Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167101/7/Ki/CG

Linz, 04.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des x, x, x, vertreten durch x Rechtsanwälte, x, x, vom 19. Juli 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 3. Juli 2012, VerkR96-5143-1/15-2009, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. September 2012 durch Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

I.                    §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

II.                 § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.         Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 3. Juli 2012, VerkR96-5143-1/15-2009, wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 4.11.2009 um 07.35 Uhr den LKW der Marke x, Type Kastenwagen, polizeiliches Kennzeichen x, in Steyr im Bereich des Hauses x, x, nach rückwärts gelenkt, wobei sein Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichen Zusammenhang stand und er es unterließ,

 

1)    sofort anzuhalten und

2)    bei dem fremder Sachschaden entstand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten unterblieben ist.

 

Er habe dadurch

1)    § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960,

2)    § 4 Abs.5 StVO 1960

verletzt.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 bzw. gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurden über ihn Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2.         Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 19. Juli 2012. Der Rechtsmittelwerber beantragt, es möge der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

 

Im Wesentlichen argumentiert er, dass er den Vorfall nicht bemerkt habe.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 20. Juli 2012 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000,00 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das lt. Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in dem Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. September 2012. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters teil, die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat sich entschuldigt. Der geladene Zeuge x ist ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Dem gegenständlichen Verfahren liegt eine Anzeige des Stadtpolizeikommandos Steyr (Polizeiinspektion x) vom 25. November 2009 zu Grunde. Danach habe ein Unfallzeuge, x, gesehen, wie ein weißer Kleintransporter am x entlanggefahren sei und dann mit Schwung in der Einfahrt seines Nachbarn umgedreht habe. Dabei sei er mit einem solchen "Hurra" zurückgefahren, dass er mit der Anhängevorrichtung gegen die Hausmauer gefahren sei. Beim Anstoß habe es einen derart lauten Knall gemacht, dass ihn sogar seine Frau gehört hätte. Nachdem der Fahrzeuglenker gegen die Hauswand gefahren war, sei er noch ca. 1 Minute lang in der Hauseinfahrt stehen geblieben. Doch auf einmal sei er weggefahren, ohne aus dem Fahrzeug gestiegen zu sein. Als er dann nochmals kurz zurückgefahren und neuerlich mit einem "Hurra" weggefahren sei, sei der Zeuge aus dem Haus gelaufen und habe sich das Kennzeichen notiert.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land erließ gegen den Berufungswerber zunächst eine Strafverfügung (VerkR96-5143-1/4-2009/Mau-Egg, vom 4. Dezember 2009), welche vom Berufungswerber beeinsprucht wurde.

 

In der Folge wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren durchgeführt, in welchem der Berufungswerber stets ausführte, er habe den Vorfall nicht bemerkt.

 

Ein verkehrstechnischer Amtssachverständige hat im erstinstanzlichen Verfahren unter anderem festgestellt, dass im vorliegenden Fall die Stoßkräfte in der Fahrzeuglängsachse wirken und nicht abgeschwächt werden, da der Anstoß praktisch unter 90 Grad erfolgte. Aufgrund dessen, dass die Stoßkraft voll zum Tragen kommt, sei im Hinblick auf die stoßende Fahrzeugmasse, die sich zwischen 1.600 kg und 2.380 kg bewegt, davon auszugehen, dass die auftretende Fahrzeugverzögerung über der Wahrnehmbarkeitsgrenze gelegen sei, die man bei entsprechender Aufmerksamkeit unterstellen müsse.

 

Sollte der Anstoß mit einem Bremsmanöver zusammengefallen sein, so bestehe die Möglichkeit, dass der Anstoß im "Bremsruck" untergegangen sei. In diesem Fall habe es aber dann einen Anlass für eine plötzliche Bremsung gegeben. Da die Kontaktstelle mit der Mauer nicht direkt einsehbar sei, hätte der Lenker auf Grund des ungewöhnlich geringen Abstandes des Fahrzeuges zur Hausmauer sowie im Hinblick auf die eingeleitete Bremsung die Möglichkeit eines Anstoßes nicht ohne weiteres ausschließen dürfen.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Rechtsmittelwerber, er habe das Fahrzeug im Bereich des vorgeworfenen Tatortes gelenkt, im Fahrzeug hätten sich an der Bordwand aufgehängt Geräte befunden, welche bei Straßenunebenheiten einen Lärm verursachten. Er hätte keinerlei Anlass gehabt, den Vorfall nicht zu melden, er habe sich um ein Dienstfahrzeug (der Berufungswerber ist Bediensteter des Magistrates Steyr) gehandelt. Der Grund dafür, dass er, wie der Zeuge angeführt hat, nochmals stehengeblieben ist, war der, dass er in eine Liste Einsicht genommen hat, wohin er noch fahren müsse.

 

Der Anzeiger wurde als Zeuge mit Schreiben vom 10. August 2012, VwSen-167101/3/Ki/CG, zur Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung geladen, lt. vorliegendem RSb-Abschnitt hat er die Ladung am 14. August 2012 als Empfänger übernommen. Er ist jedoch ohne Angabe von Gründen nicht zur mündlichen Berufungsverhandlung erschienen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Demnach ist auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden, wonach ein Verfahren dann einzustellen ist, wenn die Verwirklichung des verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhaltes dem Beschuldigten nicht mit einer der Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann.

 

Ausdrücklich wird auch darauf hingewiesen, dass vor dem Verfahren beim Unabhängigen Verwaltungssenat der Grundsatz der Unmittelbarkeit besteht, das bedeutet, dass letztlich nur jene Fakten der Entscheidung zu Grunde gelegt werden dürfen, die im Berufungsverfahren (bei der mündlichen Berufungsverhandlung) hervorgekommen sind.

 

Nachdem im vorliegenden Falle der "Belastungszeuge" nicht zur Verhandlung erschienen ist und hiefür keine triftigen Gründe vorliegen, wäre eine bloße Verlesung  seiner im erstbehördlichen Verfahren getätigten Aussage nicht zulässig gewesen.

 

Dazu kommt, dass sich der Vorfall bereits im November 2009 ereignet hat, wonach im Falle der Vertagung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht auszuschließen wäre, dass letztlich Verjährung (siehe § 31 Abs.3 VStG) eintreten würde.

 

Im Ergebnis gelangt daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im konkreten Falle zum Ergebnis, dass dem Berufungswerber – auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen – die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann, weshalb der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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