durch den Zeugen W – um 7.30 Uhr auf der Elisabeth­straße vor dem Übergang des Elisabethinen-Krankenhauses, wobei der Bw nach der Zeugenaus­sage des Ml den Unfall nie abgestritten sondern an der Unfalldaten­erhebung uneingeschränkt mitgewirkt hat. Dass er das Zustande­kommen des Unfalls und das Verhalten des Zeugen W danach anders geschildert hat als dieser, ändert daran nichts.

Auffällig ist, dass weder in der Verkehrsunfallanzeige noch in den Zeugen­aussagen oder in der Verantwortung des Bw selbst in der Verhandlung am 6. Mai 2011 die Rede davon war, dass er beabsichtigt habe, den Unfall in der PI Linz-Landhaus (Theatergasse) zu melden. Die Abzweigung dorthin, nämlich die Kreuzung mit der Museumstraße, hatte er bei der Anhaltung noch nicht erreicht. Der Ml betonte aber, er habe den Bw für "verwirrt" gehalten auch wegen seiner vom Zeugen W abweichenden Schilder­ungen vom Unfallshergang und dem Verhalten beider Beteiligten danach, aber hauptsächlich wegen seines Verhaltens bei der Anhaltung – darauf gründete sich auch die Aufforderung gemäß § 24 Abs.4 FSG und in der Folge die Entziehung der Lenkberechtigung noch im August 2011.

 

Nach dem persönlichen Eindruck bei der Berufungsverhandlung am 6. Mai 2011 lag mit Sicherheit auch kein vorsätzliches Verhalten zum Zweck des Vertuschens seiner Beteiligung an einem Verkehrsunfall vor, sondern der Bw war aufgrund seiner alters­bedingt verlangsamten Wahrnehmung und Reaktions­geschwindigkeit auf das für ihn zweifellos überraschende und von seinem ursprünglich geplanten Vorhaben abbringende Geschehen nicht in der Lage, angemessen schnell umzu­denken, sodass ihn die realen Geschehnisse letztlich "überholt" haben. Auch wenn ihm die (neuere) PI Lenaupark möglicherweise nicht geläufig gewesen sein sollte, musste ihm die PI Bahnhof jedenfalls bekannt sein.

 

Das Verhalten des Bw bei den Unfalls­erhebungen kann zumindest im Ergebnis einer Meldung des Unfalls gleichgesetzt werden, zumal er laut Aussagen des Ml uneingeschränkt – in Bezug auf seine altersbedingten Möglichkeiten – mitge­wirkt hat. Die Meldung kann aber nicht mehr als "ohne unnötigen Aufschub" erfolgt angesehen werden, weil der Bw inzwischen durch halb Linz gefahren war und nicht die nächstgelegene Polizeidienststelle aufgesucht hat.

 

Aus der Sicht des UVS ist unter Berücksichtigung dieser Überlegungen von der Verwirklichung des dem Bw angelasteten Tatbestandes auszugehen, wobei fahrlässiges Verhalten anzunehmen ist. Dem Bw ist es auch nicht gelungen, mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG glaubhaft zu machen. Er hat daher sein Verhalten als Verwaltungsübertretung – allerdings mit Maßgabe der Änderung der Strafbestimmung gemäß § 44a Z3 VStG auf § 99 Abs.3 lit.b StVO – zu verantworten. Die Verfolgungsverjährung wurde diesbezüglich durch die laut Rückschein am 12. Juli 2011 erfolgte Zustellung der von der Erstinstanz ausgehenden Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 8. Juli 2011, in der der nunmehrige Tatvorwurf explizit enthalten war, unterbrochen. Verjährung ist daher nicht eingetreten.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG waren nicht gegeben.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat die Unbescholtenheit des Bw und die lange Verfahrensdauer als milderund und nichts als erschwerend gewertet. Die finanziellen Verhältnisse wurden – unwidersprochen – auf 1100 Euro netto monatlich bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten geschätzt. Auf der Grundlage des niedrigeren Strafrahmens (§ 99 Abs.3 sieht keine Mindeststrafe vor, Abs.2 eine solche von 36 Euro bzw 24 Stunden EFS) war die Strafe etwas herabzusetzen.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt des Bw und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis dazu angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Unfallmeldung bei Anhaltung durch die vom Unfallgegner verständigte Polizei, aber nicht bei der nächst gelegenen Polizeidienststelle -> Strafherabsetzung wegen niedrigerem Strafrahmen

 

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